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Urteil Bundesverfassungsgericht

Richterbesoldung in Berlin verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss festgestellt, dass die Besoldung für Richter und Staatsanwälte in den Jahren 2009 – 2015 verfassungswidrig zu niedrig bemessen war. Im Vergleich zur Entwicklung der Tarifentgelte, des Nominallohnindexes und des Verbraucherpreisindexes waren die Kriterien für eine amtsangemessene Besoldung nicht erfüllt.

Auch sei der Mindestabstand der unteren Besoldungsgruppen zum Niveau der Grundsicherung „durchgehend deutlich verletzt“ worden. So blieb die Nettoalimentation in allen verfahrensgegenständlichen Jahren mindestens 24 % hinter der aus dem Grundsicherungsniveau abgeleiteten Mindestalimentation zurück. Dies wird Auswirkungen auf das gesamte Besoldungsgefüge in Berlin haben, da das Abstandsgebot eine Anpassung in allen Besoldungsgruppen zu Folge hätte.

In der zweiten Prüfstufe kommt das BVerfG bei dem Vergleich mit der Privatwirtschaft zu einem ähnlich drastischen Ergebnis. „Danach hatten im Jahr 2006 86 % der vergleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft einen höheren Verdienst als ein Berufsanfänger der Besoldungsgruppe R 1“ Die Absenkung von Einstellungsanforderungen sei ein weiteres Indiz dafür, dass die Berliner Besoldung ihre qualitätssichernde Funktion, nämlich durchgehend überdurchschnittliche Kräfte zum Eintritt in den höheren Justizdienst zu gewinnen, nicht mehr erfüllt hat.

Klare Worte finden die Richter des Bundesverfassungsgerichtes gegenüber der Berliner Landesregierung. In der dritten Prüfstufe wird untersucht, ob Gründe vorliegen, die eine Unteralimentation rechtfertigen könnten, bspw. als Beitrag zu einer dringenden Haushaltskonsolidierung. Jedoch habe die Landesregierung nicht darlegen können, „dass die teilweise drastische Abkopplung der Besoldung der Richter und Staatsanwälte von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin, wie sie nicht zuletzt in den Tarifabschlüssen zum Ausdruck gekommen ist, Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung gewesen wäre.“ Das Gericht kommt zu dem Schluss: „Diese Finanzplanung bestätigt den auf der ersten Prüfungsstufe gewonnenen Eindruck, dass das Land Berlin die Besoldung sehenden Auges hinter die von ihm ausgehandelten Tariflöhne hat zurückfallen lassen.“

Eine allgemeine Verpflichtung zur rückwirkenden Behebung des Verfassungsverstoßes sieht das Gericht nicht. Es führt dazu aus, dass die Besoldung von Richtern und Beamten sich auf die Befriedigung des gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtigen Haushaltsmitteln beschränkt. Lediglich für Klage- und Widerspruchsführer sei eine rückwirkende Behebung notwendig.

Eine Entscheidung zur A- und B-Besoldung in Berlin wird in den nächsten Monaten erwartet. Auch in Brandenburg steht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus. Die Entscheidung zu Berlin lässt uns hoffen, dass die nächsten Urteile bald folgen werden.

Prüfkriterien des Bundesverfassungsgerichts

Als evident unzureichend ist die Besoldung anzusehen, wenn in der ersten Prüfstufe die Mehrzahl der 5 festgelegten Parameter zutrifft. Eine amtsunangemessene Besoldung wird vermutet, wenn in einen Zeitraum von 15 Jahren

  • die Entwicklungen der Tarifgehälter 5% über der Besoldungsentwicklung liegen
  • die Entwicklung des Nominallohnindexes 5% über der Besoldungsentwicklung liegen
  • die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes mindestens 5 % über der Besoldungsentwicklung liegen
  • der Abstand zwischen zwei Besoldungsgruppen sich um mindestens 10 % verringert
  • die Bezüge um mindestens 10 % unter dem Bundesdurchschnitt liegen.

In der zweiten Prüfstufe werden 4 weitere Abwägungen getroffen
  • Spiegelt die Höhe der Alimentation die besondere Qualität und Verantwortung eines Amtsträgers wider?
  • Ist das Niveau der Beihilfeleistungen ausreichend oder ist der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten durch zusätzliche Belastungen nicht mehr sichergestellt?
  • Führen Kürzungen in Bereich der Altersversorgung und damit verbundene höhere Aufwendungen zur privaten Altersvorsorge dazu, dass ein amtsangemessener Lebensunterhalt nicht mehr sichergestellt ist?
  • Erfüllt die Alimentation im Verhältnis zu den Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes ihre qualitätssichernde Funktion?

In der abschließenden Stufe wird geprüft, ob ein Ausnahmefall vorliegt, in dem eine Unteralimentation verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.
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