
29.06.2025
Starke Stimmen, klare Impulse
4. DGB Bezirksfrauenkonferenz Nord in Lübeck
Die 4. Bezirksfrauenkonferenz des DGB Nord bot am 21. Juni 2025 im ATLANTIC Hotel Lübeck ein starkes Forum für frauenpolitischen Austausch.
Rund 80 Teilnehmende, die große Mehrheit Frauen, aber auch drei Männer, diskutierten unter dem Motto „MehrWert Gleichstellung“ über faire Arbeitszeiten, strukturelle Gleichstellung in der Arbeitswelt und ihre Rolle in einer sich wandelnden Gesellschaft und Polizei.
Die Slam-Poetin Theresa Steigleder aus der Hansestadt Greifswald eröffnete emotional, nachdenklich und selbstbewusst mit dem Stück „Wir“ die Veranstaltung.
Ihre Worte, in zwei weiteren Stücken, zur täglichen Realität von Frauen im Beruf, in der Familie und in Machtstrukturen trafen unmittelbar ins Herz der Konferenz. Sie spannte den Bogen zwischen persönlicher Erfahrung und gesellschaftlicher Forderung mit poetischer Präzision.
Lisanne Straka, Abteilungsleiterin für Frauen- und Gelichstellungspolitik des DGB Nord begrüßte die Delegierten mit einem eindringlichen Appell:
„Gleichstellung von Frauen und Männern ist kein Luxus, sie ist Grundlage unserer Demokratie. Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheit und gesellschaftlicher Spaltung stellen wir deshalb den Mehrwert von Gleichstellung für Wirtschaft und Gesellschaft heraus: Gleichstellung stärkt Unternehmen, unseren Sozialstaat und Beschäftigte.“
Mit Laura Pooth (Vorsitzende DGB Nord), Jacqueline Bernhardt (Justiz- und Gleichstellungsministerin MV) sowie Sabrina Repp (Europaabgeordnete, SPD) zeigten sich politische Spitzen solidarisch. Bernhardt sagte zum Auftakt der Konferenz:
„Wir brauchen politische Rahmenbedingungen, die Frauen nicht anpassen, sondern befreien… Das heutige Motto „MehrWert Gleichstellung“ muss leben. Denn Gleichstellung hat einen Mehrwert für uns alle. Sie ermöglicht, dass alle Menschen die gleichen Möglichkeiten haben, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und ihre Ziele zu erreichen… Wenn wie heute nicht einmal jede vierte Führungsposition in Unternehmen weiblich ist, verschenken wir wahrhaftig Potential. Frauen machen die Hälfte unserer Gesellschaft aus. Wir müssen das Potential aller nutzen, anstatt es durch Diskriminierung und unnötige Barrieren zu verschwenden. Gleichstellung ist also kein Selbstzweck, sondern ein wesentlicher Faktor im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Kontext.“
„Wir haben schon viel erreicht, aber wir wissen auch: Gleichstellung ist ein langer Weg. Jeder Schritt zählt. Jeder Erfolg ist ein Erfolg für unsere gesamte Gesellschaft. Jeder Tag, an dem eine Frau selbstbestimmt über ihr Leben, ihre Arbeit und ihre Zeit entscheiden kann, ist ein guter Tag für unsere Demokratie“ erklärt Gleichstellungsministerin Jacqueline Bernhard.
Sabrina Repp (Mitglied des Europäischen Parlaments) unterstrich emotional und mitreißend die Wichtigkeit europäischer Gleichstellungspolitik und forderte klare gesetzliche Vorgaben für Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsplatz.

„Gleichstellung ist kein Nice-to-have, sie ist Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit.“
„In Zeiten von Rechtsruck und Rückschritten in Europa ist klar: Wir dürfen nicht leiser werden. Wer heute Demokratie verteidigt, verteidigt die Rechte von Frauen. Wer über die Zukunft von Arbeit spricht, muss die Realität von Frauen mitdenken, im Betrieb, in der Rente, in der Pflege, in der Politik… Feministische Politik ist kein Nischenthema. Sie ist das Rückgrat einer solidarischen Gesellschaft. Und sie braucht genau solche Räume wie diese Konferenz: Verbindend, kämpferisch, klar.“
Die Wahl zur Konferenzleitung fiel auf Sandra Konkol (GdP MV) und Ulrike von Malottki (GEW MV), die souverän und empathisch durch das Programm führten.
Unsere MV-Mädels Sandra Konkol, zugleich Delegierte, und Nele-Marie Gundlach als Gast repräsentierten dabei insbesondere die Perspektive unserer Frauen aus dem Polizeibereich, mit klarer Stimme und nutzten den Tag zum Netzwerken.
In ihrer Keynote sprach Dr. Christina Klenner (Senior Research Fellow, INES Berlin) über „Arbeitszeiten, die zum Leben passen“ ein Thema, das besonders im Polizeikontext eine hoher Relevanz hat. Sie stellte fest: „Flexible Arbeit darf nicht bedeuten: Frauen schultern alles.“
Die anschließende Podiumsdiskussion „Zeit, dass sich was dreht!“ mit DGB-Vize Elke Hannack, Cornelia Felten (Carlsberg) und erneut Dr. Klenner beleuchtete Zeitpolitik aus gewerkschaftlicher und betrieblicher Sicht. Katharina Lückert (DGB Kiel) moderierte klug und fokussiert.
Nach dem Mittagessen standen Tätigkeitsbericht, Antragsberatung und Schlussworte im Zeichen der Weiterentwicklung. Anträge der GdP MV waren: Einführung der Familienstartzeit, Mutterschutz nach Fehlgeburt und Gewaltprävention, Opferschutz und gerechte Chancen für junge Menschen.
Die 4. Bezirksfrauenkonferenz Nord war ein Ort des Austauschs, der Vernetzung und des Aufbruchs. Für viele Frauen, auch aus dem Polizeidienst, war sie nicht nur eine politische Veranstaltung, sondern ein bestärkender Moment. Mit Impulsen aus Politik, Wissenschaft, Poesie und Praxis wurde deutlich: Gleichstellung gelingt, wenn Frauen gemeinsam laut werden und Männer zuhören und mitwirken.