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8. Bundesfrauenkonferenz der Gewerkschaft der Polizei (GdP)

Digitalisierung darf Frauen nicht diskriminieren – Mehr Führung in weibliche Hand

Potsdam.

Die Bundesfrauengruppe der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Gleichstellung der Frauen hierzulande derzeit bedroht. In einem einmütig verabschiedeten Leitantrag machten die rund 100 weiblichen Delegierten der hybrid abgehaltenen 8. GdP-Bundesfrauenkonferenz vor allem die in allen Lebensbereichen fortschreitende Digitalisierung dafür verantwortlich, dass sicher geglaubte Gleichstellungserfolge in Frage gestellt seien. Insbesondere Frauen sowie gesellschaftliche Minderheiten wie Menschen mit Behinderungen oder einem Migrationshintergrund seien davon betroffen, erklärte die GdP-Bundesfrauenvorsitzende Erika Krause-Schöne am Dienstag in Potsdam. „Aktuell profitieren nicht alle gleichermaßen vom Wandel. Der gelingt jedoch nur, wenn er für und mit allen Geschlechtern gemeinsam gerecht gestaltet wird. Führung, Budget und Zeit müssen dabei fair verteilt sein. Darum geht es uns GdP-Frauen.“

Mehr Geschlechtersensibilität im Digitalen

„Künstliche Intelligenz und beispielsweise systematische und wiederholbare Fehler in einem Computersystem, die zu unfairen Ergebnissen, am Ende gar zu Diskriminierungen führen können (Algorithmic Bias), drohen zum Einfallstor für neue Benachteiligungen zu werden“, unterstrich Krause-Schöne. Dem müsse ein Riegel vorgeschoben werden.

Als Beispiel führte die Gewerkschafterin den KI-Einsatz in der Personalauswahl an. Bislang läge die Programmierung meist in den Händen männlicher Programmierer. Das Problem: Die verwendeten Auswahlkriterien würden überwiegend männlich definiert. Dabei schnitten Frauen in der Auswahl oft schlechter ab als ihre männlichen Kollegen“, betonte sie. Grund dafür sei, dass soziale Kompetenz weniger Gewichtung erfahre als zum Beispiel Flexibilität und Durchsetzungsvermögen.
„Der KI-Algorhythmus blendet die Geschlechterperspektive mehr oder weniger aus. Dass wir Frauen dann ins Hintertreffen geraten, liegt auf der Hand“, gab die Vorsitzende zu bedenken. Bei entsprechender Programmierung läge darin aber auch eine gewaltige Chance für mehr Geschlechtergerechtigkeit – nicht nur in der Personalauswahl in der Polizei.

Die Digitalisierung vermöge stattdessen die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit begünstigen sowie neue berufliche Perspektiven für Frauen und Chancen für eine (geschlechter-) gerechte Entwicklung eröffnen. „Die Frauen, erst recht die in der Polizei, dabei außen vor zu lassen, wäre jedoch keine besonders gute Idee“, betonte die Gewerkschafterin. Am Ende sei es die Geschlechterperspektive, die auch im Zuge der Digitalisierung einen entscheidenden Beitrag zur Überwindung der Unterschiede in den Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen und Männern leiste.

Vor diesem Hintergrund fordern die Delegierten der 8. GdP-Bundesfrauenkonferenz eine Prüfung der für die Polizeiarbeit entwickelten und eingesetzten Systeme der Künstlichen Intelligenz (KI) auf Diskriminierungsfreiheit. Stichworte dabei seien die Sicherstellung von Transparenz, Beteiligung, eine Risikoprüfung auf (Geschlechter)-Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), eine verpflichtende Datenschutzfolgeabschätzung sowie eine sich anschließende Zertifizierung. Zudem müssten in der Polizei für Personalentscheidungen eingesetzte unterstützende KI-Systeme und Algorithmen basierte Entscheidungshilfen zwingend diskriminierungsfrei sein. Auch die Rollen der Personalvertretungen und Gleichstellungsbeauftragten müssten angesichts des dynamischen Prozesses gestärkt werden.

Die GdP-Frauen sprachen sich weiterhin für eine Schulung der Interessenvertretungen sowie Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten aus, um auf Digitalisierungsprozesse wirksamer und geschlechtersensibel Einfluss nehmen zu können.
Sollten sich Tätigkeits- und Dienstpostenprofile durch Digitalität ändern, sei sicherzustellen, dass Anforderungen diskriminierungsfrei erfasst und aufgewertet würden. Krause-Schöne: „Am einfachsten ist es, wenn der Dienstherr – mit der Unterstützung der Personalräte und Gleichstellungsbeauftragten – Ansprüchen auf Höhergruppierung und -bewertung von Stellen und Dienstposten unabhängig vom Geschlecht und der geschlechtsspezifischen Zuschreibung von Kompetenzen nachkommt.“
Coronalage verstärkt geschlechtsspezifische Ungleichheiten

Auch die Coronakrise hat den Delegierten zufolge an den vermeintlich sicheren Errungenschaften der verfassungsrechtlich garantierten Gleichheit von Frauen und Männern gerüttelt. „Wir Frauen sollten da ein Auge drauf haben. Was als sicher verbucht wurde, ist es heute nicht mehr. Die anhaltende Pandemielage hat geschlechtsspezifische Ungleichheiten leider verstärkt“, verdeutlichte Krause-Schöne und ergänzte: „Wir Frauen tragen nach wie vor die Hauptlast für unbezahlte Sorge- und Hausarbeit. In der Krise ist das deutlich mehr geworden. Es hat sich vielerorts gezeigt, dass sich konzentriertes Arbeiten im Homeoffice, die Betreuung von Klein- oder Schulkindern, die elterliche Unterstützung beim Fernunterricht oder die Pflege von Angehörigen nicht oder nur sehr schwer vereinbaren lässt.“

Viele Frauen hätten daraufhin ihre Arbeitszeiten reduziert, was neben finanziellen und psychischen Belastungen das Risiko berge, erneut und dauerhaft in alte tradierte Rollenstereotype geschoben zu werden. Negativ könne sich dies zudem auf die berufliche Entwicklung und soziale Absicherung der Frauen auswirken. Abhilfe schaffe, so die GdP-Bundesfrauengruppe in ihrem Beschluss, die Sorgearbeit in der Familie zu „egalisieren“. Dazu müssten weitere gesetzliche und tarifrechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es allen Beschäftigten ungeachtet ihres Geschlechts gleichermaßen ermöglichten, familiäre Sorgearbeit in der Familie partnerschaftlich wahrzunehmen.

„Gesundes“ Homeoffice in Polizei etablieren und, Warum sind so wenige Frauen in Führung?

Skeptisch bewerten die Gewerkschafterinnen die Folgen der rasant zunehmenden Arbeit im Homeoffice. Zwar könne diese eine echte Option sein, jedoch werde eine deutlich steigende Tendenz zur Entgrenzung von Dienst und Privatleben wahrgenommen. „Lange und atypische Arbeitszeiten und eine vom Dienstherrn diktierte Flexibilität sind auch im Präsenzberuf Polizei die größten Hindernisse für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Leben. Deshalb ist die rechtliche Verankerung des ‚Rechts auf Nichterreichbarkeit‘ eine wichtige Forderung der Frauengruppe. Beschäftigte, die dieses Recht besitzen, bleiben gesünder und widerstandsfähiger.“

Die Delegierten der 8. Bundesfrauenkonferenz wollen das mobile Arbeiten als immanenten Bestandteil der allgemeinen polizeilichen Aufbauorganisation festigen. Voraussetzung dafür sind aus ihrer Sicht jedoch eine generelle technisch sowie datenschutzrechtlich angemessene sowie arbeitsschutzkonforme Ausstattung. Ebenso müssten jeder und jedem Beschäftigten klar definierte Phasen der Nichterreichbarkeit eingeräumt werden. Sehr wichtig sei es zudem, Führungskräfte zum Führen aus der Distanz zu befähigen. Diese seien im Weiteren verpflichtet, für eine strikte Einhaltung und Kontrolle der gesetzlichen Vorgaben zu täglichen Höchstarbeitszeiten sowie für gesetzeskonforme Ruhezeiten zu sorgen und die geleistete Arbeit vollständig zu erfassen, zu dokumentieren und zu vergüten. Keine Unterschiede sollen angesichts von Kinderbetreuung und Pflege zwischen Tarifbeschäftigten, Beamtinnen und Beamten gemacht werden.


Die Delegierten stellten weiterhin fest, dass die bislang getroffenen gesetzlichen Regelungen zur Gleichstellung und Chancengleichheit von Frauen und Männern bundesweit nicht signifikant zu einer Erhöhung des Frauenanteils im Vollzugsbereich beigetragen habe. Da berufliche Anforderungen – wie der angemessene Umgang mit Konflikten und ein besonderes Einfühlungsvermögen – von den Frauen in der Polizei verkörpert und getragen werden, trügen sie wesentlich zum Erreichen der polizeilichen Ziele bei. „Wir sehen das, aber was nicht gesehen wird, ist die Notwendigkeit einer konsequenten, in sich schlüssigen geschlechtergerechten Personalentwicklung in der Polizei. Das ist wichtiger denn je, wenn wir angesichts demografischer Entwicklungen dennoch die Einstellungsvorgaben erfüllen wollen“, erläuterte Krause-Schöne.

Die Delegierten schlugen eine wissenschaftliche Untersuchung vor, die erklären solle, warum es bisher kaum gelungen ist, den Frauenanteil insbesondere in Führungsfunktionen in der Polizei signifikant zu erhöhen. Eine Voraussetzung sei hierbei, dass der Anteil der Frauen bei den Einstellungen in allen Laufbahngruppen erhöht werden müsste, wobei in den Bundesländern unterschiedliche Sachstände zu verzeichnen seien. Verbindliche Personalentwicklungskonzepte mit festen Frauenquoten inklusive verbindlicher Potenzialanalysen sowie Angebote von Führungs-Mentoring seien zu entwickeln die jeweils ab der mittleren Führungsebene umgesetzt werden sollen.

Die GdP-Frauen bestehen zudem darauf, Gleichstellungspläne und Zielvereinbarungen – zeitlich vor den Regelbeurteilungen – transparent zu erarbeiten und festzuschreiben. Dort, wo bereits gesetzliche Regelungen bestünden, seien Beurteilungsrichtlinien mit Blick auf mittelbare Diskriminierungen zwingend zu überprüfen und im Einzelfall anzupassen.

Moniert wurden zudem, dass in Beurteilungsrichtlinien die Bewertungskriterien noch nicht geschlechtergerecht operationalisiert und angewendet werden. Auch ein sogenanntes Kaskadenmodell könne Beförderungen geschlechtergerechter machen. Ebenso sei bei der Entscheidung über die Beschaffung von Führungs- und Einsatzmitteln sowie bei der persönlichen Ausstattung die weibliche Perspektive zwingend zu berücksichtigen.

Impressionen der 8. Bundesfrauenkonferenz der Gewerkschaft der Polizei (GdP) - Fotos: Kay Herschelmann

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