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Landesjournal Niedersachsen Februar 2011 -
ONLINE-BEFRAGUNG DER GdP:
„Land unter bei der Polizei!?“ – 1. Zwischenbericht -
Einsatzbelastung auf der einen Seite - Vergütung auf der anderen!

Unsere Befragung war vom 22.11.2010 bis 22.01.2011 online geschaltet. Die bis Anfang Januar eingegangenen, von den Kolleginnen und Kollegen ausgefüllten, Fragebögen zeigen bislang eines sehr deutlich: Der Anstieg der Einsatzbelastung ist kein künstlich produziertes Thema, sondern bittere Realität. Nicht - wie vielleicht zu erwarten - ausschließlich die Beamtinnen und Beamten der Bereitschaftspolizei leiden unter den zahlreichen Einsätzen auch am Wochenende, sondern gerade die Betroffenen aus den Einzeldiensthundertschaften beklagen die hohe Intensität ihrer Beanspruchung zusätzlich zu ihrem täglichen Dienst. Aber auch die Tarifbeschäftigten und Verwaltungsbeamtinnen und –beamten sind stark betroffen.

Erschreckend ist, wie oft sich die Feststellung finden lässt, dass unter der physischen, psychischen und zeitlichen Belastung die familiäre Situation und die Partnerschaft leidet, weil neben der ständigen Abwesenheit "einfach keine Kraft mehr da ist". Wenn 80,4% der bislang Befragten angeben, dass es für sie Momente gab, in denen sie aufgrund der Belastung Beruf und Familie nicht mehr vereinbaren konnten, wird über die Definition der Familienfreundlichkeit bei der Polizei Niedersachsen neu nachgedacht werden müssen.

Die dauerhafte und anhaltende Belastung führt auch zu einem schweren Vertrauensverlust gegenüber der Politik. Nur 1,5% konnten die Frage, ob sie der Meinung sind, dass die Politik hinter der Polizei steht, mit Ja beantworten, 61% verneinten dies klar, während 33% eine Unterstützung zumindest manchmal noch wahrzunehmen glauben. Sogar 87% sind der Ansicht, dass die Polizei immer mehr den Kopf für politische Fehlentscheidungen hinhalten muss, wobei nur 1% diese Auffassung nicht hat.

Und es sind nicht nur subjektive Empfindungen, die zu solchen Einschätzungen veranlassen. Die Anzahl der angegebenen Überstunden belegt dies objektiv sehr deutlich: 61,86% der bislang Befragten haben derzeit deutlich mehr als 100 Überstunden, davon 20% mehr als 200. Längst wird dies nicht mehr als selbstverständlich hingenommen, der Ärger und auch die Wut über diese Situation sind deutlich spür- und nachlesbar. Es ist nicht zu akzeptieren, dass mit den Kolleginnen und Kollegen so umgegangen wird. Wie es unter diesen Bedingungen noch möglich sein soll, gesund und tatkräftig das 62. / 67. Lebensjahr zu erreichen, um einen gesunden Ruhestand er- und verleben zu können, ist völlig schleierhaft.

Diese Darstellung spiegelt die ersten Auswertungsergebnisse wider; die Intensität der Beanspruchung ist nicht nur vereinzelt, sondern nahezu flächendeckend beängstigend. Nach Vorlage und Bewertung der vollständigen Befragungsergebnisse werden wir detailliert darüber berichten, konkrete Forderungen erarbeiten und darstellen.

Vergütung: Die Aussagen der Kolleginnen und Kollegen zur allgemeinen Belastung der Polizei und ihrer persönlichen sprechen für sich, aber wie sieht es mit der Vergütung für dieses verordnete Engagement aus?

Polizeiliche Sachbearbeitung ist A 11 wert! Die berechtigte Forderung der GdP, dass die sachbearbeitende Tätigkeit in der Polizei generell nach A 11 bewertet werden muss, ist bekannt. Wir bleiben dabei, da auch gerade die aktuelle Umfrage uns wieder gezeigt hat, welche Leistungen unsere Kolleginnen und Kollegen des Polizeivollzugsdienstes jeden Tag erbringen, und dass dieses Tätigwerden einen Wert hat, der eben auch eine angemessene Bewertung erfordert.

Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten erhöhen! Deutlich wird aber auch, dass immer mehr Personal zu Zeiten eingesetzt wird, die nach der Erschwerniszulagenverordnung als Dienst zu ungünstigen Zeiten (DuZ) definiert und zulagenbewehrt sind. Die Zulagen für diese Zeiten sind lächerlich gering: So beträgt die Zulage für Dienst mit vollzugspolizeilichen Aufgaben z. B. an Samstagen in der Zeit von 13 bis 20 Uhr gerade mal 0,77 EUR. Die GdP ist bereits im Jahr 2007 sowohl an Innenminister Uwe Schünemann als auch an den damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulf herangetreten und hat eine Erhöhung der Erschwerniszulagen, insbesondere eine Anhebung der Zulage für DuZ auf mindestens 5 EUR pro Stunde gefordert. Viele werden sich sicherlich noch an unsere Mahnwache im Dezember 2008 vor dem Landtag erinnern, mit der wir die Abgeordneten aufgefordert haben, diese Erhöhungen im Haushalt umzusetzen. Immer wieder sind wir damit vertröstet worden, dass die finanzielle Lage des Landes dies nicht zulasse. Der Bund hat mittlerweile eine - wenn auch nicht ausreichende - Anhebung der Erschwerniszulagen für seine Beamtinnen und Beamten beschlossen. Auch dem Land Niedersachsen sollte die polizeiliche Arbeit wenigstens so viel mehr wert sein. Wir werden in dieser Frage nicht locker lassen.

Bereitschaftszeiten während Großeinsätzen! Ein deutlicher Schlag ins Gesicht der Kolleginnen und Kollegen erfolgte im Jahr 2005, als erstmals die Zeiten des Einsatzes während des CASTOR-Transportes nicht mehr als Gesamteinsatz und durchgängige Dienstzeit gerechnet wurden, sondern zwischen Einsatz- und Bereitschaftszeiten differenziert wurde. Letztere wurden nur noch zu 25% vergütet. Jeder, der einmal an einem CASTOR-Einsatz teilgenommen hat, weiß, welchen widrigen Umständen die Einsatzkräfte dort ausgesetzt sind. Hinzu kommt, dass die Intensität dieser Einsätze von Jahr zu Jahr ansteigt und ihren unrühmlichen Höhepunkt beim CASTOR 2010 gefunden hat. Dabei bedeutet Bereitschaftszeit auch nicht, sich an einem selbstbestimmten Ort im Kreise der Familie zu erholen, sondern stellt den Versuch dar, sich in einer - wenn es gut läuft - Viermann-Unterkunft ein bisschen aufzuwärmen und ein wenig unruhigen Schlaf zu finden. Es handelt sich eben nicht um Vier-Sterne-Hotels, wie bei den Politikern.

Die GdP ist gegen die Entscheidung, die Bereitschaftszeiten anlässlich des CASTOR-Transportes 2005 erstmal nur noch anteilig zu vergüten, mit einer Musterklage vorgegangen. Hierüber urteilt am 27.01.2011 das OVG Lüneburg, dessen Entscheidung zum Redaktionsschluss noch nicht vorgelegen hat. Unabhängig von der rechtlichen Bewertung bleibt jedoch die Frage der Vergütung von Bereitschaftszeiten während geschlossener Einsätze eine Frage der Wertschätzung und des Respekts gegenüber der Kollegenschaft. Die GdP wird weiterhin darum kämpfen! Wir haben nach dem CASTOR-Einsatz 2010 zum wiederholten Mal den Innenminister aufgefordert, eine vollständige Vergütung von Dienst- und Bereitschaftszeiten vorzunehmen. Er hat uns antworten lassen, dass es keine Notwendigkeit gebe, an der derzeitigen Handhabung, die Bereitschaftszeiten mit einem Drittel auf die regelmäßige Arbeitszeit anzurechnen, etwas zu ändern. Im Übrigen hätten doch sowohl der Innenminister als auch der Landespolizeipräsident den eingesetzten Kolleginnen und Kollegen ihren Dank und ihre Anerkennung ausgesprochen.
Das, Herr Innenminister, ist aber nicht genug!

Die Polizei darf nicht weiterhin die Kohlen aus dem Feuer holen müssen, die Beschäftigten nicht weiter verschlissen werden und vor allem darf ihnen nicht dauerhaft eine gerechte Bezahlung/Vergütung für ihre tägliche Leistung vorenthalten werden. Das verstehen wir unter Wertschätzung und Respekt gegenüber der polizeilichen Arbeit, Herr Innenminister!

Dietmar Schilff


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Dietmar Schilff, Mitglied im geschäftsführenden Landesvorstand der GdP Niedersachsen (Foto: Archiv)
Dietmar Schilff, Mitglied im geschäftsführenden Landesvorstand der GdP Niedersachsen (Foto: Archiv)
GdP Nds.: Land unter bei der Polizei - Umfrage 22.11.2010 - 22.01.2011
 
 
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