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Landesjournal Niedersachsen Oktober 2011 -
BERUFSUMFELD POLIZEI: Attraktivitätsprogramm für die Polizei Niedersachsen
- GdP setzt weiter Akzente -

In der aktuellen Diskussion werden neben der immer älter werdenden Gesellschaft auch die immer geringeren Schülerabgangszahlen als ein Indiz dafür genannt, dass die Privatwirtschaft und der öffentliche Dienst, aber auch alle anderen Arbeitgeber, zukünftig einen Wettbewerb um die Nachwuchskräfte führen werden. Im Zusammenhang mit dem Hinweis auf die demografische Entwicklung hat der Kampf um den qualifizierten Nachwuchs bereits begonnen. Die Landesregierung wird diesen Wettbewerb auch vor dem Hintergrund der massiven Verschlechterungen der letzten Jahre nicht positiv gestalten können, wenn sie nicht deutliche Anreize setzt, um junge Menschen für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst und damit auch für den Polizeidienst zu gewinnen. Schon jetzt zeigt sich, dass etliche Absolventen der Polizeiakademie aufgrund der sich abzeichnenden erheblichen Verschlechterungen der persönlichen Perspektive, auch wegen des A 11-Dienstpostenkonzeptes, überlegen, nach ihrem Bachelorabschluss nicht doch noch einmal etwas anderes weiter zu studieren und nicht bei der Polizei zu bleiben. Und im Verwaltungsbereich ist der Aderlass schon jetzt erheblich. Hinzu kommt, dass die Betriebskultur schwer gelitten hat, Kritik und andere Auffassungen nicht erwünscht sind, Beteiligung nur schwerfällig und oft erst nach Einforderung erfolgt. Zudem soll die Polizeiorganisation von einigen offensichtlich wieder gespalten werden , obwohl die Polizei seit den Reformen/Umorganisationen in den derzeitigen Strukturen gut arbeitet.


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Dietmar Schilff, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen (Foto: Archiv)
Dietmar Schilff, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen (Foto: Archiv)

Vor diesem Hintergrund hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bereits 2008 ein Programm zur Steigerung der Attraktivität für den Polizeivollzugsdienst in die politische und polizeiliche Diskussion eingebracht. Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen wurde dieses Programm jetzt neu aufgelegt. Integriert in das Ursprungspapier wurden die zum Landesdelegiertentag 2009 erhobenen Forderungen für einen attraktiven Tarifbereich sowie für Verbesserungen im Bereich der Polizeiverwaltung. Damit will die GdP nochmals unterstreichen, dass polizeiliche Arbeit eine Gemeinschaftsleistung aller Bereiche der Polizei ist.

Laufbahnmodelle und damit verbundene Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten müssen dem Anspruch und dem Ansehen dieses Berufszweiges auch im Quervergleich zu anderen Berufsgruppen gerecht werden. Allein das vielfältige Berufsbild und der so genannte „sichere Arbeitsplatz mit Beamtenstatus“ bzw. die Tätigkeit im öffentlichen Dienst, werden auf Sicht nicht konkurrenzfähig zu den lukrativen Berufs- und Entwicklungsmöglichkeiten in der freien Wirtschaft sein.

 
 

Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren die Politik die Mitbestimmung von Gewerkschaften und Personalräten immer wieder durch das Instrument der Kabinettsbeschlüsse ausgehebelt hat. Dadurch sind gravierende Veränderungen in der Landesverwaltung eingeleitet worden, die auch die Polizeibeschäftigten negativ getroffen haben. Die Zentralisierung der Kraftfahrdienste und die Einführung des so genannten Facility Managements, der Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD) oder das Thema Bereitschaftszeiten sind nur einige Beispiele dafür. Die Beteiligung der Interessenvertretungen der Beschäftigten vor dem Beschluss von Maßnahmen, die gravierende Auswirkungen auf diese haben, muss selbstverständlich sein. Auch die Auflösung von Dienststellen, bei denen dann Personalvertretungen weggefallen sind, hat sich in einem Flächenland wie Niedersachsen als problematisch erwiesen. Auch damit beschäftigen sich die Ausführungen in dem Attraktivitätsprogramm.

Aber was macht denn letztlich die Attraktivität eines Berufsfeldes aus? Ein zentraler Punkt ist natürlich immer die Gewissheit, für die eigene Leistung auch angemessen bezahlt zu werden. Das ist wahrlich nicht überall in unserer Organisation der Fall. Dankesworte und Lobeshymnen der Politik sind zwar schön, aber ohne „Hinterfütterung“ von Stellen werden sie nur begrenzt ernst genommen. Vor diesem Hintergrund fordert die GdP für den Polizeivollzug seit längerer Zeit einen umgehenden Abbau des katastrophalen Beförderungstaus nach A 10. Wie müssen sich diejenigen, die die schwierigste Arbeit in der Polizei machen, denn fühlen, wenn sie sehen, dass ab A 11 bis zur B-Besoldung einiges – auch berechtigt - getan wird, sie selbst aber trotz guter Leistung bis zu zwölf Jahren auf eine Beförderung von A 9 nach A 10 warten müssen? Die GdP fordert hier für die Haushalte 2012/2013 ein umgehendes Stellenhebungsprogramm. Notwendig sind nach unseren Berechnungen 1500 Hebungen von A 9 nach A 10, um wenigstens den größten Druck herauszunehmen. Die berechtigte Grundforderung der GdP nach einer Bewertung polizeilicher Sachbearbeitung nach A 11 für alle Dienstposten bleibt dabei uneingeschränkt bestehen.

Notwendig sind aber auch insbesondere Entwicklungsperspektiven mit finanziellen Verbesserungen für Verwaltungsbeamte/-innen und für Tarifbeschäftigte. Hierzu gehören der Abschluss einer Entgeltordnung für den TV-L, die eine gerechte Eingruppierung aller Tarifbeschäftigten ermöglicht, ebenso wie die Bereitstellung attraktiver Tätigkeitsfelder für Tarifbeschäftigte im Rahmen von Freisetzungsprogrammen. Nach Auffassung der GdP muss die Erkenntnis, dass Verwaltungsbeamte/-innen in der Polizei mit ganz besonderen Herausforderungen, die sich teilweise erheblich von der allgemeinen Verwaltung unterscheiden, konfrontiert werden, sowohl in einer spezifischen Ausbildung als auch in einer entsprechenden Besoldung umgesetzt werden.

Für den Polizeivollzug bietet auch die bisherige Rechtslage schon zahlreiche Möglichkeiten, die bestehende Situation zu verbessern. An erster Stelle steht dabei die Ausschöpfung der Stellenplanobergrenzen, die eine Entspannung in allen Besoldungsgruppen herbeiführen würde, für den Tarif- und Verwaltungsbereich müssen Gesetzeslagen verändert, ergänzt oder erweitert werden.

Neben diesen finanziellen Komponenten, in denen sich auch Wertschätzung und Respekt widerspiegeln, spielen aber auch die Rahmenbedingungen des Arbeitsplatzes eine entscheidende Rolle. Dazu gehört vor allem das Gefühl, dass der Dienstherr auch als Arbeitgeber hinter allen Beschäftigten steht und sie unterstützt, beispielsweise in der Form von unbürokratischer Unterstützung in den Fällen dienstlichen Rechtsschutzes. Das bezieht sich aber auch auf die Optimierung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Gewissheit, auch als Alleinerziehende/-r oder Familie mit zwei berufstätigen Eltern Arbeits- und Familienleben harmonisch vereinbaren zu können, prägt die Attraktivität eines Arbeitsgebiets in zunehmendem Maß. Daran schließt auch unmittelbar die Forderung an, ein gezieltes Gesundheitsmanagement flächendeckend und mit Überzeugung in der Polizei zu implementieren. Vorschläge dafür gibt es genügend.

Viele der von der GdP geforderten Maßnahmen kosten Geld, andere können auch durch reine Umsetzungsbereitschaft das gesamte Umfeld attraktiver gestalten. Notwendig ist auf jeden Fall der gestaltende konstruktive Dialog. In den letzten Monaten haben wir mit vielen politisch und polizeilich verantwortlichen Personen gesprochen und unsere Vorstellungen von einer modernen Polizei eingebracht. Es gab viel Zustimmung, neben der problematischen Finanzlage kaum Gegenargumente. Wir werden diese Diskussionen weiter führen und nächstes Jahr zu den Personalratswahlen am 06./07. März 2012 Unterschiede zu anderen Organisationen deutlich machen sowie im Vorfeld der anstehenden Landtagswahlen ausloten, wer sich in den nächsten Jahren stärker für eine attraktivere Polizei und eine bessere Beteiligung von Gewerkschaften und Interessenvertretungen einsetzt.

Dietmar Schilff Landesvorsitzender

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