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Landesjournal Niedersachsen September 2009 - HAUSHALT & LAUFBAHNRECHT: „Mit Volldampf vorwärts in die Vergangenheit“ - Der Weg zurück in die dreigeteilte Laufbahn bei der Polizei?

Mit Datum vom 24.06.09 hat der Präsident des LPPBK den Auftrag an eine dienstliche Landesarbeitsgruppe (LAG) erteilt, ein Rahmenkonzept zur Bewertung der Dienstposten für die Laufbahngruppe A11 bis A12 zu entwickeln. Diese „LAG Dienstpostenkonzept A11/ A12 BBesO“ hat am 14.08.09 ihre konstituierende Sitzung durchgeführt. Der Auftrag wirft große Bedenken auf; dies insbesondere vor dem Hintergrund der im Erlass explizit genannten Vorgabe, die derzeit vorhandenen Planstellen nicht zu überschreiten!


 
 

Dietmar Schilff, stellv. Landesvorsitzender
Foto: UR
Neben dem dienstlichen Auftrag ist ein zustimmendes Positionspapier der DPolG an Behördenleitungen, PI-Leitungen sowie politische Parteien versandt worden und in der Kollegenschaft aufgetaucht, welches aus Sicht der GdP als ebenso problematisch erachtet wird.

In ihrer Verantwortung gegenüber der Kollegenschaft und zur frühzeitigen gewerkschaftlichen Positionierung, hat die GdP Niedersachsen, wie auch bei anderen Themen in der Vergangenheit üblich, eine Arbeitsgruppe (AG) eingesetzt, die sich am 06.08.2009 in einer 1. Sitzung mit den Hintergründen und Zielstellungen des LPPBK-Auftrages sowie dem DPolG-Papier auseinander setzte. Dabei wurden nachfolgende Probleme beschrieben. Auf dieser Grundlage wird die eingesetzte GdP-AG, der je ein Vertreter der GdP-Bezirksgruppen angehört, Handlungsstrategien entwerfen.

Ausgangslage

Nach langjährigen Bemühungen ist 1993 die damalige Landesregierung der Auffassung der Gewerkschaft der Polizei gefolgt und hat (grds.) alle Dienstposten bei der niedersächsischen Polizei bis A11 BBesO bewertet.

In Anbetracht der Vielschichtigkeit, der Komplexität, der Gefährlichkeit und der Qualifizierung in der polizeilichen Sachbearbeitung auf allen Ebenen und in allen Dienstbereichen, war dies ein längst überfälliger und mehr als notwendiger Schritt. Bei der zweigeteilten Laufbahn geht es neben

  • dem Einstieg durch Qualifikation in Form einer hochwertigen Ausbildung aber auch um
  • die weitere Attraktivität durch Beförderungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bei der Polizei.

Nunmehr soll nach Umsetzung des neuen Beamtenrechts offensichtlich aber wieder eine Dreiteilung der Polizeilaufbahn in der neu geschaffenen Laufbahngruppe 2 eingeführt werden, obwohl gerade die Attraktivität des öffentlichen Dienstes und somit auch der Polizei aufgrund der voraussichtlichen demographischen Entwicklung gesteigert werden muss.
 
 
Es ist in unserem Gemeinwesen unstrittig, dass Lehrerinnen und Lehrer nach ihrem Studium für ihren durchaus schwierigen gesellschaftlichen Auftrag mindestens mit A12 bezahlt werden. Offensichtlich scheint es in einigen Kreisen aber wieder strittig zu sein, dass die Bewertung des/der Kriminal-/Polizeibeamten selbstverständlich auch mit mindestens A11 in der Endstufe erfolgen muss. Diese Überlegungen sind insbesondere vor dem Hintergrund, dass Grundschullehrer und Polizeibeamte über einen gleichwertigen Abschluss nach einem Bachelorstudiengang verfügen, nicht nachzuvollziehen. Neben der Frage einer leistungsgerechten Bezahlung ist damit nämlich auch die Umsetzung der europäischen Vereinheitlichung von Studienabschlüssen bei einer unterschiedlichen Bewertung der Berufsanfänger wieder ausgehebelt.

Es geht auch nicht um „Belohnung“ für wenige, wie aus dem o.g. DPolG-Papier zu entnehmen ist, sondern es geht um die bisher bei den Berufsvertretungen auch unstrittige und berechtigte Forderung nach Bewertung aller Dienstposten mit mindestens A11 für die schwierige polizeiliche Aufgabenerfüllung. Offensichtlich scheint es aber in der Wahrnehmung einiger doch nicht angekommen zu sein, dass sich das Berufsbild Polizei, der Polizeiberuf insgesamt, verändert hat.

Der GdP geht es als verantwortungsvolle Gewerkschaft darum, dass fast 20 Jahre nach Beginn der „zweigeteilten Laufbahn“ die Bewertung polizeilicher Arbeit auch den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht und perspektivisch die Bezahlung direkt nach dem sechssemestrigen Bachelor-Studienganges aus der Besoldungsgruppe A11 erfolgen muss und die Kolleginnen und Kollegen, die gem. §§ 17, 17a PolNLVO in den g. D. aufgestiegen sind, ebenso bewertet werden.

Fazit

Die Polizei hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt hin zu einem modernen Dienstleistungsbetrieb, der sich durch Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit, Kompetenz und Kreativität auszeichnet. Sie wird getragen von hochqualifizierten, gut ausgebildeten und sozialadäquat handelnden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Beruf des Polizeibeamten und der Polizeibeamtin ist anspruchsvoll und in seiner Komplexität mit keinem anderen vergleichbar. Er ist interessant, aufregend, erlebnis- und abwechslungsreich, meist teamorientiert, aber auch schwierig und gefährlich, wie tagtäglich aus den Medien zu entnehmen ist.

Wir haben Anfang der 1990er Jahre daraus resultierend hier in Niedersachsen mit dem Einstieg in die so genannte zweigeteilte Laufbahn die längst überfällige Bewertung in den gehobenen Dienst begonnen. Die polizeiliche Tätigkeit wurde im sachbearbeitenden Dienst mit A11 endlich richtig bewertet. Nach nunmehr 20 Jahren muss perspektivisch der zweite Schritt folgen, nämlich dass die Bezahlung nach adäquater Zeit, und das heißt nicht erst kurz vor der Pensionierung, auch tatsächlich aus A11 erfolgt. Das kostet Geld, dessen ist sich die GdP bewusst, aber die Innere Sicherheit sowie die dort Beschäftigten sind diese Aufwendungen wert und auch die Bevölkerung unterstützt die guten Leistungen ihrer Polizei.

Die Attraktivität der Polizei kann man nicht dadurch erhöhen, indem man die für die Innere Sicherheit arbeitenden Menschen in 2 Gruppen einteilt:

    • Gruppe A: Diejenigen, die den Kopf hinhalten und hervorragende Arbeit abliefern und
    • Gruppe B: Diejenigen, die laut Beschreibung der DPolGqualifizierte und von großem Fachwissen geprägte Sachbearbeitung“ machen.
Was ist das eigentlich: „qualifizierte und von großem Fachwissen geprägte Sachbearbeitung“? Wo soll da der Schnitt erfolgen?
    • Ist die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität wichtiger als die Bekämpfung von Kinderpornografie?
    • Soll die Todesursachenermittlung schlechter bewertet werden, als das Engagement im Deliktsfeld „Jugendkriminalität“?
    • Ist die präventive Arbeit des ESD schlechter zu bewerten als die OK-Tätigkeit?
    • Wie sollen sich Fahnder fühlen, wenn ihre Tätigkeit vielleicht schlechter bewertet wird als die wichtige Arbeit des Zivilen Streifendienstes?
    • Will man die Bekämpfung der Drogenkriminalität höher einschätzen als die sofortige Entscheidung einer „Streifenbeamtin“, ob sie die Schusswaffe einsetzt oder jemandem die Freiheit entzieht?
    • Was ist mit der verantwortungsvollen Arbeit bei der WSP, mit unseren Technikern und Lagezentrumsbeamten?
    • Wie stellt man sich das vor, bei den Kolleginnen und Kollegen, die aus den Stiefeln nicht mehr herauskommen, weil sie von einem Fußballspiel zum nächsten, von einer Demo zur anderen hetzen und keine geregelten Wochenenden haben?
    • Und die polizeiliche Arbeit in den Stationen und Posten in der Fläche, soll die zweitrangig sein?
    • Und muss man sich dienststellenmäßig und aufgabenorientiert verändern, um A11 zu erlangen, obwohl man Fachmann/-frau in einem Bereich ist?
Die Aufzählung ist sicherlich nicht abschließend, stellt aber die Problematik dar. Die GdP will diese Spaltung jedenfalls nicht.

Auch wenn die Auseinandersetzung mit anderen Berufsvertretungen eigentlich nicht zum Standardrepertoire der GdP gehört, in dieser Frage ist sie wichtig, da dargestellt werden muss, welche unterschiedlichen Positionen bestehen und wohin diese im Endeffekt führen.

Jeder sollte sich neben diesen Punkten persönlich auch einmal vor Augen führen, was man –auf dem heutigen Niveau der von den Gewerkschaften durchgesetzten Besoldungserhöhungen- mit A9 m.D. inkl. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Freier Heilfürsorge auf dem Gehaltsstreifen hätte. Ebenso wie die Situation mit A9 g.D. und A10 g.D. heute dazu im Vergleich aussieht - einmal abgesehen von dem Vorteil für Berufseinsteiger, was eigentlich aber keine großartige Steigerung darstellt. Die nächste Beförderung jedenfalls würde wirklich etwas bringen. Soviel nur zu der Argumentation derjenigen, die meinen, dass bei der Polizei gut verdient wird.

Manchmal lohnt sich ja auch die Befragung von früher Handelnden. So versicherten die beiden ehemaligen GdP-Landes- und Hauptpersonalratsvorsitzenden Udo Ahlers und Helmut Bläsche, die maßgeblich an der Einführung der zweigeteilten Laufbahn mitgewirkt haben, dass in den früheren Diskussionen und Verhandlungen mit dem sich sowohl schon damals, als auch heute noch in verantwortlicher Position befindlichen Landespolizeipräsidenten Andreas Bruns, nie die Rede davon war, dass bei A10 Schluss sein soll.

Wer Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit will, muss sich insbesondere Gedanken um unsere Basisdienststellen und die dort Beschäftigten machen. In den Polizeistationen, -kommissariaten und –inspektionen findet die originäre Polizeiarbeit statt, erfolgt die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung als einheitliches Ganzes. Und diese Dienststellen mit den dort arbeitenden Kolleginnen und Kollegen werden von den Bürgerinnen und Bürgern als solche in Anspruch genommen oder hier kommen diese mit der „Staatsgewalt“ als erstes und unmittelbar in Kontakt.

Bei den Beschäftigten der Polizei stößt das Ansinnen der festen Bewertung einzelner Dienstposten in A11 BBesO auf berechtigten Widerstand, dessen sind wir uns nach den vielen bisher geführten Gesprächen sicher.

Hier entsteht die Angst, dass neben den finanziellen Einbussen der letzten Jahre nun auch noch die Perspektive einer beruflichen Entwicklung zunichte gemacht wird. Gerade in einem überwiegend teamorientierten Beruf, wie dem der Polizisten, sind „Karriererangeleien“ kontraproduktiv.

Nach Auffassung der GdP legen alle Beschäftigten in der Polizei qualifizierte und von großem Fachwissen geprägte Sachbearbeitung ab. Erst durch das Zusammenführen aller Tätigkeiten zu einem großen Ganzem wird die erfolgreiche Arbeit sichtbar. Eine Änderung der bisherigen Verfahrensweise wird der Aufgabe und der anspruchsvollen Arbeit nicht gerecht und sorgt für Zwietracht und ungesundem Konkurrenzdenken.

Offensichtlich ist der Innenminister in dieser Frage falsch beraten worden. Nicht die Interessen der Beschäftigten der Polizei und ihre Zusammenarbeit wurden in den Vordergrund gerückt, sondern der Wunsch nach Bildung einer Elite und dem Ziel nach Einsparungen auf dem Rücken der Beschäftigten. Dies können aber weder die Ziele der Beschäftigten noch einer verantwortungsvollen Berufsvertretung sein.

Es geht der GdP nicht um Gleichmacherei, es geht uns aber um einen Grundkonsens in der Bewertung „normaler“ polizeilicher Arbeit. Die Gewerkschaft der Polizei hat einmal von einem Laufbahnverlaufsmodell bis A11 gesprochen; dies bleibt auch weiterhin unser Anspruch an die Politik, nämlich dafür zu sorgen, dass gute Arbeit auch in angemessener Zeit adäquat bezahlt wird. Das bedeutet Steigerung der Attraktivität!

In diesem Zusammenhang wollen wir auch die Unterstützung der exekutiven Tätigkeit durch die Kolleginnen aus dem Tarif- und Verwaltungsbeamten und -beamtinnenbereich nicht unerwähnt lassen, die mit an der Inneren Sicherheit arbeiten und ohne die der Erfolg nicht machbar wäre. Auch bei ihnen muss in erheblichem Umfang nachgebessert werden.

Jetzt wird sich zeigen, wer für eine gemeinsame Polizei kämpft. Jetzt wird sich zeigen, ob die Reden, Ansprachen und Dankesworte ernst gemeint oder lediglich Floskeln sind.

Die Gewerkschaft der Polizei appelliert an die Managementebene in der Polizei, nicht zuzulassen, dass ein neuer Keil in die Polizei hineingetrieben wird.

Die beiden anderen Berufsvertretungen in der Polizei fordern wir auf, gemeinsam mit uns daran zu arbeiten, dass dieses Vorhaben verhindert wird.

Ein schlauer Mann hat einmal gesagt: „Vieles geht verloren, weil die Menschen so manches zu schnell als verloren ansehen.“ Wir sehen unseren bisherigen Einsatz für eine Polizei noch nicht als verloren an, der „Kampf“ geht jetzt erst los!

Dietmar Schilff,
stellv. Landesvorsitzender

 
 
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Argumente-fuerA11@gdp-online.de

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