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GdP-Chef Konrad Freiberg im Gespräch mit dem "Kurier am Sonntag":

Immense Gefahren durch wachsende Gewaltkriminalität

Berlin.

Im Interview mit dem in Bremen und Niedersachsen erscheinenden "Kurier am Sonntag" warnte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg vor den Folgen der stetig wachsenden Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft. "Wir spüren in den Ballungsgebieten generell immer stärker die Integrationsprobleme dieser Gesellschaft. Vor allem durch Ghettobildungen in Teilen von Großstädten." Dies sei eine verherende Entwicklung und bedürfe einer großen gesellschaftlichen Anstrengung.

Hier das Interview im Original-Wortlaut:

Kurier am Sonntag: Um die Sicherheit in Deutschland sei es gut bestellt, hat Innenminister Wolfgang Schäuble im Sicherheitsbericht der Regierung festgestellt. Sie haben das massiv kritisiert. Warum?
Konrad Freiberg: Wenn man die Frage weltweit betrachtet, dann ist Deutschland in Sachen Sicherheit gut dran. Wir sind im Prinzip ein wohlhabendes Land und auch ein vergleichsweise gut geordnetes Land. In vielen Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung haben wir auch erfreuliche Erfolge zu verzeichnen. Das gilt für Eigentumsdelikte wie Wohnungseinbrüche, Autodiebstähle. Das hängt zusammen mit besserer technischer Vorbeugung, Aufklärung der Bevölkerung und guter Ermittlungsarbeit der Polizei. Das ist die eine Seite. Verheimlichen aber darf man andererseits nicht, und das ist auch unsere Kritik an dem Sicherheitsbericht der Bundesregierung, vor welchen Gefahren wir im Bereich der inneren Sicherheit stehen. Wir haben eine völlige Verschiebung der Kriminalität hin zu Vermögensdelikten, wir registrieren jedes Jahr mehr Gewaltdelikte.

Was sind das für Vermögensdelikte?
Wir haben viel mehr Betrugsfälle etwa bei Warenkäufen im Internet oder mit EC-Karten. Wir haben aber auch im Bereich der Wirtschaftskriminalität ungeheure Dunkelfelder. Der Kriminalität der Großen, der Reichen, kommen wir kaum noch hinterher.

Wie sieht die Lage denn in dem Bereich aus, den die Menschen als Alltags-Kriminalität und damit als unmittelbare Bedrohung spüren oder fürchten?
Es gibt immense Gefahren durch die wachsende Gewaltkriminalität, also bei gefährlichen und schweren Körperverletzungen, vor allem durch Jugendliche. Da spüren wir seit Jahren diese Zunahme, die aus unserer Sicht ein deutliches Zeichen gesellschaftlicher Fehlentwicklungen ist. Insbesondere, wenn es sich um Jugendgewalt handelt. Das gilt auch für die steigende Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten. Und wir registrieren immer mehr Übergriffe gegen Polizisten. Auch das ist keine ganz neue Entwicklung, denn wir verzeichnen seit Jahren ein Ansteigen des so genannten Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Das heißt, wenn Polizeibeamte irgendwo einschreiten wollen, erleben sie immer häufiger gewalttätige Gegenwehr.

Belästigungen, Anpöbeleien, tätliche Angriffe in U- oder S-Bahnen spiegeln sich in den Kriminalstatistiken aber nicht so recht wieder. Wie kommt das?
Das ist erklärlich. Es gibt viele Verhaltensweisen, die sehr störend, belästigend, auch strafbar sind, wo aber die betroffenen Menschen nicht zur Polizei gehen, keine Anzeige erstatten, weil sie der Auffassung sind, das lohne nicht, weil es aus ihrer Sicht hier kaum Chancen für eine Strafverfolgung gibt. Das ist besonders die Gefühlslage älterer Menschen, die nicht glauben, dass die Polizei solchen Delikten auch wirklich nachgeht. So wie der Mensch sich fühlt, so ist für ihn auch die Sicherheitslage. Da kann man nicht mit Zahlen operieren und etwa einer alten Dame sagen, dass sie statistisch gesehen nur alle tausend Jahre einmal überfallen wird. Schon gar nicht, wenn sie etwa im öffentlichen Nahverkehr andere Erfahrungen macht.

Aus Berliner Problemkiezen häufen sich die Berichte über immer mehr brutale Übergriffe gegen Lehrer oder Polizeibeamte durch türkische und arabische Jugendliche. Ist das „nur“ ein Problem in der Hauptstadt oder beobachten Sie das auch anderswo?
Wir spüren in den Ballungsgebieten generell immer stärker die Integrationsprobleme dieser Gesellschaft. Vor allem durch Ghettobildungen in Teilen von Großstädten. Da haben besonders Jugendliche mit Migrationshintergrund schlechte Schulbildung, meist keinen Abschluss, keinen Arbeitsplatz. Die lungern dann auf den Straßen herum. Das ist eine ganz verheerende Entwicklung, die in Berlin besonders stark ausgeprägt ist. Hier gibt es Stadtviertel und Straßenzüge, in die einzelne Polizeibeamte nicht mehr ohne weiteres hinfahren und dort eingreifen können sondern warten müssen, bis Verstärkung eintrifft. Immer wieder treffen sie nämlich auf Jugendliche, von denen sie angegriffen werden. Das sind keine Ausnahmefälle mehr, das geschieht inzwischen massenweise, die Lage verschärft sich da von Tag zu Tag mehr.

Was tun gegen solche Exzesse?
Das ist natürlich eine Frage der Integrationspolitik, beginnend beim Erlernen der deutschen Sprache, der Schulbildung und dann der Berufsausbildung. Aber ich warne vor Illusionen oder Wortblasen, weil staatliche Handlungsmöglichkeiten begrenzt sind oder erst langfristig Wirkungen entfalten können. Auf Knopfdruck kann man die Probleme nicht erledigen. Zumal bei einigen ethnischen Gruppen sich Einstellungen gebildet und verfestigt haben, die sich durch eine Ablehnung des deutschen Staats auszeichnen. Die sagen dann, das hier ist unser Kiez, hier hat niemand sonst etwas zu suchen, auch die Polizei nicht. Wir stehen als Polizei da vor einer ungeheuren Gewaltbereitschaft.

Wie begegnet die Polizei der?
Wir haben in Berlin ein besonderes Problem. Es fehlen uns Polizeibeamte, die dort regelmäßig Streife gehen könnten, weil das Personal drastisch verringert worden ist. Wir fahren da meist nur noch hin, wenn etwas passiert ist. Polizeipräsenz ist natürlich wichtig, aber mit polizeilichen Mitteln kann man nicht die Ursachen dieser Entwicklung beseitigen. Da sind große gesellschaftliche Anstrengungen nötig. Ich habe aber so meine Zweifel, ob wir als Gesellschaft diese Kraft überhaupt haben.
Vor dem G-8-Gipfel Anfang Juni in Heiligendamm wachsen bei Verfassungsschützern die Sorgen vor gewalttätigen Demonstrationen. Sind die Globalisierungsgegner noch so stark und so militant, dass man internationale Politik-Treffen nur noch in durch hohe Zäune weiträumig abgeriegelten Gebäuden abhalten kann?
Dieser Gipfel ist natürlich schon im Vorfeld ein Anlass zum Protest. Aber man muss da unterscheiden zwischen den Leuten, die auf ihre Sorgen und ihre Kritik an den Folgen der Globalisierung aufmerksam machen wollen und denen, die diese oft berechtigte Kritik nur zum Anlass für gewalttätige Aktionen nehmen wollen. Da beobachten wir, dass in der Tat der Linksextremismus hierzulande derzeit wieder erstarkt. Also ist dieser G-8-Gipfel ein ganz wichtiges Ereignis mit einer solchen Dimension, dass man künftig mehr darüber nachdenken sollte, wo man diese Treffen stattfinden lassen kann, wo man sie am besten schützen kann. Dieser gewaltige Aufwand kostet um die hundert Millionen Euro, die Zahl der Polizisten, die eingesetzt werden müssen, wird wohl weit höher sein als die zunächst geschätzten Zehntausend. Aktionen und Anschläge, die es ja bereits schon im Vorfeld gegen den Gipfel gegeben hat, machen weitere Schutzmaßnahmen nötig. Das betrifft nicht nur den Ort Heiligendamm, es finden ja auch viele vorbereitende Treffen in Berlin oder Potsdam statt, in Mecklenburg-Vorpommern sind sämtliche Hotels besetzt mit Regierungsdelegationen, Mitarbeitern und Tausenden von Journalisten aus aller Welt. All das muss geschützt werden. Und natürlich auch aus Steuergeldern bezahlt werden.

Wo können denn die Treffen der Mächtigen der Welt dann unter vertretbaren Bedingungen noch stattfinden?
Am einfachsten wären für uns natürlich Inseln zu schützen. Aber es gibt auch noch andere ganz gut zu schützende Orte, wo der Sicherheitsaspekt Vorrang vor dem Ambiente haben kann.


Das Gespräch führte Dietrich Eickmeyer. Das Interview erschien in der "Kurier am Sonntag"-Ausgabe vom 28. Januar 2007.
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