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Konrad Freiberg zu BKA-Gesetz in "Berliner Zeitung"

Freiberg: Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten wird nicht verletzt

Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten wäre nur dann verletzt, wenn die Polizei den Verfassungsschutz einsetzen könnte oder der Verfassungsschutz polizeiliche Befugnisse erhalte. Dies sei aber nicht der Fall, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg der Berliner Zeitung. Verteter der Unionsfraktion, Die Linke, Grüne und FDP werfen Bundesinnenmister Dr. Wolfgang Schäuble und Justizmisterin Brigitte Zypries vor, im neuen BKA-Gesetz das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten aufzuweichen.

Lesen Sie hier den Originaltext aus der Berliner Zeitung vom 23. April 2008:


Rechtsstaat gegen Überwachungsstaat
Die Kritik an der geplanten Novelle des BKA-Gesetzes nimmt zu. Innenminister Schäuble weist die Vorwürfe zurück

von Katja Tichomirowa und Tobias Betz

BERLIN. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich gegen Vorwürfe der SPD und der Linken verwahrt, die geplante Novelle des Bundeskriminalamtsgesetzes zur Gefahrenabwehr bei terroristischen Bedrohungen schränke die Freiheitsrechte ein und sei nicht verfassungskonform. "Ich lege an die verfassungsrechtliche Qualität von Gesetzen sehr hohe Anforderungen", erklärte Schäuble der Leipziger Volkszeitung. Es sei auch im juristischen Sinn verleumderisch zu behaupten, er habe serienweise Gesetze vorgelegt, die vom Verfassungsgericht kassiert worden seien.

"Tabubruch vor der Verfassung"

Kritisiert wird der Gesetzentwurf indes auch in der Unionsfraktion. Unschuldige Staatsbürger würden nicht ausreichend vor Ausspähungen geschützt, sagte der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der CDU, Norbert Röttgen gestern in Berlin.

Der rechtspolitische Sprecher der Linken, Wolfgang Neskovic, erneuerte die Kritik seiner Partei an der geplanten Ausweitung der Befugnisse des BKA. Sie sei ein "Tabubruch" vor der Verfassung, sagte Neskovic gestern der Berliner Zeitung. Bisher habe es bei der Trennung von Polizei und Geheimdienst einen Konsens in der Politik gegeben. Dieser werde nun von der Regierung gnadenlos fallengelassen, so Neskovic. Über die Terrorismusbekämpfung werde mit dem BKA eine zentrale Polizeistelle mit operativen Befugnissen geschaffen. "Eine zentrale Polizeimacht wollten die Verfassungsväter in Deutschland aber verhindern", sagte Neskovic. Eine politische Kontrolle des BKA durch das Parlamentarische Kontrollgremium hält der Politiker für schwierig. Das sei nur sinnvoll, wenn die Kontrollmechanismen des Gremiums reformiert würden, sagte Neskovic.

Auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland, sieht in dem geplanten Spähangriff "noch eine Steigerung des Lauschangriffs". "Das BKA verfügt damit über das Instrumentarium eines Geheimdienstes. Es darf praktisch alles, was die Landeskriminalämter bislang nur in absoluten Ausnahmefällen durften." Der Entwurf in der jetzt vorliegenden Fassung hebele das bewährte Prinzip von "checks and balances" auf, das durch die Länderhoheit über die polizeiliche Ermittlungsarbeit garantiert gewesen sei, erklärte Wieland der Berliner Zeitung.

Ebenso werde die Trennung zwischen polizeilicher und nachrichtendienstlicher Ermittlungsarbeit aufgeweicht, kritisierte er. "So wie der Entwurf jetzt vorliegt, kann er nicht durchgehen", forderte der Grünen-Sprecher. Die Ausweitung der Befugnisse des BKA sei ebenso gefährlich wie überflüssig. "In den sieben Jahren seit dem 11. September haben wir mit dem vorhandenen Instrumentarium erfolgreich gearbeitet", erklärte Wieland.

Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, sagte der Berliner Zeitung, sie halte es für "sehr bemerkenswert, dass sich die Justizministerin offenbar nicht mit ihrer eigenen Fraktion abgesprochen hat". In der SPD-Fraktion gebe es hierzu noch erheblichen Klärungsbedarf. Deshalb gehe sie davon aus, "dass der jetzt vorliegende Referentenentwurf die Debatte erst eröffnen wird". Eines sei jedoch deutlich, so Leutheusser-Schnarrenberger, "das Bundeskriminalamt wäre nach der geplanten Gesetzesänderung ein anderes Amt". Die Erweiterung seiner Befugnisse mache aus dem BKA "eine Behörde, die eine Kompetenz hat, heimlich zu beobachten, ohne auch wirklich schon konkrete Anhaltspunkte für Gefahren zu haben". Damit wären auch unbeteiligte Bürger betroffen. "Die FDP teilt die Kritik des Deutschen Richterbundes, der in der geplanten Gesetzesänderung eine inakzeptable Zurückdrängung der staatsanwaltschaftlichen Funktionen sieht", sagte die Politikerin. Ob die FDP eine Verfassungsbeschwerde gegen die Novelle des BKA-Gesetzes erwägt, ließ Leutheusser-Schnarrenberger offen. "Bislang liegt uns nur ein Referentenentwurf vor. Das Gesetzgebungsverfahren im Bundestag wurde noch nicht einmal eröffnet." Erst danach werde man entscheiden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies die Kritik am BKA-Gesetz zurück. Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten wäre nur dann verletzt, wenn die Polizei den Verfassungsschutz einsetzen könnte oder der Verfassungsschutz polizeiliche Befugnisse erhalte. Dies sei aber nicht der Fall, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg. "Das Trennungsgebot halte ich aufgrund unserer Geschichte weiterhin für richtig." Es dürfe aber nicht so weit gehen, dass es einen Informationsaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten verhindere. Schließlich befinde sich Deutschland seit dem 11. September in einer neuen Gefahrenlage, so Freiberg.

Die Kontrolle des BKA hält er für ausreichend. "Das BKA wird täglich von der Justiz kontrolliert, das ist etwas anderes als das Parlamentarische Kontrollgremium."

Beobachten oder eingreifen

Auch Rechtsexperten zeigten sich skeptisch, ob das Trennungsgebot verletzt werde. "Ich glaube nicht, dass das BKA in die Sphäre der Nachrichtendienste übergreift", sagte der Bielefelder Verfassungsrechtler Christoph Gusy der Berliner Zeitung. Das BKA erhalte nun zwar Befugnisse, die traditionell den Nachrichtendiensten zugerechnet werden, nicht aber deren Aufgaben.

Früher hätte dies ausgereicht, um von einer Verletzung des Trennungsgebotes zu sprechen. In den letzten 30 Jahren habe sich aber die Lesart im Verfassungsrecht geändert. Entscheidend seien nun die Aufgaben, nicht die Methoden. Das BKA kann aber auch nach dem neuen Gesetz, anders als die Polizei, weder im Vorfeld aufklären noch bei legalen Handlungen tätig werden.

Grundsätzlich gelte weiterhin: "Der Verfassungsschutz darf viel beobachten, kann mit seinen Informationen aber relativ wenig anfangen. Die Polizei darf weniger beobachten, kann mit ihren Informationen aber wesentlich mehr anfangen", sagte Gusy.
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