Zum Inhalt wechseln

Wenn der Mieter die Sanierung zahlt!

Top-Thema in Wiesbaden. Leerstehendes ehemaliges Finanzamt kostet Steuerzahler pro Jahr 3,8 Millionen Euro (bis 2032)

Wiesbaden.

Immobilien Deals der Vergangenheit auch in der Gegenwart Thema! Keiner trägt für die Fehler der Vergangenheit Verantwortung! So stärkt man nicht das Vertrauen in die Politik bei den Bürgerinnen und Bürgern! Wenn der Mieter den Leerstand zahlt - oder die Miete - aktuell wie vor Jahren. Zustände an der HöMS in Wiesbaden unverändert miserabel. Diese Zeilen in der Überschrift aus dem Zauberlehrling von Johann Wolfgang von Goethe können es nicht trefflicher ausdrücken. Die Landesregierungen unter der Ägide des Ministerpräsidenten Roland Koch machten sich ab 1999 auf, um (unter anderem) landeseigene Liegenschaften auf dem Immobilienmarkt gewinnbringend zu verkaufen. 54 Liegenschaften, die im Landesbesitz waren, konnten 2005 und 2006 veräußert werden. Mietverträge wurden für 30 Jahre (!) geschlossen mit der in der Überschrift zitierten Mieterverpflichtung. Rund zwei Milliarden Euro wurden eingenommen und in die klammen Haushaltskassen „gespült“! Eilig wurde schnell ein landeseigener Betrieb gegründet, der sich um Bau- und Liegenschaften „professionell“ kümmern sollte. Dieses Konstrukt heißt heute Landesbetrieb Bau- und Immobilien Hessen (LBiH).

Die erhoffte Erfolgsstory blieb aus und man fuhr „krachend gegen die Wand“! Landeseigene Gebäude, darunter auch viele Polizeidienststellen und Präsidien wurden älter, Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen fanden häufig nicht, oder nicht im erforderlichen Maß statt und so trug es sich zu, dass Investitionsstaus mit erheblichen Konsequenzen sich in den Folgejahren anhäuften. Die unter dem Rubrum „Leo I und Leo II“ veräußerten Landesliegenschaften wurden per Mietvertrag mit den Eigentümern nach Mitteilung des Steuerzahlerbundes Hessen so vereinbart, dass die Mieter nicht nur die Mieten, sondern zusätzlich auch die anfallenden Sanierungen und Renovierungen vollumfänglich finanziell zu tragen haben. Klingt komisch, ist aber so!
Am Beispiel der „Hessischen Polizeischule“ (HPS), die heute den Namen Hessische Polizeiakademie (HPA) trägt, wird das jahrelange Sparen und das untätige Verhalten des LBiH deutlich. Auf diesem 45.000 Quadratmeter großem Gelände ist auch die Hochschule für Polizei und Verwaltung (HfPV), Abteilung Wiesbaden, vor Jahren mit Verwaltungsapparat und den Studierenden eingezogen. Als zentraler Fortbildungsstandort der hessischen Polizei sind jährlich tausende Lehrgangsteilnehmer im Rahmen von Fortbildungen unterwegs. Dazu noch in der Spitze 1000 Studierende, die ebenfalls die vorhandene (marode) Infrastruktur nutzen müssen. Schieß - und Sportstätten, Lehrsäle sowie Küche und Kantinenräume werden gnadenlos über die Kapazitätsgrenzen hinaus genutzt. Selbstbehelfe, wie die angelaufene dezentrale Führungskräftefortbildung, helfen nicht wirksam. Für Studierende (ohne eigene Wohnung) besonders ärgerlich, wurden in den zurückliegenden Jahren die zur Verfügung stehenden Bettplätze, die gegen geringes Entgelt angemietet werden konnten, quasi gegen null reduziert. Damit ist bezahlbares Wohnen für Studierende (einst Polizeischüler) in der Folge konsequent abgeschafft. Nicht zuletzt aus diesem Grund scheuen vielleicht einige potentielle Bewerberinnen und Bewerber, sich bei der hessischen Polizei zu bewerben. Dies war in der Vergangenheit anders. Anfang der 1990er Jahre konnten noch 861 Unterbringungen für Lehrgangsbetrieb (darunter auch Ausbildung / HAL) realisiert werden. In einem Grußwort in der Festschrift zum 40. Geburtstag der HPS 1991 bin ich auf folgende Zeilen des Innenministers Dr. Günther gestoßen: „Aus- und Fortbildungen gehören zu den wichtigsten Investitionen für die Zukunft. Keine Organisation kann auf gut aus- und fortgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verzichten. Für die Polizei gilt dies im besonderen Maße“ (...), soweit Dr. Guenther. Ministerialdirigent von Hoerschelmann (HMdIuS) schreibt in seinem Grußwort: „Sie (die HPS) hat sich in 40 Jahren in einem umfassenden Sinne gut entwickelt. Die Baracken und Behelfsunterkünfte des Jahres 1951 sind abgelöst worden durch moderne und großzügige Gebäude für das Lehren, Lernen und Wohnen ersetzt“. Dies galt offensichtlich bis 1991!

Angemietete Duschcontainer können nicht betrieben werden

Was in den ersten 40 Jahren des Bestehens der „HPS“ errichtet und gebaut wurde, ist heute noch Bausubstantiell Maßstab der Dinge. Das Lehrsaalgebäude (aus dem Jahr 1954) wird auch 65 Jahre später von Studierenden und Lehrgangsteilnehmern täglich aufgesucht. Neue Fenster und Bodenbeläge aus den siebziger und achtziger Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts können nicht kaschieren, dass insbesondere die technischen Ausstattungen der Lehrsäle mit einer erwachsenengerechten Fortbildung oder gar einen hochschulischen Studienbetrieb nichts gemein haben! Flächendeckendes W – LAN, unter vielen „Dorflinden“ im hessischen Umland nutzbar, suchen lernwillige auf dem Gelände erfolglos. Die (in der Vergangenheit) zusammengelegten Bibliotheken (Verwaltungsfachhochschule / HfPV und der HPS / HPA) werden dem Ansturm der Lernwilligen kaum Herr. Nutzbare PC - Arbeitsplätze zu Recherchezwecken wurden zögerlich realisiert. Die bereitgestellte Anzahl der Rechner teilt man besser nicht durch die Anzahl der Bedarfswilligen! Und die sanitären Einrichtungen werden der Menschenmassen nicht gerecht, die diese notgedrungen aufsuchen müssen.

Bis 1974 entstand das Unterbringungsgebäude XIX und wurde mit Kosten von 6,3 Millionen DM gebaut. Die Sanierungskosten in den letzten Jahren können (in damaliger Währung DM gerechnet) mit dem doppelten der damaligen Bausumme, nämlich 6 Millionen Euro, beziffert werden. Der landeseigene Betrieb hat ganze Arbeit geleistet! Die Sport- und Schwimmhalle aus dem Jahr 1981, die Augenscheinlich noch einigermaßen funktional erscheint, steht kurz vor dem Kollaps. Zu- und Abwasserleitungen sowie das Kanalsystem müssen von Grund auf saniert und erneuert werden. Angemietete Duschcontainer, die die wenigen defekten sanitären Einrichtungen in der Sporthalle kompensieren sollen, können aus technischen Gründen – es mangelt wohl an der Wasserqualität - nicht betrieben werden. Kosten fallen dennoch an! Der vor einigen Jahren errichtete neue Sportplatz (Kunstrasen) mit den dazugehörigen Sprung- und Wurfgruben, sowie einer umrandenden Tartanbahn ist auf dem neuesten Stand.

Die HPA in Wiesbaden in guter Gesellschaft

Wen wundert es also, das neben Printmedien (Wiesbadener Kurier) auch der Hessische Rundfunk in einem Hessenschaubeitrag das ganze Ausmaß dieser maroden Infrastruktur öffentlich thematisierte. In diesem Beitrag werden anstehende Sanierungskosten in Höhe von 85 bis 220 Millionen Euro durch einen Gutachter taxiert. Dumm dabei ist die Tatsache, dass der Mieter und damit die hessischen Steuerzahler dafür aufkommen müssen. Die HPA in Wiesbaden in guter Gesellschaft. Das ehemalige Hessische Sozialministerium, in unmittelbarer Nähe zum Hessischen Landeskriminalamt gelegen, hat ebenfalls einen Sanierungsrückstand im zweistelligen Millionenbereich. Dazu kommt noch die Jahresmiete von einer Millionen Euro für ein mithin ein Jahr leerstehendes Gebäude. Nach dem Umzug des Sozialministeriums zahlt das Land in der neuen Liegenschaft obendrauf nochmal über zwei Millionen Euro Jahresmiete! Respekt den Verantwortlichen! Der Bund der Steuerzahler fordert zu Recht von der Landesregierung eine Bestandsanalyse aller abgeschlossenen Projekte, um die anfallenden Kosten beziffern zu können. Diese Forderung bleibt leider derzeit ein unerfüllter Wunsch, denn kein Verantwortlicher aus einem hessischen Ministerium wird Fehler der (eigenen) Vorgängerregierungen im Nachgang rügen oder gar öffentlich machen! Auch einige hessische Minister, derzeit sieben, „sind zur Miete untergebracht!“ Am teuersten ist die Miete im Innenministerium, hier fallen 2,51 Millionen Jahresmiete an. Schließen möchte ich diesen Artikel mit einem Auszug aus der Festschrift zum 40. Geburtstag der HPS unter der Überschrift: Kapazitätsengpässe der HPS zu Beginn der 90er Jahre: „Angesichts zurückgehender Geburtenzahlen bei voraussehbar großen Pensionierungszahlen während der bevorstehenden Jahre wurden die Anstrengungen der polizeilichen Nachwuchswerbung erheblich verstärkt (...) Die HPS platzt zu Beginn der 90er Jahre aus allen Nähten!“ 2019 und damit fast dreißig Jahre später ist die Befürchtung, einer erwachsenengerechten Aus- und Fortbildungsanforderung nicht mehr gerecht werden zu können, bittere Realität geworden! Wie wollen wir im dauerhaften Wettbewerb um den geeignetsten Polizei - Nachwuchs im Rhein-Main-Gebiet bestehen, wenn es nicht gelingt, endlich akzeptable Standards in Infrastruktur und Technik (landesweit an allen HfPV Standorten) und der HPA kurzfristig bereit zu stellen und langfristig zu sichern? Vielleicht hatte Meister Goethe seiner Zeit als „Zauberlehrlinge“ auch Berufspolitiker im Kopf? Man weiß es nicht....



Jens Mohrherr

This link is for the Robots and should not be seen.