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20. Ordentlicher GdP-Bundeskongress in Dresden 1994

Verbot der Inanspruchnahme demokratischer Grundrechte für extremistische Aktivitäten

Antrag I4

Antragsteller: Landesbezirk Nordrhein-Westfalen
Betrifft: Verbot der Inanspruchnahme demokratischer Grundrechte für extremistische Aktivitäten

Resolution

Es ist Zeit, ein deutliches Zeichen zu setzen.

Veranstaltungen und Aktivitäten neonazistischer Gruppierungen stoßen auf Ablehnung, Unverständnis und nachhaltigen öffentlichen Protest.

Sie beschädigen das deutsche Ansehen in der Welt.

Deshalb ergeht regelmäßig der Ruf an die Polizei, gegen solche Veranstaltungen und Aktivitäten entschieden einzuschreiten.

Dabei wird häufig übersehen oder verdrängt, dass polizeilichen Maßnahmen auch beim Vorgehen gegen neonazistische Veranstaltungen enge rechtsstaatliche Grenzen gesetzt sind.

Auf grundgesetzlich abgesicherte Garantien der Meinungsäußerungsfreiheit, der Presse- und Berichterstattungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit sowie der Parteienfreiheit kann sich auch berufen, wer extremistische verfassungsfeindliche Positionen vertritt. Eingriffen in diese Rechte sind enge materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Grenzen gezogen.

So erklärt sich, dass versammlungsbehördliche Verbote gegen rechtsextremistische Veranstaltungen nicht selten im gerichtlichen Verfahren - als mit der gegebenen Rechtslage nicht vereinbar - aufgehoben werden.

Die empörte Öffentlichkeit kritisiert die Versammlungsbehörden, wenn sie nicht verbieten, und die Justiz, wenn sie Verbote aufhebt.

Für die Polizei ergibt sich eine schlimme Zwangslage.

Sie darf einerseits dem Druck einer empörten Öffentlichkeit, rechtsextremistische Aktivitäten, die das deutsche Ansehen in der Welt schwer beschädigen, mit allen Mitteln zu verhindern, nicht nachgeben, wenn rechtliche Handhaben fehlen.

Andererseits wird ihr Selbstverständnis als strikt rechtsstaatlich handelnde Polizei in Frage gestellt, wenn sie für das öffentlich gescholten wird, wozu sie rechtlich gezwungen ist.Obwohl die Polizei bei der gegebenen Rechtslage der falsche Adressat öffentlicher Schelte ist, sieht sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, sie sei "auf dem rechten Auge blind".

Die Konfliktlage wird besonders deutlich, wenn es um Parteitage und Parteiversammlungen sowie Aufmärsche rechtsextremistischer Gruppierungen an symbolträchtigen Orten oder an symbolträchtigen Tagen mit nationalsozialistischem Bezug geht.

Auch solche Veranstaltungen stehen grundsätzlich unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit und können nicht ohne Weiteres polizeilich verhindert werden. Die Polizei ist im Gegenteil gehalten, sie gegen unzulässige Beeinträchtigungen durch Gegendemonstranten zu schützen.

Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Verhinderung einer rechtsextremistischen Ausgangsveranstaltung unter den Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes ist nur in seltenen Ausnahmefällen rechtlich zulässig.

Die Polizei gerät zwischen die Fronten. Sie muss diejenigen schützen, deren Ziele sie nicht billigen kann und will. Sie muss im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflichten gegen diejenigen vorgehen, deren Engagement gegen neofaschistische Bestrebungen Ausdruck demokratischer Überzeugungen und historischer Verantwortung ist.

So ergeht der Vorwurf: "Polizisten schützen die Faschisten".


Dass die polizeilichen Maßnahmen dem Schutz der grundgesetzlich verbürgten Versammlungsfreiheit dienen, die nach der geltenden Rechtslage auch von Rechtsextremisten in Anspruch genommen werden kann, ist in der Tat schwierig zu vermitteln.

Aus dem Dilemma führt nur ein Weg:
Die Inanspruchnahme demokratischer Grundrechte für rechtsextremistische Aktivitäten, die sich darauf richten, nationalsozialistisches Gedankengut wiederzubeleben, muss ausgeschlossen werden.

Es ist Zeit, ein deutliches Zeichen zu setzen.

Alle demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland sind aufgefordert darauf hinzuwirken, dass das Grundgesetz dahingehend ergänzt wird, dass nicht nur wie bisher gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtete Handlungen (Art. 26 Abs. 1 GG), sondern auch Bestrebungen zur Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankengutes für verfassungswidrig erklärt werden.

Solch ein deutliches Signal nach innen und außen wäre eine entscheidende Absage an Rassismus, Antisemitismus, Inhumanismus und Führerstaat.

Polizei und Justiz erhielten einen eindeutigen Verfassungsauftrag.
Im Grundgesetz wäre klargestellt, dass sich die wehrhafte Demokratie der Bundesrepublik Deutschland nicht nur gegen totalitäre Bestrebungen schlechthin, sondern insbesondere gegen neonazistische wendet.

Das entspricht der Verantwortung des deutschen Volkes vor seiner Geschichte mit der schrecklichen Erfahrung des terroristischen menschenverachtenden nationalsozialistischen Führerstaates.

Es wäre außerdem ein Bekenntnis, dass sich die deutsche Demokratie mit ihrer verfassungsrechtlichen Ausgrenzung neonazistischer Aktivitäten gerade wegen ihrer Geschichte bewusst von anderen freiheitlichen Demokratien unterscheiden will.
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