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Landesjournal Niedersachsen August 2016 -
Leitartikel: Was gesagt werden muss, muss gesagt werden, und was getan werden muss, muss getan werden!

Dietmar Schilff, GdP-Landesvorsitzender Niedersachsen, zieht eine aktuelle Bilanz zum Landeshaushalt, zur Belastung der Polizei und den Defiziten in den Arbeits-, Dienst- und Bezahlungsbedingungen. "In vielen Gesprächen, Verhandlungen, Diskussionen, durch etliche Schreiben sowie Positionierungen und Aktionen, wie zuletzt am Rande der Klausur der Landesregierung, haben wir als GdP gegenüber der Politik Forderungen gestellt, die sich aus den berechtigten Ansprüchen aus der Kollegenschaft ergeben, in unseren gewerkschaftlichen Beschlusslagen nachlesbar sind und die angegangen werden müssen."




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Dietmar Schilff, GdP Landesvorsitzender Niedersachsen (Foto: CH)
Dietmar Schilff, Landesvorsitzender
Foto: CH

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in vielen Gesprächen, Verhandlungen, Diskussionen, durch etliche Schreiben sowie Positionierungen und Aktionen, wie zuletzt am Rande der Klausur der Landesregierung, haben wir als GdP gegenüber der Politik Forderungen gestellt, die sich aus den berechtigten Ansprüchen aus der Kollegenschaft ergeben, in unseren gewerkschaftlichen Beschlusslagen nachlesbar sind und die angegangen werden müssen.

Kurz vor den Sommerferien in Niedersachsen hat die Landesregierung am 19./20. Juni den geplanten Doppelhaushalt für die Jahre 2017/2018 besprochen. Doppelhaushalt bedeutet, dass es nächstes Jahr keine Haushaltsberatungen geben wird, es sei denn, wegen besonderer Situationen würde ein Nachtragshaushalt notwendig sein, wie 2015 aufgrund der Flüchtlingssituation. Die GdP Niedersachsen sieht beim geplanten Doppelhaushalt der Landesregierung für die Jahre 2017 und 2018 im Polizeibereich einige positive Ansätze, allerdings gibt es weiterhin bestehende Herausforderungen.

 
Der jetzt vorgelegte Regierungsvorschlag wird im Landtag diskutiert und die Haushaltsplanung dann Ende 2016 durch den Landtag insgesamt verabschiedet. Insofern sind Veränderungen noch möglich, denn die Regierungsfraktionen aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen bekunden immer, dass sie eigenständig sind und auch unabhängig von der Landesregierung Haushaltsansprüche haben. Insofern werden wir als GdP nunmehr weitere Gespräche mit den Regierungsfraktionen führen, um notwendige Verbesserungen, die über die Vorschläge der Landesregierung hinaus wichtig sind, zu realisieren. Ob das gelingen wird, wird sich zeigen.

Bewertung des Regierungsentwurfes zum Doppelhaushalt

Die zusätzliche Einstellung von jeweils 150 Anwärterinnen und Anwärtern bei der Polizei im nächsten und übernächsten Jahr war eine Forderung der GdP und darum wird dies begrüßt. Allerdings darf auch in den Folgejahren von diesen Vorratseinstellungen nicht abgewichen werden.

Das angekündigte 250er-Stellenhebungsprogramm von A 9 nach A 11, mit daraus resultierenden 500 zusätzlichen Beförderungen (je 250 von A 9 nach A 10 und von A 10 nach A 11) die Erhöhung der Zulage für Dienste zu ungünstigen Zeiten (DUZ) und die Wiedereinführung der Heilfürsorge ist grundsätzlich positiv, allerdings insgesamt zu wenig. Besonders die überlangen Wartezeiten bei den Beförderungen aus dem Eingangsamt A 9 nach A 10 werden dadurch nicht wirklich behoben.

Die Erhöhung beim DUZ liegt im Vergleich mit den anderen Bundesländern im Mittelfeld, entspricht dennoch nicht unseren Erwartungen, einige Details dazu müssen noch besprochen werden, wie z. B. die Dynamisierung von DUZ oder die Zahlung bei Folgediensten an begonnene Nachtdienste und muss zudem noch dieses Jahr kommen. Unsere Forderung nach fünf Euro pro Stunde bleibt bestehen.

Mit der Wiedereinführung der Heilfürsorge wird die unumstrittene gefahrengeneigte Tätigkeit des Polizeiberufes endlich wieder gewürdigt. Die GdP hat lange dafür gekämpft. Ein wichtiges Signal, wenn schon keine Rückkehr zur freien Heilfürsorge möglich erscheint. Die bisherige Eigenbeteiligung der langjährig im Polizeivollzugsdienst befindlichen Kolleginnen und Kollegen von 1,6 Prozent ihres Bruttoeinkommens muss aber dringend gesenkt werden, da die Begründung der CDU/FDP-Landesregierung für die 2005 durchgeführte Erhöhung (Praxisgebühr) seit 1. Januar 2013 weggefallen ist.

Eine Sonderzahlung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und somit natürlich auch bei der Polizei wäre bei den Dauerbelastungen der vergangenen Jahre – Flüchtlingssituation, Integration, Bildung und innere Sicherheit – ebenfalls angebracht, da diese zukünftig sicher nicht weniger werden. Dies ist seitens der Landesregierung überhaupt nicht angedacht worden.

Weitere wichtige Punkte fehlen zudem in der vorgestellten Doppelhaushaltsplanung der Landesregierung: bessere berufliche Perspektiven für Tarif und Verwaltung, Investitionen in moderne Technik und Schutzausstattung sowie in die überalterten Liegenschaften der Polizei. Immer wieder müssen wir leider feststellen, dass es Diskrepanzen zwischen vor Wahlen getätigten Aussagen der Politik – unabhängig von der Farbenlehre – und dem anschließenden tatsächlichen Handeln gibt.

Hierzu ein kurzer geschichtlicher Exkurs:

  • 1990 bis Februar 2003

Lange her, aber nicht unwichtig: Nach der langjährigen CDU/FDP-Regierungszeit fand bei den Landtagswahlen 1990 ein Regierungswechsel hin zu Rot-Grün statt. Die GdP hatte 1989 im Vorfeld der Wahlen aufgrund der geringen Perspektiven für die Polizei eine Großdemonstration durchgeführt. Bis 1998 wurden etliche Verbesserungen, auch aufgrund von GdP-Forderungen, bei der Polizei durchgeführt. Ab den Landtagswahlen 1998 agierte dann eine SPD-Alleinregierung. Diese hat 1999 trotz massiven Widerstandes und Demonstrationen der GdP dennoch die Freie Heilfürsorge gestrichen. Das bedeutete, dass sich seitdem alle Polizeianwärter/-innen selbst versichern müssen, was für sie massive Gehaltseinbußen zur Folge hatte. Und für die Älteren bedeutete dies, dass die Heilfürsorge zwar bestehen blieb, allerdings bei einer Eigenbeteiligung von 1,3 Prozent vom Bruttogehalt, was somit auch eine Verschlechterung des Gehaltes darstellte. Diese Ungerechtigkeit hat die GdP im Vorfeld der Wahlen 2002 thematisiert. Bei der Landtagswahl 2003 wurde die SPD abgewählt.

  • 2003 bis 2013

Die damalige CDU-Opposition hatte im Vorfeld der Wahlen 2003 viel versprochen, unter anderem der Öffnungsklausel, die für die Verschlechterungen verantwortlich ist, im Bundesrat nicht zuzustimmen. Dieses Versprechen überdauerte gerade einmal einen Monat, dann wurde es von Ministerpräsident Wulff und Finanzminister Möllring gebrochen. In der nun folgenden Zeit der CDU/FDP-Regierung von 2003 bis 2013 wurde auf dem Rücken der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und besonders bei der Polizei in einer noch nie dagewesenen Art und Weise weiter massiv eingespart, die Bedingungen zulasten der Kolleginnen und Kollegen verschlechtert und kaum Verbesserungen durchgeführt. Dadurch ist Niedersachsen auf den 14. Platz im Vergleich der Bundesländer, was die Bezahlung bei der Polizei anbetrifft, abgerutscht. Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld wurde für nahezu alle Beamtinnen und Beamten abgeschafft, der Eigenanteil der Heilfürsorge um 0,3 auf 1,6 Prozent erhöht, die Lebensarbeitszeit um zwei Jahre verlängert, die Bereitschaftszeitenregelung verschlechtert sowie das von der GdP vor dem OVG Lüneburg erstrittene Urteil zur Auszahlung von 250 000 Castor-Bereitschaftsstunden ignoriert, das Bewegungsgeld geschliffen, im Tarifbereich etliche Verschlechterungen durchgeführt, der begrenzende A-11-Erlass eingeführt und auch keine Verbesserungen z. B. beim DUZ beschlossen und Weiteres. Vor der Landtagswahl 2013 hat die GdP gemeinsam mit GEW und ver.di vor der Staatskanzlei demonstriert und eine sozialere und bessere Politik eingefordert.

  • Bei der Landtagswahl 2013 wurden CDU und FDP abgewählt.

Seit 2013: Auch die SPD-Opposition hatte im Vorfeld der Wahlen 2013 einiges versprochen, unter anderem hat die damalige Fraktion im Landtag bei den Haushaltsberatungen zum Haushalt 2012 geäußert, das GdP-Attraktivitätsprogramm möglichst 1:1 umzusetzen. Vermutlich dachten die SPD-Landespolitiker bei dieser Aussage selber nicht daran, bei den Wahlen 2013 die Mehrheit zu erringen. So ist es aber nun mal gekommen und tatsächlich wurden auch einige Verbesserungen nach Gesprächen mit der GdP umgesetzt: 1500 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten (je 750 nach A 10 und 750 nach A 11), Vergütung der 250 000 Castor-Bereitschaftsstunden, gerechte Bereitschaftsregelung (1:1-Abgeltung), Abschaffung des begrenzenden A11-Erlasses, Vorratseinstellungen, Einrichtung einer Arbeitsgruppe Tarif/Verwaltung, Verbesserungen im Personalvertretungsrecht.

Aber: Keine Rückkehr zu Weihnachts- und Urlaubsgeld, keine Erhöhung von DUZ, keine Rückkehr zur Heilfürsorge, dafür aber das negative Besoldungsdiktat für 2015 und 2016 vor den Tarifverhandlungen 2015.

Eine Verbesserung bei DUZ, die Rückkehr zur Heilfürsorge und ein Stellenhebungsprogramm sind nun für 2017 und 2018 vorgesehen.

Unser gewerkschaftlicher Einsatz hat sich gelohnt, wir können unsere erzielten Erfolge ruhig selbstbewusst benennen, denn ohne unsere Aktivitäten und ohne eine große Mitgliedschaft im Rücken wären die nicht erzielt worden. Dennoch bleibt noch vieles offen, was gemacht werden muss. Deshalb werden wir nicht müde, dies immer und immer wieder zu thematisieren.


Anfang 2018 sind wieder Landtagswahlen. Die GdP wird ihre Forderungen erneut öffentlich machen. Die Sicherheit in Niedersachsen wird von Menschen garantiert, die nicht selten angegriffen oder beleidigt werden und notfalls mit ihrem Leben dafür eintreten. Will man die Belastungen reduzieren, die Tätigkeiten gerecht bewerten, Perspektiven für alle Bereiche in der Polizei schaffen, die Arbeit wertschätzen und die Attraktivität für die in der Polizei beschäftigten sowie für zukünftige Kolleginnen und Kollegen verbessern, dann sind weitere Verbesserungen unumgänglich. Die freie Wirtschaft und andere Bundesländer sowie der Bund schlafen nicht und sind schon seit geraumer Zeit aktiv. Die Haushaltsberechnungen sind derzeit auch in Niedersachsen sehr positiv, also muss jetzt gehandelt werden.

Wir als die gewerkschaftliche Interessenvertretung für die Polizei bleiben dabei und handeln weiter danach: „Was gesagt werden muss, muss gesagt werden, und was getan werden muss, muss getan werden!“

Dietmar Schilff, GdP-Landesvorsitzender

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