Indiskutable Personalausstattung, Zuwachs bisher Makulatur
„Die bloße Anzahl ist erschreckend, kann aber niemanden in dieser Stadt überraschen. Das hat auch nur bedingt mit Corona zu tun und wird sich nach der Pandemie nicht einfach so nach unten regulieren. Wir weisen seit Jahren auf die absolut indiskutable Personalausstattung hin. Innensenator Geisel hat in der letzten Legislaturperiode im Austausch mit uns einiges angeschoben, aber die Lücke aufgrund der massiven Sparjahre ist noch immer zu groß. Unsere medizinverantwortlichen Einsatzkräfte überaltern zunehmend. Wir haben zwar zahlreiche Stellen bekommen, aber diese sind reine Makulatur, wenn das in den nächsten Jahren nicht weitergeht und Berlins Politik darüber hinaus endlich die notwendigen Kapazitäten am neuen BFRA-Standort Tegel schafft“, so Brandoberinspektor Oliver Mertens aus dem GdP-Landesvorstand am Mittwochmorgen. In der Tat muss die Berliner Feuerwehr seit Jahren immer häufiger den Ausnahmezustand ausrufen. Waren es bis 2017 stets maximal zehn, kam man 2018 bereits auf 43, im Vorjahr auf 64. Ausgerufen wird er immer dann, wenn eine 80-prozentige Auslastung der Rettungswagen vorliegt. In der Folge werden zu Lasten der Löschfahrzeuge mehr RTWs in den Dienst gebracht, sofern denn entsprechende Kollegen zur Besetzung verfügbar sind. Derzeit sind 536 Stellen unbesetzt, 275 davon im Rettungsdienst, weil das Personal eben auch erst ausgebildet werden muss.
GdP: Wir wollen Menschen helfen, aber nicht wegen abgebrochenen Zehnägeln oder weil Netflix hakt
Im Zuge der steigenden Belastung und in Reaktion auf die gewerkschaftliche Aktion „Berlin brennt“ werden seit drei Jahren in Zusammenarbeit von Innensenator, Behördenleitung und den Gewerkschaften Maßnahmen erarbeitet, um die Belastung in der wachsenden Stadt herunterzufahren und Berlins Feuerwehr nachhaltig leistungsfähig zu halten. Unter anderem wurde die wöchentliche Arbeitszeit von 48 auf 44 Stunden reduziert. „Natürlich sorgt auch weniger Arbeitszeit für weniger verfügbare Arbeitskräfte, aber dieser Schritt war aufgrund des Krankenstandes unumgänglich und der Schaden wäre höher, wenn uns immer mehr Kollegen dauerhaft wegbrechen“, so Mertens. Die Ursache für die Zahlen sieht der GdP-Vorstand vorrangig woanders. „Wir müssen nach wie vor feststellen, dass die unmenschliche Belastung und daraus resultierende Frustration auch an der All-Inklusive-Mentalität in der Bevölkerung liegen. Wer in Not ist, soll bitte die 112 wählen, denn wir wollen Menschen helfen. Wir wollen aber nicht wegen abgebrochenen Zehnägeln herausfahren, weil die Milch im Kühlschrank sauer ist oder Netflix gerade hakt. Insofern muss der zukünftige Berliner Senat neben einem Personalaufwuchs und der neuen BFRA in Tegel auch Wege finden, mehr auf Alternativen 112 hinzuweisen.“