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Kriminalpolitik & Polizeirecht

I. Allgemeines
1. Deutscher Präventionstag
1.1 12. Deutscher Präventionstag am 18./19. Juni 2007 in Wiesbaden

Der 12. Deutsche Präventionstag wird am 18./19. Juni 2007 in Wiesbaden stattfinden. Nach den Erfahrungen aus den letzten beiden Präventionstagen in Hannover und Nürnberg und dem Auftreten sowohl der DPolG (Hannover, 2005) sowie des BDK (Nürnberg, 2006) empfiehlt es sich für die Gewerkschaft der Polizei, wieder mit einem Informationsstand auf dem Deutschen Präventionstag präsent zu sein.

Der Geschäftsführende Bundesvorstand hat auf seiner Sitzung am 13./14. Dezember 2006 beschlossen, dass die Gewerkschaft der Polizei auf dem 12. Deutschen Präventionstag in Wiesbaden in der Zeit vom 18. bis 19. Juni 2007 mit einem Stand vertreten sein wird.

1.2 13. Deutscher Präventionstag am 02./03. Juni 2008 in Leipzig (nach oben)
Der 13. Deutsche Präventionstag wird am 02./03. Juni 2008 in Leipzig stattfinden. Nach den positiven Erfahrungen aus den letzten Präventionstagen empfiehlt es sich für die Gewerkschaft der Polizei, wieder mit einem Informationsstand auf dem Deutschen Präventionstag präsent zu sein.

1.3 14. Deutscher Präventionstag am 08./09. Juni 2009 in Hannover (nach oben)
Der 14. Deutsche Präventionstag fand am 08./09. Juni 2009 in Hannover statt. Wie auch in den letzten Jahren war die GdP wieder mit einem Informationsstand auf dem Deutschen Präventionstag präsent.


2. GdP-Expertentagung: Einsatz der deutschen Polizei in Afghanistan (Arbeitstitel) (nach oben)
Seit nunmehr sieben Jahren leistet die DEUTSCHE POLIZEI Aufbauhilfe für die Polizei in Afghanistan, zunächst bilateral, seit 2007 im Rahmen der EUPOL-Mission. Zurzeit wird das deutsche Engagement zum Wiederaufbau der afghanischen Polizei bilanziert. Das Vorhaben, eine rechtsstaatliche und moderne Polizeistruktur zu entwickeln, hat sich entgegen der ursprünglichen Annahme nicht als Wiederaufbau, sondern als ein Neuaufbau erwiesen.

Die Voraussetzungen für einen umfassenden zivilgesellschaftlichen Aufbau sind aufgrund der Rahmenbedingungen schlecht. Afghanistan ist in der Fläche doppelt so groß wie Deutschland, ländlich geprägt und nur dünn besiedelt. Die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, 45 % sind jünger als 14 Jahre.

Die Forderungslage an die DEUTSCHE POLIZEI ändert sich derzeit. Die neue US-Regierung setzt nicht nur allein auf militärische Stärke, sondern erstmalig auch auf einen ganzheitlichen Ansatz unter Einbeziehung der Zivilverwaltung. Zeitgleich macht der Deutsche BundeswehrVerband für die Streitkräfte eine personelle Überlastung und inhaltliche Überforderung geltend. Strafverfolgung sei nicht Aufgabe der Bundeswehr, so der neue Vorsitzende des DBWV, Kirsch. Vor diesem Hintergrund scheint es geboten für die GdP, sich möglichst umfassend über die Situation in Afghanistan und vor allem der dort eingesetzten Polizistinnen und Polizisten zu informieren, um zum einen eigene Vorschläge zum Einsatz und insbesondere zu den sozialen Rahmenbedingungen machen zu können und zum anderen kompetent argumentativ auf die im politischen Spektrum kursierenden Forderungen und Vorstellungen reagieren zu können.

Ein erster Schritt der weiteren Informationsgewinnung könnte auf einer Expertentagung stattfinden. Damit ist keine große Veranstaltung mit vielen Teilnehmern, Zuhörern und Medienvertretern gemeint. Vielmehr sollte ein Fachgespräch mit einem überschaubaren Teilnehmerkreis (ca. 10 bis 15 Kolleginnen bzw. Kollegen mit Einsatz- und Führungserfahrung in Afghanistan, ausgesuchte Medienvertreter, GdP-Funktionären) stattfinden. Der Ablauf soll so gestaltet sein, dass zunächst eine interne Expertenrunde tagt, bei der zum einen die Gelegenheit besteht, Informationen von den Teilnehmern zu erhalten, die diese in einem öffentlichen Gesprächskreis nicht oder nur eingeschränkt äußern würden. Zum anderen könnten die Teilnehmer auch untereinander einen offenen Dialog führen.

Die Tagung sollte zweitägig stattfinden. Auf einer abschließenden Pressekonferenz könnte dann z. B. ein Positionspapier (Arbeitstitel: Kernforderungen für Einsätze der deutschen Polizei im Rahmen von internationalen Missionen insbesondere in Afghanistan) veröffentlicht werden.
Der GBV hat auf seiner Sitzung am 17. März 2009 beschlossen, eine entsprechende Expertentagung durchzuführen.


3. Studie „Gewalt gegen Polizisten“ (nach oben)
Nicht zuletzt auf Anregung der GdP in einem Schreiben an den Vorsitzenden der IMK, Ulrich Mäurer aus Bremen vom Januar 2009 hin hat dieser einen Antrag an die IMK formuliert, um eine Studie zum Thema „Gewalt gegen Polizisten“ zu initiieren. Die GdP hat dem Büro Mäurer einen Formulierungsvorschlag zukommen lassen. Vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen, das bereits in den Jahren 2000–2002 eine entsprechende Studie im Auftrag der IMK gemeinsam mit der GdP durchgeführt hat, ist zwischenzeitlich eine Projektskizze vorgelegt worden. Auch hierzu hatte die GdP Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Es ist angemerkt worden, dass es nicht sinnvoll erscheint, dass die Studie nur auf Befragungen der Betroffenen und nicht – wie in der Studie 2000–2002 geschehen – auch auf eine Aktenauswertung erfolgt. Die Projektskizze spricht von Kosten in Höhe von 140.000 Euro. Das Thema stand auf der Tagesordnung der IMK-Sitzung im Juni 2009. Es ist wünschenswert, dass die GdP in irgendeiner Form beteiligt wird. Eventuell sollte dies über eine finanzielle Beteiligung sichergestellt werden.

Mit Wirkung vom 08. Oktober 2009 haben das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen und die GdP einen Vertrag über Studie zum Thema „Gewalt gegen Polizei“ abgeschlossen. Der Bundesvorsitzende der GdP, Konrad Freiberg, bewertet dies u. a. wie folgt:

„Seit vielen Monaten weisen wir als GdP auf die zunehmende Gewalt gegen Polizisten hin und fordern Konsequenzen von den politisch Verantwortlichen.

Wie euch bekannt ist, hatten sich die Länder (außer Hessen, Sachsen und Hamburg) und die Bundespolizei entschlossen, beim Kriminologischen Forschungsinstitut eine Studie zum Thema ‚Gewalt gegen Polizisten‘ in Auftrag zu geben. Prof. Pfeiffer hatte uns angeboten, an der Studie teilzunehmen bzw. die Studie mit ‚weiteren Fragestellungen‘ zu ergänzen, und zwar mit gewerkschaftlichen Problemstellungen (Fragen zur Fürsorge, Ausbildung und Ausrüstung). Es findet also eine Untersuchung in quantitativer und qualitativer Hinsicht statt. Vertragspartner für den ‚qualitativen Bereich‘ ist die GdP! Das haben wir mit Prof. Pfeiffer vertraglich vereinbart.

In der letzten BV-Sitzung hatten wir vereinbart, dass ich die drei fehlenden Bundesländer (Sachsen, Hessen und Hamburg) anschreibe, um sie für eine Beteiligung zu gewinnen. In einem Schreiben habe ich deutlich gemacht, welche Bedeutung diese Studie hat und welche geringen Kosten (3.000 bis 6.000 Euro) damit verbunden sind. Umso mehr freut es uns nun, dass alle drei Länder mitmachen!

Zurzeit ist noch der Fragebogen in der Endabstimmung mit den Ländern. Ende Oktober werden die Fragebogen an ca. 260.000 Polizisten per E-Mail verschickt. Auf dem Fragebogen an alle Polizisten wird auch die GdP als Unterstützer genannt. Dies ist eine sehr schöne Werbung, denn, so Prof. Pfeiffer, unsere Studie ist die weltweit größte Polizeistudie, die es jemals gab.
  • Wir haben die Forschung initiiert.
  • Wir unterstützen die Forschung.
  • Wir haben dazu beigetragen, dass alle Länder mitmachen.
  • Wir erhalten die Ergebnisse (auch Zwischenergebnisse) zur Bewertung.
Parallel hat die IMK eine AG des AK II eingesetzt, die bis zur IMK-Sitzung am 03./04. Dezember 2009 einen Sachstandsbericht mit Verbesserungsvorschlägen erarbeiten soll. Der Kontakt ist sichergestellt. Jetzt müssen wir uns auf zu erwartende Vorschläge einstellen (Ausbildung, Ausrüstung, Taktik/Fürsorge, gesetzliche Regelungen). Vorschläge bzw. Stellungnahmen sind willkommen.“


4. GdP fordert § 115 StGB gegen Übergriffe auf Polizisten (nach oben)
Vor vielen Jahren schützte die Uniform den Polizeibeamten, denn sie verlieh Autorität und stellte so klar, wer das Sagen hat, auf der Straße, in jedem Einsatz. Heute wird sie innerhalb der Polizei noch immer gerne getragen, aber sie ist zunehmend auch zu einem Gefahrenpunkt für die Gesundheit des Uniformträgers geworden. Es gibt zu viele Mitbürger, die den Menschen in Uniform provozieren und ständig herausfinden wollen, wer der Stärkere ist. Der Endpunkt vieler Provokationen ist die Attacke auf den Uniformträger. Kolleginnen und Kollegen, insbesondere in den Ballungsräumen, wissen ganz genau, dass der tägliche Einsatz, vor allem an den Wochenenden, nahezu ständig davon geprägt ist, die eigene Haut zu Markte zu tragen. Der Uniform, und allem was dahintersteht – von Gewaltmonopol bis Schutz des Schwächeren –, muss zu jeder Zeit Geltung verschafft werden.

Natürlich ist das „Spiel“ zwischen der Polizei und dem polizeilichen Gegenüber uralt. Das „Spiel“ um die Frage, wie weit die Autorität der Polizei reicht und wie stark sie in Frage gestellt werden kann, bis es Konsequenzen gibt. Aber während es noch vor zehn Jahren kaum Angriffe aus dem Nichts gegen Polizeibeamte gab, so sind diese Übergriffe heute zur traurigen Realität des Berufsalltags geworden. Während vor Jahren im Kiez noch ungeschriebene Gesetze galten, die klarstellten, dass jede Rangelei mit der Polizei auch ein Ende finden muss, Festgenommene im Funkwagen zu verbleiben haben und die Polizei nicht hinterrücks angegriffen wird, so ist heute festzustellen, dass es diese ungeschriebenen Spielregeln nicht mehr zu geben scheint. Wie anders kann jedenfalls erklärt werden, warum die Zahl der Widerstandsstraftaten kontinuierlich steigt, warum die Übergriffe auf Polizeibeamte immer häufiger und brutaler ausfallen oder warum die strafbewehrten Gefangenenbefreiungen von Festgenommenen in manchen Stadtteilen der Großstädte beinahe Alltag sind? Der Schutz durch die Uniform, der durch den gesellschaftlichen Konsens über die Autorität der Polizei entstand, ist dahin. Heute gefährdet die Uniform ihren Träger, weil sie den Polizeibeamten erkennbar macht und dem aggressiven polizeilichen Gegenüber die Möglichkeit zur Zielerkennung gibt.

Diese bedrohlichen Veränderungen im Berufsalltag vor allem der großstädtischen Polizeibeamten müssen erkannt, auf sie muss angemessen, aber wirkungsvoll reagiert werden. Deshalb hat der Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in seiner Sitzung am 12. November 2009 beschlossen, die Schaffung einer neuen Strafrechtsnorm „§ 115 StGB – tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten“ zu fordern. Die GdP hat zugleich einen Formulierungsvorschlag für diesen neuen Straftatbestand in die politische Debatte eingebracht. Dabei ist sich der GdP-Bundesvorstand bewusst, dass allein ein Straftatbestand und damit eine Strafverschärfung keine gesellschaftliche Herausforderung vollumfänglich lösen können. Aber der Gesetzgeber ist aufgefordert, alles zu unternehmen, was geeignet und umsetzbar ist, um Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte besser zu schützen. Und wenn wir fehlende Spielregeln beklagen, ist es nur folgerichtig, dass wir andere Spielregeln fordern.

Der heute existierende § 113 StGB – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – in derzeitiger Fassung knüpft die Strafbarkeit von Widerstandshandlungen an eine Vollstreckungssituation an, d. h.: ohne Vollstreckung oder unmittelbar bevorstehende Vollstreckungshandlung keine Strafbarkeit. Unvermittelte Angriffe aus dem Nichts werden daher strafrechtlich von § 113 StGB nicht erfasst. Sie sind allenfalls als einfache oder gefährliche Körperverletzung strafbar. Der rechtspolitische Ansatz der GdP geht hingegen weiter. Mit einem § 115 StGB wird die feindliche Motivation des Straftäters, der gegen einen Vollstreckungsbeamten vorgeht, strafrechtlich miterfasst, weil allein der tätliche Angriff auch ohne Vollstreckungshandlung strafbar wird. Unter tätlichem Angriff ist nämlich eine unmittelbar auf den Körper zielende gewaltsame Einwirkung zu verstehen, die nicht zur Körperverletzung führen muss. Zur Tatbestandsverwirklichung reicht deshalb auch der gezielte Wurf mit einem Gegenstand aus, der z. B. nicht zu einem Treffer führt. Auch der zielverfehlende Wurf fällt daher als tätlicher Angriff unter die Strafbarkeit des § 115 StGB, wenngleich er mangels Verletzung keine Körperverletzung darstellt. § 115 StGB schützt also die körperliche Unversehrtheit der Kolleginnen und Kollegen besser als die klassischen Körperverletzungsdelikte, da die strafbare Handlung vorverlegt wird und nicht vom Ergebnis abhängt.

Andere, zurzeit im politischen Raum diskutierte Änderungsvorschläge reihen die strafbare Handlung des tätlichen Angriffs außerhalb von Vollstreckungshandlungen als einen Unterfall des Widerstands im Sinne des § 113 StGB ein. Dadurch wird aber der besondere Unwertgehalt des tätlichen Angriffs verwischt. Im Übrigen ist Widerstand an sich oftmals sprachlich durchaus positiv besetzt, Widerstandleisten gilt in besonderen Situationen auch als Tugend. Deshalb wird die Wirkung des strafbaren Widerstandes gegen Polizeibeamte oftmals ‚auf die leichte Schulter genommen‘. Die GdP will diesen Effekt beenden und setzt auf einen eigenen Paragraphen, der sich sprachlich als „tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten“ klar vom strafbaren Widerstand absetzt. Dem polizeilichen Gegenüber muss deutlich vermittelt werden, dass tätliche Angriffe auf Polizeibeamte nicht verharmlost werden.

Der GdP-Vorschlag zu § 115 StGB passt ins strafrechtliche System, denn das StGB kennt den gesetzlichen Schutz besonderer Berufsgruppen oder Rechtssubjekte, z. B. § 316a StGB – räuberischer Angriff auf einen Kraftfahrer. Es ist auch nicht hinnehmbar, einerseits die Tatsache der Amtsträgerschaft als Polizeibeamter im Rahmen der Amtsdelikte (Körperverletzung im Amt) als besonderen Strafschärfungsgrund gesetzlich zu erfassen, aber andererseits den besonderen strafrechtlichen Schutz für Vollstreckungsbeamte, der ja auch an die Amtsträgerschaft anknüpft, zu verweigern. Solange das Uniformtragen zu einem erhöhten Risiko führt, Opfer einer Straftat zu werden, ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern vielmehr geboten, den Vollstreckungsbeamten besonders zu schützen.

Der Staat muss allen Mitbürgern, die meinen, für sie gäbe es keine Autorität und sie könnten alle gesellschaftlichen Grenzen ausloten und für sich selbst neu setzen, klar aufzeigen, dass der staatliche Ordnungsanspruch durchgesetzt wird. Ein neuer Straftatbestand § 115 StGB ist ein Baustein in dem Bemühen, der Gewalt gegen die Polizei entgegenzutreten. Jeder, der einen Polizisten tätlich angreift, muss dafür auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Der GdP-Vorschlag im Wortlaut:

§ 115 StGB – tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten

(1) Wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1. der Täter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, oder
2. die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht oder
3. der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.


5. Fußballeinsätze;
Forderung nach Kostenerstattung durch Vereine rechtlich nicht haltbar (nach oben)

„Wer bezahlt eigentlich diesen Aufwand?“ Ob Fußballkrawalle, G-8-Gipfel oder Castor-Transport: Bürger und Medien stellen immer wieder die Frage, wer für die Kosten großer Polizeieinsätze mit manchmal tausenden Polizisten eigentlich aufkommt. Immer wieder gerät das Fußballgeschehen in den Blickpunkt: „Da werden Millionen verdient und der Steuerzahler muss dafür herhalten, den Spielbetrieb zu sichern.“
Aktuell geht es um die Frage, ob auch jene Personal- und Sachkosten von Polizeieinsätzen auf z. B. Fußballvereine abgewälzt werden können, die dadurch entstehen, dass Fans zur Gefahrenabwehr durch Polizeikräfte begleitet werden. Insbesondere bei diesen Kosten wird diskutiert, ob Fußballvereine zur Finanzierung von Polizeieinsätzen herangezogen werden können. Ein Vorstoß aus den Reihen der Innenministerkonferenz zielt in diese Richtung.

Wer die Musik bestellt …
Den Fragestellungen ist gemeinsam, dass zunehmend Kosten, die der öffentlichen Hand bei der Wahrnehmung ursprünglich hoheitlicher Aufgaben entstehen, über so genannte Eigensicherungspflichten und/oder gebührenrechtliche Regelungen auf den „Begünstigten“ abgewälzt werden. Darüber hinaus sind Tendenzen erkennbar, auch außerhalb des eigentlichen Polizeirechts dem „Störer“ die Kosten gebotener Ordnungsverfügungen, und zwar unter Einschluss des Personalaufwandes bei der Bearbeitung durch neue Verwaltungsgebührentatbestände aufzuerlegen.

Doppelte Belastung
Diese Trends und Entwicklungen sind umstritten, weil die betroffenen Bürgerinnen und Bürger die Gebührenbelastung im Hinblick auf die bereits geleisteten Steuern als doppelten Zugriff auf ihren Geldbeutel empfinden können. Ein Grund für die zunehmende Neigung zur Schaffung neuer Gebühren als greifbarer Rettungsring in Zeiten drastischer Finanznot liegt in der klar erkennbaren, gleichwohl nur scheinbaren Plausibilität der Gegenleistungsrechtfertigung. Im politischen Kampf gegen Steuermehrbelastung und Haushaltsnotlage erscheint es vielen Politikern deshalb nahe liegend, die Kosten für staatliches Handeln mittels Gebühr auf jene abzuwälzen, die offenbar etwas von der staatlichen Leistungserbringung haben, z. B. auf den Bundesligaverein, der ja davon profitiert, dass Fußballfans Heimspiele seiner Mannschaft besuchen.

Die Gebühr
Als Gebühr kann man das Entgelt für behördliche Leistungen verstehen. Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht haben in Ermangelung einer begrifflichen Vorgabe durch gesetzliche Regelungen einen formellen Gebührenbegriff entwickelt. Die Gebührenerhebung nicht mehr zwingend von einem wirtschaftlichen Vorteil des Gebührenschuldners oder einer privatnützigen Gegenleistung der öffentlichen Hand abhängig, sondern jede individuell zurechenbare Leistung zur Gebührenrechtfertigung erscheint den Gerichten nunmehr als ausreichend. Somit tritt die einstmals typische Verbindung zwischen staatlicher Leistung und der Gebühr als Entgelt für einen dadurch vermittelten Vorteil zurück.

Individuell zurechenbar
Die Gebühr ist verfassungsrechtlich dadurch gekennzeichnet, dass sie aus Anlass individuell zurechenbarer öffentlicher Leistung dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt wird und dazu bestimmt ist, in Anknüpfung an diese Leistung der Verwaltung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken.
Eine weitere Voraussetzung der Gebühr ist aber aus Sicht des Grundgesetzes, dass zwischen der kostenverursachenden Verwaltungsleistung und dem Gebührenschuldner eine besondere Beziehung besteht, die es gestattet, diesem die Amtshandlung zuzurechnen. In dieser individuellen Zurechenbarkeit liegt die Rechtfertigung dafür, dass die Amtshandlung nicht aus Steuermitteln, sondern ganz oder teilweise über Sonderlasten durch den Gebührenschuldner finanziert wird; insoweit liegt ein Gegenleistungscharakter der Leistung vor. Der Gebührenbegriff als solcher dürfte den Gesetzgeber danach an der Schaffung von Gebührentatbeständen selbst für Amtshandlungen im Kernbereich hoheitlicher Staatstätigkeit nicht hindern.

Grenzen der Gebührenausweitung
Fraglich ist aber, ob das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr als inhaltliche Schranke zur Ausweitung der Abwälzung polizeilicher Kosten dienen kann. Die gegenüber allen sonstigen Aufgaben der Exekutive herausgehobene Aufgabe der Polizei ist es, jene Gefahren von dem Einzelnen oder dem Gemeinwesen abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist.

Polizei handelt im öffentlichen Interesse
Die Polizei wird im Unterschied zu anderen Teilen der Exekutive nicht nur und nicht in erster Linie im Auftrag und im privaten Interesse einzelner Bürger tätig, sondern sie handelt stets im öffentlichen Interesse. Die Polizei darf deshalb, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für deren Einschreiten vorliegen, ihr Tätigwerden nicht von einem Antrag oder einer Kostenerstattung abhängig machen.
Durch die neueren gebührenrechtlichen Entwicklungen genügt es für die Begründung einer Gebührenpflicht aber, dass die polizeiliche Tätigkeit dem Gebührenschuldner individuell zurechenbar ist. Diese individuelle Zurechenbarkeit liegt bei polizeilichem Handeln im Privatinteresse auf der Hand, bei überwiegendem öffentlichem Interesse an der Vornahme einer Amtshandlung wird es hier trotz gleichzeitiger Privatnützigkeit unter Wertungsgesichtspunkten häufig fehlen.

Gefahrenabwehr oder Gebührenabwehr
Die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat dem öffentlichen Interesse an der Gefahrenabwehr aber insoweit eine eigenständige Bedeutung für die Begrenzung der Kostenhaftung beigemessen, als der auf das öffentliche Interesse entfallene Kostenteil nicht zu Lasten des Gebührenschuldners veranschlagt werden darf.
Im Gegensatz dazu ist abzugrenzen, dass eine Gebührenabwälzung auf den Einzelnen dort geschehen kann, wo der Bürger von einer Tätigkeit der Polizei unmittelbar und individuell wirtschaftlich profitiert. Daher ist auch eine Generalklausel zur Gebührenabwehr, etwa für „polizeiliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr“, grundsätzlich unzulässig.

Mit dem polizeilichen Auftrag unvereinbar
Jegliche sonstige Verknüpfung der polizeilichen Tätigkeit mit Gesichtspunkten der Kostenerstattung wäre mit dem Auftrag der Polizei unvereinbar. Das gilt insbesondere für alle Überlegungen, die darauf abzielen, mit Hilfe der Ausweitung der Kostenerstattungspflicht einen so genannten Abschreckungseffekt, z. B. im Hinblick auf die Durchführung von Demonstrationen, erzielen zu wollen. Einer solchen Absicht steht der verfassungsrechtliche Grundsatz der ungehinderten Ausübung staatsbürgerlicher Rechte entgegen. Niemand soll und darf mit Hilfe eines unkalkulierbaren Kostenrisikos davon abgehalten werden, seine verfassungsgemäßen Rechte auszuüben. Auf die hier in Rede stehende Frage bezogen bedeutet dies, dass ein flexibles Gebührensystem für Bundesligavereine mit Sicherheit unkalkulierbar wäre, denn eine Kostenerstattung wäre ja nur dann sinnvoll, wenn sie sich auch am konkreten Aufwand orientierte.

Unkalkulierbares Kostenrisiko für Bundesligavereine
Müsste ein angesetztes Ligaspiel, das zuvor als risikoarm galt, während einer Saison zu einem Risikospiel bewertet werden, hätte dies einerseits einen deutlich erhöhten polizeilichen Aufwand und zugleich höhere Gebühren für den Verein zur Folge, was allerdings für den Verein eben nicht kalkulierbar wäre. Das Kostenrisiko eines Vereines wäre demzufolge durch das Verhalten von Fans beeinflussbar. Dies dürfte rechtlich nicht zulässig sein.

Bedarf durch Steuern decken
Als weitere rechtliche Schranke gegenüber einer Ausweitung gebührenfinanzierter Polizeieinsätze ist das Steuerstaatsprinzip gemäß Art. 105 ff. GG zu nennen. Es bedeutet, dass der Steuerstaat seinen Finanzbedarf im Wesentlichen durch Steuern zu decken hat.
Nach dem Steuerstaatsprinzip ist die Gebührenfinanzierung staatlicher Leistung eine zu rechtfertigende Ausnahme. Die Gebührenhöhe darf nicht in einem groben Missverhältnis zum gesetzlich erkennbaren Gebührenzweck stehen. Wenn man Gebühren erheben wollte, müssten einzelfallbezogene (pro Spiel) Kostengebühren erhoben werden. Pauschalgebühren, wie z. B. die Forderung nach einer Kostenbeteiligung von 50 Millionen Euro, dürften auch dem Steuerstaatsprinzip zuwiderlaufen. Politisch sollte im Übrigen nicht übersehen werden, dass die Bundesligavereine laut DFB im Jahr 2009 bereits rund 620 Millionen Euro Steuern gezahlt haben.

Vereine sind keine Störer
Fraglich ist des Weiteren, ob Bundesligavereine für Kosten herangezogen werden dürften, die sie jedenfalls als so genannte Nichtstörer auch nicht zu verantworten hätten. Unstreitig führt der Bundesligaverein die den Polizeieinsatz auslösenden Schwierigkeiten nicht selbst herbei. Er selbst verwirklicht keinen Gefahrentatbestand, er gefährdet auch nicht die öffentliche Sicherheit. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Bundesligaverein innerhalb seines Machtbereiches (das Stadiongelände) die ihm zumutbaren eigenen Sicherungsmaßnahmen unterließe. Dies ist aber gerade bei Bundesligavereinen angesichts ihres immensen Sicherungsaufwandes nicht der Fall.
Allerdings ist die den Polizeieinsatz auslösende Menschenbewegung vom Veranstalter bezweckt, so dass sich möglicherweise über die Rechtsfigur des Zweckveranlassers eine Zurechnung des pflichtwidrigen Verhaltens Einzelner zum Rechtskreis des Veranstalters konstruieren ließe. Allerdings muss beachtet werden, dass der Bundesligaverein als Veranstalter selbst ein grundgesetzliches Recht auf Durchführung seiner Veranstaltung hat. Er ist also weder Störer noch Zweckveranlasser, sondern er ist von Fanausschreitungen bzw. von pflichtwidrigem Verhalten Einzelner Gestörter. Der Verein hat also einen Anspruch auf polizeiliche Hilfe.

Problematische Entwicklungen im öffentlichen Kostenrecht
Seit geraumer Zeit ist zu beobachten, dass zahlreiche polizeiliche Tätigkeiten mit Gebühren belegt werden. Das Luftsicherheitsgesetz hat dem Bundesinnenministerium die Aufgabe auferlegt, die Kosten von Luftsicherheitsmaßnahmen durch Rechtsverordnung auf den Fluggast zu übertragen. Die Luftsicherheitsgebührenverordnung regelt z. B., dass die Gebühr pro Durchsuchung eines Fluggastes und seiner mitgeführten Gegenständen zwischen 2 und 10 Euro liegen darf. Damit wird eine, so die hier vertretene Auffassung, ausschließlich der Gefahrenabwehr dienende Maßnahme kostenpflichtig.
Ebenfalls mit kritischem Blick sollte die Rechtsprechung im Bereich der Gebührenabwälzung nach Feuerwehreinsätzen beobachtet werden. Immer häufiger wenden sich Bürger gegen Gebührenbescheide und tragen mit Erfolg vor, dass der Einsatz bestimmter Fahrzeuge und die damit verbundene Leistungserbringung zur Gefahrenabwehr nicht geboten war. Die Gerichte überprüfen dann im Einzelfall, ob eine Gefahrenlage tatsächlich gegeben war, und wenn ja, in welchem Umfang der Einsatz z. B. eines Löschhilfefahrzeuges notwendig war (vgl. Verwaltungsgericht Berlin, VG 1 A 244.08 und VG 1 A 272.08).
Überträgt man die Grundgedanken dieser Rechtsprechung auf die Frage, ob sich Bundesligavereine an den Kosten für Polizeieinsätze zu beteiligen haben, kommt man nicht umhin, auch zu diskutieren, ob die Vereine ein Mitspracherecht an der Gestaltung von Polizeieinsätzen erwerben. Man könnte sich von Seiten der Polizei kaum derartigen Wünschen entziehen, denn wer sich exklusiv in einem hohen Maß an Kosten beteiligen muss, der wird wohl Einfluss auf die Qualität der Leistungserbringung einfordern, und zwar mindestens im Nachhinein. Was wird beispielsweise von Seiten der Behörden vorgetragen werden, wenn ein potenter Verein mit entsprechender Medienarbeit öffentlich vorträgt, dass angesichts der Friedfertigkeit seiner Fans nicht vier Hundertschaften zur Absicherung des Bundesligaspiels, sondern nur zwei notwendig gewesen wären?

Wer der zunehmenden Tendenz einer Privatisierung und Ökonomisierung polizeilicher Tätigkeit entgegenwirken will, tut gut daran, keine weitere Gebührenfinanzierung zuzulassen, auch nicht bei wirtschaftlich potenten Bundesliagavereinen. Sie ist ebenso rechtlich wie rechtspolitisch fragwürdig.


6. DFB und GdP beschließen Partnerschaft (nach oben)
Gemeinsam gegen Gewalt, gemeinsam für ein friedliches Miteinander: Das ist das Ergebnis eines Gespräches am 16. November 2009 zwischen dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), der Deutschen Fußball Liga (DFL) und der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in der DFB-Zentrale in Frankfurt am Main.

In Zukunft wollen alle Seiten zur Eindämmung von gewalttätigen Übergriffen im Umfeld des Fußballs effektiver zusammenarbeiten und partnerschaftlich vorgehen. Neben der Intensivierung bereits vorhandener Präventivmaßnahmen und der konsequenten Nutzung der Sportgerichtsbarkeit wird es auf Anregung von DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach dazu in enger Zusammenarbeit mit der DFL, die durch ihren Geschäftsführer Spielbetrieb Holger Hieronymus vertreten war, sowie der GdP einen gemeinsamen Kongress geben, der von einer Medienkampagne begleitet werden soll. Ziel ist es, den Fußball und die Polizei für alle sichtbar als Partner im Kampf gegen Gewalt darzustellen.

DFB-Präsident Dr. Zwanziger hat angeregt, die Veranstaltung für die erste Jahreshälfte 2010 zu planen. Dabei soll das Thema Gewalt und Fußball sachlich aufgearbeitet, richtig eingeordnet und ein künftiges Handlungsmuster entworfen werden. Für die GdP haben der Bundesvorsitzende, Konrad Freiberg, und das Bundesvorstandsmitglied, Jörg Radek, die Ziele und ersten Planungen positiv bewertet.

Mit der der Sicherheitspartnerschaft von GdP und DFB soll auch positiv Einfluss gewonnen werden auf die im Jahr 2009 deutlich angestiegene Einsatzbelastung der Bundespolizei. Die länderübergreifenden Einsätze stiegen von 127 in 2008 auf 160 in 2009, wobei 49 Einsatzanlässe sich auf Fußballspiele bezogen. Die Bundespolizei verzeichnete bei diesen Einsätzen insgesamt 830 Verletzte, 229 waren hiervon Polizeibeamte.


7. Forderungen der GdP in Sachen Fußball und Gewalt (nach oben)
  • Entzerrung der Spielpläne durch Rücksichtnahme auf feststehende und flexible Termine und Reaktion auf kurzfristig auftretende Situationen / Terminkollisionen – notfalls bis zur Spielabsage
  • Konsequente Durchsetzung der Sicherheitsvorschriften aus den Sicherheitsrichtlinien auch bei unteren Ligen (4. + 5.)
  • Bessere Berücksichtigung der Reisewege von Fans beim Spielbetrieb/-plan
  • Stadionverbote müssen einheitlich gehandhabt werden – auch in klassentieferen Ligen. Stadionverbote sollten verstärkt zu Transportverboten der Deutschen Bahn führen.
  • Es sollten häufiger Alkohol- und vor allem Flaschenverbote auch schon auf den Anreisewegen verhängt werden.
  • Gestellung von Sonderzügen durch die Bahn verstärken ggf. – wenn Vereine dies nicht alleine leisten können – durch finanzielle Unterstützung.
  • Es sollten ausschließlich Kombitickets für den Stadionbesuch und die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ausgegeben werden. Das soll verhindern, dass statt eingesetzter Sonderzüge mittels Sonderangeboten der Bahn die Regelzüge genutzt werden.
  • Ausbau der Fanbetreuung auch bei Vereinen in niedrigeren Ligen – auch mittels finanzieller Unterstützung DFB (oder DFL – da Vereine der 1., 2. und auch 3. Liga Interesse daran haben müssen, dass Fußball kein negatives Image erhält).
  • Vereine müssen animiert werden, entschiedener gegen Gewalttäter vorzugehen.
  • Zuverlässigkeit der Ordnungsdienste in unteren Ligen sicherstellen
  • Einwirken auf Politiker, dass genügend qualifiziertes Personal vorgehalten wird, um Einsatzgeschehen inklusive Fußballeinsätzen sicherzustellen.
  • Einwirken auf die Justizminister der Länder, ausreichend Personal bereitzustellen, um Problemspiele zu begleiten und eine schnelle Reaktion auf Straftaten (Haftbefehle) sicherzustellen.
  • Das Nationale Konzept Sport und Sicherheit muss häufiger mit den polizeilichen Gefahrenprognosen abgeglichen werden.

8. Sicherheit im öffentlichen Nah- und Fernverkehr (nach oben)
Die Sicherheit von Beschäftigten und Reisenden im öffentlichen Nahverkehr war das Thema eines runden Tisches am 19. November 2009 in Berlin.

Ziel des Treffens war es, über Maßnahmen zu diskutieren, die Beschäftigte und Reisende vor Gewalt schützen. Allein im vergangenen Jahr kam es zu rund 13.000 Gewaltdelikten, darunter über 10.000 Körperverletzungen.

Hintergrund der Initiative der Gewerkschaften TRANSNET und GDBA sind gewalttätige Vorfälle in Bussen und Bahnen. Mit der Kampagne „Sicher unterwegs“ und dem runden Tisch sollen die Probleme angegangen werden. An der Runde
nahmen, neben Vertretern von TRANSNET und GDBA, die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonen-Nahverkehr (BAG SPNV), der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), die Allianz pro Schiene, die Deutsche Bahn AG, Veolia und Keolis teil.

Die Teilnehmer des Treffens in Berlin wollen ihre Beratungen fortsetzen.


II. Gesetzesvorhaben

1. Referentenentwurf eines 2. Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption (nach oben)
Das Bundesjustizministerium hat der GdP den Referentenentwurf eines 2. Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption mit Möglichkeit der Stellungnahme bis zum 20. November 2006 zugeleitet.

Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung folgender internationaler Vereinbarungen ins deutsche Strafrecht:
  • Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption vom 27. Januar 1999;
  • Zusatzprotokoll zu diesem Strafrechtsübereinkommen vom 15. Mai 2003;
  • den Rahmenbeschluss des Europäischen Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor;
  • das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003.
Das deutsche Strafrecht entspricht bereits weitgehend den Vorgaben dieser internationalen Rechtsinstrumente. Änderungen sind laut Bundesjustizministerium nur in Teilbereichen erforderlich.

Die Schwerpunkte des Gesetzentwurfs liegen in folgenden Bereichen:
  1. Erweiterung des Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB);
  2. Ausdehnung der Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung von ausländischen und internationalen Amtsträgern sowie Zusammenführung der Straftatbestände aus dem Nebenstrafrecht im StGB [§§11, 332, 334 StGB sowie § 335 a) StGB-Entwurf];
  3. Ausweitung des internationalen Strafanwendungsrechts für Korruptionstaten (§ 5 StGB);
  4. Erweiterung des Vortatenkatalogs der Geldwäsche: § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), § 108 e) StGB (Abgeordnetenbestechung), § 335 a) StGB (Bestechung von ausländischen und internationalen Amtsträgern).

Die Änderungen im Einzelnen:

a) Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

§ 299 StGB stellt in der bisherigen Fassung darauf ab, dass ein Vorteil als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb angenommen oder gewährt wird (Wettbewerbsmodell). Die Vorgaben der internationalen Übereinkommen sehen dagegen vor, dass Bestechungshandlungen im privaten Sektor unter Strafe zu stellen sind, wenn Vorteile für eine Pflichtverletzung (gegenüber dem Geschäftsherrn) angenommen oder gewährt werden (Geschäftsherrenmodell). Der Entwurf schlägt vor, dass der Straftatbestand des § 299 StGB künftig beide Ansätze berücksichtigt. In den jeweiligen Nummern 1 der neu gefassten Absätze 1 und 2 soll die bisherige Rechtslage (Bevorzugen im Wettbewerb) übernommen werden. Die Nummern 2 in beiden Absätzen sollen dagegen solche Vorteile erfassen, deren Gegenleistung in der Verletzung einer Pflicht gegenüber dem Unternehmen liegt.

Bewertung:
Gegen eine solche Erweiterung ist nichts einzuwenden. Es handelt sich hierbei um eine sinnvolle Ergänzung des deutschen Strafrechts.

b) Bestechlichkeit und Bestechung von ausländischen und internationalen Amtsträgern

Zur Umsetzung der internationalen Übereinkommen soll die Strafbarkeit von Korruptionshandlungen von und gegenüber ausländischen und internationalen Amtsträgern im StGB geregelt werden. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs bestimmter Korruptionstatbestände soll über eine neue Gleichstellungsregelung in
§ 335 a) StGB-Entwurf erfolgen. Für „europäische Amtsträger“ ist eine neue Definition in § 11 Abs. 1 Nr. 2 a) StGB vorgesehen.

Auf der Grundlage der internationalen Vorgaben soll die Gleichstellung der ausländischen und internationalen Amtsträger mit den deutschen Amtsträgern wie bisher im Grundsatz nur für die Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung erfolgen. Anders als im Internationalen Bestechungsgesetz (IntBestG) ist nicht mehr vorgesehen, dass nur Bestechungshandlungen „im internationalen geschäftlichen Verkehr“ erfasst werden. Eine solche Einschränkung lässt das Europarat-Übereinkommen nicht mehr zu. Die geplanten Neuregelungen gehen des Weiteren über die verbindlichen internationalen Vorgaben hinaus. Die Bestechlichkeit (passive Bestechung) von ausländischen und internationalen Amtsträgern soll im gleichen Umfang unter Strafe gestellt werden wie die (aktive) Bestechung dieser Personen.

Bewertung:
Auch dieser Regelung kann die GdP im Grunde genommen nur positiv gegenüberstehen. Schließlich fordert die Gewerkschaft der Polizei schon seit längerem eine Ausweitung der Korruptionsstrafbarkeiten. Es scheint auch absolut folgerichtig, ausländische und internationale Amtsträger im gleichen Umfang mit Strafandrohung zu überziehen wie deutsche Amtsträger.

c) Internationales Strafanwendungsrecht
Auf der Grundlage der internationalen Vorgaben und zur Überführung der bisherigen Regelungen in EUBestG und IntBestG soll die Regelung in § 5 StGB erweitert werden, nach der das deutsche Strafrecht, unabhängig vom Recht des Tatorts, für bestimmte Taten gilt, die im Ausland begangen werden. Künftig sollen alle Korruptionshandlungen im Ausland, soweit sie einen Bezug zu Deutschland haben, nach deutschem Recht strafbar sein.

Bewertung:
Auch diese Regelung ist als positiv anzusehen. Natürlich darf man nicht verhehlen, was dadurch auf die deutschen Strafverfolgungsbehörden zukommen kann. Es darf nicht unterschlagen werden, dass hier Probleme durchaus in den Details liegen können.

d) Geldwäsche
Der Vortatenkatalog der Geldwäsche soll auf die Straftaten der Abgeordnetenbestechung und, soweit diese Taten banden- oder gewerbsmäßig begangen werden, der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr erweitert werden. Dies beruht auf Vorgaben im
Europarat-Übereinkommen und im Vereinten Nationen Übereinkommen.

In den Straftatbestand des § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) StGB soll ein Verweis auf den neuen § 335 a) StGB aufgenommen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass auch die Bestechlichkeit und Bestechung von Bediensteten und Richtern ausländischer und internationaler Behörden und Gerichte, soweit sich die Tat auf eine künftige Dienst- oder richterliche Handlung bezieht, als Vortat der Geldwäsche erfasst werden.

Es wird auch vorab der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung aufgenommen, obwohl dieser erst später in einem gesonderten Gesetz ebenfalls neu geregelt werden soll. Die internationalen Übereinkommen geben vor, in den Vortatenkatalog des Geldwäschestraftatbestandes alle Taten aufzunehmen, die nach den internationalen Übereinkommen unter Strafe gestellt sind. Leider soll durch den Gesetzentwurf die Einbeziehung der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr nur insoweit erfolgen, als es sich um besonders schwere Fälle handeln muss. Rein gesetzestechnisch erfolgt diese Beschränkung insoweit, als § 299 StGB in § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 a) StGB eingestellt wird, der für die Strafbarkeit des Verhaltens voraussetzt, dass die Vortat gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden ist.

Bewertung:
Wenn Zielsetzung sein soll, dass in erster Linie Straftaten verfolgt werden, die durch die Organisierte Kriminalität begangen werden, erscheint dieser Schritt folgerichtig.

e) sonstige Regelungen
Bei den sonstigen Regelungen, die in dem Gesetzentwurf enthalten sind, sind besonders die Änderungen der Bestimmungen der §§ 302 und 338 StGB über die Anwendbarkeit des erweiterten Verfalls interessant. Die Regelungen der Anwendbarkeit der Vermögensstrafe sollen im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Vermögensstrafe angepasst werden.

Insgesamt ist der Titel des vorliegenden Gesetzentwurfs gewaltiger als das, was dann anschließend an Neuerungen geregelt wird. Das „2. Gesetz zur Bekämpfung der Korruption“ dürfte lediglich eine (sinnvolle) Ergänzung des bestehenden deutschen Rechts sein. Ob man davon jetzt den großen Wurf erwarten kann, ist zu bezweifeln. Nichtsdestotrotz kann die Gewerkschaft der Polizei diesem Gesetz durchaus in der derzeitigen Fassung zustimmen.

Zu dem Gesetzentwurf ist zeitgerecht nach Zustimmung durch den Bundesvorsitzenden auf Grundlage dieser Bewertung Stellung genommen worden. Wegen der Bezugnahme auf die Abgeordnetenbestechung wurden bereits jetzt die Vorstellungen der GdP entsprechend dem Beschluss I 2 des Bundeskongresses eingebracht. Dieser Teil wurde mit dem Hinweis versehen, dass wir empfehlen, die Vorstellungen der GdP bei dem zukünftigen Gesetzentwurf über die Abgeordnetenbestechung zu berücksichtigen.


2. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht (nach oben)
Das Bundesjustizministerium hat der Gewerkschaft der Polizei den genannten, noch nicht abgestimmten Referentenentwurf mit der Möglichkeit der Stellungnahme bis zum 31. Mai 2007 zugesandt.

In der Sache soll auch im Jugendstrafrecht zukünftig die Möglichkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung rechtlich verankert werden, die bisher im Bereich des Jugendstrafrechts ausgeschlossen war. Inhaltlich soll die nachträgliche Sicherungsverwahrung dann zur Anwendung kommen können, wenn:
  • es sich um eine Verurteilung zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren handelt;
  • es sich um ein Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung oder um ein Raubverbrechen mit Todesfolge handelt;
  • schwere seelische oder körperliche Schädigungen des Opfers durch die Anlasstat hervorgerufen wurden;
  • am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe die Erkennbarkeit von Tatsachen gegeben ist, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit für die Allgemeinheit hinweisen;
  • eine Gesamtwürdigung mit Prognose der hohen Wahrscheinlichkeit erneuter Straftaten der vorbezeichneten Art (also der Katalogtaten mit schweren Opferschädigungen) vorliegt.
Wegen der eingeräumten Fristen war es nicht möglich, einen vorherigen Beschluss des Geschäftsführenden Bundesvorstandes vor Abgabe der Stellungnahme zu dem Referentenentwurf einzuholen. Ein entsprechender Antrag beim Bundesjustizministerium auf Verlängerung der Frist, um eine vorherige Entscheidung des Geschäftsführenden Bundesvorstandes zu ermöglichen, wurde negativ beschieden.

In Absprache mit dem Bundesvorsitzenden wurde daher fristgemäß eine Stellungnahme der Gewerkschaft der Polizei abgegeben.

Der Geschäftsführende Bundesvorstand billigte auf seiner Sitzung am 13./14. Juni 2007 die nachfolgende Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Verurteilten nach Jugendstrafrecht.

Stellungnahme:

„Die Gewerkschaft der Polizei stellt seit langem die Forderung auf, dass bestehende Regelungslücken im Bereich der Verhängung der nachträglichen Sicherungsverwahrung zu schließen sind. Dies bezieht sich auch auf das Jugendstrafrecht. Wir vertreten die Auffassung, dass es auch im Bereich des Jugendstrafrechts die Möglichkeit geben muss, eine Sicherungsverwahrung zu verhängen. Natürlich sollen nur besonders schwere Fälle der Strafbarkeit betroffen sein. Insbesondere schwerste Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung sowie Fälle von Raub oder Erpressungstaten mit Todesfolge rechtfertigen unseres Erachtens die Verhängung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung auch im Bereich des Jugendstrafrechts. Der GdP ist bewusst, dass es gerade im Bereich von Jugendlichen enorm schwer ist, eine Prognoseentscheidung zu treffen, die die Gefährlichkeit der betroffenen Täter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darstellt. Allerdings umfasst der Schutzauftrag des Staates gegenüber potenziellen Opfern auch solche Menschen, die in relativ jungem Alter bereits mit erheblichen Straftaten auffällig geworden sind und zu längeren Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

Wir begrüßen es, dass der vorliegende Gesetzentwurf weder die vorbehaltene noch die unmittelbar mit dem erkennenden Urteil angeordnete Sicherungsverwahrung vorsieht. Gerade wegen der Entwicklung junger Menschen ist ein Zeitraum von mehreren Jahren, in denen der Täter die Jugendstrafe verbringt, erforderlich, um die Gefährlichkeit desjenigen für die Öffentlichkeit zu prognostizieren. Es ist auch nachvollziehbar, dass eine bereits mit dem Urteilsspruch ausgesprochene vorbehaltene Sicherungsverwahrung möglicherweise präjudizielle Wirkung hat bzw. die weitere Entwicklung des jungen Menschen sehr stark beeinflussen kann. Es lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit einschätzen, ob der Verurteilte auch nach der Verbüßung der Jugendstrafe noch einen Gefährlichkeitsgrad erreicht, der eine Sicherungsverwahrung erforderlich erscheinen lässt. Von daher ist die hier gewählte Form der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung erst aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe als absolut positiv einzuschätzen.

Den Bedenken, die die gegen die Einführung des Instrumentes der nachträglichen Sicherungsverwahrung im Jugendstrafrecht sprechen können, wird auch dadurch Rechnung getragen, dass die Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei nach Jugendstrafrecht Verurteilten deutlich strenger gefasst werden als im allgemeinen Strafrecht. Hier ist insbesondere der Katalog der Anlasstaten zu nennen, der noch enger auf schwerste Verbrechen gegen Personen beschränkt wird. Dass zusätzlich noch schwere seelische oder körperliche Schädigungen oder Gefährdungen des Opfers mit der Straftat verbunden gewesen sein müssen, hat zusätzliche Filterfunktion. Auch die Verkürzung der Frist zur regelmäßigen Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung von zwei Jahren auf ein Jahr hat unseres Erachtens eine zusätzliche Sicherungsfunktion für den jugendlichen Straftäter. Dadurch ist ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleistet, das den Anforderungen, die jugendliche Straftäter stellen, gerecht wird.

Der Gewerkschaft der Polizei ist bewusst, dass gerade bei jungen Menschen das Instrument der Sicherungsverwahrung nur mit größtem Fingerspitzengefühl zur Anwendung kommen sollte. Neben der staatlichen Verantwortung für die Förderung einer positiven Entwicklung junger Menschen überwiegt unseres Erachtens aber, gerade wenn es um Straftäter geht, der verfassungsrechtlich gebotene Schutzauftrag gegenüber den Bürgern in unserem Staat.

Wenn man bedenkt, dass als Anlasstaten, die bei der Ausgangsverurteilung zugrunde liegen, nur Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung in Betracht kommen, ist bereits durch die Schwere der Anlassdelikte und durch die Höhe der zu erwartenden Verurteilung indiziert, dass den besonderen Anforderungen des Jugendstrafrechts Rechnung getragen wird. Das schwerwiegendste Argument jedoch, das die Gewerkschaft der Polizei vollends von der hier gewählten Verfahrensweise überzeugt, ist die Anforderung, dass es mindestens zu einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren kommen muss, bevor über eine nachträgliche Sicherungsverwahrung entschieden werden kann. Die Erhöhung gegenüber den sonst im Erwachsenenstrafrecht vorgesehenen Fällen von fünf Jahren Freiheitsstrafe entspricht unseres Erachtens den Verhältnismäßigkeitserwägungen und den besonderen Strafzumessungsregelungen des Jugendstrafrechts.“


3. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Anhebung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen (nach oben)
Mit Schreiben vom 07. Juli 2008 hat das Bundesministerium der Justiz (BMJ) der GdP den
o. g. Gesetzentwurf mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zugeleitet. In der Sache handelt es sich um ein Gesetzesvorhaben, mittels dessen der seit 1975 gültige Höchstsatz für die Bemessung von Tagessätzen bei Geldstrafen in Höhe von 5.000 Euro auf
20.000 Euro angehoben werden soll. Die GdP hat ihre Zustimmung bekundet.


4. Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz (nach oben)
Das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz (GwBekErgG) ist am 21. August 2008 in Kraft getreten. Dadurch sollen in Deutschland die so genannte 3. EG-Geldwäscherichtlinie und eine dazu von der EG-Kommission erlassene so genannte Durchführungsrichtlinie umgesetzt werden. Das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz ordnet das deutsche Geldwäscherecht neu. Insbesondere wird das bisherige Geldwäschegesetz durch ein neues Geldwäschegesetz abgelöst und die geldwäscherechtlichen Spezialbestimmungen im Kreditwesen ersetzt und im Versicherungsaufsichtsgesetz geändert und ergänzt.

Die inhaltlichen Schwerpunkte des Gesetzes sind im Wesentlichen:
  • Die geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten wurden daran ausgerichtet, ob ein erhöhtes bzw. ein reduziertes Geldwäscherisiko besteht; formell: geringes Risiko – geringe Sorgfaltspflichten, hohes Risiko – hohe Sorgfaltspflichten.
  • Die mit Geldtransaktionen und Betreuung betrauten Unternehmen treffen zukünftig verschärfte Identifizierungspflichten hinsichtlich des wirtschaftlich Berechtigten, der hinter einem Vertragspartner steht. Ebenso werden verstärkte Sorgfaltspflichten in Bezug auf Transaktionen/Geschäftsbeziehungen mit möglichen politisch exponierten Personen aus ausländischen Staaten festgelegt.
  • Die zur Geldwäschebekämpfung bereits bestehenden Instrumente werden hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung ausgeweitet (z. B. besteht zukünftig generell die Pflicht zur Erstattung einer Anzeige bei Verdacht der Terrorismusfinanzierung).

5. Zweites Opferrechtsreformgesetz seit 01. Oktober 2009 in Kraft (nach oben)

Der Gesetzgeber hat mit dem seit 01. Oktober 2009 geltenden 2. Opferrechtsreformgesetz seinen bereits eingeschlagenen Weg weiter fortgesetzt. Die Beteiligungsrechte eines Opfers bzw. eines Zeugen werden im gesamten Strafverfahren weiter gestärkt. Für die ermittelnden und vernehmenden Polizeibeamten hat das 2. Opferrechtsreformgesetz einen nicht unerheblichen Einfluss: Sie sind nun z. B. gesetzlich zur frühzeitigen Information über Opferrechte verpflichtet. Aber auch für Polizeibeamte, die selbst Opfer von Straftaten, insbesondere von Gewaltdelikten werden, wird die Rechtsstellung verbessert, da sich insgesamt die Zeugenstellung verstärkt. Eine erste Auswertung und Berichterstattung über das 2. Opferrechtsreformgesetz erfolgt in der November-Ausgabe der Deutschen Polizei.


III. Stellungnahmen und Positionspapiere

1. TKÜ-Neuregelungsgesetz; Neuregelung der verdeckten Ermittlungsmaßnahmen im Strafverfahren (nach oben)
Das Bundesjustizministerium hat der GdP den oben genannten Referentenentwurf zugeleitet, mit der Gelegenheit, zu diesem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Der Bundesfachausschuss Kripo hat sich auf seiner Sitzung am 12./13. Dezember 2006 mit dem Gesetzentwurf befasst. Aus einigen Ländern sind auch Rückläufe eingegangen. Die Stellungnahme der Gewerkschaft der Polizei wurde aufgrund der folgenden Bewertung erarbeitet und dem Bundesministerium der Justiz fristgerecht zugeleitet.

Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG

Die Gewerkschaft der Polizei begrüßt es, dass ein harmonisches Gesamtsystem der strafprozessualen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen geschaffen werden soll. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung und unserer Verfassung scheint der Gewerkschaft der Polizei hier ein gelungener Kompromiss zwischen Sicherheitsbedürfnis und Freiheitsrechten gefunden worden zu sein. Dies bedeutet allerdings nicht, dass es nicht durchaus auch kritische Anmerkungen zu dem vorliegenden Entwurf gibt. Hier nun die Anmerkungen zu einzelnen Änderungsvorschlägen.

zu § 100 a) StPO
Absatz 1 des § 100 a) StPO wird neu gefasst. In Abs. 1 Nr. 1 wird der Begriff der schweren Straftat als Anordnungsvoraussetzung festgeschrieben. Laut Entwurf soll dadurch das Verhältnis der Telekommunikationsüberwachung zu den anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen in Bezug auf deren Eingriffsintensität und die damit korrespondierenden materiellen Anordnungsvoraussetzungen hervorgehoben werden. Wenn bei der Wohnraumüberwachung von „besonders schweren Straftaten“ gesprochen wird, deren Strafrahmen eine Mindesthöchststrafe von mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe ausweisen muss, erfordern andere verdeckte Ermittlungstaten als Anlasstat eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“. Der Begriff der „Straftat von erheblicher Bedeutung“ ist inzwischen von Literatur und Rechtsprechung weitgehend präzise gefasst und vom Bundesverfassungsgericht mit folgendem Verständnis anerkannt worden: „… eine Straftat von erheblicher Bedeutung muss mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein, den Rechtsfrieden empfindlich stören und dazu geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung empfindlich zu beeinträchtigen.“

Im Vergleich dazu nehmen die im neuen § 100 a) Abs. 1 Nr. 1 StPO in Bezug genommenen „schweren Straftaten“ eine Zwischenstellung ein. Hierunter sollen laut Begründung des Gesetzentwurfs solche Straftaten verstanden werden, die eine Mindesthöchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe ausweisen. In Einzelfällen soll allerdings aufgrund der besonderen Bedeutung des geschützten Rechtsguts oder des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung auch eine geringere Freiheitsstrafe für die Voraussetzung des § 100 a) genügen. Klargelegt ist in dem Gesetzentwurf, dass eine Höchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe dem Begriff der schweren Straftaten nicht mehr entspricht. In
§ 100 a) Abs. 2 des Entwurfs wird der Anlasstatenkatalog unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Erkenntnisse aus verschiedenen Studien, z. B. über die Effizienz der Telekommunikationsüberwachung, überarbeitet und mit dem Anlasstatenkatalog in § 100 c) Abs. 2 StPO harmonisiert.

Bewertung:
Für den Katalog sind unter anderem alle Menschenhandelstatbestände als Katalogstraftaten einbezogen. Darüber hinaus wurden langjährige GdP-Forderungen zur Korruptionsbekämpfung aufgenommen. Bestechung und Bestechlichkeit sind nun endlich auch Katalogstraftaten des § 100 a) StPO geworden. Auch zur Bekämpfung von Steuerstraftaten wurden Verbesserungen vorgenommen. So wurden alle einschlägigen Straftatbestände der Abgabenordnung aufgenommen. Die GdP kann dies nur ausdrücklich begrüßen.

zu § 100 a) Abs. 4 StPO
Hier wird klargestellt, dass durch eine Telekommunikationsüberwachung nicht in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eingegriffen werden darf. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach einen Kernbereich privater Lebensgestaltung anerkannt, der dem staatlichen Zugriff schlechthin entzogen ist. Sowohl für den Bereich der akustischen Wohnraumüberwachung als auch für den der Telekommunikationsüberwachung (Urteil vom 27. Juli 2005, Az.: 1 BvR 668/04) hat das Bundesverfassungsgerichts einfachgesetzliche Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung gefordert. Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht aber auch anerkannt, dass bei der Telekommunikationsüberwachung andere Maßstäbe anzulegen sind als bei der akustischen Wohnraumüberwachung.

§ 100 a) Abs. 4 StPO soll daher klarstellen, dass durch eine Telekommunikationsüberwachung nicht in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eingegriffen werden darf, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch die Überwachung allein Erkenntnisse aus diesem Kernbereich erlangt würden. Soweit dies erkennbar ist, hat die Überwachung zu unterbleiben.

§ 100 a) Abs. 4 StPO knüpft damit an die Regelung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung bei der akustischen Wohnraumüberwachung nach § 100 c) Abs. 4 StPO an, unterscheidet sich davon aber in wesentlichen Punkten. Nach § 100 c) Abs. 4 StPO darf die akustische Wohnraumüberwachung nur dann angeordnet werden, wenn prognostiziert werden kann, dass eine Verletzung des Kernbereichs nicht anfallen wird. Hierzu sind vor Anordnung der Maßnahme Abklärungen vorzunehmen, etwa bezüglich der überwachten Räumlichkeit und zu den sich dort voraussichtlich aufhaltenden Personen. Demgegenüber ist eine Telekommunikationsüberwachung nach dem hier vorliegenden Entwurf – bei Bestehen der sonstigen Voraussetzungen – grundsätzlich zulässig und hat nur dann zu unterbleiben, wenn die anhand vorliegender tatsächlicher Anhaltspunkte zu erstellende Prognose ergibt, dass allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zu erwarten sind. Für die Erstellung dieser Prognose brauchen – anders als bei der akustischen Wohnraumüberwachung – keine besonderen vorausgehenden Ermittlungen getätigt zu werden.

Bewertung:
Es ist zu begrüßen, dass im Bereich der Telekommunikationsüberwachung eine besondere Regelung, die die Strafverfolgungsbehörden verpflichten würde, prognostisch eine mögliche Kernbereichsrelevanz der Gespräche vor der Beantragung, Anordnung und Durchführung der Maßnahme im Sinne präventiven Rechtsschutzes zu prüfen, nicht eingeführt wurde. Eine solche Regelung erscheint auch weder erforderlich noch praktikabel. Telekommunikation ist die Nutzung eines Mediums, das auf die Entfernung der Kommunizierenden voneinander angelegt ist, und nicht, wie z. B. die Nutzung einer Wohnung, den Rahmen für den Austausch höchst persönlicher Informationen bietet. Die Nutzung des Mediums erfordert die Inanspruchnahme der Dienste Dritter (der Telekommunikationsanbieter) und findet vor allem im Bereich des Mobilfunks weitgehend in der Öffentlichkeit statt. Es handelt sich also nicht wie bei der Wohnung um den letzten Rückzugsbereich des Bürgers. Ein vorbeugender Schutz vor jeglicher denkbaren Gefährdung dieses Kernbereichs durch eine Telekommunikationsüberwachung wäre auch praktisch nicht umsetzbar, schließlich ergeben sich Anhaltspunkte für die Kernbereichsrelevanz eines Gesprächs in aller Regel erst aus dem Gespräch selbst. Allerdings muss hierzu gesagt werden, dass dies natürlich wie in fast allen Fällen 1:1 auch für die akustische Wohnraumüberwachung gilt. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht für die Telekommunikation die Hürden möglicherweise nicht so hoch gelegt wie für die akustische Wohnraumüberwachung.

Natürlich darf man nicht verhehlen, dass auch die Latte für die Anforderung an die Telekommunikationsüberwachung zukünftig höher gelegt wird. Schließlich muss eine vorherige Prognose erfolgen, und es darf auch nicht in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eingriffen werden. Nur wenn keine solchen Anhaltspunkte erkennbar vorliegen, darf eine Telekommunikationsüberwachung durchgeführt werden. Ansonsten hat die Überwachung zu unterbleiben. Dies ist bereits eine Verschlechterung gegenüber dem jetzigen Zustand. Von daher ist es bedauerlich, dass nicht dem Beispiel des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern gefolgt wurde. Hier sowie in der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, dass die Anforderungen in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz nicht das „Ob“ der Maßnahme, sondern lediglich das „Wie“ betreffen. Die unterschiedlichen Schutzbereiche und Schutzsichtungen von Art. 10 GG einerseits und Art. 13 GG andererseits ließen für den Bereich der Überwachung der Telekommunikation ein Beweisverwertungsverbot als völlig ausreichend erscheinen. Das Bundesjustizministerium konnte sich dieser Auffassung leider nicht anschließen. Es hat Zweifel daran geäußert, dass die Vereinbarkeit der vorgenannten Auffassungen mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes nicht gegeben sei. Das Bundesverfassungsgericht habe ganz klar gefordert, dass bereits eine Maßnahme zu unterbleiben habe, wenn der Kernbereich privater Lebensgestaltung getroffen werde. Dem könne nur durch ein Erhebungsverbot Rechnung getragen werden.

Insgesamt stellt diese Neuregelung zwar keine Ideallösung dar, unter dem Strich betrachtet muss und kann man mit ihr wohl leben. Die Praxis wird – ähnlich wie bei allen anderen Neuregelungen des Entwurfs – zeigen, ob die Erwartungen erfüllt werden können.

zu § 100 b) StPO
§ 100 b) in der Entwurfsfassung enthält wesentliche Änderungen, die im Einzelnen sehr komplex sind und eine Vielzahl von Neuerungen enthalten. So ist z. B. nunmehr die Überwachung aufgrund einer Gerätenummer (Handy-Nr.) durchaus möglich. Bisher war es so, dass die Staatsanwaltschaft bei Gefahr im Verzug eine Maßnahme anordnen konnte und diese dann innerhalb von drei Tagen durch den Richter bestätigt werden musste. Neu ist nunmehr, dass innerhalb dieser drei Tage die Regelung nicht nur durch den Richter bestätigt werden muss, sondern, wenn dies nicht geschieht, die aufgrund der Anordnung der Staatsanwaltschaft gewonnenen Erkenntnisse nicht weiter im gerichtlichen Verfahren verwertet werden dürfen.

Die Maßnahme darf nur noch für zwei Monate angeordnet und jeweils nur um je einen Monat verlängert werden. Ist die Dauer der Anordnung auf insgesamt sechs Monate verlängert worden, so muss zukünftig über weitere Verlängerungen das im Rechtszug übergeordnete Gericht entscheiden.

Bewertung:
Die Überwachung der Kennung von Endgeräten ist eine sehr wichtige und sehr begrüßenswerte Änderung. Wenn ein zu überwachender Täter zwar dasselbe Endgerät nutzt, jedoch ständig die SIM-Karten tauscht, ist nun eine lückenlose Überwachung möglich. Gefordert wurde eine solche Lösung von Praktikern schon lange.

Problematisch erscheint dagegen die Verkürzung der Anordnungsintervalle für TKÜ-Maßnahmen. Besonders in komplexeren Verfahren, die durchaus zwei bis drei Jahre Ermittlungstätigkeit in Anspruch nehmen können, sind sehr oft auch länger andauernde TKÜ-Maßnahmen erforderlich. Die Gerichte werden durch die Neuregelung wesentlich stärker belastet als bisher. Möglicherweise werden Maßnahmen, die als längerfristig absehbar sind, zukünftig von vornherein abgelehnt, um diesen gerichtlichen Aufwand zu umgehen. Die Forderung kann daher nur lauten, dass bei endgültiger Festschreibung dieser Neuregelung gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Gerichte auch personell dazu in der Lage sind, den erhöhten Anforderungen zu entsprechen. Ansonsten würden Ermittlungsmaßnahmen gefährdet. Zu begrüßen ist es, dass die Telekommunikationsdienstleister nunmehr rechtlich gezwungen sind, die erforderlichen Informationen, sprich die Karten- bzw. Geräte-Nr., auch auf Verlangen der Ermittlungsbehörden herauszugeben.

zu § 100 c) StPO
In § 100 c) StPO ist bereits seit Mitte 2005 die akustische Wohnraumüberwachung entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts neu geregelt. Insofern wurde hier keine Neuerung vorgenommen. Es bleibt aber weiterhin die Kritik, dass der Zeitraum von einem Monat als Erstbeschluss für eine durchzuführende Maßnahme weltfremd und nicht handhabbar ist, ebenso wie das Abschalten bei Gesprächsinhalten, die den Kernbereich privater Lebensführung betreffen.

zu § 100 g) StPO
§ 100 g) StPO wurde neu gefasst und erweitert. Es wurden die Vorgaben der EU-Richtlinie 2006/24/EG umgesetzt. Dies gilt hauptsächlich für die Vorratsspeicherung.

Als problematisch erweist sich die Speicherfrist in § 100 g). Sechs Monate sind eher zu kurz und werden gerade bei komplexen Straftaten wiederum zu Problemen führen. Eine Erweiterung auf zwölf Monate wäre in der Praxis in jedem Fall angemessen. Zu begrüßen ist es, das Verkehrsdaten sowohl den Anrufer als auch den Angerufenen sowie deren Standorte enthalten. Dies wird in der Praxis große Vorteile bringen. Zu begrüßen ist auch, dass die sehr aufwendigen Zielsuchläufe zukünftig entfallen werden.

Zu ergänzen wäre in diesem Zusammenhang noch, dass es sinnvoll erscheint, die gleiche Verpflichtung, die für Netzbetreiber im Bereich der Telekommunikationsüberwachung festgeschrieben wurde, auch für denkbare Fälle verdeckter Maßnahmen außerhalb von Telekommunikationsüberwachungen mit zu regeln. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an folgendes Beispiel: Ein flüchtiger Straftäter soll mittels seines Handys geortet werden. Bisher besteht für den Netzbetreiber, wenn nicht bereits eine Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme angeordnet wurde (was in der Regel bei flüchtigen Straftätern nicht der Fall sein dürfte), nicht die Verpflichtung, den derzeitigen Aufenthaltsort des Handys bzw. die „Funkzelle“, innerhalb deren sich das Handy befindet, zu liefern. Dies führt in der Praxis zu großen Problemen. Es hätte sich aus unserer Sicht empfohlen, eine solche Verpflichtung in diesem Zusammenhang parallel zu regeln.

zu § 110 StPO
§ 110 StPO wird tatbestandsmäßig erweitert auf die „offene“ Durchsuchung elektronischer Speichermedien beim Betroffenen, die von anderen elektronischen Speichermedien räumlich getrennt sind (CDs, Sticks, externe Festplatten) – eine in der Praxis zu begrüßende Neuerung.

zu § 163 f) StPO
Bei längerfristigen Observationen war es bisher so, dass diese durch die Staatsanwaltschaft und bei Gefahr im Verzug auch durch deren Ermittlungspersonen (§ 152 Gerichtsverfassungsgesetz) angeordnet werden durften. Nunmehr wird diese Regelung dahingehend geändert, dass zukünftig grundsätzlich das Gericht und nur bei Gefahr im Verzug auch die Staatsanwaltschaft oder ihre Ermittlungspersonen die Maßnahmen anordnen dürfen. Die Anordnung der Staatsanwaltschaft oder ihrer Ermittlungspersonen tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen vom Gericht bestätigt wird.

Bewertung:
Auch dies stellt eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Situation dar. Man darf nicht außer Acht lassen, dass das Personal bei den in Frage kommenden Gerichten sicherlich aufgrund der hier erfolgten zusätzlichen Aufgabenzuschreibungen nicht vermehrt wird.

zu § 110 b) Telekommunikationsgesetz
Nach § 110 a) TKG müssen Daten auf Anordnung „unverzüglich“ an die Polizei übermittelt werden. Hier stellt sich die Frage, was unverzüglich in dem Zusammenhang heißt. Gilt hier auch die Standarddefinition „ohne schuldhafte Verzögerung“? Bisher gab es keine zeitliche Regelung.

zu § 3 Telekommunikationsüberwachungsverordnung
Diese Verpflichtung bestimmt, wer gemäß der Telekommunikationsüberwachungsverordnung verpflichtet ist, technische Einrichtungen vorzuhalten und organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um die Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen gewährleisten zu können. Hier wird der Kreis der Verpflichteten im Sinne der Telekommunikationsüberwachungsverordnung auf die Telekommunikationsanbieter beschränkt, die mehr als 20.000 Teilnehmer haben. Bisher waren auch bereits solche Unternehmen betroffen, die 1.000 Teilnehmer versorgen. Zukünftig wird dieser Wert auf 20.000 Teilnehmer angehoben. Laut Begründung des Gesetzentwurfes sollen damit die Unternehmen von den Vorhalteverpflichtungen befreit werden, die seltener als durchschnittlich einmal in drei Jahren in Anspruch genommen wurden. Vordergründig scheint dies ein berücksichtigungswertes Argument. Man darf aber nicht vergessen, dass damit TKÜ-Maßnahmen bei regionalen Anbietern zum Teil komplett entfallen.

Insgesamt ist anzumerken, dass die Neufassung neben vielen positiven Neuerungen in der Übersichtlichkeit, Systematik und Verkehrsdatenerhebung auch eine Reihe von verschärfenden Maßnahmen enthält, die einer effektiven Kriminalitätsbekämpfung im Wege stehen. Zum einen nutzen Täter heutzutage immer leichter und immer häufiger die modernen Kommunikationsmittel, zum anderen werden der Polizei durch zeitliche Beschränkungen bzw. Richtervorbehalte große Probleme in der Anwendbarkeit und damit der Schaffung objektiver Beweismittel entgegengesetzt. Insofern sind etliche der Neuerungen keine Erleichterung, sondern eher eine Bremse und bedeuten einen erhöhten Ermittlungsaufwand und einen erhöhten Personaleinsatz auch bei der Staatsanwaltschaft. Dies ist vor allem aber nicht nur bei personalintensiven Ermittlungen z. B. im OK-Bereich, im Bereich schwerster Straftaten und im Terrorismusbereich kontraproduktiv.


2. Verfolgung der Vorbereitung von schweren Gewalttaten (GVVG) (nach oben)
Das Bundesjustizministerium hat der GdP mit E-Mail vom 21. April 2008 den o. g. Gesetzentwurf mit der Möglichkeit der Stellungnahme zugesandt. Der Gesetzentwurf wurde einigen Kollegen aus dem Bereich der Kriminalpolizei mit der Bitte um Stellungnahme zugesandt. Der Entwurf der nachfolgenden Stellungnahme wurde aufgrund dieser Rückmeldungen, aber auch aufgrund der Auswertung des Gesetzentwurfes und der öffentlich zugänglichen Quellen gefertigt.

I. Inhalt
Es sollen zwei neue Paragraphen in das Strafgesetzbuch eingefügt werden. Ein neuer § 89 a) sowie ein neuer § 91 StGB.

1. Beim Entwurf zum neuen § 89 a) geht es um einen Straftatbestand, der sich mit der „Vorbereitung einer Gewalttat“ befasst.
Tatbestandmerkmale sollen:
  • die Ausbildung und das Sich-Ausbilden lassen, um eine schwere Gewalttat zu verüben;
  • die Herstellung, das Sich-Verschaffen, Überlassen oder Verwahren von Waffen, bestimmten Stoffen oder besonders zur Ausführung der vorbereitenden Tat erforderlichen Vorrichtungen und Zündern;
  • das Sich-Verschaffen oder Verwahren von erforderlichen Gegenständen oder Grundstoffen, um diese Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen.
sein.

Schutzgüter bzw. Zielrichtungen des Straftatbestandes sollen Straftaten gegen das Leben (§§ 211, 212 StGB) oder die persönliche Freiheit (§ 239 a), 239 b) – erpresserischer Menschenraub/Geiselnahme) sein. Durch die Tatbestandsverwirklichung muss der Bestand oder die Sicherheit eines Staates gefährdet bzw. die Beseitigung der verfassungsgemäßen Grundsätze in der Bundesrepublik Deutschland beabsichtigt sein. Das Strafmaß soll sechs Jahre bis zu zehn Jahren sein. In minder schweren Fällen kann die Strafe bis zu drei Jahren betragen.

2. Der Entwurf des neuen § 91 StGB sieht das Unter-Strafe-Stellen der Anleitung und Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer „schweren Gewalttat“ vor.
Die Tatbestandsmerkmale sind:
  • das Verbreiten und Sich-Verschaffen von terroristischen „Anleitungen“;
  • die Aufnahme von Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung zwecks Ausbildung in einem „Terrorcamp“.
Das Strafmaß ist Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Begründet werden die vorgelegten Gesetzentwürfe damit, dass die Vorbereitung von schweren Gewalttaten zurzeit außerhalb des von § 129 a) StGB erfassten Bereichs der terroristischen Vereinigung nach geltendem Recht – abgesehen von den Fällen des § 30 StGB, insbesondere der versuchten Anstiftung und der Verbrechensverabredung – lediglich dann strafbar ist, wenn die geplante Tat wenigstens in das Stadium des Versuchs (§ 22 StGB) gelangt ist. Die §§ 129 a) und b) StGB knüpfen die Strafbarkeit des Bildens oder Unterstützens einer terroristischen Vereinigung an die Gefährlichkeit, die von einer (mindestens drei Mitglieder umfassenden) Gruppe ausgeht. Die Struktur des Terrorismus habe sich aber laut Begründung im Vergleich zu den 70er Jahren verändert. Anders als bei der RAF handelt es sich bei den islamistischen Tätern oftmals um Täter, die ohne feste Einbindung in einer hierarchisch aufgebauten Gruppe in nur losen Netzwerken oder allein agieren, so dass die §§ 129 a) und b) StGB auf sie nicht angewendet werden können, wobei die von ihnen ausgehenden Gefahren aber dennoch erheblich und deshalb strafwürdig sind. In dem Gesetzentwurf wird zum Ausdruck gebracht, dass Strafrecht immer das letzte Mittel des Staates
(Ultima-Ratio-Charakter) ist. Deshalb sollen Vorbereitungshandlungen grundsätzlich nur ausnahmsweise strafbar sein. Um eine unverhältnismäßige Ausweitung der Vorfeldstrafbarkeit zu vermeiden, seien die strafbaren Vorbereitungshandlungen genau umschrieben worden.

II. Bewertung

1. Allgemeine Anmerkungen
Die Vorverlagerung des Strafrechts durch das Unter-Strafe-Stellen von Vorbereitungshandlungen ist eigentlich nicht Strafverfolgung, sondern Gefahrenabwehr mit den Mitteln des Strafrechts. Es ist eine Lösung, die für das Strafrecht eher untypisch ist, da das Strafrecht retrograd ausgerichtet ist, sich also an konkreten Handlungen orientiert und an diese anknüpft (selbst bei einem Versuch). Unter pragmatischen polizeilichen Gesichtspunkten ist dieser Weg sicher nicht zu beanstanden, da Ermittlungsmaßnahmen bereits zu einem frühen Stadium ermöglicht werden. Insofern ist es eine eher rechtsdogmatische Frage, ob man diesen Weg gehen will. Entscheidender Vorteil beim Regelungsstandort Strafgesetzbuch ist die Tatsache, dass eine Bestrafung möglich ist. Auch in der internationalen Zusammenarbeit ist die Rechtshilfe wirksamer zu erreichen als die polizeiliche Rechtshilfe auf der Grundlage der Polizeigesetze. Polizeigesetze sind in vielen Staaten nicht bekannt – folglich kommt es bei Anfragen im Rahmen von Rechtshilfe immer wieder zu entsprechenden Problemen.

Andererseits könnte eine Überprüfung sinnvoll sein, ob ein Regelungsstandort auch bzw. zusätzlich in den Polizeigesetzen gesucht werden sollte, da Gefahrenabwehr bei den hier in Rede stehenden Tatbeständen im Vordergrund zu stehen scheint. Problematisch dürften auch die Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale sein.

2. Zu den Regelungstatbeständen im Einzelnen:

a) § 91 a) neu StGB

Schutzgut, aber auch Zielrichtung des neuen Straftatbestandes sollen die Straftaten gegen das Leben (§§ 211, 212 StGB) oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239 a) oder 239 b) StGB sein. Tatbestandsvoraussetzungen sind Vorbereitungshandlungen, die unternommen werden, um den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen oder die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Problematisch dürften in diesem Fall die sich in der Praxis ergebenden Beweisführungen sein. Durch diese Straftatbestände ist es zwar möglich, strafrechtliche Ermittlungen wesentlich früher auf rechtlich gesicherter Grundlage zu beginnen als bisher, nichtsdestotrotz werden aber die Zusammenhänge, dass bestimmte Taten unternommen werden sollen, bestimmt und geeignet sein sollen, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen oder die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben (was immer mit „untergraben“ gemeint ist), nur schwer nachzuweisen sein. Ansonsten ist der Tatbestand deutlich formuliert, trägt der bisherigen Erkenntnis und Bedürfnislage in rechtlicher Hinsicht Rechnung und ist von daher grundsätzlich zu befürworten.

b) § 91 neu StGB

Im neuen Absatz 1 des Entwurfs zum § 91 neu StGB fällt auf, dass zum einen unter Strafe gestellt wird, wenn jemand eine Schrift, die nach ihrem Inhalt geeignet ist, als Anleitung zu einer schweren Gewalttat [gemäß dem neuen § 89 a) Abs. 1 StGB] zu dienen, anpreist oder einer anderen Person zugänglich macht, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden soll. Voraussetzung ist es aber, dass die Schrift nach den Umständen der Verbreitung geeignet ist, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine schwere Gewalttat zu begehen. Auch hier erscheint es äußerst bedenklich, die Beweisführung innerhalb eines Ermittlungsverfahrens sicherzustellen, insbesondere im Hinblick auf die Geeignetheit einer Schrift, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken. Gerade dieser Sinnzusammenhang dürfte enorm schwer nachzuweisen sein. Im Übrigen gelten auch zu diesem neuen Tatbestand die oben bereits im allgemeinen Teil bzw. die unter § 89 a) des Entwurfs angeführten Argumente.

Dieser Bewertung hat der GBV in seiner Sitzung am 28. Mai 2008 zugestimmt. Es wurde eine entsprechende Stellungnahme zu o. g. Gesetzentwurf abgegeben.


3. Zeugnisverweigerungsrecht von Personalräten (nach oben)
Der Landesbezirk Sachsen-Anhalt bittet bei einem Vorgang um Unterstützung durch den Bundesvorstand. In der Sache geht es darum, dass zwei Kollegen aus dem Landesbezirk Sachsen-Anhalt als Zeugen vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geladen worden sind. Sie sollten dort über ein Gespräch als Zeugen vernommen werden, an dem sie als Personalratsmitglieder teilgenommen haben. Neben den beiden Kollegen waren drei von einem Vorgang betroffene Polizeibeamte sowie zwei Vertreter des Ministeriums des Innern Sachsen-Anhalt bei dem Gespräch am 04. Juli 2007 anwesend. In der öffentlichen Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 21. April 2008 verwiesen die Kollegen, nach dem Inhalt des Gespräches vom 04. Juli 2007 befragt, auf
§ 10 Landespersonalvertretungsgesetz Sachsen-Anhalt (PersVG LSA) und die darin geregelte Verschwiegenheitsverpflichtung. Sie wurden darüber belehrt, dass ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zustehe und die Aussagegenehmigung des Dienstherrn dem Ausschuss vorliege. Trotzdem blieben die beiden Kollegen auch nach Beratung mit ihrem Rechtsbeistand bei ihrer Weigerung.

Darauf erging der Beschluss, dass den Kollegen die durch ihr unberechtigt ausgeübtes Zeugnisverweigerungsrecht entstandenen Kosten auferlegt werden; zugleich wurde gegen sie ein Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 250 Euro festgesetzt. Gegen diesen Beschluss haben die beiden Kollegen am 28. April 2008 Beschwerde eingelegt. Der Untersuchungsausschuss lehnte diese Beschwerde mit der Begründung ab, dass den beiden Kollegen ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zustehe.

Die 1. große Strafkammer – Beschwerdekammer – des Landgerichts Magdeburg hat am 18. Juni 2008 die weitere Beschwerde der beiden Kollegen verworfen. Auch das Landgericht ist der Auffassung, dass den beiden Kollegen kein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 10 PersVG LSA zustehe. Dies gelte sowohl für ein strafrechtliches Verfahren als auch vor dem Untersuchungsausschuss. Dem Mitglied eines Personalrates stehe ein Zeugnisverweigerungsrecht zwar in allen arbeitsgerichtlichen, personalvertretungsrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu. Es entspreche verständlicherweise der Auslegung des Personalvertretungsgesetzes, dass staatliche Stellen – seien es Arbeits- oder Verwaltungsgericht – Personalräte als Vertreter der Beschäftigten nicht zu einer Aussage zwingen können, denn es läge auf der Hand, dass durch eine Verpflichtung zur Aussage jegliche Basis für ein Vertrauensverhältnis der Personalratsmitglieder zu den Beschäftigten zerstört würde. Dem Grunde nach würde sogar das gesamte Personalvertretungsrecht durch derart gestaltete staatliche Maßnahmen ausgehebelt werden können.

Im strafrechtlichen Verfahren, so das Landgericht Magdeburg weiter, stelle sich die Situation jedoch anders dar. Der Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Personalratsmitglied und Beschäftigtem rechtfertige dann eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz der Zeugnisverweigerung, wenn das allgemeine Interesse an der Aufklärung von Straftaten berührt ist. Diese aus dem Rechtsstaat folgende Notwendigkeit, nämlich eine funktionierende Strafrechtspflege zu sichern, führe dazu, dass der Kreis der in den §§ 53 bzw. 54 StPO genannten Personen auf das unbedingte Maß beschränkt werden müsse. Die Anwendung dieser Vorschriften der Strafprozessordnung auf Personalräte durch das Gericht sei unzulässig. Da in § 31 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz Sachsen-Anhalt (UAG LSA) auf die Strafprozessordnung Bezug genommen werde, gelten diese auch bei dem Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss. Der Gesetzgeber habe einen Untersuchungsausschuss mit den einschneidenden Mitteln der Strafprozessordnung ausgestattet sehen wollen, um die besondere Bedeutung eines Untersuchungsausschusses herauszustellen. Es handele sich bei einem Untersuchungsausschuss um das „schärfste Mittel“ von Parlamentariern, insbesondere einer parlamentarischen Minderheit, um Sachaufklärung und Wahrheitsfindung zu ermöglichen. Dieser Verfassungsauftrag gehe daher evtl. Nachteilen in Bezug auf das Verhältnis zwischen Personalrat und Beschäftigten vor.

Das Gericht konnte nicht erkennen, dass für die Öffentlichkeit die „Integrität des Personalrates“ in Frage gestellt werde, da sich ein Personalrat dem Zwecke der übergeordneten Wahrheitsfindung nicht ernsthaft verschließen könne. Es träfe auch nicht zu, dass sich ein Personalratsmitglied bei einer Aussage vor dem Untersuchungsausschuss der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aus § 203 StGB aussetzen würde. Da einem Personalrat ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zustehe, würde er auch nicht unbefugt Geheimnisse preisgeben. Abschließend sei es auch nicht unverhältnismäßig, die Aussage der beiden Kollegen mit Hilfe eines Ordnungsgeldes zu erzwingen, weil bereits andere Personen ausgesagt hätten. Es könne dahinstehen, ob weitere Zeugen bereits umfassend ausgesagt hätten, denn es obliege einem Ausschuss, den Umfang und die Art und Weise der Beweisaufnahme zu bestimmen. Es stehe gerade nicht im Ermessen des Zeugen, darüber zu befinden. Außerdem sei es auch nicht von Belang, dass den Beschwerdeführern keine konkreten Fragen gestellt worden seien. Die beiden Kollegen hätten sofort und generell die Aussage verweigert. Für eine weitere Befragung durch den Ausschuss sei daher kein Raum gewesen. Im Übrigen bestehe für die Kollegen als Zeugen vor einem Untersuchungsausschuss kein Wahlrecht, das darin bestehe, nur notwendige Fragen zu beantworten.

Der Landesbezirk Sachsen-Anhalt beantragt nunmehr zu prüfen, ob es angezeigt sei, gegen die Entscheidung des Landgerichts Magdeburg Verfassungsbeschwerde einzulegen, als einziges noch verbleibendes rechtliches Mittel. Mittlerweile haben beide Kollegen in einer erneuten Ausschusssitzung ihre Aussagen gemacht. Ihnen wurden konkrete Fragen gestellt, die sie auch aus ihrer Sicht beantworten konnten, ohne in Konflikte mit ihrer Verschwiegenheitspflicht zu geraten.

Bewertung:
Grundsätzlich sind die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts Magdeburg in dem Beschluss über die Rechtmäßigkeit des Ordnungsgeldes nicht zu beanstanden. Es ist zum einen zutreffend, dass Personalratsmitgliedern nach überwiegend herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur kein Zeugnisverweigerungsrecht in einem Strafprozess gemäß § 53 StPO zusteht. Da die Regeln des § 53 StPO gemäß § 31 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz Sachsen-Anhalt in das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss verbindlich übernommen wurden, gilt diese Regelung auch vor den Untersuchungsausschüssen.

Problematisch ist auch eine Berufung auf § 54 StPO in dem hier zu bewertenden Verfahren. Zum einen wird § 54 StPO in UAG LSA nicht in Bezug genommen. Zum anderen sind hier die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 auch nicht erfüllt. Wie der Untersuchungsausschuss in seinem Abhilfebescheid über die Beschwerde der beiden Kollegen ausgeführt hat, sind nach dieser Norm Richter, Beamte und andere Personen des öffentlichen Dienstes zum Schweigen in Bezug auf Umstände verpflichtet, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, solange eine Aussagegenehmigung nicht vorliegt. Es ist zutreffend, dass die den Kollegen gemäß § 10 PersVG LSA zustehende bzw. obliegende Verschwiegenheitspflicht nicht vom Begriff der Amtsverschwiegenheit im Sinne des § 54 erfasst wird. Entgegen der Auffassung des Rechtsvertreters der Kollegen aus Sachsen-Anhalt besitzen § 10 PersVG LSA und § 54 StPO in der Tat eine unterschiedliche Schutzrichtung. § 10 PersVG LSA regelt die Pflicht der Mitglieder von Personalräten zur Verschwiegenheit. Darunter fallen alle Informationen über persönliche Angelegenheiten und Tatsachen, von denen Personalräte im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kenntnis erlangen bzw. erlangt haben. Diese Norm ist Ausdruck eines besonderen Vertrauensverhältnisses der Beschäftigten und Bediensteten gegenüber dem Personalrat dahingehend, dass die Mitglieder des Personalrats nur dann ihnen anvertraute Informationen offenbaren dürfen, wenn sie dazu befugt sind. Die Befugnis kann sich entweder aufgrund einer Aussagegenehmigung des Geheimnisträgers oder im Rahmen geltender Gesetze ergeben.

In Literatur und Rechtsprechung wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften über die Aussagegenehmigung gemäß § 54 Abs. 1 StPO zwar auch für die unter die Schweigepflicht des § 10 BPersVG fallenden Personen gelten. Da sich die genannten Vorschriften jedoch nur auf die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit beziehen und die Schweigepflicht nach § 10 von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit klar abgegrenzt ist, sei eine Aussagegenehmigung gemäß § 54 Abs. 1 StPO in den Fällen des § 10 nur dann erforderlich, wenn sich die Aussage auch auf Vorgänge erstreckt, die der dienstrechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Das bedeutet, dass der Dienstherr eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht aussprechen kann. Zum anderen bedeutet dies aber auch, dass sich ein Zeuge nur dann auf den § 54 StPO berufen kann, wenn er
  1. dienstrechtliche Vorgänge offenbaren müsste, bei denen er zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, und wenn ihm
  2. keine Aussagegenehmigung erteilt wurde.

Da es im vorliegenden Fall jedoch nicht um die Offenbarung von dienstlichen Geheimnissen, sondern um die Offenbarung von Privatgeheimnissen ging, kann § 54 StPO nicht greifen. Es liegt bisher nur eine Rechtsmeinung in Deutschland vor, wonach ein Gericht (Landgericht München) entschieden hat, dass sich Personalräte analog auch auf § 54 StPO vor einem Strafgericht berufen können. In diesem Fall handelte es sich jedoch um Informationen, die ein Personalrat in seiner Funktion als Personalvertreter von einem Beschäftigten in einem Gespräch unter vier Augen erhalten hat. Damit unterscheidet sich der dort entschiedene Fall von dem hier vorliegenden. Die beiden Kollegen aus Sachsen-Anhalt, die als Personalräte an dem zitierten Gespräch teilgenommen hatten, haben ihre Informationen nicht in einem Zweiergespräch, sondern in einem Gespräch erhalten, bei dem auch Vertreter des Dienstherrn anwesend waren. Insofern trifft der Sachverhalt, den das Landgericht München seinerzeit zu entscheiden hatte, hier nicht zu.

Problematisch ist im vorliegenden Fall allerdings die Verhältnismäßigkeit. Grundsätzlich sollte ein Zeuge nur dann entgegen einer ihm obliegenden Verschwiegenheitspflicht zu einer Aussage gezwungen werden, wenn dies verhältnismäßig, d. h. geeignet, erforderlich und angemessen ist. Zum einen ist die Vernehmung der beiden Kollegen schon gar nicht notwendig gewesen. Dem Protokoll der Ausschusssitzung vom 21. April 2008 kann entnommen werden, dass sämtliche übrigen Beteiligten an dem Gespräch vom
04. Juli 2007 bereits ihre Zeugenaussage gemacht haben. Damit war die Aussage der beiden Kollegen nicht das einzig gebotene Mittel, um den Sachverhalt aufzuklären, und damit nicht erforderlich. Die Ausschussmitglieder sind lediglich deshalb der Auffassung, dass die beiden Kollegen aussagen müssen, weil sie als so genannte „neutrale Zeugen“ über den Sachverhalt Auskunft geben konnten. Meines Erachtens hätte es hier dieser „neutralen Zeugen“ nicht bedurft. Obwohl nicht bekannt ist, welchen Sachverhalt das Gespräch vom 04. Juli 2007 zum Gegenstand hatte, kann hier schon festgehalten werden, dass es zumindest aus Sicht der Ausschussmitglieder zwei unterschiedliche Parteien in diesem Gespräch gab: zum einen die Vertreter des Ministeriums, zum anderen die betroffenen Polizisten.

Wenn aber beide Seiten umfassend ausgesagt haben, so war es den Ausschussmitgliedern auch ohne die Aussagen der „neutralen Zeugen“ möglich (zumindest hätte es möglich sein müssen), einen objektiven Eindruck von dem Inhalt des Gespräches am 04. Juli 2007 zu gewinnen. Es hätte darüber hinaus nicht der Bewertung eines weiteren „Neutralen“ bedurft, um wiederum dem Ausschuss eine Bewertung zu ermöglichen. Insoweit ist es nicht angemessen gewesen, die beiden Kollegen – obwohl sie sich auf eine Verschwiegenheitspflicht beriefen – zu einer Aussage zu zwingen.

Fazit:
Aus gewerkschaftspolitischer Sicht liegt in der Tat eine höchst fragwürdige Rechtssituation vor, wenn Personalräte, obwohl ihnen gemäß § 10 PersVG (sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene) eine Verschwiegenheitspflicht obliegt, in einem Strafverfahren zu einer Aussage gezwungen werden und ihnen nicht das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 StPO zuerkannt wird. Durch diese Rechtskonstellation wird die Vertrauensstellung, die Personalvertreter gegenüber den Beschäftigten und Bediensteten genießen, geschwächt. Zwar kann man sich zum einen auf den Standpunkt stellen, dass jedem, der einem Personalvertreter ein Geheimnis anvertraut, klar sein muss, dass dieser rechtlich in einem Strafverfahren (und dementsprechend analog auch vor einem Untersuchungsausschuss) gezwungen werden kann, seine Kenntnisse zu offenbaren. Andererseits vertraut derjenige, der sich an einen Personalrat wendet und ihm etwas anvertraut, gerade darauf, dass dieser das Geheimnis nicht weitergeben wird. Die Verschwiegenheitspflicht (und damit auch das Recht, Kenntnisse nicht offenbaren zu müssen) ist einer der Grundpfeiler der Personalratsarbeit insgesamt. Von daher sollte in der Tat überlegt werden, ob anhand eines geeigneten Falles diese Frage notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht getragen werden sollte. Eine solche rechtliche Abklärung sollte jedoch vorher im DGB und vor allem mit den übrigen ÖD-Gewerkschaften abgestimmt werden, da diese von einem möglichen Ergebnis auch betroffen sein würden. Es sollte innerhalb dieser Abstimmung geklärt werden, ob es bereits eventuelle Vorstöße gegeben hat. Daneben sollte dargelegt werden, wie die Möglichkeiten einer politischen Initiative gesehen werden, um eine Gesetzesänderung herbeizuführen.

Leider eignet sich jedoch der vorliegende Fall nicht für eine solche Klärung. Die „Geheimnisse“, von denen die Personalvertreter in dem Gespräch am 04. Juli 2007 erfahren haben und die sie sich weigern zu offenbaren, wurden ihnen in einem Gespräch mit mindestens fünf weiteren Teilnehmern zur Kenntnis gegeben. Da sowohl die Vertreter der Ministerien als auch die drei betroffenen Polizisten selbst bereits umfassend über das Gespräch Auskunft erteilt hatten, kommt insofern diesen Informationen ein Geheimnischarakter kaum noch zu. Insofern sollte dieser Fall nicht herangezogen werden, um die eben empfohlene Klärung herbeizuführen. Es sollte eher ein Fall gewählt werden, bei dem das Vertrauensverhältnis zwischen Personalrat und Beschäftigten direkt betroffen ist.

Der GBV hat in seiner Sitzung am 17. Juli 2008 beschlossen, dass der vorliegende Fall nicht im Wege einer Verfassungsbeschwerde vom Bundesvorstand rechtlich unterstützt wird. Der Landesbezirk Sachsen-Anhalt wurde entsprechend beschieden.


4. Stellungnahme der GdP zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 35) (nach oben)
Das Bundesministerium des Innern hat der Gewerkschaft der Polizei den oben genannten Entwurf – dieser entspricht der Einigung im Koalitionsausschuss über den Personaleinsatz der Bundeswehr im Innern – zugeleitet. Es besteht nun die Möglichkeit, bis zum 24. Oktober 2008 dazu Stellung zu nehmen.

Bewertung:
Der Gesetzentwurf umfasst zwei Artikel: Artikel 2 betrifft lediglich das Inkrafttreten, Artikel 1 dagegen eine Änderung des Grundgesetzes und hier des Artikels 35 Grundgesetz (GG). Folgender Entwurf soll eingebracht werden:

Nach Abs. 3 werden folgende Absätze 4 und 5 angefügt:
  • Abs. 4: Reichen zur Abwehr eines besonderen schweren Unglückfalles polizeiliche Mittel nicht aus, kann die Bundesregierung den Einsatz der Streitkräfte mit militärischen Mitteln anordnen. Soweit es dabei zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, kann die Bundesregierung den Landesregierungen Weisungen erteilen. Maßnahmen der Bundesregierung nach den Sätzen 1 und 2 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im Übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.
  • Abs. 5: Bei Gefahr im Verzug entscheidet der zuständige Bundesminister. Die Entscheidung der Bundesregierung ist unverzüglich nachzuholen.
Der vorgelegte Entwurf hat bei Bekanntwerden nicht unwesentliche Irritationen in der Öffentlichkeit, aber auch im politischen Lager ausgelöst. Nach Informationen aus Kreisen der SPD-Fraktion sind die Bundestagsfraktionen vorher nicht entsprechend einbezogen worden. Der Wortlaut entspricht lediglich einem Kompromiss, der im Koalitionsausschuss vorrangig durch die Bundesminister Zypries und Schäuble sowie Bundesaußenminister Steinmeier gefunden wurde. Im Kreise zumindest der SPD-Bundestagsfraktion wird der Entwurf kritisch gesehen. Nach Aussagen des Bundestagsinnenausschussvorsitzenden Sebastian Edathy hat sich die SPD-Fraktion gegen den Wortlaut des Entwurfes ausgesprochen. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits im März 2007 einen eigenen Alternativentwurf vorgelegt; in diesem Alternativentwurf zu Art. 35 GG war als neuer Art. 4 enthalten:

„Wenn ein besonders schwerer Unglücksfall nach Abs. 2 oder Abs. 3 aus dem Luftraum oder von See her unmittelbar droht, dürfen die Streitkräfte auch militärische Mittel einsetzen, wenn die Polizei die Gefahr mit ihren Mitteln nicht abwenden kann.“

Auch in diesem Entwurf war eine Eilzuständigkeit zur Anordnung für „den zuständigen Bundesminister“ enthalten.

Der jetzt vorgelegte Entwurf des Bundesinnenministeriums ist abzulehnen. Grundsätzlich kann man sich allerdings einer Ergänzungen des Art. 35 GG nicht entziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Luftsicherheitsgesetz vom 15. Februar 2006 klar festgestellt, dass die bisherigen Regelungen des Art. 35 GG einen Einsatz der Bundeswehr in den in Art. 35 GG vorgesehenen Fällen lediglich mit polizeilichen Mitteln zulassen. Das oberste Gericht hat herausgestellt, dass der Art. 35 GG nur als Regelung der Rechts- und Amtshilfe gesehen wird. Wenn aber Amtshilfe geleistet wird, müsse diese Amtshilfe mit den Mitteln geleistet werden, die derjenige, der die Amtshilfe anfordert, zur Verfügung hat. In diesem Zusammenhang hat sich das Bundesverfassungsgericht eindeutig dahingehend geäußert, dass nach Art. 35 GG Polizeieinsätze mittels Amtshilfe unterstützt werden dürfen. Von daher dürfen auch nur polizeiliche Mittel zur Anwendung kommen. Insofern ist eine Ergänzung zwingend notwendig in den Fällen, in denen ein schwerer Unglücksfall (unter diesen wird vom Bundesverfassungsgericht auch ein terroristischer Anschlag gefasst) droht. Sollten diese terroristischen Anschläge mit polizeilichen Mitteln nicht abzuwehren sein, ist z. B. im Falle eines drohenden Angriffs aus der Luft, eines Angriffs von See her oder z. B. eines Renegade-Falles (Entführung und vorsätzliches Zum-Absturz-Bringen eines Flugzeuges) nur das Militär in der Lage, diesen Angriffen entsprechend entgegenzutreten. Alternativ ist es auch nicht denkbar, dass die Polizei mit den Mitteln ausgerüstet wird, die notwendig sind, um diesen Angriffen entgegenzutreten und damit die besonders schweren Unglücksfälle im Sinne von Art. 35 GG zu verhindern.

Der hier vorgelegte Entwurf geht allerdings über den erforderlichen Regelungsgehalt wesentlich hinaus. In der Begründung zum Entwurf zu Art. 1 Abs. 4 Satz 1 wird eingestanden, dass die Anordnungsbefugnis der Bundesregierung unabhängig davon bestehen soll, ob es sich um eine Gefahrenlage in einem (Art. 35 Abs. 2 Satz 2) oder mehreren Ländern (Art. 35 Abs. 3 Satz 1) handelt. Laut der Begründung soll die Neuregelung nicht nur den Einsatz militärischer Mittel, sondern auch den Bundeswehreinsatz als solchen betreffen. Der Begründungstext geht sogar so weit, dass geregelt werden soll: „Betrifft die Gefahr nur ein Land, bedarf es deshalb der in Abs. 2 Satz 2 vorausgesetzten Anforderungen der Bundeswehr durch das Land nicht, wenn die Gefahrenabwehr den Einsatz militärischer Mittel erfordert.“ D. h. im Klartext: Die Bundesregierung hat eine Entscheidungs- und Anordnungskompetenz unabhängig davon, ob das Land überhaupt diese Amtshilfe benötigt und angefordert hat.
Zwar wird dies momentan so nicht zugegeben. Insbesondere die Bundesjustizministerin, Brigitte Zypries, sagte in einer Stellungnahme an die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion vom 07. Oktober 2008: „Die weitreichenden Pläne der Union für einen generellen Einsatz der Bundeswehr im Inneren zur Terrorismusbekämpfung sind damit endgültig vom Tisch, eine Militarisierung der Innenpolitik wird es nicht geben. Wir haben uns damit politisch auf der ganzen Linie durchgesetzt. Die Klarstellung des Art. 35 GG ist eine richtige und notwendige Folge des Verfassungsgerichtsurteils zum Luftsicherheitsgesetz. Die Pläne der Union, die Bundeswehr zur Hilfspolizei im Inneren zu machen, sind gescheitert.“ Insbesondere stützt sich Brigitte Zypries darauf, dass die wesentlich weitgehenderen gesetzlichen Vorhaben von Bundesinnenminister Schäuble damit vom Tisch seien. Dieser hatte in seinem ursprünglichen Entwurf auch beabsichtigt, den Art. 87 a) GG zu ändern. Dort sollten klare Kompetenzen zum Einsatz der Bundeswehr z. B. zu Objektschutzmaßnahmen festgeschrieben werden. Zypries stellt zutreffend fest, dass diese Pläne nunmehr mit dem gefundenen Kompromiss vom Tisch sind. Dass allerdings der jetzt vorgeschlagene Wortlaut des Art. 35 GG wesentlich weitgehendere Maßnahmen zulässt, als sie bisher in Art. 35 GG geregelt sind, lässt sie dabei ungesagt.

Hier liegt aber gerade die Crux bei dem vorgelegten Gesetzentwurf. Es mag sein, dass von Seiten der beteiligten SPD-Minister dem Wortlaut die Deutung gegeben wird, die Zypries in ihrem Vermerk zum Ausdruck bringt. Fraglich ist allerdings, ob dies von den beteiligten Bundesministern der CDU/CSU auch so gesehen wird. Dies erscheint vor dem Hintergrund des von Bundesinnenminister Schäuble seit fast 15 Jahren verfolgten Zieles eher unwahrscheinlich. Da die Begründung des Gesetzestextes hierzu keine Aussagen trifft, sondern im Gegenteil sogar deutlich die gewachsenen Kompetenzen der Bundesregierung zum Ausdruck bringt, bestehen große Zweifel an der Aussage der Bundesjustizministerin.

Von daher lässt sich festhalten, dass – wenn nicht eine eindeutige Klarstellung in die Begründung des Gesetzestextes geschrieben wird – die GdP diesen vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut nur ablehnen kann. Grundsätzlich bleibt es bei den Bedenken, die die Gewerkschaft der Polizei insgesamt an einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren mit Ausnahme der bisher möglichen Fälle der Amtshilfe hat.

Die GdP hat fristgerecht zu dem Entwurf aufgrund der hier vorliegenden Bewertung und der Grundposition der GdP Stellung genommen und den Gesetzesentwurf abgelehnt.


5. Schwarzarbeitsbekämpfung durch Änderung des SGB IV (nach oben)
Über die parlamentarische Verbindungsstelle des DGB ist der GdP der Entwurf für ein „Zweites Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV) und anderer Gesetze“ zugeleitet worden (2. SV-ÄndG). Der die GdP hauptsächlich betreffende Teil befasst sich mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit.

Obwohl nicht offiziell zur Stellungnahme aufgerufen, haben wir den Entwurf den Kollegen der Bundespolizei/Bundesfinanzpolizei (Zoll) zugeleitet. Diese haben durch einen fachkundigen Kollegen eine Bewertung vornehmen lassen. Der Kollege ist zu der Auffassung gekommen, dass der Gesetzentwurf „unproblematisch“ ist, aber aus seiner Sicht zu kurz greife. Er macht Anmerkungen, wie der Entwurf aus Praktikersicht optimiert werden könnte.

Da wir nicht offiziell um eine Stellungnahme gebeten wurden, bietet es sich an, die Anmerkungen dem sicherlich nach der ersten Lesung mit der Federführung betrauten Sozialausschuss zur Verfügung zu stellen oder über eine der Fraktionen (z. B. SPD BT-Fraktion) in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen.

Die zuständige Fachabteilung wird das weitere Vorgehen mit dem Kollegen Jörg Radek abstimmen.


IV. Bundesfachausschuss Kriminalpolizei (nach oben)
Der BFA Kripo tagte in dem Berichtszeitraum insgesamt sechsmal: am 12./13. Dezember 2006, 12./13. Juni 2007, 27./28. November 2007, 07./08. Mai 2008, 01./02. April 2009 sowie 17./18. Februar 2010. Im Rahmen umfangreicher Tagesordnungen behandelte der BFA unter anderem die folgenden Themen: Amokläufe, jugendliche Intensivtäter und Amoklagen sowie Entwicklungen im Waffenrecht, Rockerkriminalität und aktuelle Entwicklungen der Wirtschaftskriminalitätsbekämpfung. Der BFA hat eine neue Geschäftsordnung vereinbart.
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