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DP - DEUTSCHE POLIZEI

Ausgabe März 2021

Wie und mit welchem Erfolg haben extremistische und fundamental-religiöse Gruppierungen die Pandemie, staatliche Bekämpfungsmaßnahmen und Verschwörungsfantasien für ihre Zwecke instrumentalisiert? DP-Autor Jakob Guhl hat genauer hingeschaut.

Die Pandemie hat zu einschneidenden Veränderungen in unserem Leben und zu großer Unsicherheit in Bezug auf das Gesundheitswesen, den sozialen Zusammenhalt und die ökonomischen Folgen der Pandemie geführt. Die staatlichen Maßnahmen zur Corona-Eindämmung brachten zudem erhebliche Gegenproteste. Es kam bei Großdemonstrationen der Lockdown-Gegner ein breites und ungewöhnliches Spektrum von Gruppen zusammen, von Verschwörungstheoretikern und QAnon-Anhängern bis zu Reichsbürgern, Impfgegnern, Esoterikern, AfD-Mitgliedern, Identitären und Neo-Nazis.

Kritik an der Corona-Politik der Bundes- und Landesregierungen kann natürlich legitim sein und ist in jedem Fall vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt. Das Versäumnis der Organisatoren dieser Proteste, sich glaubhaft von bekannten Extremisten zu distanzieren, wirft jedoch einen Schatten auf die Corona-Demos. Anfang Dezember gab das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bekannt, dass es die Gruppe „Querdenken“ unter Beobachtung gestellt hat. Diese Gruppe, maßgeblich an der Organisation der Corona-Demos in ganz Deutschland beteiligt, sei „von Extremisten unterwandert“ worden, so das BfV.

Der Fall „Querdenken“ zeigt, wie politische, soziale, wirtschaftliche und medizinische Sorgen, die weit über den harten Kern extremistischer Gruppen hinaus geteilt werden, von extremistischen Gruppen politisch instrumentalisiert werden können.

Die Krise stellt eine Gelegenheit für Extremisten dar, von der Unsicherheit zu profitieren, die aus den einschneidenden Veränderungen des alltäglichen Lebens resultiert. Durch gezielte Falschinformationen und Verschwörungstheorien versuchen insbesondere Rechtsextremisten, diese Unsicherheiten auszunutzen, den öffentlichen Diskurs zu polarisieren und einen Nährboden für ihre politische Agenda zu schaffen. Angesichts der Zunahme des Internetkonsums durch zeitweilige Schulschließungen und der Verlegung vieler Arbeitsplätze in das Homeoffice sind das Internet und die sozialen Medien noch wichtigere Ressourcen für die extremistischen Rekrutierungsbemühungen.

Um diese extremistische Kooptation des Virus besser zu verstehen, hat der ISD-Forschungsbericht „Krise und Kontrollverlust“, der Anfang November in deutscher Sprache veröffentlicht wurde, die Netzwerke und Narrative deutschsprachiger rechtsextremer, linksextremer und islamistisch-extremistischer Akteure in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Facebook, Twitter, YouTube, Telegram, 4chan sowie auf extremistischen Websites analysiert.

Der Bericht dokumentiert, welche Narrative Extremisten mit unterschiedlichen ideologischen Hintergründen aufgreifen, um die durch die Krise entstandene Unsicherheit zu instrumentalisieren. Es wird deutlich, dass Extremisten die Corona-Pandemie entlang präexistierender ideologischer Muster interpretieren, an Narrativen und Feindbildern festhalten und diese mit der aktuellen Krisen-Thematik verknüpfen.

Rechtsextremisten beziehen am Deutlichsten und Lautesten Stellung gegen die Lockdown-Maßnahmen der Regierung, nutzen die Pandemie aber auch, um gegen Minderheiten, insbesondere Migranten und Flüchtlinge, zu mobilisieren. Linksextremisten hingegen stellen Corona vor allem mit Bezug in einen wirtschaftlichen und antikapitalistischen Zusammenhang. Einige linksextreme Gruppen beschuldigen die Regierung zusätzlich, einen „autoritären Staat“ schaffen zu wollen, während andere gegen die Rechtsextremisten und die Polizei mobilisieren oder sogar Sympathien mit undemokratischen antiwestlichen Regimen wie China, Kuba und Venezuela äußern, die angeblich besser für die Pandemiebekämpfung aufgestellt seien.

Islamistische Extremisten befassen sich viel mit religiösen Interpretationen der Pandemie, bringen jedoch auch immer wieder ihre Ablehnung gegenüber westlichen, liberalen und säkularen Gesellschaften zum Ausdruck und behaupten, dass „islamische Staaten“ für die Prävention und Bekämpfung von Gesundheitskrisen qualifizierter seien.
Während sich die von den verschiedenen extremistischen Gruppen vorgeschlagenen alternativen Gesellschaftsmodelle natürlich voneinander unterscheiden, sind hier Parallelen in den Aussagen über die angebliche Überlegenheit „sozialistischer“ oder „islamischer“ Staaten im Vergleich zu Ländern mit liberal-demokratischer Ausprägung bei der Bewältigung von Gesundheitskrisen zu beobachten.
INHALT In eigener Sache; INNENLEBEN Tattoos, Besoldung und das Virus; INNENLEBEN Das geht auch digital; INNENLEBEN Bernd Becker neuer Bundesseniorenvize; TITEL Krise gekapert, Angefacht; IM GESPRÄCH Wir stehen zu dem, der Missstände aufzeigt und nicht zu dem, der sie verursacht; HINGESCHAUT Gute Führung in der Polizei; INNENLEBEN Polizei erklären und nachvollziehbar machen; IM GESPRÄCH Ohne Polizei keine Freiheit; INNENLEBEN Karl Moll ist 70 Jahre in der GdP; INNENLEBEN Der schnelle Weg zu mehr Geld; IM GESPRÄCH Fair und gerecht; KOMMENTIERT Section Control wirkt; IM GESPRÄCH Kommissar Computer, Polizei der Zukunft - gefangen in Algorithmen?; HILFREICH GdP-Plus - Eine starke Partnerschaft; HINTERFRAGT Sexuelle Gewalt unter Minderjährigen; IM GESPRÄCH Sexueller Missbrauch ist kein ethnisches oder religiöses Problem, sondern ein menschliches; NACHRUF Im Einsatz für andere; INNENLEBEN Startschuss zum Bewerbungsverfahren; EURE MEINUNG; GESEHEN Die Wache; IMPRESSUM

Falls Sie einen Leserbrief zu einem Artikel dieser Ausgabe schreiben möchten, vergessen Sie bitte nicht, den betreffenden Artikel zu nennen, zu dem Sie sich äußern möchten: gdp-pressestelle@gdp.de
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