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Organisationsentwicklungen gehen mit Risiken einher. Sie zu sehen, zu bewerten und die Betroffenen mit ihren Sorgen und Nöten ernst zu nehmen, muss unser aller Anspruch sein!

Es sind weitreichende Verbesserungen möglich, es soll kein Sparprogramm werden, so die durch Minister Ebling herausgestellten Aspekte. Bei der Umsetzung fordert die GdP insofern: „Qualität vor Schnelligkeit!“

Für den eiligen Leser bzw. die eilige Leserin: Ab Seite 3 findet ihr die erste GdP-Bewertung der am Freitag verkündeten Entscheidungen, ab Seite 4 zu den organisatorischen Entscheidungen.

Mainz.

Am Freitag hat Innenminister Ebling mit einem Video und einem Mitarbeiterbrief über das Gesamtpaket Empfehlungen der Arbeitsgruppe Kribe und die zu erwartenden organisatorischen Veränderungen informiert. Die Basis seiner Entscheidung sind die ihm vorgelegten Ergebnisse der polizeiinternen Arbeitsgruppe „Kriminalitätsbekämpfung und Stärkung der Kriminalpolizei – AG Kribe“ und die Beratungen aus den Referaten.

Die GdP hatte sich bereits mit dem im November veröffentlichten Positionspapier „Stärkung und Weiterentwicklung der Kriminalitätsbekämpfung“ eingebracht und dies mit dem Kripo-Forum im November und einem GdP-Forum Anfang Februar begleitet. Von Beginn an betont die GdP, dass die Empfehlungen der AG nur im Verbund umgesetzt werden können und dass rein organisatorische Änderungen – ohne die ernsthafte Berücksichtigung der weiteren Empfehlungen der AG – in der GdP und der Mitgliedschaft so isoliert nicht mitgetragen werden können. Im Rahmen unserer GdP-vor-Ort Reihe der letzten Monate haben wir eine Vielzahl von Meinungen und Stimmen eingefangen, denen insgesamt Bedeutung gegeben werden muss. Sie zu hören, zu bewerten und abzuwägen, muss unser aller Anspruch sein. Das erwarten wir auch vom MdI und allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren.
Wir erkennen an: Dass sich die Kriminalitätslage immer stärker auch im digitalen Raum entwickelt, Täterinnen und Täter immer professioneller und internationaler agieren, die Sachbearbeitung immer aufwändiger und komplexer wird, gesicherte Datenmengen die Auswertekapazitäten sprengen, ist in Anbetracht immer knapper werdender Ressourcen ein enormes Problem für eine Polizeiorganisation, die zudem dem Anspruch an eine Bürgerpolizei auch weiterhin gerecht werden will. Nicht optimale Ablaufprozesse, Ausstattungsdefizite und das nahezu permanente Hinterherlaufen in der Kriminalitätsbekämpfung, macht es für alle in der Kriminalitätsbekämpfung Beschäftigten nicht leichter. Die Belastungen sind deutlich spürbar, die "Organisation läuft nicht nur wegen des Personalmangels auf dem Zahnfleisch".

Wir kritisieren, dass die Masse der Beschäftigten – und insbesondere die betroffenen Kolleginnen und Kollegen in der Kriminalitätsbekämpfung – erst nach der Presseveröffentlichung sukzessive informiert wurden und werden. Bereits mit Schreiben im Januar haben wir Minister Ebling aufgefordert, für die dringend nötige Transparenz zu sorgen. Bislang ist das Schreiben zwar angekündigt, jedoch unbeantwortet. Der Abschlussbericht, der als VS-nfD eingestuft wurde, liegt uns bislang nicht vor und wurde auch nicht veröffentlicht. Das gilt auch für den Hauptpersonalrat. Nach uns vorliegenden Informationen hat der HPR über seine im Personalvertretungsrecht verankerten Informationsrechte beschlossen und umfassendes Material zur Meinungsfindung angefordert.

Zwar kann man sich auf dem eigens hierzu gestalteten Intranet-Auftritt der AG Kribe informieren, allerdings wird nur aus den FAQ`s ersichtlich, dass „eine Anbindung der Kriminalinspektionen in der Fläche derzeit nicht vorgesehen ist.“ Gemeint ist hiermit eine Anbindung an die KD´en.

Landesvize Sven Hummel: „Die Zeit der Gerüchteküche und Verunsicherung muss vorbei sein. Die Beteiligung der Betroffenen ist essenziell und hat bislang lediglich auszugsweise in den einzelnen Fachkreisen der Arbeitsgruppe stattgefunden.“ Insofern begrüßen wir, dass ab dieser Woche in den Behörden Informationsveranstaltungen stattfinden und konkrete Fragen gestellt werden können. Fordert euch die Informationen vor Ort aktiv ein und vor allem, artikuliert eure Sorgen, Nöte und Meinungen!

Positiv bewerten wir, dass sich so umfassend mit der Kriminalitätsbekämpfung befasst wurde. Wir stellen nochmals heraus, dass die GdP von Beginn an deutlich die Auffassung vertreten hat – zuletzt im Rahmen der Foren -, dass die Überlegungen aus der polizeiinternen Arbeitsgruppe heraus nur im Verbund umsetzungsfähig seien, die Ergebnisse im Kontext der gesamten Polizei gesehen werden müssten und die Schnittstellen zum Landeskriminalamt betrachtet werden müssen.

Vorbehaltlich unseres außerordentlichen Delegiertentages am 22.03.2023 in Leiwen wollen wir hier auf einige wesentliche Aspekte aus den Veröffentlichungen im Intranet und in den Medien blicken und unsere vorläufigen Bewertungen darstellen:

Personelle Stärkung
„Der Personalbestand der Kriminalpolizei muss grundsätzlich am Zuwachs der Gesamtorganisation teilhaben.
Wir stellen zu Beginn fest, dass die im Koalitionsvertrag definierten 10.000 Köpfe bis 2024 keinen wesentlichen Personalaufwuchs in der Polizei Rheinland-Pfalz erwarten lassen. Auf diesen Umstand machen wir schon lange und vehement aufmerksam. Grundvoraussetzung dafür, dass es einen Zuwachs für die Gesamtorganisation geben wird, an dem auch die Kriminalpolizei teilhaben muss, ist eine Verstetigung der Einstellungskontingente. 10.000 Vollzeitstellen bei Schutz- und Kriminalpolizei sind eine Not, keine Kür. Insofern müssen die grundsätzliche Teilhabe am Personalzuwachs der Gesamtorganisation und Sonder- und Tarifbeschäftigtenprogramme beschrieben und auf den Weg gebracht werden. Die AG empfiehlt die Fortführung bei gleichzeitiger Aufstockung des Sonderprogramm K von 150 auf 200 Stellen. Die GdP freut sich, dass der zugenommenen Belastung Rechnung getragen werden soll.

Ausbildung / Studium
Eine gezieltere Werbung und ein angepasstes Auswahlverfahren sollen helfen, geeignete Bewerberinnen und Bewerber für die Kriminalpolizei zu gewinnen. Wie groß ein potenzielles Bewerber-/innen-Feld sein wird, ist aktuell nicht absehbar.
Das Bachelor-Studium soll „mit möglichst wechselnden generalistischen sowie auszuweitenden spartenspezifischen Anteilen, die die Möglichkeit einer anschließenden unmittelbaren Verwendung bei der Kriminalpolizei bietet“, ausgestaltet werden.
Dies entspricht den Forderungen nach dem im GdP-Positionspapier zur Stärkung und Weiterentwicklung der Kriminalitätsbekämpfung beschriebenen „Reißverschluss-Studienmodell“!

Wir schlagen einen Paradigmenwechsel ein, der mit vielen Risiken und aber auch Chancen verbunden ist. „Wir müssen den Versuch wagen, auch im Studium Dinge auszuprobieren und neue Wege zu gehen. Auch die Polizei ist in vielfältiger Weise von der Transformation, dem Fachkräftemangel, Abwanderungstendenzen und einem Bewerbereinbruch betroffen. Wir müssen uns dieser Ausgangslage stellen und uns an die sich ergebenden Änderungen anpassen, sonst verlieren wir noch mehr den Anschluss. Wir betreten jetzt Neuland und müssen diesen Schritt aus diesem Grund umfassend begleiten, ergebnisoffen evaluieren und uns dabei insgesamt ehrlich miteinander machen“, stellt Landeschefin Kunz heraus. Um es deutlich zu formulieren: Wir dürfen in keinem Fall das breite Feld der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten in der Polizei zu Beginn des Arbeitslebens einschränken. Aus diesem Grund fordern wir, dass kritische Stimmen auch zu diesem Thema ernsthaft gehört und Argumente abgewogen werden. Keine der Überlegungen darf zu einer Überlastung der Hochschule der Polizei führen.

Attraktivität steigern
Die AG hat Verbesserungen bei flexiblem Arbeiten, flexibleren Arbeitszeiten und Rufbereitschaftsregelungen betrachtet. Auch eine Prüfung für die kostenfreie Nutzung des ÖPNV sowie den sukzessiven Auf- und Ausbau der Kinderbetreuung sind enthalten. Dies bewertet die GdP absolut positiv, weil es deutlich macht, dass die Rahmbedingungen für ein möglichst ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Leben wesentliche Garanten für einen attraktiven Arbeitsplatz sind. Es muss jedoch anerkannt werden, dass es auch weiterhin operative Tätigkeiten in der Polizei geben wird, in denen diese Faktoren nicht umsetzbar sein werden. Hier braucht es andere attraktive Anreize!

Dienstzweigwechsel und Rahmenbedingungen verbessern
Sehr gut! Die Rahmenbedingungen des Dienstzweigwechsels sollen geprüft werden. Die Grundqualifizierung könnte mit Teilzeit oder modularisierten Varianten ergänzt werden, hier soll die Vereinbarkeit stärker berücksichtigt werden, das finden wir als GdP ausgesprochen gut. Auch, wenn der Dienstzweigwechsel im nächsten Jahr erst evaluiert werden soll, so halten wir bereits an dieser Stelle fest, dass auch die Inhalte und die Formen des Lernens in diesem Zusammenhang auf den Prüfstand müssen. Als Beispiel spiegelten uns die letzten Wechsler die WLAN-Ausstattung auf dem Campus und der Lernörtlichkeit (Turnhalle Büchenbeuren).

Fach- und Führungskarrieren fördern
Dass die Prüfung der rechtlichen Möglichkeiten zur Förderung von Fach- und Führungskarrieren erfolgen soll, begrüßen wir ausdrücklich. Aus unserer Sicht ist das ein wesentliches Element sowohl für die Attraktivität der Kriminalpolizei als auch die gesamte Polizei.

Insgesamt zeigt sich die GdP erfreut, dass der Minister sein Wort gegeben hat, alle Empfehlungen der Arbeitsgruppe zu betrachten. Wir werden ihn beim Wort nehmen!

Vorbemerkungen zu den angedachten organisatorischen Veränderungen
Die durch den Minister vorgestellten Überlegungen zu organisatorischen Veränderungen sind ein wesentlicher Grund für den außerordentlichen Landesdelegiertentag der GdP am 22.03.2023 in Leiwen. Zum einen steht die aktuelle Beschlusslage des Delegiertentages 2022 sämtlichen Organisationsüberlegungen entgegen und zum anderen haben wir im Rahmen der GdP vor Ort-Reihe der letzten Monate ein heterogenes Meinungsbild hierzu wahrgenommen. Die GdP ist nach ihrer Satzung sehr stark demokratisch ausgerichtet. Der Souverän sind die Mitglieder und ihre Delegierten, weil es um die Arbeits- und Lebensbedingungen unserer Mitglieder geht. Sie unmittelbar an den gewerkschaftlichen Haltungen teilhaben zu lassen, ist unser historischer und satzungsmäßiger Auftrag. Aus diesem Grund sollen die gewerkschaftlichen Positionen zu diesen weitreichenden Änderungen und die Erwartungshaltungen an das weitere Vorgehen auch durch die Mitglieder und die durch sie gewählten Delegierten bestimmt werden. Alle Bezirksgruppen haben neben ihren Delegierten bis zu 10 Gäste aus den betroffenen Bereichen benannt, welche dort umfassend mitdiskutieren können und werden. Alle Meinungen kommen zu Wort, werden diskutiert und abgewogen und münden in einen demokratischen Entscheidungsprozess. Kein Argument darf negiert werden. Wer hier von Partikularinteressen spricht, hat den Sinn einer Gewerkschaft nicht verstanden.

Herauslösung der Kriminalpolizei aus der Polizeiinspektion
Dem Statement des Ministers nach sollen „die Beschäftigten der Kriminalpolizei aus den örtlichen Polizeiinspektionen herausgelöst und bei der Einrichtung einer „Zentralen Anzeigenbearbeitung“ (auf Ebene Polizeipräsidium), eingesetzt bzw. in die regionalen Kriminalinspektionen eingegliedert werden. Dadurch erhofft man sich eine noch professionellere Kriminalitätsbekämpfung und eine schlagkräftigere regionale Kriminalinspektion, so der Minister.“
Das bewerten wir kritisch. Zumal „die Serviceleistungen einer Anzeigenerstattung vor Ort in einer Polizeidienststelle oder über die Onlinewache unberührt bleiben“ (S. 13) sollen. Die auf den Delegiertentag zu diskutierende Annahme ist, dass sich nicht unerhebliche Belastungen auf die Schutzpolizei und somit auch den WSD verlagern und sich die angedachten Änderungen wesentlich auf die Struktur der gesamten Polizeiinspektion auswirken könnten.
Um es mit den kollektiven Worten der Kolleginnen und Kollegen im Rahmen eines GdP-vor-Ort Termins bei einer KI in der Fläche zu sagen: „Wir haben einen guten Draht zu den Polizeiinspektionen und den K-Kolleginnen und Kollegen in der Fläche. Ich sehe das schon kritisch, weil uns dann vor Ort das Auge und Ohr fehlt und wir uns ernsthaft fragen, wie man unter diesen Umständen noch einen Zusammenhalt hinbekommen möchte.“

Dezentrales Kommissariat in der Fläche
Hierzu hat sich der Minister am Freitag nicht geäußert, in den Empfehlungen AG heißt es aber auf S. 15:
„Es können zukünftig regionale Kriminalkommissariate (KK) innerhalb ausgewählter Flächendirektionen eingerichtet werden. Die Auswahl der Standorte für die regionalen KK hat sich maßgeblich an den Kriterien Geografie, Flächenpräsenz sowie Verfügbarkeit von Personal und Räumlichkeiten zu orientieren. Zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit ist eine Stärke von mindestens sechs VZÄ K vorzusehen. Diese Organisationseinheiten sind als ranggleiche Kommissariate dislozierte Bestandteile der jeweiligen regionalen Kriminalinspektionen.“

Nach den von der AG empfohlenen Kriterien könnten bis zu sieben regionale Kriminalkommissariate eingerichtet werden.

Gut, dass hier insbesondere die Geografie eine Rolle spielt. Ein wichtiger Aspekt, der uns bei fast allen GdP-vor-Ort Terminen in der Fläche mit auf den Weg gegeben wurde. So können Anfahrtswege reduziert werden. Aufgrund dieser Option könnten die betroffenen Kolleginnen und Kollegen theoretisch räumlich in den Polizeiinspektionen verbleiben. Für Einsatzlagen, in denen die Polizeiinspektion bisher auf die „eigene“ Kriminalpolizei zurückgreifen konnte, wird allerdings künftig eine „Kräfteanforderung“ an die Kriminalinspektion zu stellen sein. Unterm Strich ist zu befürchten, dass durch die Kräftereduzierung bei der Polizeiinspektion in Teilen eine Mehrbelastung durch den Wechselschichtdienst und den verbliebenen Tagdienst zu kompensieren sein wird, weil die „bisher eigene“ Kriminalpolizei nun häufiger nicht mehr zur Verfügung steht. Auch hierzu ist das Meinungsbild in der Fläche kritisch und sehr heterogen. Die Berufsethik empfiehlt uns, die Kriminalitätsbekämpfung auch vor dem Hintergrund der Kriminalitätsfurcht zu betrachten, also das Sicherheitsbedürfnis und das Sicherheitsverlangen der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Es liegt in der Natur der Sache, dass in einem Flächenland, wie Rheinland-Pfalz es ist, mit all den kulturellen Unterschiedlichkeiten und der Vielfalt, die uns auszeichnet, die Menschen in unserem Land Kriminalitätsfurcht unterschiedlich empfinden. Wir hoffen, dass dieser Aspekt bei der Entscheidung ausreichend berücksichtig wurde. Landeschefin Sabrina Kunz hat in ihrer Ansprache im Rahmen des Forums im November Minister Ebling deutlich darauf hingewiesen.
Der für die Schutzpolizei zuständige Landesvize Ingo Schütte:
„Ich befürchte eine aufkommende „Zuständigkeitsdiskussion“ (Polizeiinspektion oder Kriminalinspektion), die in keinem Fall zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger gehen darf und das Potential haben kann, das Klima in den Dienststellen zu verändern.“

Zusätzliches Personal für die Regionalen Kriminalinspektionen finden wir natürlich positiv. Dass das Personal durch ein Verschieben von der Polizeiinspektion kommt, wirft fachliche Fragen auf. Ja, die digitale Kriminalität steigt und die Frage des Tatortes spielt häufiger eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist die Kriminalpolizei der Polizeiinspektion, integriert in die örtliche Sicherheitsarchitektur, ein kompetenter Player im Rahmen einer qualitativen örtlichen Kriminalitätsbekämpfung für die Bürgerinnen und Bürger. Ob dies durch das entsprechende Kommissariat auf Ebene der Regionalen Kriminalinspektion aufgefangen werden kann, wird sich zeigen.

Dass in den Kriminaldiensten z.T. nur noch wenige Kolleginnen und Kollegen Dienst machen und damit nur bedingt schlagkräftig sind, hängt kausal wesentlich mit der Personalnot auf den Dienststellen zusammen. Auch dies wurde uns deutlich im Rahmen der GdP-vor-Ort-Termine gespiegelt.

Nicht zuletzt wurde an uns deutlich herangetragen, dass durch diese Maßnahme die Befürchtung besteht, dass sich das generelle Attraktivitätsproblem für einen Wechsel von der Schutz- zur Kriminalpolizei weiter verschärfen könnte. Auch dies wird wir im Rahmen des außerordentlichen Delegiertentages zu diskutieren sein.

Zentrale Anzeigenbearbeitung (ZAb)
Laut Minister ist das Kernstück der Reform „die Einrichtung einer zentralen Anzeigenbearbeitung (ZAb) je Polizeipräsidium für einfach gelagerte Delikte. Durch dadurch verbundene Prozessoptimierung und Bearbeitungsstandards, die mit der Justiz abgestimmt werden sollen, soll es gelingen, Ressourcen bei Schutz- und Kriminalpolizei noch zielgerichteter einzusetzen.“

Wie oben beschrieben, ist geplant u.a. einen Teil der aus den Polizeiinspektionen herausgelösten Kriminalbeamtinnen und –beamte hierfür einzusetzen.

Die Einrichtung einer Organisationseinheit mit dem Schwerpunkt Massenkriminalität ist eine zentrale Forderung des GdP-Positionspapiers „Stärkung und Weiterentwicklung der Kriminalitätsbekämpfung“ und wird aus Gründen der geringen Personalressourcen ausdrücklich begrüßt. Dennoch vertreten wir die fachliche Auffassung, dass Prozessoptimierungen vor einer Organisationsveränderung stattfinden sollten, um den Benefit möglichst groß und die Auswirkungen auf die Beschäftigten möglichst gering zu gestalten.

Damit aufgrund der Zentralisierung die Wege für die Bürgerinnen und Bürger nicht zwangsläufig länger werden, soll hier verstärkt mit digitalen Werkzeugen und attraktiven und neuen Arbeitsformen gearbeitet werden. Was das konkret bedeutet, bleibt abzuwarten.

Welche Fälle oder wie viele Fälle hier konkret bearbeitet werden sollen, ist bislang nicht klar. Die Deliktsgruppen müssen noch beschrieben werden. Etwa ein Drittel des jährlichen Straftatenaufkommens soll mit einem hälftigen Personaleinsatz Schutz- und Kriminalpolizei bearbeitet werden. Nach Einschätzung der GdP dürften sich hier insbesondere Fälle der Online-Wache, bzw. aus dem bisherigen Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion wiederfinden. Laut der Veröffentlichung „Befunde und Empfehlungen der AG Kriminalitätsbekämpfung“ hat man dazu die Personalbedarfsberechnung auf Grundlage der Erfahrung anderer Bundesländer ermittelt und kommt auf insgesamt 87,75 VZÄ (Tarifbeschäftigte und Beamtinnen und Beamte).

Unsere Überlegungen zur personellen Hinterlegung gehen aus voller Überzeugung jedoch weiter. Das Positionspapier der GdP zur Stärkung und Weiterentwicklung der Kriminalitätsbekämpfung fordert aufgrund der drastischen Befunde ein Sofortprogramm „Sachbearbeitende“ mit 100 Stellen Tarif- und Verwaltung. Nach entsprechender Standardisierung der Sachbearbeitung drängt sich hier der Einsatz von Tarif- und Verwaltungsbeschäftigten auf.
Dass es nun gelingt, mit attraktiven neuen Arbeitsformen die aus den Polizeiinspektionen „herausgelösten“ Fachkräfte - mit bisher eher breitem Tätigkeitsfeld (Sachbearbeitung, Außentätigkeiten, Einsatzunterstützungen, persönliche Kommunikation mit Bürgerkontakt, politische Netzwerkarbeit, usw.) - „kompetenzorientiert“ in der ZAb einzusetzen, bleibt insofern abzuwarten.

Deshalb erneuern wir unsere Empfehlung, im Rahmen einer „lernenden Organisationsentwicklung“ mehrere ernstgemeinte Piloten aufzusetzen, eine Prozessbegleitung sowie begleitende Wirksamkeitsanalyse und dabei Anpassungen im Verfahren zu ermöglichen. Die Gründe, bislang darauf zu verzichten, überzeugen uns fachlich nicht. Aus diesem Grund werden wir auch dies im Rahmen des Delegiertentages diskutieren.

Auswirkungen bei den Kriminalinspektionen
Durch die Angliederung, bzw. Integration der Kriminalbeamtinnen und –beamten aus den Polizeiinspektionen werden die Regionalen Kriminalinspektionen personell gestärkt. Hier soll sich die Anzahl der Kommissariate von 7 auf 5, bzw. 4 reduzieren, gleichzeitig sollen „Arbeitsbereiche“ installiert werden. I.d.R. hat eine Regionale Kriminalinspektion für 7 Kommissariaten 14 Funktionsstellen (plus herausgehobene Sachbearbeitung z.B. „SB-Umweltkriminalität“).

Zusätzliches Personal ist natürlich gut. Ob die Zusammenlegung der bisherigen Kommissariate so passt, muss nach unserer Auffassung nochmals betrachtet werden. Wie viele Funktionsstellen und in welcher Qualität am Standort der bisherigen Regionalen Kriminalinspektion verbleiben, ist noch nicht klar und zudem abhängig vom Standort.

Eine Aufwertung erfährt der Standort am Sitz des Polizeipräsidiums durch die Kriminaldirektion mit den drei neuen Kriminalinspektionen „Deliktsorientierung“, „Täterorientierung“ und die präsidialweit zuständige Kriminalinspektion „Ermittlungsunterstützung“.

Die Säule der „Ermittlungsunterstützung“ wird als positiv bewertet. Die Aufteilung der Kommissariate am Standort der KD müssen nach unserer Bewertung aber unbedingt nochmals betrachtet werden. Beispielsweise dürfte ein künftiger „Arbeitsbereich Finanzermittlungen“ in einem Kommissariat 15 der Bedeutung und der Perspektive dieses Themas nicht gerecht werden.

Am Standort des Präsidiums wird letztendlich mit vermutlich mehr Personal und einer höheren Qualität und Quantität an Funktionsstellen der Zentralisierungsgedanke unterstrichen und sich wahrscheinlich zudem eine „Sogwirkung“ für Personal aus der Fläche entfalten.

Unter Hochdruck haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe seit Ende 2021 Empfehlungen zur Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung erarbeitet, fast alle im Nebenamt. Dafür danken wir und geben diesen Dank auch stellvertretend für alle, die dort tatkräftigt mitgewirkt haben, an den Leiter der Arbeitsgruppe, LKA-Präsident a.D. Johannes Kunz und den stellvertretenden Leiter der Arbeitsgruppe, Inspekteur Friedel Durben, weiter.

Die Bewertung von Sven Hummel, zuständig im Landesvorstand für die kriminalpolizeilichen Themen:
„Verbesserungen sind dringend notwendig. Eine Änderung der Sicherheitsarchitektur bietet Chancen, beinhaltet aber auch gerade hier unkalkulierbare Risiken, weshalb der Prozess unbedingt professionell begleitet werden muss! Ob es gelingt die Polizei effektiver, effizienter und flexibler aufzustellen und dabei die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz nicht zu vernachlässigen, wird sich zeigen. Es ist aber unsere Kernaufgabe als GdP, uns um die konkreten Arbeitsbedingungen von euch zu kümmern, das werden wir tun.“