Landesjournal Niedersachsen Oktober 2022 - Leitartikel - - Leitartikel - Versorgungsempfänger – die vergessene Generation?


Kritische Stimmen suchen gern den Vergleich zu Rentnerinnen und Rentnern, der aber schwierig ist, da die Grundvoraussetzungen völlig unterschiedlich sind. Dabei sollte man nicht vergessen, wie das Berufsbeamtentum und letztendlich das Ruhegehalt entstanden und gesetzlich geregelt sind.
Der Grundsatz, dass das Ruhegehalt an das Gehalt der Aktiven gekoppelt ist, wurde in den letzten Jahren nicht mehr beachtet. So wurde 2020 der begrüßenswerte Wiedereinstieg in eine Sonderzahlung zum Jahresende den Ehemaligen nicht zugestanden. Der Grund dafür kann nur die mangelnde Wertschätzung eben dieser Ehemaligen sein. Frühere negative Abkopplungen gab es unter anderem schon 1998 mit der Abschaffung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage.
Und so zieht sich der Faden weiter: Das Ergebnis der Tarifverhandlungen Ende 2021, inklusive der Sonderzahlung in Höhe von 1.300 Euro als „Coronaprämie“, war zum Zeitpunkt des Abschlusses in seiner Gesamtheit akzeptabel. Zu begrüßen war der zeit- und inhaltsgleiche Übertrag auf die niedersächsischen Beamtinnen und Beamten. Allerdings war das Entsetzen bei den Versorgungsempfängerinnen und -empfängern groß, als feststand, dass sie bei der Sonderzahlung (wieder) nicht berücksichtigt sind. Den Verantwortlichen reichte die schlichte Begründung, dass diese Gruppe während der Pandemie nicht im Dienst gewesen sei und daher kein Anspruch bestehe! Dabei hatte noch der ver.di-Vorsitzende direkt nach Tarifabschluss in einem Interview darauf hingewiesen, dass die Sonderzahlung natürlich die „Nullrunde“ zum1. Oktober 2021 und die Inflationsrate, zu diesem Zeitpunkt ca. 5 Prozent, ausgleichen sollte. Auch diese Maßnahme ging also an den Ehemaligen vorbei. Wertschätzung?
Die letzte Ruhegehaltserhöhung ist mittlerweile knapp zwei Jahre her: im Februar 2021, stolze 1,3 Prozent! Angesichts einer Inflationsrate von aktuell rund 8 Prozent steht vielen das Wasser mittlerweile bis zum Hals.
Hier muss den Verantwortlichen noch einmal in Erinnerung gerufen werden, über wen wir reden: Es geht um die Kolleginnen und Kollegen, die in den 80er-Jahren die ersten internationalen Punkertreffen in Hannover begleitet haben, die die Verladung und den Schienentransport amerikanischer Mittelstreckensprengköpfe von Nordenham aus möglich gemacht haben, die die ersten Castor-Transporte unter bürgerkriegsähnlichen Zuständen ins Zwischenlager gebracht haben und, und, und. Alles das aufgrund von politischen Entscheidungen, manchmal unter Einsatzbedingungen an der körperlichen und psychischen Belastungsgrenze. Es sind ehemalige Kollegen und Kolleginnen, teilweise aus dem mittleren Dienst, die nun – anscheinend – bei den Verantwortlichen keinerlei Wertschätzung mehr genießen.
Der Grundsatz, dass das Ruhegehalt an das Gehalt gekoppelt ist, sollte ohne Wenn und Aber gelten! Die finanziellen Mittel sind vorhanden, werden aber wohl für andere Dinge ausgegeben oder für eine selbst auferlegte „Einsparverpflichtung“ einbehalten. Warum? Altersdiskriminierung?
Michael Stieg
Landesseniorenvorsitzender
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