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DEUTSCHE POLIZEI

Ausgabe Dezember 2017

Tagtäglich erscheinen Meldungen von gewalttätigen und meist sexuellen Übergriffen gegen Frauen in den Medien. Den Eindruck, Vergewaltigungen und andere Formen der sexuellen Gewalt haben zugenommen, bekräftigen die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2016. Doch die Öffentlichkeit schaut lediglich auf die Täter – nicht auf die Opfer. Stattdessen fördert die permanente Gegenwart sexueller Gewalt einen Anschein von Normalität, bei dem aber der Blick auf die Opfer verloren geht. Dabei sind es vor allem die betroffenen Frauen und Mädchen, an denen diese „Vorfälle“ nicht einfach vorübergehen: Manchmal kämpfen sie ihr Leben lang mit den Folgen der Tat.

Irgendwann lässt sie alles nur noch über sich ergehen

Diverse Fälle sorgten allein in den vergangenen beiden Jahren für großes Entsetzen. In Brandenburg erschütterte ein Gerichtsurteil im Frühjahr die Öffentlichkeit: Im August 2016 konsumiert ein 23-jähriger Dealer zusammen mit seiner gleichaltrigen Kundin ein als „Speed“ bekanntes Amphetamin. Anschließend wirft er die Frau gegen ihren Willen auf ein Bett, fixiert ihren Kopf zwischen zwei Metallstreben und vergewaltigt sein Opfer etwa vier Stunden lang brutal. Die Frau schreit und versucht ihn abzuwehren, er trägt Kratzer davon. Irgendwann lässt sie alles nur noch über sich ergehen. Als der Vergewaltiger einen Anruf bekommt, lässt er sein Opfer frei. Die Frau ist so verletzt, dass sie zwei Wochen nicht richtig laufen kann und Schmerzen hat. Die rechtsmedizinischen Untersuchungen bestätigen ihre Aussage, die sie bei der Polizei macht. Im April spricht das Gericht den Mann frei. Nicht, weil die Vorsitzende Richterin die Ausführungen des Opfers anzweifelt – sie glaubt ihr und sagt das auch. Doch sie könne nicht zweifelsfrei ausschließen, dass die Mentalität des türkischen Kulturkreises, aus der der Beschuldigte stammt, das Geschehen, das sie als Vergewaltigung erlebt habe, für ihn vielleicht lediglich wilder Sex gewesen sei. Weil somit kein schuldhafter Tatvorsatz zweifellos festzustellen sei, wurde der Mann wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung freigesprochen. Der Grundsatz des vielgepriesenen novellierten Paragrafen 177 Strafgesetzbuch (StGB), der den Grundsatz „Nein heißt Nein!“ im Strafrecht verankern soll und am 10. November 2016 verabschiedet wurde, scheint damit weiterhin einen ungebrochen großzügigen Interpretationsspielraum für die Richterschaft zu besitzen.

Anfang September 2017 wird morgens in Leipzig eine 50-jährige Joggerin zusammengeschlagen und vergewaltigt. Negative Popularität erlangt der Rat, Frauen sollten nicht mehr alleine joggen. Ansässige Unternehmer setzen Prämien zur Ergreifung des Täters aus, Politiker versuchen aus dem Verbrechen Profit zu schlagen. Nur wenige Tage später wird eine Joggerin im oberbayerischen Rosenheim an einem Samstagvormittag auf ihrer Strecke abgefangen, ins Gebüsch gezerrt und vergewaltigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet dies während eines Wahlkampfauftritts dort – kurz darauf angesprochen – als „einen traurigen Vorfall“. Was in einem Nachrichtenmedium als „deutliche Worte“ ausgelegt wird, wirkt auf den objektiven Betrachter doch eher hilflos und wenig hilfreich.

Zu den Autorinnen: Almut Meyer ist seit Oktober 2017 Fachärztin für Allgemeinmedizin. Die gebürtige Duisburgerin wohnt heute in Berlin. 1994 legte sie ihr medizinisches Staatsexamen ab und qualifizierte sich Anfang 2006 zur Fachärztin für Anästhesiologie. Meyer ist Rettungsmedizinerin und Leitende Notärztin in Potsdam. Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl promovierte zwischen 2008 bis 2014 am Lehrstuhl für theoretische Politikwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.Von 2014 bis 2016 agierte sie als Leiterin des Bedrohungsmanagements (BM) an der Hochschule Darmstadt. Seit 2016 lehrt die mehrfache DP-Titelautorin als Professorin an der Fachhochschule für öffentlich Verwaltung (FHöV) NRW im Fachbereich Polizei mit den Fächern Kriminologie sowie Soziologie.

Weitere Themen:

WEIHNACHTSGRUSS; BUNDESKONGRESS-TICKER ++; TITEL/KRIMINALITÄT Vergewaltigung - Opfer ohne Lobby; GdP-Nachrichten; AUSLANDSEINSATZ Die flüchtende Madonna von Dafur; TARIF Tarifergebnis für die Kampfmittelbeseitigungsdienste der Länder erreicht!; POLIZEI IM AUSLAND "Für Polizisten ist dies ein wirklich interessanter Ort"; ARBEITSSCHUTZ "Arbeit 4.0" - Messe und Kongress in Düsseldorf; BILDUNG Die Folgen der "Schwarzen Null"; VERKEHRSSICHERHEIT Feuerlöschgeräte bei Gefahrgutbeförderungen; VERKEHR Neuerungen im Verkehrsrecht im Jahr 2017 (Teil 2); TERMIN Offenes Motorradtreffen für nicht organisierte Biker aus Polizei, Zoll, Justiz und deren Angehörigen; FORUMLesermeinung; BÜCHER; IMPRESSUM


Tabellen zum Artikel von Reinhard Leuker zum Thema VERKEHRSSICHERHEIT:
"Tabellen Brandklassen und Feuerlöschgeräte"

Falls Sie einen Leserbrief zu einem Artikel dieser Ausgabe schreiben möchten, vergessen Sie bitte nicht, den betreffenden Artikel zu nennen, zu dem Sie sich äußern möchten: gdp-pressestelle@gdp.de
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