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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Polizeistrukturreform

Die Gewerkschaft der Polizei, Landesbezirk Sachsen-Anhalt (GdP) nimmt zum Entwurf eines Gesetzes zur Polizeistrukturreform nachfolgend Stellung

Magdeburg.

Ziel der beabsichtigten Polizeistrukturreform ist es, zukunftsfähige polizeiliche Organisationsstrukturen zu schaffen, die es der Polizei ermöglichen, ihre Aufgaben sowohl effektiv als auch effizient zu erfüllen. Dazu werden Polizeibehörden geschaffen, die sicherstellen, dass die Polizei überall im Land Sachsen-Anhalt zeitnah, lageangepasst und bürgernah ihre Aufgaben erfüllen kann.

Aufgaben der Polizeiverwaltung und des Polizeivollzugs sollen in einer landesweit zuständigen Polizeibehörde angegliedert werden, soweit sich daraus ein Effizienzgewinn erzielen lässt, ohne dass dadurch die Flexibilität und Wirksamkeit der polizeilichen Aufgabenerfüllung reduziert wird.
Grundsätzlich bewertet die GdP die Herangehensweise, vor allem die stringente Einbeziehung der Gewerkschaften und Berufsverbände sowie des Polizeihauptpersonalrates in der Polizei durch die Lenkungsgruppe positiv. In einigen Fällen führten die Gespräche zu positiven Veränderungen.

Mit der jetzt vorgelegten Veränderung der Organisation der Polizei kann das Ziel effektiv erreicht werden. Ob dies auch effizient geschieht, wird die zukünftige Evaluation zeigen.

Unabhängig der notwendigen gesetzlichen Regelungen macht die GdP auf folgende grundsätzliche Hinweise aufmerksam.

Ein zukunftsorientiertes Konzept für eine schlagkräftige Polizei in den kommenden Jahren, die auf die zu erwartenden Herausforderungen richtig und sachgerecht eingestellt ist, muss auch zwingend die Rahmenbedingungen mit berücksichtigen. D. h. es ist nicht ausreichend, die Organisation an die Zielstärke anzupassen, sondern auch die Rahmenbedingungen an die zukünftige Organisation herzustellen.

Dazu gehören die materiellen Rahmenbedingungen, die eine zukunftsorientierte Polizeiarbeit erfordern. Neben Liegenschafts- und Ausrüstungsfragen muss eine grundlegende Neustrukturierung auch die Ansprüche und Erwartungen der Angehörigen des Polizeivollzuges und der Polizeiverwaltung mit umfassen. Nur so, in der komplexen Beurteilung der zukünftigen Situation ist es möglich, ein abgestimmtes Konzept zu erstellen, dass es dem Parlament ermöglicht, die „Weichen für die Zukunft“ zu stellen.

Die Gewerkschaft der Polizei hat schon zu Beginn der strukturellen Überlegungen unter Hinweis auf systemische Abhängigkeiten bewusst diese Themenfelder angesprochen und gebeten, diese gebührend zu berücksichtigen.

Leider ist es bisher nicht gelungen, schlüssige Konzepte zur zukünftigen Unterbringung der Landespolizei, unter Berücksichtigung der Personalentwicklung, zu erarbeiten und vor allem umzusetzen. Hier fehlen u.a. die Umsetzung in der Liegenschaft Sternstraße in Magdeburg und die Unterbringung der 4. EHu der LBP in Halle.

Die GdP hat erhebliche Zweifel, ob die organisatorischen Änderungen, basierend auf einer jetzt definierten Zielzahl von 6.400 Polizeivollzugsbeamten, bereits zum 1.1.2019 umsetzbar sein werden. Insbesondere die Anzahl der Beschäftigten (Beamte und Tarifbeschäftigte) der Polizeiverwaltung lässt bei einer Teilung des Personals der PD Sachsen-Anhalt Nord die Arbeitsunfähigkeit erkennen. Die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen sollte erst nach der deutlichen Verstärkung der Polizeiverwaltung erfolgen.

Gleichzeitig hatte die GdP erwartet, dass die Projektgruppe eine sachgerechte und aufgabenbezogene Berechnung der Personalstärke der Polizeiverwaltung, unter Beachtung der geplanten Aufstockung des Personals für den Polizeivollzug vorlegt. An dieser Stelle sollten zwingend die Ergebnisse der AG „Zentralisierung der Verwaltung“ Berücksichtigung finden. Leider wird die zukünftige Personalstärke der Polizeiverwaltung lediglich prozentual auf die Stärke des Polizeivollzugs errechnet, ohne die tatsächlichen Aufgaben zu betrachten. Wir verweisen auf die ausführliche Schwachstellenanalyse (964) des Sollvorschlages (Arbeitsauftrag 4 p) der AG „Zentralisierung der Verwaltung“, insbesondere, was den Personalbedarf der Polizeiverwaltung hinsichtlich der Querschnittsverwaltung beziehungsweise der polizeinahen Verwaltung betrifft.

Die Umsetzung einer neuen Polizeistruktur ist ohne die Anpassung der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) undenkbar. Allerdings lässt nach derzeitigem Erkenntnisstand die erforderliche Sicherstellung der IKT eine Umsetzung derzeit nicht zu. Zu viele Fachanwendungen bedürfen der Anpassung, ohne die die neuen Organisationstrukturen nicht arbeitsfähig sein werden.

Darüber hinaus wird bereits jetzt deutlich, dass der aus weiterem Abbau des IKT-Personals einerseits und stark wachsenden Anforderungen an die IKT der Landespolizei andererseits resultierender Widerspruch sich weiter verschärfen wird. Das als Königsweg verfolgte Outsourcing von IKT-Leistungen erweist sich bei der polizeinahen und lagerelevanten IKT bereits jetzt als Irrweg. Ohne eine diesbezüglich radikale Kurskorrektur sind weitere und künftig folgenreichere Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit der Landespolizei nicht mehr auszuschließen.

Die GdP sieht die stark wachsenden Anforderungen an die IKT der Landespolizei besonders

    • der steigende Vernetzung, Komplexität und weiter wachsende Dynamik in der IKT (z.B. mit Windows10 zwei Betriebssystemumstellungen pro Jahr statt wie bisher einmal alle 5 Jahre),
    • weiter wachsende Anzahl von Fachverfahren mit immer höheren Anforderungen an die Verknüpfung dieser,
    • dem Einsatz neuer Techniken (z.B. Körperkameras, Interaktiver Streifenwagen, Smartphone etc.) und
    • in der personellen Verstärkung der Landespolizei mit dem damit verbundenen Aufwuchs der Nutzer und damit der IKT-Endgeräte bis 2021 um ca. 1/3,
Außerdem betrifft es auch das fehlende Konzept zur echten Personalentwicklung. Hier muss es Ziel sein, Mitarbeiterkompetenzen mit den aktuellen und zukünftigen Aufgaben der Polizei in Einklang zu bringen. Die bestmögliche Aufgabenerfüllung soll so erreicht werden und gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wege der Förderung, Motivation und Einbeziehung für einen Prozess notwendiger Veränderung fit bleiben.

Zu den vorliegenden Gesetzesänderungen:

Zu Artikel 1 (SOG)

Die GdP begrüßt die Änderung des § 38 Abs. 2, die Möglichkeit einer richterlichen Entscheidung ohne persönliche Anhörung der in Gewahrsam genommenen Person.

Im Weiteren sind die Änderungen des SOG auf Grund der angestrebten Strukturänderung notwendig.

Die Einbindung aller Dienste, mit Ausnahme derer, die beim LKA liegen, in eine PI „Zentrale Dienste“ mit Aufgaben, die der Polizeiverwaltung und dem derzeitigen TPA zuzurechnen sind, führt unser Erachtens zu einer Behörde, die schwer zu führen sein wird. Aus Sicht der GdP spricht vieles dafür, die Organisationeinheit mit Aufgaben des Polizeivollzuges in einer eigenständigen Organisationseinheit zu belassen.

Zu Artikel 2 (Wachpolizeidienstgesetz)

Die GdP begrüßt die Verlängerung des Wachpolizeidienstgesetzes.

Die Auswahl der zukünftigen Wachpolizisten muss mit einer realen Chance für die Übernahme in den Polizeivollzugsdienst verbunden werden.

Ziel muss es sein, zeitnah zusätzliche und auf Dauer angelegte eigene Polizeikräfte zur Verfügung zu haben, wobei die „Ausbildung von Wachpolizisten“ eine aus der Not geborene temporäre Möglichkeit darstellt. Damit wäre die Landespolizei weiter in der Lage, die Organisationseinheiten für andere notwendige Aufgaben verfügbar zu haben und zumindest ein wenig zu entlasten.

Die Erhöhung des Personals muss jedoch so zeitnah wie möglich und vor allem nachhaltig geschehen, nicht zuletzt auch als Signal gegenüber den eigenen Polizeibeschäftigten und der Bevölkerung.

Allerdings machen wir in diesem Zusammenhang auf zwei Aspekte aufmerksam.

Die Fortführung der Wachpolizei darf auf keinen Fall zur Kürzung des Einstellungskorridors für den Polizeivollzugsdienst führen.

Außerdem geben wir zu Bedenken, in der Landespolizei werden gegenwärtig Aufgaben der Polizeiverwaltung in der Größenordnung von ca. 200 Vollbeschäftigteneinheiten durch Polizeivollzugsbeamte wahrgenommen. Hier ist Potenzial vorhanden, mit dem Polizeivollzugsbeamten in kürzester Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben durch Verwaltungspersonal freigesetzt werden könnten.

Im Übrigen verweisen wir auf unsere Stellungnahme vom November 2016 zur Einführung des Wachpolizeidienstgesetzes.

Zu Artikel 4 (Landesbesoldungsgesetz)

Die GdP hält die Ausweisung der Spitzenämter der Polizeiinspektionen mit B2 bzw A16 m.Z. für nicht sachgerecht. Diese müssten aus unserer Sicht mit B3 bzw. B2 bewertet sein. Im Vergleich zur Bewertung des Spitzenamtes eines Landesamtes sollte die Bewertung angepasst werden. Dies hätte zur Folge, dass auch die nachgeordneten Funktionen eine deutliche Hebung erfahren müssten.

Zu Artikel 5 (PersVG)

Die aufgeführten Änderungen des PersVG LSA sind die Folgen der angestrebten Strukturänderung.

Gleichwohl ergibt sich die Frage, warum diese Änderungen nahezu zeitgleich mit dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes Sachsen-Anhalt der Landesregierung (Drucksache 7/2990 vom 08.06.2018) auf den Weg gebracht werden sollen. Hier sind aus Sicht der GdP die Änderungen, die die Polizei betreffen mit einzuarbeiten.

Deshalb macht die GdP an dieser Stelle auf notwendige Änderungen aufmerksam.

Die Anzahl der Mitglieder des Stufenpersonalrates sollte sich zukünftig nach § 16 regeln. Die Stufenpersonalräte in der Polizei (zukünftig auch in den PI) sind je in einer Stärke von 7 Beschäftigten zu wählen. Dem gegenüber steht die Anzahl der Mitglieder der Personalräte in keinem Verhältnis. Insbesondere die Belastung der Mitglieder der Stufenvertretung mit Mitbestimmungsverfahren macht sehr schnell die Grenze des Leistbaren deutlich.

Die GdP regt außerdem eine Änderung des § 81 - Sonderregelung für Polizeivollzugsbeamte an. Im Zuge der deutlich erhöhten Einstellungszahlen ist die Übernahme der Regelungen des Kapitel 6 Jugend- und Auszubildendenvertretung notwendig. Mit der hohen Anzahl der Auszubildenden ist die derzeitige Interessenvertretung aus Sicht der GdP überfordert. Vorbild für eine Änderung könnte die Regelungen im sächsischen PersVG (§ 59 Aktives und passives Wahlrecht) sein.

Nach wie vor hat die Landespolizei ein echtes Problem mit der Teilnahme der ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten an den Sitzungen der Personalräte in den PRev und der Stufenpersonalräte. Hier muss eine sachgerechte Definition des Begriffes „Dienststelle“ im Frauenfördergesetz erfolgen.

Die GdP steht für Rückfragen und ergänzende Erläuterungen jederzeit zur Verfügung.

Im Auftrag

Uwe Petermann
Gewerkschaft der Polizei
Landesbezirk Sachsen- Anhalt

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