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Landesjournal Niedersachsen August 2011 -
KFN-STUDIE GEWALT GEGEN POLIZEIBEAMTE -
Von Frauen und Männern: Wenn Kommunikation zum entscheidenden Faktor in der Zusammenarbeit wird -
3. Zwischenbericht des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen – Prof. Pfeiffer stellt Details auf GdP-Fachtagung vor

Vorurteile über das Verhältnis der beiden Geschlechter zueinander halten sich bekanntermaßen hartnäckig, gerade für die Bereiche Kommunikation und Zusammenarbeit. Comedian Mario Barth meint sogar, eine von ihm verfasste schriftliche Übersetzungshilfe „Frau – Deutsch, Deutsch – Frau“ sei vonnöten, um den Gedankenaustausch zwischen Männern und Frauen zu erleichtern. Was die Verständigung zwischen Polizeibeamten/-innen und potenziell gewalttätigen Männern angeht, lässt sich nach der Erhebung des KFN nun grundsätzlich belegen, dass Kommunikation durchaus gelingen kann. Speziell in Fällen von häuslicher Gewalt scheint darüber hinaus die Einflussnahme weiblicher Einsatzkräfte deeskalierende Wirkung zu haben.


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Dietmar Schilff, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen (Foto: Archiv)
Dietmar Schilff, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen (Foto: Archiv)

Professor Dr. Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) weist unter anderem dies als Ergebnis seines dritten Forschungsberichtes zum Projekt „Gewalt gegen Polizeibeamte/-innen“ aus, den er am Samstag, dem 02. Juli 2011, auf einer GdP-Fachtagung in Hannover exklusiv vor der Spiegel-Veröffentlichung vorstellte und der auf der Internetseite des KFN1 verfügbar ist. Ausgehend von der Tatsache, dass Frauen inzwischen einen nicht geringen Anteil bei der Polizei in Niedersachsen ausmachen, stellt er in dieser Hinsicht keine Probleme für die gemeinsame Arbeit der Geschlechter fest. Im Gegenteil: Für die Situation der häuslichen Gewalt kommt der Bericht sogar zu der Feststellung, dass eine Frau im Einsatzteam das Übergriffsrisiko reduziert.


 
 
Details der Studie

Nach Aussagen von Pfeiffer hat dieser Umstand allerdings weniger mit der bisher vermuteten höheren Hemmschwelle zur Gewaltanwendung gegenüber Frauen zu tun. Vielmehr soll in der Art der Kommunikation der entscheidende Faktor zur Reduzierung der Verletzungsgefährdung liegen. Aber auch männliche Einsatzkräfte berichten davon, dass sie öfters unverletzt aus heiklen Situationen „rauskamen“, wenn sie die Möglichkeit hatten, mit dem Täter zu kommunizieren. Das KFN hat darum aktuell auch diejenigen 2.600 von den rund 20.000 Befragten in den Fokus genommen, die wegen eines Angriffs mindestens einen Tag im Dienst ausgefallen waren.

Dabei kam heraus, dass es vor allem Unterschiede gibt, wenn nicht mehr als zwei Kollegen/-innen zu einem Familienstreit gerufen wurden. Und weiter ergab die Studie: Handelte es sich um zwei männliche Polizisten, wurden 4,5 Prozent mit solch schweren Folgen angegriffen, dass sie am nächsten Tag nicht dienstfähig waren. Rückten ein Mann und ein Frau gemeinsam aus, so galt das lediglich in 3,6 Prozent der Fälle - für den weltweit anerkannten Wissenschaftler Pfeiffer ein signifikanter Unterschied, der seine Empfehlung zu gemischten Teams begründet.

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ stellt in seiner Ausgabe vom 4. Juli 20112 die provokante Frage, ob denn Frauen vielleicht sogar insgesamt die besseren Polizisten seien, weil sie sich leichter damit täten, manch brenzlige Situation mit sprachlichen Mitteln zu entschärfen. Diese erhobene These wird den bisherigen Erfahrungen allerdings nicht gerecht. Es geht eben nicht um die Frage, ob Frau oder Mann besser ist, sondern um gute Teamarbeit im Einsatz. Egal ob Mann oder Frau, die Einsatzkräfte sind sehr gut in der Lage, Gefahrensituationen im Einsatz zu erkennen und verbal angemessen zu reagieren, allerdings nur, wenn dafür überhaupt ausreichend Zeit bleibt und der Angriff nicht unmittelbar erfolgt.

Wichtig sind die Ergebnisse von Pfeiffer aber sehr wohl für die polizeiliche Arbeit, da geprüft werden muss, ob die unterschiedlichen kommunikativen Herangehensweisen von Frauen und Männern im Alltag nicht noch besser genutzt werden können. Am Ende bleibt die wichtige und richtige Erkenntnis: Wir brauchen beide Geschlechter und ihre unterschiedlichen Potenziale für die Erfolge der polizeilichen Tätigkeit.

Weitergehende Schlussfolgerungen

Neben diesen Befunden ergeben sich durch die jüngste Forschung des KFN noch andere elementare Befragungsergebnisse, die das wissenschaftlich belegen, was wir schon längere Zeit mit großer Sorge betrachten. Auf eine kurze Formel gebracht ist leider festzustellen: Die Gewaltbereitschaft gegenüber der Polizei steigt an. Neben Familienstreitigkeiten gilt dies insbesondere auch für Demonstrationen. Auch im Umfeld von anderen Großveranstaltungen und Fußballspielen stellen wir dies fest.Die GdP-Forderung nach einem eigenen Straftatbestand für Übergriffe gegen die Polizei wird von Prof. Pfeiffer übrigens ausdrücklich unterstützt.

Doch egal um welchen Anlass es sich handelt - es ist in jeder Hinsicht scharf zu verurteilen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen wie so oft gesellschaftliche Missstände ausbaden müssen und körperlichen oder psychischen Schaden nehmen. Die verantwortliche Politik ist hier nicht nur gefordert, Polizistinnen und Polizisten beispielsweise gut auszustatten und zu schulen, ausreichend zu besolden sowie insgesamt schlicht genügend Stellen zu schaffen. Es geht darüber hinaus um gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die beispielsweise soziale Ungerechtigkeiten zementieren und letztlich Hoffnungslosigkeit und Aggression hervorbringen können.

Aktuelle und künftige Landes- und Bundesregierungen sind besonders in dieser Beziehung gefordert, der Gewaltspirale durch kluge Entscheidungen den Boden zu entziehen, damit letztlich auch weniger Polizeibeamte/-innen Opfer von Angriffen werden.

Davor muss uns jedoch eines klar sein, was zu Anfang dieser Überlegungen stand: Nicht nur zwischen Männern und Frauen ist konstruktive Kommunikation nötig, sondern vor allem zwischen den Verantwortlichen in der Politik, Polizeiführung und der GdP. Deshalb beschreiten wir gerade diesen Weg verstärkt, damit sich die Erfahrungen der Kollegen/-innen in den politischen Entscheidungsprozessen wiederfinden.

Dietmar Schilff (ch)


1 http://www.kfn.de

2 Spiegel Seite 27 „SICHERHEIT - Der lange Arm der Evolution: Sind Frauen die besseren Polizisten?“; http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2011-27.html (Deeplink: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79303790.html)

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