
28.09.2025
GdP unterzeichnet Offenen Brief zum "Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Halterpflichten bei der Überprüfung von Führerscheinen"
Im Februar 2025 unterzeichnete die Gewerkschaft der Polizei (GdP) einen offenen Brief zum „Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Halterpflichten bei der Überprüfung von Führerscheinen“, zusammen mit DEKRA SE, Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG),
Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland (VOD) e.V. und LapID Service GmbH.
Sehr geehrte Mitglieder des Ausschusses für Inneres und Heimat,
die Erhöhung der Verkehrssicherheit ist und bleibt eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen – laut WHO kommen jährlich immer noch 1,25 Millionen Menschen bei
Straßenverkehrsunfällen ums Leben. Die Zahl von Null Verkehrstoten im Straßenverkehr – Vision Zero
– muss Realität werden und der Sicherheit auf unseren Straßen unverzichtbare Priorität zukommen.
Im „Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Halterpflichten bei der Überprüfung von
Führerscheinen“ (BT-Drucksache 20/14039), zu welchem die Bundesregierung am 4.12.24 Stellung genommen hat, wird vorgeschlagen, dass Arbeitgeber/Fahrzeughalter die Führerscheine ihrer Fahrer/Arbeitnehmer nach einer einmaligen Kontrolle nur noch bei „konkreten Anlässen“ überprüfen müssten – und nicht wie bisher, im regelmäßigen Turnus. Der Gesetzentwurf ist aus Sicht der Verkehrssicherheit als signifikante Herausforderung einzustufen. Und statt wie beabsichtigt den Verwaltungsaufwand zu verringern, könnte er zu einem höheren bürokratischen Aufwand in Unternehmen führen. Europaweit wird bereits an einer einfachen Lösung
gearbeitet: dem digitalen Führerschein, der schon 2027 eingeführt werden soll. Mit diesem kann die Abfrage einer Fahrerlaubnis durch den gewerblichen Fahrzeughalter so gut wie vollautomatisiert im Hintergrund ablaufen. Daher ist unsere Bitte, bei einer eventuellen erneuten Diskussion des Entwurfs in der nächsten Legislaturperiode, das Gespräch mit uns und anderen Akteuren im Sinne der Verkehrssicherheit und Entbürokratisierung zu suchen und eine zügige Einführung des digitalen Führerscheins zu forcieren. Dies führen wir im Folgenden gerne näher aus.
Verkehrssicherheit und Vision Zero müssen weiterhin oberste Priorität haben.
Aktuell wirken Führerscheinkontrollen durch gewerbliche Fahrzeughalter als egiziente und gesamtwirtschaftlich günstige Kontrollinstanz, die Polizeikontrollen ergänzen. Hierbei hat sich auf Basis anwaltlicher Empfehlungen etabliert, Führerscheine halbjährlich zu kontrollieren. Kann ein Fahrer aufgrund eines Fahrverbotes oder des Entzugs der Fahrerlaubnis keinen Führerschein vorzeigen, entzieht ihm der Halter den Zugang zum Fahrzeug. Diese Kontrollinstanz würde durch die Gesetzesänderung weitestgehend wegfallen. Ohne regelmäßige Führerscheinkontrollen steigt die Gefahr, dass Fahrer ohne gültige Fahrerlaubnis am Straßenverkehr teilnehmen. Dies erhöht das Risiko schwerer Unfälle und gefährdet die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Denn Personen ohne gültige Fahrerlaubnis sind laut Statistischem Bundesamt signifikant an Unfällen mit Personenschäden beteiligt.
Regelmäßige Kontrolle von Führerscheinen maßgeblich für die Verkehrssicherheit
Dass „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ bereits heute ein systematisches Problem ist, zeigen auch Zahlen des KBA: Im Jahr 2023 wurden 406.292 Fahrverbote verhängt. Im selben Jahr kam es zu 114.788 Delikten von „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ trotz Fahrverbots. Die Dunkelziffer derer, die trotz Fahrverbot am Straßenverkehr teilnehmen, ist sicherlich deutlich höher. Da das existenznotwendige Einkommen von Fahrern gewerblicher Fahrzeuge davon abhängt, Kraftfahrzeuge zu führen, besteht bei dieser Personengruppe eine noch höhere Wahrscheinlichkeit als bei Fahrern privater Fahrzeuge, dass diese sich nicht an ein Fahrverbot oder den Entzug ihrer Fahrerlaubnis halten.
Eine Studie aus den USA mit über 4 Millionen gewerblichen Fahrern zeigt hingegen den positiven Egekt von Führerscheinkontrollen auf die Verkehrssicherheit. Darin wurde ermittelt, dass sich Verkehrsverstöße nach Einführung einer laufenden Führerscheinkontrolle innerhalb von 24 Monaten um 42,5 % reduziert haben (SambaSafety 2024 Driver Risk Report: Key Trends Shaping Automotive Mobility). Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Aufweichung der Halterpflicht gegenläufige Auswirkungen hätte. Der aktuelle Gesetzentwurf wäre vor diesem Hintergrund ein Baustein, der die Ziele der Vision Zero konterkarieren würde.
Bürokratieaufwuchs durch Gesetzentwurf: Erfassung und Nachverfolgung „konkreter Anlässe“
ist ungleich aufwändiger und komplexer als regelmäßige Führerscheinkontrollen.
Die Unterzeichner dieses Briefes unterstützen jegliche Bestrebungen, Bürokratie abzubauen und Erleichterungen für Unternehmen in Deutschland zu schagen. Dieses Ziel darf allerdings nicht auf Kosten der Verkehrssicherheit erreicht werden. Wir möchten zudem betonen: Es besteht die Gefahr, dass der Entwurf das Gegenteil des angestrebten Ziels erreicht und zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führt. Die Erfassung und Nachverfolgung „konkreter Anlässe“, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, ist ungleich aufwändiger und komplexer als regelmäßige Führerscheinkontrollen und könnte daher den Bürokratieaufwand in den Unternehmen deutlich erhöhen. Zudem drohen ohne regelmäßige Führerscheinkontrollen juristische Komplikationen für gewerbliche Fahrzeughalter und damit potenziell auch eine Mehrbelastung des Justizsystems.
Mit der unterzeichneten eIDAS 2.0 Verordnung hat sich die Bundesregierung zudem dazu verpflichtet, bis 2027 ein EUDI-Wallet (European Digital Identity Wallet) in Deutschland bereitzustellen. Wir regen hier eine möglichst zeitnahe Umsetzung vor 2027 an, im Sinne der Entlastung der Unternehmen. Denn, diese digitale Brieftasche wird es Mitarbeitern von gewerblichen Fahrzeughaltern ermöglichen, ihren digitalen Führerschein innerhalb von wenigen Sekunden, unkompliziert abzufragen. Bereits heute gibt es außerdem zahlreiche Anbieter von Softwarelösungen, die Unternehmen bei der Durchführung von Führerscheinkontrollen umfassend, digital und unbürokratisch unterstützen. Vor dem Hintergrund unserer Schilderungen möchten wir abschließend dafür sensibilisieren, dass der Schutz und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden oberste Priorität behalten und Entbürokratisierung nicht auf Kosten von Sicherheit stattfinden sollte. Vielmehr stellt Digitalisierung einen sicheren und einfachen Weg zu weniger Bürokratie dar.
Mit freundlichen Grüßen
DEKRA SE
Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG)
Gewerkschaft der Polizei (GdP)
Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland (VOD) e.V.
LapID Service GmbH
