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Landesjournal Niedersachsen Juni 2011 -
GEWALTBEREITE FANS VERSUS SPORT:
Fußball - die schönste Nebensache der Welt oder Brandherd der Gesellschaft?

Jedes Wochenende strömen Fußballfans in der ganzen Bundesrepublik in die Stadien, um ihre Mannschaften spielen zu sehen. Nicht wenige sind in Vereinsfarben gewandet. Die meisten kommen, um schönen Fußball zu erleben. Aber es gibt auch diejenigen, die die Bedeutung des Spiels überbewerten oder den Sport missbrauchen, um gewalttätig zu werden. Das ist der Teil, der immer mehr Polizei an den Stadien, den Bahnhöfen und in den Städten erfordert. Aber ist die Frage nach den Kosten eine Lösung?


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Dietmar Schilff, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen (Foto: Archiv)
Dietmar Schilff, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen (Foto: Archiv)

Die Studien der Sportwissenschaft haben ergeben, dass die Motivation für Gewaltbereitschaft in und um Stadien höchst vielschichtig ist. Die Anhänger der sogenannten Ultràs speisen sich schon lange nicht mehr nur aus Jugendlichen, die keine Erfolge und Perspektiven haben. Vermehrt finden sich auch Männer und Frauen, die die ganze Woche über unauffällig und durchaus erfolgreich einer Erwerbstätigkeit nachgehen und an den Spieltagen die Fankutte überwerfen und die Auseinandersetzung suchen, um Dampf abzulassen.

Das beängstigende Ergebnis konnte gerade in den letzten Wochen wieder den Medien entnommen werden: Anhänger verfeindeter Vereine fallen in großer Zahl übereinander her, Züge werden gestürmt, Schlägereien auf Bahnhöfen angezettelt.

Jede Motivation für diese Entgleisung benötigt eine adäquate gesellschaftliche Antwort. Den Jugendlichen müssen Perspektiven und Beschäftigung geboten werden, damit sie ihre eigenen Erfolge nicht mehr aus den Spielergebnissen ihrer Mannschaften ziehen müssen und damit auch nicht jede Niederlage zu einer persönlichen und jeder Fan eines anderen Vereins zum Feind wird. Und diejenigen, die arbeiten dürfen, können nicht so verschlissen werden, dass es extremer Kompensationen bedarf. Diese Gradwanderung hat unsere Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten nicht bewältigen können. Keine Frage, dass eine Folge davon auch zunehmende Gewaltbereitschaft auf beiden Seiten ist.

 
 
Leidtragende sind nicht nur die durchschnittlich Fußballinteressierten, sondern eben auch gerade die Polizeibeamten/-innen, die jedes Wochenende im Einsatz sind, um das Schlimmste zu verhindern.

Aber unabhängig von den eigentlichen Ursachen und Motiven bedarf es kurzfristiger Lösungen. So kommt immer wieder die Diskussion auf, die Vereine an den Kosten für Polizeieinsätze zu beteiligen, aktuell mit der Forderung, eine Sicherheitsabgabe einzuführen. Das kann zum einen nicht der richtige Weg sein und würde auch eine klare Grenzziehung verhindern: Gilt dies auch für Kommunen, um Volksfeste durchzuführen, die erfahrungsgemäß oft mit gewalttätigen Auseinandersetzungen enden, oder auch für die Veranstalter von Großkonzerten? Und wer würde bei solchen Maßnahmen am Ende doch wieder die Kosten tragen?

Es wäre naiv zu glauben, dass eine Sicherheitsgebühr durch die Vereine nicht wieder auf die Fans umgelegt wird; in Form höherer Preise für Eintritt und Devotionalien.

Und gerade die Frage des Geldes hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass viele Vereine standhaft an ihren extremen Fans festgehalten haben. Waren sie es doch immer, die auch in Zeiten ausbleibender Erfolge verlässlich jedes Spiel besucht haben – nur eben ein bisschen aggressiver.

Insofern ist die aktuelle Reaktion der Fußballvereine richtig, aber längst überfällig: Eine klare Distanzierung von Gewaltbereiten, sei es durch Stadienverbote oder einfach auch nur die Streichung von Privilegien. Gerade letztere, in Form zum Beispiel von vorzeitigem Zugang in die Stadien zu Dekorationszwecken erschließen sich ohnehin nicht. Nur durch Distanz zu Gewalt und potentiellen Gewalttätern können auch Familien und Kinder als Fans langfristig gebunden werden. Und diese Anhänger sind es schließlich, die jeden Stadienbesuch zu einem Fußballfest werden lassen. Auf Schlägereien, Pöbeleien und damit einhergehende Angst kann jeder verzichten, die Vereine sollten es auch.

Wenn es um den Sport und nicht um Gewaltevents gehen soll, müssen die Fußballinteressierten eben durch gute Leistungen in die Stadien geholt werden – dafür werden Trainer und Spieler eben auch sehr gut bezahlt. Ist dieses Bemühen erkennbar, wird auch jeder wirkliche Fan auf Niederlagen nur mit Bedauern aber nicht mit Gewalt reagieren.

Fest steht aber insbesondere, dass die Polizei am Ende ihrer personellen Möglichkeiten ist. Dem Phänomen Auseinandersetzungen bei Fußballspielen kann nicht weiter nur mit immer mehr Polizeikräften begegnet werden. Die Ansätze vieler Vereine, gemeinsam mit der Polizei Fankonzepte zu entwickeln und umzusetzen, ist richtig und in der Vergangenheit auch erfolgreich gewesen. Beispielhaft hierfür ist die Zusammenarbeit zwischen der Polizeidirektion Hannover und Hannover 96. Sie bewahren die Vereine aber nicht davor, extreme und gewalttätige Fans rigoros aus ihren Stadien zu vertreiben.

Über finanzielle Beteiligungen werden sich die Probleme aber sicherlich nicht lösen lassen.

Dietmar Schilff,
Landesvorsitzender


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