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Ätzend - Vergiftet - Hasserfüllt

Polizeibeschäftigte als "Müll" bezeichnet: "taz"-Kolumnistin vergreift sich mächtig im Ton

Foto: kosmos111 - stock.adobe.com
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Berlin.

Die Gewerkschaft der Polizei ist entsetzt über den galligen Hass einer Kolumnen-Autorin, die in „die tageszeitung“ Polizeibeschäftigte als Müll bezeichnet sowie sie auf eine Stufe mit Terroristen und Neonazis stellt. Die Empörung aus den Reihen erfolgte vielstimmig. Und das ist eine der Stärken der GdP, die sie von Mitbewerbern deutlich unterscheidet. Es wurde Strafanzeige gestellt, es wurden Beschwerden beim Deutschen Presserat eingereicht, ein Brief an die Innenministerkonferenz gesendet, eine umfassende juristische Prüfung eingeleitet und ein externer Expertenblick eingeholt.

Die Beschwerde des GdP-Bundesvorstands beim Deutschen Presserat

Seit 15. Juni 2020 verbreitet die "die tageszeitung" / taz.de über ihre Onlinepräsenz und in der Printausgabe unter dem Titel „All cops are berufsunfähig“ eine Kolumne der Autorin Hengameh Yagoobifarah.

Dieser Artikel ist eine böswillige Diskriminierung der Polizei. Entmenschlichung und Entwürdigung sind bewusst gewählte Stilmittel der Autorin. Sie schlägt vor, Polizistinnen und Polizisten bei Berufsunfähigkeit auf der Mülldeponie zu entsorgen, „dort wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“

Die Autorin knüpft zudem eine pauschale und direkte Verbindung zu den Straftätern des Naziregimes. Sie attestiert der Polizei allgemein eine inhärente Mordlust und unterstellt ihr klandestine, verfassungsfeindliche Strukturen. Die Inhalte sowie deren Verbreitung stehen in gänzlichem Widerspruch zu Art 1 GG sowie den Ziffern 1, 9 und 12 des Pressekodex des Deutschen Presserates.

Vor diesem Hintergrund fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) als größte Interessenvertretung der Polizeibeschäftigten hierzulande den Deutschen Presserat auf, gegen "die tageszeitung" eine Rüge auszusprechen.

Blinder Hass - Der Kommentar von Prof. Dr. Thomas Hestermann

Zur Kolumne der „taz“ zur Frage, wohin die Abschaffung der deutschen Polizei führt

Polizeigewalt in den USA hat weltweit friedliche Proteste wie auch Plünderungen und Krawalle ausgelöst. Nun zündelt „die tageszeitung“ (taz) Hengameh Yaghoobifarah fantasiert in der Montagausgabe (15. Juni 2020) von der Abschaffung der deutschen Polizei und titelt: „All cops are berufsunfähig“. Der Kolumne zufolge sei der „Anteil an autoritären Persönlichkeiten und solchen mit Fascho-Mindset in dieser Berufsgruppe überdurchschnittlich hoch“. Wohin also mit den Polizeibeschäftigten? Auf den Müll, befindet Yaghoobifarah. „Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“

In deutschen Medienhäusern wird viel über den Hass gesprochen, der sich in den Kommentarspalten, vor allem der sozialen Medien, ergießt. Die „Tagesschau“ hat gerade ihre Community-Redaktion verstärkt, um noch gründlicher den Hass aus der Flut von Meinungsäußerungen herauszufiltern, die im Sekundentakt eingehen. Ungewöhnlich ist dagegen, dass ein Zeitungshaus dem Hass freimütig redaktionellen Raum gibt – auch, wenn der Text als verunglückte Satire zu betrachten wäre.

2017 forderte der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland, die damalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, „in Anatolien zu entsorgen“. Damit, so kommentierte die „taz“ seinerzeit, habe sich die AfD „moralisch disqualifiziert“. Wenn das Blatt nun mit ähnlichen Worten die Angehörigen der deutschen Polizei auf den Müll wünscht, zeigt sich darin eine erschreckende Doppelmoral.

Die gute Nachricht dabei ist: Auch im „taz“-Publikum hat die Kolumne zur Abschaffung der Polizei viele empört. Samvim etwa merkt in einer Leserzuschrift an: „taz ist... wenn das Niveau der Kommentare höher ist, als das der Artikel. Leider. (…) Dieser Artikel hätte nach Austausch der zu diskriminierend[en] Personengruppe problemlos so auch im Stürmer stehen können.“
Damit allerdings war es der sonst so diskussionsfreudigen Zeitung genug. Moderator Luca befand nach dieser Blattkritik: „Wir schließen jetzt die Kommentarfunktion, weil mittlerweile die Positionen ausgetauscht sind.“

Doch das Entsetzen ebbte nicht ab. Es kam zu Strafanzeigen. Die Berliner Polizeipräsidentin kündigte eine Beschwerde an. Auch ich habe eine Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht, weil der Text gegen die Ziffern 1 des Pressekodexes („Wahrung der Menschenwürde“) und 12 (Diskriminierungsverbot) verstößt.

Erschreckende Doppelmoral

Dem Hausblog des Blattes zufolge wurde über den Text und die Reaktionen intensiv diskutiert. „taz“-Chefredakteurin Barbara Junge übte einen argumentativen Spagat: „Menschen als Müll zu bezeichnen, widerspricht dem Selbstverständnis einer Zeitung, die sich einer menschlicheren Gesellschaft verschrieben hat.“ Dennoch verteidigte sie die Kolumne: „Satire darf fast alles – und greift manchmal in seiner Wortwahl daneben.“

Zugleich erteilte die Chefredakteurin einen Hass-Bonus: „Autorinnen oder Autoren, die selbst mehrfach zum Ziel rassistischer Beleidigungen und Bedrohungen geworden sind, können gleichwohl ein anderes Verhältnis zu dem Thema haben und das in emotionalere und zugespitztere Worte fassen als Autorinnen oder Autoren ohne entsprechende Erfahrungen.“ Was der Entlastung dienen soll – Hengameh Yaghoobifarah hat iranische Wurzeln – ist eine Entmündigung aller Medienschaffenden mit Migrationshintergrund. Denn im Klartext heißt dies: Wer selber Diskriminierung erlebt habe, sei möglicherweise nicht mehr so klar in Urteil und Sprache. Das aber ist Unfug und wiederum ein erschreckend pauschales Urteil.

In der Netiquette der „taz“, der Vorgabe für Publikumskommentare, heißt es: „Wir akzeptieren keine Beleidigungen, weder von Personen noch von Gruppen.“ Schade, dass sich die Redaktion selbst nicht daran gebunden sieht.

An der Hochschule Macromedia erforschen wir derzeit Hasskommentare im Internet. Dabei zeichnet sich eine Erosion der Schärfe, eine zunehmende Unschärfe des Hasses ab – er richtet sich nicht mehr, wie noch 2015, vornehmlich gegen Geflüchtete und die politisch Verantwortlichen, denen man die Öffnung der Grenzen vorwirft, sondern gegen alles Mögliche.

Diese Tendenz zeigt sich auch in den bundesweiten Befragungen unter den rund 11.000 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, schildert der Chefredakteur der Zeitschrift „Kommunal“, Christian Erhardt. 2020 berichteten 64 Prozent der Befragten, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit beleidigt, beschimpft, bedroht oder gar tätlich angegriffen wurden. 2019 waren es noch 41 Prozent. Zeigte die erste Befragung 2016, dass sich der Hass vor allem an der Zuwanderung entzündete, sind die Anlässe diffus geworden. Immer mehr Wutbürgern reicht bereits der Ärger über eine Tempo-30-Zone oder eine verweigerte Baugenehmigung, um handgreiflich zu werden.

Zu den folgenreichsten Sätzen der Gegenwart gehört: „Das wird man doch wohl sagen dürfen!“ Wer aber Hass sät, erntet Gewalt. Dies erleben Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte täglich – 2019 wurden nach einem Lagebild des Bundeskriminalamtes mehr als 80.000 bedroht oder tätlich angegriffen. Darin eingeschlossen sind 12 Fälle von versuchtem Mord und 32 Fälle von versuchtem Totschlag.

Der kalkulierte Tabubruch ist zum politischen Mittel geworden. Journalistinnen und Journalisten sollten sich daran nicht beteiligen.

Dr. Thomas Hestermann ist Professor für Journalismus an der Hochschule Macromedia in Hamburg. Er forscht zum Hass im Internet und zum Ausländerbild der deutschen Medien.
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