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Reform des Beamtenrechts

Wohin des Weges ? Wer schnell laufen will, muss aufpassen nicht zu stolpern.

Mainz.

Bundesinnenminister Otto Schily sowie die Vorsitzenden von ver.di und dbb, Frank Bsirske und Peter Heesen, haben ein gemeinsames "Eckpunktepapier" zur Reform des Beamtenrechts "Neue Wege im öffentlichen Dienst" verabredet. In einer ersten Stellungnahme zu den Vorschlägen aus dem "Eckpunktepapier" erklärt die GdP Rheinland-Pfalz: Die "Eckpunkte" zeigen die Richtung für zukünftige Verhandlungen an. Sie machen aber auch deutlich, dass noch viele Fragen geklärt werden müssen.


1. Positiv zu bewerten ist:
- Die GdP teilt die Auffassung, dass die Bundeskompetenz in Fragen der Besoldung, der Versorgung und der Zugangsvoraussetzungen erhalten bleiben muss. Damit wird die Mobilität der Beschäftigten gefördert und einem unfairen Wettbewerb zwischen den Bundesländern um knappe Qualifikationen ebenso vorgebeugt wie einem Abgleiten wirtschaftsschwacher Länder und Regionen.
- Die GdP begrüßt grundsätzlich die Aussage, dass die Reformen in Beamtenrecht und Tarifrecht in die gleiche Richtung gehen sollen. Damit wird verhindert, dass die verschiedenen Statusgruppen im öffentlichen Dienst gegeneinander ausgespielt werden. Die GdP hat immer gefordert, das Beamtenrecht zu Gunsten eines einheitlichen öffentlichen Personalrechts mit voller Koalitionsfreiheit für alle Beschäftigten umzugestalten.
- Die GdP verschließt sich nicht einer Stärkung des Leistungsgedankens dort, wo es sinnvoll und zweckmäßig ist und wenn sich daraus eine Beteiligungskultur entwickelt, die über die bisherigen, rudimentären Beteiligungsformen hinausgeht. Das Leistungsprinzip muss Motivation fördernd, das geht nur mit den Beamtinnen und Beamten und nicht gegen sie.
- Die Sicherung der Versorgungsansprüche bei Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis wird von der GdP grundsätzlich begrüßt.
2. Grundsätzliche kritische Anmerkungen:
- Eine echte Vereinbarung setzt Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe mit allen Beteiligten voraus. Dem verschließt sich der Bundesinnenminister. Schon die Tatsache, dass die Unterzeichner als Personen eine als "Eckpunktepapier" bezeichnete Erklärung abgeben und nicht für ihre Organisationen sprechen, ist befremdlich. Dies unterstreicht den Eindruck, dass der BMI auch weiterhin nicht bereit ist, mit den Gewerkschaften der Beamtinnen und Beamten zu verbindlichen Vereinbarungen zu kommen. Dieses Vorgehen des BMI offenbart ein undemokratisches Dienstherrenverständnis.
- Die "Eckpunkte" widersprechen teilweise dem Verhandlungsstand in den Tarifverhandlungen und präjudizieren dadurch deren weitere Ergebnisse. Damit wird eine zentrale Zielsetzung der Prozessvereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes vom 9. Januar 2003 ernsthaft gefährdet, die die Entwicklung des Tarifrechts gerade von der Entwicklung des Beamtenrechts lösen will. Das Beamtenrecht muss den in freien Verhandlungen erzielten Tarifregelungen folgen und nicht umgekehrt.
- Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre besteht ein begründetes Misstrauen, dass arbeitsmarkt- und regionalpolitische Argumente für Besoldungsbandbreiten nur vorgeschoben sind. Auch in der Vergangenheit wurde die Verwendung von "Einsparungen", die durch die Streckung der Besoldungsdienstaltersstufen erzielt wurden, für eine verbesserte Leistungsbezahlung versprochen. Stattdessen wurden sie von den Ländern zur Haushaltssanierung "kassiert", so ist z.B. in Rheinland-Pfalz seit 2003 die Zahlung von Leistungsprämien und -zulagen ausgesetzt.
- Die GdP lehnt die in den "Eckpunkten" angelegte "Besoldung nach Kassenlage" strikt ab.
- Darüber hinaus fehlt eine systematische Auswertung, ob und wie die bereits heute bestehenden Spielräume für eine Leistungsbezahlung genutzt werden. "Kostenneutrale Finanzierung" und "Leistungsanreize" schließen sich gegenseitig aus - Leistungsanreize erschließen Effizienzgewinne, die zur Finanzierung herangezogen werden können.
3. Besonderheiten für den Polizeibereich
- Eine Besoldung nach Leistung setzt voraus, dass es objektivierbare Leistungskriterien gibt. Gerade im Polizeibereich, in dem es immer um das Arbeiten von Menschen mit Menschen geht, ist Leistung kaum quantifizierbar. Polizeiarbeit ist Teamarbeit, individualisierte Leistungszahlungen sind damit kaum vereinbar. Gute Leistungen setzen gute Arbeits- und Personalausstattung voraus. Es muss verhindert werden, dass die Polizeibeschäftigten künftig auch noch mit ihrem Gehalt für personelle Engpässe "bluten" müssen.
- Um auch im Polizeibereich zu einer stärkeren Qualitätsorientierung zu kommen, müssen Qualitätskontrollen von den Beschäftigten als Hilfe zur Selbsthilfe angenommen werden. Hierfür müssen sie angstfrei erlebbar sein und von professionellen Unterstützungssystemen und Fortbildungsangeboten begleitet werden. Letzteres scheitert nicht zuletzt an der mangelnden Bereitschaft der Dienstherren, hierfür "Geld in die Hand zu nehmen". Wenn die Bezahlung vom Ergebnis einer Qualitätsüberprüfung abhängen soll, besteht Gefahr, dass das eigentliche Ziel - die Verbesserung der Arbeitsqualität - darunter leidet.
- Leistungshonorierung muss nicht unbedingt in Geld erfolgen, sondern kann - und sollte in vielen Fällen - auch in Form von z. B. zeitlichen Entlastungen gewährt werden.
- Selbst eine ausschließlich freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist ohne verbesserte und alter(n)sgerechte Arbeitsbedingungen sowie einen vorbeugenden Gesundheitsschutz nicht denkbar. Die in RLP eingeführte Verlängerung der Lebensarbeitszeit für Polizeibeamte ist rückgängig zu machen.
4. Weiteres Vorgehen
Der DGB ist die einzig legitimierte Spitzenorganisation, für die in den Mitgliedsgewerkschaften des DGB organisierten Beamtinnen und Beamten die weiteren Gespräche über die Ausgestaltung eines modernen Beamtenrechts zu führen - und zwar bevor parlamentarische Gesetzgebungsverfahren in Bund und Ländern eingeleitet werden. Bei diesen Gesprächen wird die GdP wieder mit eigenen Vorstellungen auftreten und die Interessen ihrer Mitglieder einbringen.

DER LANDESVORSTAND