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06.07.2012

Bundesweites Seminar der JUNGEN GRUPPE (GdP) in Saarbrücken voller Erfolg

Punktlandung zum Thema Eigensicherung

„Eigensicherung ist kein Zufall“ - Saarbrücken 22.-24.06.2012

„Die JUNGE GRUPPE Saarland hat ja bereits im Winter 2010 gemeinsam mit Volker Martin von der EWTO ein Tagesseminar zum Thema Zugriffstraining durchgeführt, das aufgrund der hohen Resonanz wiederholt wurde. Dass unsere Idee, das Ganze richtig groß aufzuziehen so einschlagen würde, hätten wir trotzdem nicht zu hoffen gewagt“, so Esther Schneider, stellvertretende Landesjugendvorsitzende im Saarland und hauptverantwortliche Organisatorin der Veranstaltung. Nach dem Erfolg des Seminars im letzten Jahr war die Idee geboren worden, gemeinsam mit den Landesverbänden Hessen und Rheinland-Pfalz ein bundesweites Seminar über ein ganzes Wochenende anzubieten. Die EWTO (Europäische WingTsun Organisation) hatte ihre Zusammenarbeit angeboten und auf Grund der bereits positiven Erfahrungen im Saarland wurde dieses Angebot gerne angenommen. Auf Grund dieser Kooperation war dieses Großereignis überhaupt erst zu stemmen. Insgesamt 16 namhafte Referenten der EWTO bereiteten die Themenbereiche „Selbstschutz in der Annäherungsphase“, „Annäherung, Zugriff und Fixierung in der Bodenlage“, „Waffenhandling, Waffenschutz“, „Einsatz von Polizeischlagstöcken“ sowie „Zugriff am und im Pkw“ für das Seminar vor und stimmten die unterschiedlichen Einheiten aufeinander ab. Die Seminarteilnehmer hatten durch das Rotationsprinzip somit die Möglichkeit, alle Themenbereiche während den drei Seminartagen zu besuchen. Die Teilnehmer, die sich aus den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern der Polizei, Justiz, Zoll und Ordnungsamt zusammensetzten, waren begeistert und interessiert bei der Sache. Von dem Austausch eigener Erfahrungen innerhalb der Trainingseinheiten untereinander konnten die Teilnehmer zusätzlich profitieren.

„Viele unserer Referenten sind oder waren Polizeibeamte, die genau wissen, worum es geht. Uns war es sehr wichtig, nicht einfach einzelne Techniken zu zeigen, sondern den Teilnehmern ein schnörkelfreies Programm zu bieten, das auf den Prinzipien des WingTsun basiert, jedoch auf die speziellen Bedürfnisse des Teilnehmerkreises abgestimmt ist. Jeder Polizeibeamte, egal in welcher Funktion er tätig ist, soll das Gezeigte im Dienst verwenden und so gefährliche Situationen mit unserem Gegenüber besser bewältigen können. Daher haben wir auch großen Wert darauf gelegt, dass jeder Teilnehmer seine Verwendung als Polizei-, Zoll- oder Justizbeamter nachweist“, so Sifu Volker Martin, Polizeibeamter im Saarland und EWTO-WingTsun-Schulleiter, der sich für die inhaltliche Ausgestaltung des Seminars gemeinsam mit Großmeister Keith R. Kernspecht von der EWTO verantwortlich zeigte.

„Wir sind froh, dass den Teilnehmern klar ist, dass hier keine klassische Kampfkunst bzw. kein klassischer Kampfsport im Vordergrund steht, sondern das polizeispezifische Training, das wichtig ist, damit jeder von unseren Kollegen am Abend nach dem Dienst unverletzt nach Hause geht. Wir hatten viele Teilnehmer aus anderen Kampfsportverbänden hier, sogar einen ehemaligen Ju-Jutsu-Europameister, der offen für alles ist, was ihm im täglichen Konflikt mit dem polizeilichen Gegenüber weiterhilft“, freute sich Esther Schneider vom Orga-Team, selbst Trägerin des 1. Dan Ju-Jutsu. So sind auch viele Kollegen ins Saarland gekommen, die in anderen Bundesländern selbst als Einsatztrainer tätig sind, um sich selbst fortzubilden und neue Ideen für das eigene polizeiliche Aus- und Fortbildungsprogramm zu sammeln.

Die 150 Teilnehmer und Teilnehmerinnen zum gemeinsamen Gruppenfoto - Foto: JG


In Zeiten, in denen die zunehmende Gewalt gegenüber Polizeibeamten nicht zuletzt aufgrund der durch die vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) durchgeführten Studie zum Thema immer häufiger öffentlich thematisiert wird, zeigt die Resonanz auf die Veranstaltung, wie sehr das Thema nicht nur die betroffenen Beamten beschäftigt, sondern auch Führungskräfte und die verantwortlichen Politiker. So waren neben der Schirmherrin der Veranstaltung, der Ministerin für Inneres und Sport des Saarlandes, Monika Bachmann, mit Günter Waluga, Mitglied der SPD-Fraktion und Sprecher des Innenausschusses und Ruth Meyer, Mitglied der CDU-Landtagsfraktion und ebenfalls Mitglied des Innenausschusses, zwei Vertreter der regierenden Parteien des Saarlandes gekommen, um der theamtisch wertvollen Veranstaltung beizuwohnen. Aus Mainz extra angereist war Michael Hüttner, polizeipolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz, um sein Lob auszusprechen. Auch Wolfgang Klein, Leiter der Abteilung D, zuständig für Polizeiangelegenheiten im Ministerium für Inneres und Sport des Saarlandes, sowie Führungskräfte der saarländischen Polizei waren selbstverständlich anwesend. Als Vertreter der Führung des neuen Landespolizeipräsidiums war Hugo Müller, der Landespolizeivizepräsident und gleichzeitig stellvertretender Bundesvorsitzender der GdP, anwesend. Bedauerlicherweise konnte jedoch kein Vertreter der polizeilichen Aus- und Fortbildung der Fachhochschule für Verwaltung des Saarlandes, in deren Verantwortungsbereich das Themengebiet des Seminars fällt, begrüßt werden.

In ihrem Grußwort betonte Ministerin Bachmann, dass es für sie kurz nach der Amtsübernahme eine Ehrensache gewesen sei, die Schirmherrschaft von ihrem Vorgänger Stephan Toscani zu übernehmen. Sie bewundere die Bereitschaft der Teilnehmer aus ganz Deutschland, in Zeiten steigender Arbeitsbelastung ein Wochenende zu „opfern“, um sich persönlich in Theorie und Praxis weiterzubilden. Dies sei ein deutliches Zeichen. Nach dem Ausfall der Mikrofonanlage zeigte Monika Bachmann spontan, dass sie das, was sie zu sagen hat, sehr wohl auch ohne technische Unterstützung „an den Mann“ bringen kann: mit lautstarker Stimme lobte sie ausdrücklich das Engagement der JUNGE GRUPPE (GdP) im Bereich der Selbstverteidigung und des Einsatztrainings: „Wir tun alles, um das Gefahrenbewusstsein unserer Polizisten zu stärken und statten sie materiell aus, wie z.B. mit persönlichen ballistischen Westen. Uns freut es sehr, wenn wir sehen, dass auch ein persönliches Interesse von Ihrer Seite besteht, sich fortzubilden. Unser Maßnahmenpaket mag schon gut aufgestellt sein, aber wir wissen auch, dass es noch nicht gut genug ist, und werden weiter daran arbeiten. Danke, dass Sie alle diesen Beruf gewählt haben und sich für die Sicherheit unserer Bürger einsetzen“, so die Ministerin. Zum Ende ihrer Rede wandte Monika Bachmann sich an Wolfgang Klein und Hugo Müller „Diese JUNGE GRUPPE müssen wir weiter unterstützen – das ist unsere Zukunft!“

Sabrina Kunz, Bundesvorsitzende der JUNGE GRUPPE, zollte in ihrer kurzen Ansprache den Bundesländern Respekt, die ihren Teilnehmern teilweise nicht nur Bildungsurlaub gewährten, sondern sie sogar im Dienst offiziell mit Dienstfahrzeug entsandt hatten – dies zeige den Stellenwert des Seminars und zeuge von dem richtigen Riecher der Veranstalter, zum jetzigen Zeitpunkt ein solches Seminar zu organisieren. Auch das von ihr verlesene Grußwort das GdP-Bundesvorsitzenden Bernard Witthaut, der bedauerte, aufgrund einer Terminüberschneidung nicht persönlich anwesend sein zu können, spiegelte dies wider: „Dieses Seminar ist eine Punktlandung zum Thema Eigensicherung - genau zum richtigen Zeitpunkt und zum richtigen Thema!“

Prof. Dr. Keith R. Kernspecht bei der Erläuterung im Workshop. - Foto: JG


Gewohnt leidenschaftlich sprach im Anschluss Hugo Müller, Landespolizeivizepräsident des Saarlandes, ehemaliger Landesvorsitzender der GdP Saarland und stellvertretender Bundesvorsitzender über eines der Themen, das ihm besonders am Herzen liegt: Es sei ein Unding, dass Delikte wie „Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte“ durch die Staatsanwaltschaft eingestellt würden. Wer die Hand gegen einen Polizeibeamten hebe, müsse mit einer hohen Strafe rechnen. Ein Polizist, der seinen Dienst ordnungsgemäß verrichte, dürfe einen Anspruch darauf haben, nicht verprügelt zu werden. Vor diesem Hintergrund stellen das allgemeine und besondere Engagement in Bezug auf dieses Seminar einen besonderen Zugewinn dar, den er ausdrücklich begrüße und unterstütze. Die Steigerung der eigenen Wehrfähigkeit durch Ausbildung im körperlichen Bereich wie auch die Steigerung von psychologischen Fähigkeiten und die Entwicklung der Sprachkompetenz spiele hier eine besondere Rolle. Hugo Müller zeigte sich in seiner Rolle als stellvertretender Bundesvorsitzender und ehemaliger Vorsitzender der GdP Saarland besonders stolz, dass das bisher größte Seminar der JUNGE GRUPPE (GdP) Bund ausgerechnet im Saarland stattfindet.

Zum Schluss begrüßte auch Dr. Oliver König von der EWTO die geladenen Gäste und Teilnehmer. Er zeigte sich erfreut über den großen Zuspruch aus dem gesamten Bundesgebiet. Nachdem die EWTO in den vergangenen Jahren bereits mehrfach mit verschiedenen Polizeibehörden und –einheiten Lehrgänge und Seminare durchgeführt hatte, freute sich Dr. König nun auch über die Zusammenarbeit mit Deutschlands größter Polizeigewerkschaft.

Bevor die Teilnehmer unter der Leitung von Großmeister Prof. Dr. Keith R. Kernspecht, 10. Großmeistergrad (Gründer und Leiter der EWTO) in den praktischen Teil starten konnten, hatten die Organisatoren einen besonderen Programmpunkt geplant. Der renommierte Kriminalpsychologe und Buchautor Dr. Uwe Füllgrabe hielt den Impulsvortrag „Psychologie der Eigensicherung“. Hier betonte er, welche Rolle die psychologische Vorbereitung auf Krisensituationen spielt. Nicht allein die körperliche Vorbereitung sei hier von Bedeutung: „Kampfsport ist eine Sache, aber es geht auch um die Psychologie, die Umsetzung. Realitätstraining liegt mir sehr am Herzen und ist von besonderer Bedeutung für zukunftsfähige Polizeibeamte'“. So zeigte er in eindrucksvollen Videobeispielen, welche Konsequenzen es haben kann, gedanklich nicht vorbereitet zu sein und nicht die Kontrolle über eine Situation zu innezuhaben.

Der Autor von angesehenen Büchern wie „Kriminalpsychologie - Täter und Opfer im Spiel des Lebens“, „Psychologie der Eigensicherung- Überleben ist kein Zufall“ und Aufsätzen zu Themen wie „Mentales Judo“ oder „Psychologische Prinzipien der Eigensicherung“, die er auf seiner Internetseite Interessierten zur Verfügung stellt, referierte so in Vorbereitung auf das folgende Training über die Themenfelder „suicide by cop“ und Krisenbewältigung durch eine Verbesserung des Gefahrenradars, die Entwicklung eines psychologischen Immunsystems und den Einsatz der „Tit for Tat-Strategie“.

„Für mich ist es etwas sehr Besonderes, heute wieder in Saarbrücken zu sein, speziell hier in der Joachim-Deckarm-Halle neben dem Deutsch-Französischen Gymnasium. In der Halle, die vorher hier stand, habe ich im Jahr 1959 schon Judo trainiert. Das Saarland ist schon ein besonderer Ort. Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn überall die saarländische Lebensart gelebt würde.“

Und schon ging es an fünf verschiedenen Schulungsörtlichkeiten ins Training. Bemerkenswert das Engagement aller Teilnehmer, das die kräftezehrende Arbeit der Referenten erleichterte. Nach drei Tagen harten Trainings war den meisten Teilnehmern die Erschöpfung am Gesicht abzulesen. Dennoch wurde Freitagabend bei der Übertragung des EM-Viertelfinales auf einer großen Leinwand bei kühlen Getränken und Knabbereien gemeinsam der Sieg der deutschen Nationalmannschaft gefeiert. Nach einem anstrengenden Samstag mit 3 Trainingseinheiten konnte sich jeder nach Herzenslust am kalt-warmen Büffet, das hauptsächlich von der SIGNAL IDUNA / PVAG gesponsert wurde, bedienen, wobei die beiden ca. 30m langen „Tafeln“, die von den Helfern hergerichtet worden waren, dabei ein ganz besonderes Flair schafften.

Bei der offiziellen Verabschiedung resümierte Esther Schneider, dass jetzt der Beweis erbracht sei, dass es hier nicht um die Gewerkschaft oder den Kampfsport gegangen sei – schließlich waren ausdrücklich Mitglieder und Nichtmitglieder in der Ausschreibung angesprochen und der Einladung gefolgt -, sondern dass es allein darum ging, einen Beitrag zur Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen zu leisten. Sie bedankte sich bei Toni Pedron, JUNGE GRUPPE Hessen, und Christian Günter, JUNGE GRUPPE Rheinland-Pfalz, sowie den zahlreichen Helfern der JUNGE GRUPPE (GdP) und der GdP Saarland, die für den reibungslosen Ablauf des gesamten Seminars mitverantwortlich waren. Außerdem dankte sie den Sponsoren, die den günstigen Teilnahmebeitrag sowie die kostenlose Versorgung mit Müsliriegeln, Obst und Wasser während der Trainingseinheiten erst ermöglicht hatten. Ein eventueller Überschuss nach Abrechnung aller Kosten wird dem „Verein zur Förderung der Polizeiseelsorge im Saarland e.V.“ und damit unmittelbar wieder Polizeibeamten zugutekommen. Tosender Applaus folgte der Ankündigung von Volker Martin, dass es bereits Pläne gibt, im kommenden Jahr in einem anderen Landesbezirk ein Folgeseminar zu veranstalten.

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