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DEUTSCHE POLIZEI - Februar 2019

Bundesverwaltungsgericht urteilte über Rüstzeiten bei der Polizei

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 2 C 45.17) hat am 20. September 2018 entschieden, dass Beamtinnen und Beamte, die ihre Ausrüstung bereits vor Beginn der Dienstschicht an – und erst nach Beendigung der Schicht wieder abgelegt haben, keinen Ausgleichsanspruch haben, wenn der Dienstherr in Ausübung seines Organisationsermessens die konkrete Arbeitszeit festgelegt hat. Dem Beamten steht es nicht zu, hiervon eigenmächtig abzuweichen. Jetzt liegen die Entscheidungsgründe vor.

Geklagt hatte ein Polizeioberkommissar aus Nordrhein-Westfalen, der beantragte, bei der Berechnung der Arbeitszeitkonten pauschale Übergabe- und Ankleidezeiten vor und nach der Dienstschicht in Höhe von 15 Minuten pro Diensttag zur berücksichtigen.

Für den Dienstherrn hingegen ist das An- und Ablegen einiger persönlich zugewiesener Ausrüstungsgegenstände (zum Beispiel Pistole mit Holster, Handfessel Stahl und Reizstoffsprühgerät mit Tragevorrichtung und Tragevorrichtung für den Einsatzmehrzweckstock) im Gegensatz zum An- und Ablegen der Dienstkleidung der Arbeitszeit zuzurechnen. Die hierfür erforderliche Zeit sei äußerst gering. Die polizeiliche Präsenz und Einsatzfähigkeit im Außendienst sei durch überlappende Dienste in den Inspektionen, beziehungsweise durch den Einsatz von Frühwagen gewährleistet. Frühwagen oder auch Lapperfahrzeuge werden Fahrzeuge genannt, mit denen der Schichtwechsel überbrückt wird, um die Polizeipräsenz zu gewährleisten.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte einen beamtenrechtlichen Ausgleichsanpruch auf Grundlage von Treu und Glauben anerkannt. Der Dienstherr habe die Praxis zahlreicher Beamter – entgegen der bestehenden Erlasslage – gekannt und über Jahre hingenommen. Dies sei – zum Teil – auch von Vorgesetzten allgemein als Notwendigkeit empfunden worden. Das Bundesverwaltungsgericht hat der Revision des Dienstherrn nun stattgegeben. Es verneint den beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch.

Dieser Ausgleichsanspruch hat seine Rechtsgrundlage im Grundsatz von Treu und Glauben (Paragraf 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), der auch im öffentlichen Recht Anwendung findet.
Bisher wurde vom BVerwG ein solcher Ausgleichsanspruch anerkannt, wenn rechtswidrig Zuvielarbeit geleistet wurde. Voraussetzung ist eine rechtswidrige, vom Dienstherrn des Beamten ausgehende Inanspruchnahme des Beamten über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus.

Der Grundsatz vermag in dem engen, auf Dauer angelegten Rechtsverhältnis, in dem Dienstherr und Beamter verbunden sind, die nach der jeweiligen Interessenslage gebotenen Nebenpflichten zu begründen. Der Grundsatz von Treu und Glauben verlangt eine von Rücksicht und Redlichkeit geprägte gegenseitige Pflichterfüllung. Geschützt wird das Vertrauen darauf, dass sich der jeweils andere bei seiner Pflichterfüllung an diesen Maßstäben orientiert. Ansprüche können dann hergeleitet werden, wenn das Vertrauen schutzwürdig ist. Dies ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn der Beamte davon ausgeht, dass der Dienstherr für die rechtswidrige Heranziehung zu Zuvielarbeit einen Ausgleich schaffen werde. Auszuschließen ist das schutzwürdige Vertrauen, wenn der Dienstherr eine klare Weisung zu Fragen der Arbeitszeit erlässt und der Beamte ungeachtet dessen aufgrund eigenen Entschlusses diese entgegen der bestehenden Weisung ausweitet. (BVerwG 2 C 45.17, Rdnr. 15)

Da das Innenministerium des Landes NRW mit Erlassen aus den Jahren 2004 und 2007 in allgemeinen Richtlinien festgelegt hat, dass die sogenannten Übergabe/Rüstzeiten Teil der Dienstzeiten sind, liegt hier eine klare Weisung vor.

Einer ausdrücklichen Untersagung des An- und Ablegens der Ausrüstungsgegenstände außerhalb der regulären Schichtdauer bedurfte es daneben nicht. Eine positive Beschreibung genügt regelmäßig, um die Dienstpflichten des Beamten zu konkretisieren. (BVerwG 2 C 45.17, Rdnr. 16)

Das Vertrauen kann auch nicht darauf gestützt werden, dass sich der Kläger und weitere Beamte selbst in der Pflicht gesehen haben, die Ausrüstung außerhalb der Schicht an- und abzulegen, weil ansonsten – nach ihrer Auffassung – während des Wechsels der zeitlich sich nicht überschneidenden Schichten die Sicherheit nicht hinreichend gewährleistet sei. Es obliegt allein dem Dienstherrn, die allgemeine Sicherheit während des Schichtwechsels zu gewährleisten. Hierfür trägt der zuständige Minister die parlamentarische und politische Verantwortung. Die einzelnen Polizeibeamten dürfen von der entsprechenden Erlasslage – gleich aus welcher Motivation heraus – nicht eigenmächtig abweichen. (BVerwG 2 C 45.17, Rdnr. 18)

Fazit

Für die GdP, welche die Verfahren auch unterstützt hat, ist das Ergebnis nicht befriedigend, die Vorinstanzen hatten den Sachverhalt noch anders bewertet und den Ausgleichanspruch befürwortet. Dennoch kehrt in der Angelegenheit jetzt Rechtsfrieden ein. Inzwischen wurde in Nordrhein-Westfalen eine Regelung in der Arbeitszeitverordnung Polizei (AZVOPol) vereinbart, in der festgelegt ist, dass Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten, die mit Schichtbeginn die sofortige Einsatzbereitschaft im Wachdienst hergestellt und bis zum Ende dieser Schicht beibehalten haben müssen, für jede geleistete Schicht nachträglich pauschal ein zeitlicher Aufwandsausgleich in Höhe von zwölf Minuten gewährt wird. (Paragraf 22 II 1 AZVOPol). Diese Regelung hat auch nach dem Urteil Bestand.

Für Zeiträume vor dem Inkrafttreten von Paragraf 22 AZVOPol können keine Ansprüche hergeleitet werden.

Die GdP hatte in ihrem Leitantrag zum Thema Arbeitszeit „Bundesweite Arbeitszeitforderungen der GdP – gerecht – sozial – gesund“ auf dem Bundeskongress Ende November beschlossen, dass Rüstzeiten Arbeitszeiten sind.
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