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Leitantrag der GdP Thüringen

Antrag: B 1

Antragsteller: GLBV

Betreff: Leitantrag der GdP Thüringen

Der Landesdelegiertentag möge beschließen, dass der nachfolgende Leitantrag der GdP Thüringen als Grundlage für die Verbesserung in der Thüringer Polizei und Justiz umgesetzt wird.

Die Haushalte von Ländern und Kommunen drohen in Folge der Corona-Krise und der – aus unserer Sicht verfehlten – Politik der schnellen Schuldentilgung sowie dem Dogma der Schwarzen Null zu Spar- und Kürzungshaushalten zu werden. Der aus der Vergangenheit bekannte Umgang damit ist, sparen zu Lasten der Bediensteten in Justiz und Polizei. Dem tritt die GdP entgegen!

Unser Gemeinwesen funktioniert dann zuverlässig, wenn alle Bereiche ineinandergreifen und gut ausgestattet sind. Krisenfolgen auf die Bediensteten abzuwälzen bedeutet, die Daseinsvorsorge zu gefährden. Wir stehen dagegen für eine Aufwertung des öffentlichen Dienstes - vor allem in der Polizei und im Justizvollzug.

Die GdP fordert die gesetzliche beamtenrechtliche Beteiligung sowie eine qualifizierte Einbeziehung in die Weiterentwicklung des Dienstrechts aktiv ein. Personalgewinnung im demographischen Wandel ist eine enorme Herausforderung für alle staatlichen Ebenen. Dazu müssen Aus- und Fortbildung sowie Personalentwicklung gestärkt werden. Allen Bediensteten ist, unabhängig von ihrer Qualifikationsebene, dem Arbeitsbereich und der Statusgruppe, Qualifizierung und Weiterentwicklung anzubieten. Beförderungs- und Aufstiegsperspektiven müssen gemeinsam entwickelt werden.

In Thüringen gibt es Nachholbedarf, was Führungs- und Wertschätzungskultur in den Dienststellen angeht. Personalentwicklungskonzepte mit guten Ideen nutzen nichts, wenn sie nur auf dem Papier existieren. Notwendig sind Offenheit und ein respektvoller Umgang mit den Bediensteten. Beförderungsentscheidungen müssen transparent und nachvollziehbar getroffen werden. Die Wertschätzung von Bediensteten drückt sich in Fürsorge, Achtung sowie gemeinsamer Problemidentifizierung und anschließender Lösungssuche aus. Führungskräfte müssen durchweg hierfür qualifiziert und entsprechend ihrer Eignung zur partnerschaftlichen Personalführung ausgewählt und beurteilt werden.

Tarif- und Besoldung

Tarif und Besoldung gehören zur Attraktivität des öffentlichen Dienstes und sind elementar für die Personalgewinnung in der Thüringer Justiz und Polizei. Hier müssen die Besoldungsbedingungen, vor allem auch der Anwärtern, überprüft und der Besoldung des Bundes angepasst werden. Inakzeptabel ist, dass Anwärtern, die teilweise bereits ein Hochschulstudium außerhalb des öffentlichen Dienstes abgeschlossen haben, von ihrer Vergütung weder leben, noch eine geeignete Wohnung für sich und ihre Kinder finanzieren können. Gut qualifizierte Bedienstete werden nur durch bessere Arbeitsbedingungen, Ausstattung sowie Vergütung gewonnen. Die öffentliche Hand steht in Konkurrenz zur Privatwirtschaft, das Land in Konkurrenz zu Bund und Kommunen. Diesen Wettbewerb hält man nur mit langfristiger Planung, politischer Weitsicht sowie ausreichend haushälterischen Mitteln stand.

Leitschnur ist das Prinzip „Besoldung folgt Tarif“. Wir fordern die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung der Tarifergebnisse. Die GdP fordert, dass Besoldungsrecht weiterzuentwickeln. Als einen Schritt für Thüringen schlagen wir die Wiedereinführung der vollständigen Sonderzahlung, Verbesserung der Erschwerniszulagen sowie Erhöhung der Dienst zu Ungünstigen Zeiten für den belasteten Schichtdienst vor.

Wir setzen uns für die Gleichbehandlung von Tarifbeschäftigten und Beamten ein. Nicht tariflich geregelte Arbeitsbedingungen sind für Beamten und Tarifbeschäftigte gleichmäßig anzuwenden. Dies betrifft u.a. den sogenannten Behördentag in Thüringen, die Teilnahme und Anrechnung des Dienst-/Gesundheitssportes als Arbeitszeit, Arbeitszeiten von Tarifbeschäftigten im Einsatz sowie die Pausenzeiten. Dieses bedeutet auch, dass Tarifbeschäftigte von Höhergruppierung wie Beamten von Stellenhebungen profitieren müssen.

Versorgung

Wir lehnen die Verknüpfung von Versorgungsansprüchen und kapitalgedeckter Altersvorsorge ab. Der Dienstherr schuldet die Pension als Teil der verfassungskonformen Alimentation, völlig unabhängig von Pensionsfonds oder Sondervermögen. Erheblich sinnvoller zur Zukunftsvorsorge als die Einzahlung in einen Fond oder das sogenannte Thüringer Nachhaltigkeitsmodell ist die Stärkung öffentlicher Investitionen.

Die Anhebung der Pensionsaltersgrenze wird ebenso abgelehnt wie die entsprechende Anhebung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Mehr Demokratie in Dienststellen

Das Leitbild der GdP ist die Mitbestimmung „auf Augenhöhe“ - das gilt in der Privatwirtschaft sowie im öffentlichen Dienst. Wir fordern mehr Demokratie in den Dienststellen! Das Thüringer Personalvertretungsgesetz bietet grundsätzlich eine gute Grundlage für zeitgemäße Mitbestimmung. Allerdings ist die „Allzuständigkeit der Personalräte für alle sozialen, personellen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten“ in der Praxis nicht durchgesetzt. Wir fordern deswegen die Ergänzung einer „Unberührtheitsklausel“. Zur Einhaltung der Mitbestimmung fordern wir analog dem Betriebsverfassungsgesetz die Straf- und Bußgeldvorschriften einzuführen.

Arbeitsbelastung reduzieren - Gesunde Arbeit gewährleisten

Die Stellenausstattung muss sich nach den zu erledigenden Aufgaben richten – nicht nach der Einnahmeseite des Haushalts. Von Verwaltungen wird heute erwartet, als Partner und Dienstleister mit hoher Servicequalität aufzutreten. Das kann nur mit guter personeller und sächlicher Ausstattung geleistet werden. So sind Distanz-Elektroimpulsgeräte einzuführen und andere Ausstattungen auf dem aktuellen Stand der Technik bereitzustellen.

Die GdP fordert den Freistaat auf, die Arbeitszeit der Beamten auf 35 Stunden zu reduzieren und eine entsprechende Kürzung der Pflichtstunden der Lehrkräfte vorzunehmen. Parallel dazu sind Maßnahmen zur Verhinderung von Arbeitsverdichtung und -hetze - also die Einstellung von mehr Personal oder Aufgabenreduktion – umzusetzen.

Auch im öffentlichen Dienst sind mehr flexible und individuellen Bedürfnissen angepasste Arbeitszeitmodelle nötig, um den Bediensteten unabhängig von ihrem Amt mehr Arbeitszeitsouveränität zu ermöglichen. Mehrarbeit und der Aufbau von „Zuvielarbeitsbergen“ sind zu verhindern. In jedem Fall ist ein zeitnaher Ausgleich nötig, wobei die finanzielle Abgeltung nur zweite Wahl sein darf.

Die GdP fordert die Anerkennung von Erkrankungen infolge einer Infektion mit Covid-19 als Dienstunfall.

Gewalt gegen Bedienstete aller Bereiche ist inakzeptabel! Der Dienstherr muss dem wirksam entgegentreten durch Ächtung von Gewalt, mehr Anstrengungen zur Prävention und vor allem durch den Einsatz von mehr Personal, die klare Unterstützung betroffener Kollegen, die konsequente Ermittlung und die Bestrafung von Täteren.

Die hohen Krankenquoten zeigen die erheblichen Belastungen im Justiz-/ Polizeidienst auf und sind durch die Politik stärker in den Fokus zu nehmen. Das Gesundheitsmanagement ist in allen Bereichen des Justiz- und Polizeidienstes entscheidend zu steigern und stetig auszubauen. So sind Angebote der Regeneration, Gesundheitsförderung sowie Kuren zu zwingend anzubieten und zu ermöglichen.

Ein zeitgemäßer öffentlicher Dienst sollte Diversität und Vielfalt in der eigenen Personalstruktur abbilden, kultursensibel und diskriminierungsfrei agieren. Es besteht Handlungsbedarf für wirkliche Gleichstellung.

Personalentwicklung

Um die umfangreichen Aufgaben im Freistaat zu erfüllen, ist mehr Personal nötig. Für die Thüringer Polizei, Vollzug und Verwaltung, sind mindestens 7.600 Stellen nötig. Im Thüringer Justizvollzugsdienst ist eine Erhöhung der Personalzahlen um 10 Prozent erforderlich. Um die benötigten Kollegen zu gewinnen, müssen jedoch die Bedingungen attraktiver gestaltet werden. Dazu gehören realistische Wege zu einer höheren Besoldung – analog der Bundesbesoldung. In Thüringen sind regelmäßige Beförderungen endlich in allen Besoldungsgruppen zu realisieren. Die vorhandenen Beförderungsstellen ab A 9 bzw. A 11 müssen tatsächlich besetzt werden.

Die Endämter in den Besoldungsgruppen (u.a.:A9z; A13z) sind in der Stellenobergrenzen und tatsächlichen Stellen zu erhöhen. Die Polizeizulagen müssen mindestens auf Höhe der Bundespolizeizulage angehoben werden und sind ruhegehaltsfähig auszugestalten. Auch andere Zulagen, die die Besonderheit des Polizeidienstes abbilden, sind anzuheben. Einstellungen und Eingruppierungen im Tarifbereich müssen sich nach den tatsächlichen Arbeitsaufgaben richten; dann gibt es keine Beschäftigten mehr unterhalb der Entgeltgruppe 5. Im Beamtenbereich ist zur Einstellung die gesetzlich vorgesehene Anwärtersonderzulage für die Steigerung der Attraktivität umzusetzen.

Schichtdienst belastet das Privatleben und führt zu erheblichen gesundheitlichen Belastungen. Betroffen sind u.a. Polizei und Justizvollzug. Zur Reduktion von Belastung und Gesundheitsgefährdung sind in Thüringen über die 35-Stunden-Woche für den (Wechsel-) Schichtdienst Modelle der Arbeitszeitreduzierung einzuführen. Sonderregelungen zur besonderen Altersgrenze bei Schichtbelastungen sind zu prüfen. Die Anrechnung von besonders belastenden Diensten beim Renteneintrittsalter sollte Berücksichtigung finden. Die Regelungen für die Inanspruchnahme der Lebensarbeitszeitkonten sowie bedarfsorientierte Urlaubsregelungen sind zu verbessern. Vor allem der Zusatzurlaub bei besonders belastenden Diensten, wie beim Vollzugsdienst, muss erneut in Fokus genommen und verbessert werden. Auch für Polizei und Justizvollzug sind neue familienfreundliche Arbeitszeitmodelle sinnvoll und anzustreben. Bei geeigneten Dienstposten stärken mobiles Arbeiten und Homeoffice die zeitliche Flexibilität sowie die Vereinbarkeit von privaten und beruflichen Belangen.

Die gewährte Beihilfe ist anzuheben, so dass mehr als die Hälfte dem Beschäftigten als Beihilfesatz festgelegt wird.

Begründung:

Die öffentliche Hand hat ein enormes Personalgewinnungsinteresse über alle staatlichen Ebenen hinweg. Die langjährigen Diskussionen über Personalabbau und die durch die Beschäftigten konstatierte immer weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen haben dem Image des öffentlichen Dienstes als Arbeitsgeber geschadet. Von Außen sind vor allem Besoldung und Vergütung zu beurteilen, weswegen beiden Aspekten eine wichtige Rolle bei der Personalgewinnung zukommt. Nur die Frage der Personalgewinnung in den Blick zu nehmen, greift aber zu kurz. Die Kollegen, die bereits im öffentlichen Dienst tätig sind, verdienen Wertschätzung und Anerkennung. Die Forderungen sind darauf ausgerichtet, einerseits im Wettbewerb um Fachkräfte erfolgreich sein zu können, andererseits aber auch den berechtigten Ansprüchen der Kollegen im öffentlichen Dienst im Hinblick auf gute und gesunde Arbeit gerecht zu werden. Abstriche bei Tarifabschlüssen, Besoldung und Versorgung missachten dagegen die Leistungen der Bediensteten und mindern die Attraktivität des öffentlichen Dienstes.

Ein großes Problem sind aus Sicht der GdP die unterschiedlichen Entwicklungen im öffentlichen Dienst seit der Föderalisierung des Beamtenrechts im Jahr 2006. Die Besoldung und das Dienstrecht haben sich erheblich auseinanderentwickelt. Dabei drohen einnahmeschwache hinter einnahmestarken Ländern zurückzubleiben. Diesen Wettbewerbsföderalismus lehnen wir ab und halten an der Verwirklichung gleichwertiger Lebensverhältnisse fest.

Auch der Justiz- und Polizeidienst hat besondere Bedingungen: Das enorme Personalgewinnungsinteresse aller Länder und des Bundes wird nur durch attraktive Bedingungen, die nicht nur die Konkurrenz der Dienstherrn untereinander erhöhen, sondern insgesamt mehr junge Menschen von der Justiz-/ Polizeiarbeit überzeugen, zu befriedigen sein. Die Ausbringung von Anwärtergewinnungszuschlägen kann die Attraktivität von Polizei- und Justizvollzugsdienst stärken. Ebenso wichtig sind bezahlbarer Wohnraum und gute (hochschulgerechte) Studienbedingungen für die Anwärter.

Wir unterbreiten zudem konkrete Vorschläge, Beamten und Tarifbeschäftigten bessere Aufstiegschancen und realistische Wege zu einer besseren Bezahlung zu bieten. Für Thüringen wurde durch Haushaltsbeschluss die Möglichkeit geschaffen, alle Beamten des mittleren Dienstes nach A 9 zu befördern. Dies wird aber aktuell nicht umgesetzt. Bisher ist nur eine regelmäßige Beförderung nach A 8 vorgesehen. Neben der Notwenigkeit auch im gehobenen Dienst eine regelmäßige Beförderung nach A 10 bzw. später nach A 11 zu realisieren, müssen die vorhandenen Beförderungsstellen ausgeschöpft werden. Kein*e Justiz-/Polizeivollzugsbeamt*in darf im Eingangs- oder ersten Beförderungsamt ihrer*seiner Laufbahn in den Ruhestand gehen!

Die Erhöhung und ruhegehaltsfähige Ausgestaltung der Justiz-/ Polizeizulagen ist ein wichtiges Thema der Anerkennung für die Kollegen. Die Folgen der besonderen gesundheitlichen Belastungen des Schichtdienstes enden nicht mit Pensionseintritt. Zusätzlich sollte bei besonders belastenden Diensten das Pensionsalter herabgesetzt werden, wie es das für Bundeswehr-Soldaten unter bestimmten Voraussetzungen bereits gibt.

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