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Tarifrunde für den öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen

Noch laufen die Verhandlungen - Zwischendurch auf Besuch bei der GdP-Bundestarifkommission

(v.l.) Alexander Bobzin (MV), Annette Herling (BW), Dorit Döveling (BB), Christian Ehringfeld (JG/BKA) und  Mandy Hübner BKA. Foto: Zielasko
(v.l.) Alexander Bobzin (MV), Annette Herling (BW), Dorit Döveling (BB), Christian Ehringfeld (JG/BKA) und Mandy Hübner BKA. Foto: Zielasko
Potsdam.

Während sich bei Tarifverhandlungen vieles auf den eigentlichen Veranstaltungsort konzentriert, ist auch ein wenig abseits des direkten Geschehens ordentlich Action. Eine Stippvisite bei der nach Potsdam angereisten GdP-Bundestarifkommission. Ein Gespräch über das Überleben, Perspektiven und Wertschätzung.

„Wir unterstützen hier unsere Verhandlungskommission mit Rat und Tat“, sagt GdP-Bundesjugendvize Christian Ehringfeld. „Unsere Aufgabe ist es natürlich auch, das, was uns hier während der Verhandlungen gespiegelt wird, zu bewerten.“ Dabei habe die Bundestarifkommission (BTK) auch schon die kommende Ländertarifrunde im Herbst im Blick. Dorit Döveling wäre viel lieber näher am Geschehen, doch leider ist das Gremium einige Gehminuten vom Kongresshotel entfernt untergebracht. Die Brandenburgerin freut sich daher sehr, wenn ein Kollege aus der GdP-Delegation herüberpendelt. „Dazwischen sind wir tatsächlich zum Warten verurteilt. Es ist schon schade, dass wir so wenig von der Atmosphäre im Zentrum der Verhandlungen mitbekommen.“

Von denen will Annette Herling , so erzählt sie mit leichtem Schwäbeln, ihren Kollegen und Kolleginnen im Ländle berichten. Am liebsten von den „hoffentlich baldigen und guten Fortschritten der Tarifrunde“. Natürlich nur das, was sie auch wirklich schon weitergeben dürfe, schränkt sie lächelnd ein. Alexander Bobzin hat darin schon etwas mehr Erfahrung. Der Mecklenburger ist GdP-Tarifbotschafter.

Christian blickt insbesondere auf die Ergebnisse für die Auszubildenden. Das sei natürlich eine enorm wichtige Zielgruppe der JUNGEN GRUPPE (GdP). Die habe sogar extra eine AG Tarif gegründet. „Wir wollen Jugendtarifvertreterinnen und -vertretern die Möglichkeit geben, sich weiterzuentwickeln und zu vernetzen.“

Wie sieht es denn aus im Bereich der Tarifbeschäftigten? Mandy Hübner vom Bundeskriminalamt (BKA) bleibt da noch entspannt. Vielleicht, weil aktuell noch einmal größere Personalkürzungen abgewendet werden konnten. Noch, sagt sie. „Als große Bundesbehörde können wir bessere Gehälter zahlen als viele der Länder. Das sorgt für etwas mehr Zulauf.“ So bekomme man im BKA beispielsweise IT-Fachkräftezulagen und würde generell besser eingruppieren. Trotzdem gingen die Bewerberzahlen zurück, unbesetzte Stellen gibt es dennoch. „Im Vergleich zur Wirtschaft ist der öffentliche Dienst längst nicht so attraktiv.“

Dorit ist deutlich skeptischer. „Wir haben einen Fachkräftemangel,“, stellt die Brandenburgerin fest, „nicht nur in der IT, sondern beispielsweise auch in den handwerklichen Sparten“, fügt sie hinzu. Vor dem Hintergrund des angestrebten Tarifergebnisses für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen erwartet sie „mindestens ein Gleichziehen der Länder“. Wenn das nicht passiert, dann „ringen wir hier um jeden Mitarbeitenden. Und hast du gute, dann musst du fürchten, dass sie sofort weiterziehen, wenn sie was Besseres oder lukrativeres gefunden haben.“ Diese Befürchtung teilt auch Annette. Diese besondere Problematik werde dadurch gefördert, dass die Länder sowie der Bund und die Kommunen gesondert verhandeln. Schon jetzt existiere eine Tarifdifferenz. Das dürfe nicht noch ausgeweitet werden, sagt sie mit entschlossener Stimme. Es müsse „endlich mal wieder gemeinsam verhandelt werden, um ein Arbeitgeberhopping untereinander zu vermeiden“

Sehr zufrieden zeigte sich die kleine Runde der BTK-Mitglieder über die große Demonstration gleich zu Beginn der dritten Verhandlungsrunde. „Ich habe keine GdP-Jacke. Und dann kamen die Brandenburger und haben mich ordentlich ausgestattet“, freut sich Mandy. Ihr hätten besonders die Reden der Gewerkschaftsspitzen gefallen. „Da hatte ich richtig Gänsehaut“, erinnert sie. Dieses herausragende Zeichen sei zudem über die Tarifbotschafter ins GdP-Land gesendet worden. Auch Dorit zeigt sich begeistert. „Die Beteiligung war super, du konntest merken, dass alle Flagge zeigen wollten. Die Botschaft der Demonstrierenden ist wirklich deutlich geworden.“ Das sei, fügt Dorit an, angesichts der prekären Lebensumstände nicht weniger Kolleginnen und Kollegen auch enorm wichtig. „Da geht es teils um das nackte Überleben“, unterstützt Annette. Deshalb sei ein gutes Tarifergebnis vor allem für die unteren Entgeltgruppen wichtig. Die müssten dringend gestärkt werden. Mit den 500 Euro Mindestbetrag wäre denen zumindest ein Stückweit geholfen. Allerdings bleibe vom Brutto ja nur ein Teil Netto übrig.“

In Mecklenburg-Vorpommern seien davon ziemlich viele Beschäftigte betroffen, meint Alexander und berichtet als Beispiel von den Kraftfahrern und Logistikern. Beschäftigte in diesen Entgeltgruppen lägen nur knapp über dem Mindestlohn. Und das bei einer 40-Stunden-Woche. „Energiekosten, Mieten, Lebensmittel - das alles setzt den Kolleginnen und Kollegen mächtig zu.“ Das sei kein gutes Signal des öffentlichen Dienstes, mit seinen Beschäftigten so umzugehen. Das ginge gar nicht. „Auch die Kluft zwischen den unteren und oberen Entgeltgruppen nimmt ja stetig zu“, sagt er. Von prozentualen Erhöhungen profitieren die höheren Entgeltgruppen immer mehr, deswegen ist gerade für die unteren Entgeltgruppen ein Mindestbetrag so wichtig. Es müsse also von unten nach oben angeglichen werden.

Vor allem auch junge Menschen seien oft Leidtragende dieser Entwicklung, fügt Christian an. Mit deren Ausbildungsgehältern oder kurz nach der Ausbildung mit geringer Erfahrungsstufe in einer unteren Entgeltgruppe in einer Hochpreisregion leben zu müssen, sei ohne die Hilfe der Eltern kaum zu schaffen. „Wir setzen uns zwar auch für kürzere Arbeitszeiten ein, aber was hilft das, wenn man sich das Leben, Kultur, Freizeit, Reisen nicht mehr leisten kann?“

„Wir brauchen in erster Linie eine leistungsgerechte Bezahlung“, plädiert Annette. Die Unterbezahlung müsse ein Ende finden, Wertschätzung müsse spürbar werden. Für Alexander liegt der springende Punkt in den vielen föderalen Unterschieden. „Die Bezahlung muss einfach bundeseinheitlich gut sein.“ Schließlich würden allerorten dieselben Tätigkeiten geleistet. Christian sind zudem befristete Übernahmen von Azubis ein Dorn im Auge. Insbesondere Kettenbefristungen seien unter dem Siegel sozialer Arbeitgeberverantwortung rechtlich unzulässig und nicht tragbar. Ja, stimmt, pflichtet Annette bei: „Ich kenne Kettenbefristungen, die auf drei Monate angelegt sind, und dann noch einmal, und dann noch einmal.“ Dorit weist auf die mangelnde Fähigkeit der Arbeitgeber hin, ihr Personal dauerhaft zu binden. „Du musst den Leuten doch eine Motivation bieten, bei der Polizei zu bleiben, sich dort zugehörig zu fühlen. Und dann nach dem Aufwand der Ausbildung nur zu befristen ist doch Irrsinn. Das ist Unfug in Potenz!“

Auszubildende nicht gleich als Fachkräfte zu binden, zeige doch die ganze Ignoranz der Arbeitgeber, redet sie sich ein wenig in Rage. „Natürlich muss sich Wertschätzung auch in Geld ausdrücken, vor allem, wenn wie momentan die Inflation durch die Geldbörsen tobt.“ Sie zeige sich jedoch beispielsweise auch bei Stellenausschreibungen. Freiwerdende Stellen werden mitunter schlechter bewertet und dann in einer niedrigeren Entgeltgruppe als bisher ausgeschrieben. „Für mich bedeutet das, den Arbeitgebern ist die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den niedrigeren Entgeltgruppen einfach nichts wert. Persönliche Wertschätzung: Fehlanzeige.“ Es sei tatsächlich ernüchternd, führt Dorit fort, wenn man in einer Entgeltgruppe festhänge. Von Perspektiven keine Spur, das gleiche gelte für jede Form von Personalentwicklung. Früher habe es sogenannte Angestelltenlehrgänge gegeben, weiß Alexander. „Da konntest du vom technischen Dienst in die Verwaltung wechseln. Schau mal, heute ist da ein Kfz-Mechaniker mit seinem dritten Bandscheibenvorfall. An der alten Stelle kann er nicht mehr arbeiten. Der ist heute aufgeschmissen.“

Im Bundeskriminalamt sei dies etwas besser geregelt, erzählt Mandy. Es gebe die Möglichkeit von Hospitationen, Beschäftigte dürften arbeitsplatzbezogen bis zu drei Lehrgänge im Jahr besuchen. Zudem werden die Studiengänge Verwaltungsmanagement und das „Digital Administration and Cybersecurity“ angeboten . Man müsse zwar einige Voraussetzungen erfüllen, zum Beisiel eine gewisse Standzeit und Vorbildung haben, ein Abitur oder ein Studium seien jedoch nicht immer notwendig. „Das läuft berufsbegleitend, und am Ende steht eine Verwendung im vergleichbar gehobenen Dienst.“

„Bei uns in Baden-Württemberg steckst du bei den unteren Entgeltgruppen in einer Ausbildungsschublade, und aus der kommst du auch nicht mehr raus.“ Stets und ständig dominiere bei Eingruppierungen die Frage nach der ursprünglichen Ausbildung. „Das steht und bleibt, jahrelanges Erfahrungswissen zählt nicht“, sagt Annette. Am Ende, sagt Christian, mache der Arbeitgeber doch den Rechenfehler. Es sei viel günstiger, das Personal selbst ordentlich auszubilden, Perspektiven zu bieten und dauerhaft zu beschäftigen.
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