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Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamte

Offener Brief des Vorsitzenden der Regionalgruppe Segeberg-Pinneberg an MdL Burkhard Peters

Offener Brief an MdL Burkhard Peters zu Äußerungen in der Presse am 6.2.2014

Sehr geehrter Herr Peters,

ich habe mit großem Bedauern Ihre Zitate in den SH-Presse vom 6.2.2014 zur Kenntnis genommen, mit denen Sie Stellung genommen haben zum Thementag „Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte“. Offenbar haben Sie den Fehler gemacht, sich nur aus der Presse über die dort getroffenen Aussagen zu informieren.

Zu ihrem Zitat möchte ich Folgendes feststellen:

1. Herr Albig hat lediglich hinterfragt und gesagt, er würde es nicht für in Ordnung halten bei einem derart gravierenden Fall zwischen Tatzeit (29.7.2012) und Anklageerhebung (vermutlich Feb. 2014) 1 Jahr und 7 Monate liegen würden.
Als Teilnehmer der Veranstaltung habe ich das nicht als Justizschelte aufgefasst, der anwesende Staatsanwalt nach eigenem Bekunden auch nicht. Die Stellungnahmen im Fernsehen dazu habe ich mir auch angesehen. Diese waren natürlich verkürzt dargestellt und auf die den Berichterstattern wichtigen Kernaussagen beschränkt.

2. Tatsache ist, dass nicht nur Verfahren „Gewalt gegen PVB“ manchmal lange dauern. Oft ist es so, das gerade komplexe Verfahren mit schwer verletzten Personen, die als Mord oder Totschlag durchermittelt, aber nicht deswegen angeklagt werden, auf den hinteren Plätzen im Justizsystem landen und deswegen eine lange Verfahrensdauer haben. Der Jurist sieht nur Tötungsabsicht oder nicht, dementsprechend klagt er sie (die Absicht) an oder nicht. Aus meiner Zeit als Jugendermittler bei der Kriminalpolizei kann ich davon ein Lied singen. Die Justiz ist personell nicht auskömmlich ausgestattet, so dass man sich gerade bei den genannten Fällen auf die Spektakulärsten oder Allerschwersten beschränken muss.
Ansonsten, wenn nicht ein Haftbefehl vorliegt, kommen die Fälle auf die hinteren Plätze. Das ist ausschließlich der vorhandenen finanziellen und personellen Ausstattung geschuldet, nicht etwa dem Unwillen der verantwortlichen Staatsanwaltschaften und Gerichten! Die von allen gewollte Rechtsstaatlichkeit tut ihr übriges zur Verfahrensdauer. Das ist nichts anderes als eine Tatsache, die nicht geeignet ist, jemanden zu schelten, es sei denn, er hätte die Macht, es zu ändern!
Trotzdem bleibt es dabei, dass die lange Verfahrensdauer Betroffenen, aber noch schwieriger schwerverletzten Opfern, kaum zu erklären ist. Sie erleben die Vorfälle nicht alltäglich und wünschen sich eine schnelle Aufarbeitung. Tritt diese nicht ein, fühlen sie sich oft vom Staat alleingelassen!


3. Ihr Kommentar, ob beabsichtig oder nicht, ist für die Opfer der drei dort geschilderten Fälle schwer auszuhalten. Nicht nur der Fall des „20 Sekunden gewürgten*“ Beamten ging nicht nur mir persönlich unter die Haut. Noch schlimmer fand ich den Fall des Kollegen, der nach einem Einschreiten gegen Fußballhooligans 8 Monate später in seiner Freizeit in einer Lübecker Diskothek von den damaligen Kontrahenten mit dem Hinweis auf sein polizeiliches Einschreiten gegen sie aufs Schwerste verprügelt wurde. Es zeigt deutliche die Gefahren für Polizeibeschäftigte durch ihre dienstliche Tätigkeit in der Privatzeit, wenn es gelingt, sie zu identifizieren. Es stützt auch die Argumentation der GdP zur leider eingeführten individuellen Kennzeichnung.
Ich gehe überhaupt nicht davon aus, dass Sie als Jurist derartiges Handeln tolerieren würden, aber ich werfe Ihnen vor, politische Kämpfe auf dem Rücken der Opfer auszutragen. Das finde ich schlimm. Ich rate Ihnen, sich kundig zu machen und vor allem mit den Opfern in den Reihen der Polizei zu sprechen.

*Zitat STA Lübeck LN vom 6.2.2014


4. Gefahrengebiete sind nach dem LVwG (Landesverwaltungsgesetz) auch in Schleswig-Holstein möglich. Wer sie fordert, spielt nicht den „starken Mann*“. Sie sind ein rechtstaatliches Mittel zur Verfügung gestellt vom Schleswig-Holsteinischen Landtag. Wenn sie für Rocker oder Nazis (z. B. vor Synagogen) eingerichtet werden, wird das begrüßt. Kommt aber die Diskussion auf, sie sollen vor Polizeiwachen eingerichtet werden, ist der Aufschrei groß. Zum Glück sind die Verhältnisse in Schleswig-Holstein nicht so, dass man bisher von diesem Mittel Gebrauch machen müsste. Aber auch hier gibt es Vorfälle, wo Radmuttern an Privatwagen von Polizeibeschäftigten gelöst oder Streifenwagen mit Ofenanzündern angezündet wurden. So etwas wünsche ich keinem, auch nicht meinen Kolleginnen und Kollegen. Gleichwohl bin ich überzeugt, dass niemand ernsthaft glaubt, bei Ausweisung derartiger Gefahrengebiete würden Betroffene wahllos ohne tatsächlichen Grund kontrolliert und somit belästigt.
Ich glaube, hier wird je nach politischer Richtung (Für oder Wider) mit der Angst der Bevölkerung gespielt. Das mag zwar politisch legitim sein, zeugt aber davon, dass auf dem Rücken der Landesbediensteten eigene politische Forderungen oder Überzeugungen durchgesetzt werden sollen. Das finde ich als Personalvertreter und Gewerkschafter äußerst bedenklich.

*Zitat von Burkhard Peters LN vom 6.2.2014 in Hinblick auf Ministerpräsident Torsten Albig

Leider liegt Ihr Wahlkreis nicht in meinem Zuständigkeitsbereich, aber ich kann Ihnen sicherlich über die Gewerkschaftsschiene einen Besuch in Lübeck vermitteln. Sie können sich aber auch direkt an die GdP Lübeck wenden, dort wird man Ihnen sicherlich dabei helfen, sich vor Ort zu informieren.

Als letztes möchte ich Ihnen gern einen offenen und fairen Meinungsaustausch anbieten!


Mit freundlichen Grüßen

Reimer Kahlke, Vorsitzender

Zum offenen Brief als pdf-Datei


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