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BePo-Fachtagung der Gewerkschaft der Polizei

Murr: Auch an Bereitschaftspolizei denken, wenn keine Steine fliegen

GdP-Einsatzexperte Clemens Murr, Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstands, im Gespräch mit BePo-Inspekteur Andreas Backhof (r.). Foto: GdP/Hagen Immel
GdP-Einsatzexperte Clemens Murr, Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstands, im Gespräch mit BePo-Inspekteur Andreas Backhof (r.). Foto: GdP/Hagen Immel
Berlin.

Die Bewältigung von Großlagen sei Kernaufgabe einer starken Bereitschaftspolizei, betonte das für die Bereitschaftspolizei zuständige Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstands, Clemens Murr. Der GdP-Einsatzexperte verwies in seinem Impulsreferat auf die „erschreckend vielen Demonstrationen mit gewaltsamen Verlauf“, die die Bereitschaftspolizeien hierzulande bewältigen müssten. Murr forderte klare Bekenntnisse der gesamten Politik und quer durch alle Parteien zur Polizei. „Wir brauchen aber ein ebenso klares Bekenntnis zu unseren rund 16.000 Bereitschaftspolizistinnen und -polizisten in den Geschlossenen Einheiten. Dies fehlt mir zuweilen völlig!“ Es sei nicht in Ordnung, nur dann an die Bereitschaftspolizeien zu denken, wenn mal wieder Steine und Molotowcocktails auf die Kräfte geworfen wurden oder „unsere Fahrzeuge im Gewaltrausch wieder brennen“.

Weitere BePo-Brennpunkte im GdP-Themenheft "Bereitschaftspolizei - Grundlagen, Herausforderungen und Perspektiven"

Foto GdP/Hagen Immel
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Alleine in den Jahren 2004 bis 2017 verzeichnete die Polizei Murr zufolge einen Anstieg von 500 Prozent an länderübergreifenden Einsätzen. Und dies bei praktisch gleichbleibender Einsatzkräftezahl – zumindest auf dem Papier. Kaum irgendwo entspreche der Personalstand auf dem Papier dem tatsächlichen.

Die Kräfte der Bereitschaftspolizei würden nur allzu gerne dazu verwendet, um beispielsweise personelle Lücken anderer Polizeiverbände auszugleichen oder zumindest zu mildern. „Die Unterstützungsanforderungen der Landespolizeien an die BePo aufgrund der allgemeinen Kriminalitätslage und besonderen Einsatzlagen reißen nicht ab, im Gegenteil das nimmt zum Teil noch erheblich zu“, betonte Murr. Herauszuheben seien als Beispiele der seit Dezember 2016 durchgängig zu gewährleistende Dienst der Bayerischen Bereitschaftspolizei zur Unterstützung der Bundespolizei bei den Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze und die zeitweise Unterstützung der Justiz in Nordrhein-Westfalens Justizvollzugsanstalten durch BePo-Kräfte wegen akuten Personalmangels in diesem Bereich.

„Um auch künftig Demonstrationslagen einerseits in den Bundesländern, aber auch länderübergreifend, noch einigermaßen bewältigen zu können, fordern wir als Gewerkschaft seit Langem das uneingeschränkte Erfüllen des in bestehenden Verträgen festgelegten Personalstandes bei unseren (29) Bereitschaftspolizeiabteilungen, (108) Hundertschaften, (288) Zugtrupps, (874) Gruppen, (64) Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten und (30) Technischen Einsatzeinheiten (plus 2 Züge). Wir fordern die einsatztaktische Mindeststärke von 123 Kräften in einheitlicher Gliederung."

Stehende Einsatzeinheiten der Bereitschaftspolizeien zugunsten von Aufrufeinheiten wie Alarmhundertschaften oder Alarmeinheiten der Landespolizeien zu reduzieren, lehne die GdP strikt ab. Das gelte ebenso für die Vermischung solcher Einheiten im Einsatz.

Mehr Geld für die BePo

Foto: GdP/Hagen Immel
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Neben der Diskussionen über mehr Personal dürfe die Ausstattung der Bereitschaftspolizei mit notwendigen und modernen Führungs- und Einsatzmitteln nicht übersehen werden.

Gemäß Paragraf 8 des Verwaltungsabkommens (BRAS 140.1) beschaffe der Bund generell auf seine Kosten Führungs- und Einsatzmittel für die Bereitschaftspolizeien der Länder im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung sei unmissverständlich vereinbart worden, dass die Bundesregierung „gut qualifizierte und ausgestattete Bereitschaftspolizeien vorhalten will“.

Erstaunlicherweise seien Haushaltsmittel für die Bereitschaftspolizeien im Zeitraum von 2010 bis 2015 im Soll um 1,5 Millionen Euro auf jährlich rund 14 Millionen Euro gekürzt worden. Damit hätten die Mittel sogar noch unter dem Stand von 2007 gelegen.

Murr: „Wir haben uns deshalb bereits im Juli 2015 schriftlich an die Vorsitzenden des Innen- und Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages gewendet und dies in aller Deutlichkeit moniert.

Der GdP-Einsatzexperte rechnete vor, wofür die Bereitschaftspolizeien das Geld benötigten: „Wir haben beispielsweise den Bestand unserer Wasserwerfer bei einem Stückpreis von 1,2 Millionen Euro erneuert und sollten die für den geschlossenen Einsatz unverzichtbare leichte und schwere Körperschutzausstattung auf einen aktuellen Stand bringen.“ Unabdingbar sei mit Blick auf die anhaltende terroristische Bedrohungslage der Bedarf an einer modularen Körperschutzausstattung mit zusätzlich einsetzbarem ballistischem Schutz. Die Bereitschaftspolizeien seien zwar grundsätzlich zur Intervention in der ersten Phase von terroristischen Ereignissen befähigt, dafür flächendeckend jedoch nicht ausgestattet.

Sein Fazit ist ernüchternd. Trotz der Erhöhung der Haushaltsmittel –20 Millionen Euro für den regulären Haushalt plus 16 Millionen Euro für Sonderfahrzeuge für den Etat des IBP – reicht das Geld bei Weitem nicht aus, bilanziert Murr. „Der Investitionsstau bei der Bereitschaftspolizei ist unseres Erachtens immens und beträgt unseren Schätzungen nach mindestens 100 Millionen Euro.“ Der Etat des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien sei dagegen nach wie vor deutlich unterfinanziert.

Der GdP-Einsatzexperte appellierte an die politischen Entscheider, die bestmögliche Sachausstattung für die Bereitschaftspolizeien anzuschaffen. Zudem müsse der Etat des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien deutlich erhöht werden. „Dauerhaft 50 Millionen Euro, das ist eine Summe, mit der wir arbeiten können.“

Freizeit ist Freizeit nur dann, wenn ich selbstbestimmt darüber befinden kann

Foto: GdP/Hagen Immel
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Murr hob hervor, dass in sieben Ländern generell geregelt sei,, wie die Stundenvergütung bei mehrtägigen Einsätzen ohne Rückkehr an den Heimatstandort zu erfolgen habe: nämlich 1 zu 1. Andere, wenige Länder hätten sich zumindest situativ, zum Beispiel anlässlich des vergangenen G7-Gipfels in Elmau, diese Regelung zu Eigen gemacht.

Der Gewerkschafter kritisierte jedoch scharf, dass bei vielen anderen Ländern ein wahres Stundenschreibungschaos mit individuellen mehr oder weniger glücklichen Ergebnissen zu erleben sei. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum dieselbe Arbeitsleistung an demselben Ort und zur selben Zeit zeitlich unterschiedlich vergütet werden soll. Jede Kollegin und jeder Kollege, die zum sicheren Gelingen von Ereignissen wie G7, G20 oder jedwedem mehrtägigem Einsatzgeschehen beiträgt, muss in dieser Zeit gleichermaßen auf seine oder ihre Familien und Freunde oder gewohnten Aktivitäten zu Hause verzichten.“

Freizeit sei nur dann Freizeit, wenn man selbstbestimmt darüber befinden könne, wann, wo und mit wem sie verbracht würde. Dies sei weder bei den benannten, noch sie dies bei jedwedem Einsatz der genannten Art in der Zukunft möglich. „Somit ist die derart abgeleistete Zeit auch voll in Stunden zu vergüten“, forderte der Gewerkschafter.

Immens wichtige Ausbildung
Verbesserungspotenziale sah Murr weiterhin bei den sogenannten Verweilzeiten. „Erfahrung, Übung, professionelle Gelassenheit und kommunikative Deeskalation können regelmäßig erst nach einer längeren Verweildauer in der Bereitschaftspolizei erreicht werden.“ Zwar gebe es durchaus interessante, verschiedene Ansätze in den Ländern, doch „was wir brauchen sind klare Regelungen über den Mindestverbleib.“ Eine Mindestverweildauer von drei (so steht es in den Verwaltungsabkommen aller Länder) oder mehr Jahren sollte laut Murr angestrebt werden. Nur so erscheine es möglich, einen dauerhaft professionellen Standard zu sichern. Bei Spezialkräften wie Beweissicherung und Festnahmekräften solle aufgrund aufwändiger Ausbildungszeiten und -kosten eine noch längere Verweildauer bis zu fünf Jahre ermöglicht werden.

Nur die stehenden Einsatzeinheiten der Bereitschaftspolizei in Bund und den Ländern böten durch Einheitlichkeit, Kompatibilität und Homogenität in Stärke, Gliederung, Organisation, Ausbildungsstand, taktischem Vorgehen und Mittelausstattung die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung im geschlossenen Einsatz, bekräftigte er.

Murr: „Die Bereitschaftspolizei: Das war und ist ein wichtiger Garant der inneren Sicherheit, und wir wollen, dass es auch in der Zukunft so bleibt!“
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