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Polizeitag 2012 in München

Witthaut: Demographie und Schuldenbremse kontra Sicherheit

München.

Über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erörterten Anfang Juli in München auf dem von "Behörden Spiegel" und Gewerkschaft der Polizei (GdP) gemeinsam veranstalteten Polizeitag 2012 die "Sicherheitsarchitektur im demographischen Wandel". In einem Redebeitag erläuterte der Bundesvorsitzende der GdP, Bernhard Witthaut, die Positionen seiner Organisation. Die demographischen Entwicklung, so der GdP-Chef, ließe auch neue Kriminalitätsfelder entstehen. Um dem gerecht zu werden, müsse die Polizei personell verstärkt werden. "Wir müssen mehr werden, nicht weniger, um die Sicherheit in diesem Land zu gewährleisten!", sagte Witthaut. Weitere Redner waren der bayerische Staatsminister des Inneren, Joachim Herrmann, der Münchener Polizeipräsident Prof. Dr. Wilhelm Schmidbauer und Christian Endreß, Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Sicherheitsforschung und Sicherheitsmanagement der Universität Witten-Herdecke.

GdP-Bundesvorsitzender Bernhard Witthaut wies in seinem Redebeitrag darauf hin, dass mit der demographischen Entwicklung auch neue Kriminalitätsfelder entstehen würden, so z.B. in Altenheimen und bei der Pflege. Es seien aber nicht nur individuelle Straftaten, sondern auch groß angelegte Kriminalitätsakte zu befürchten. So könnten unselbstständige Menschen in Pflegeheimen Medikamentenversuchen unterzogen werden, die kaum aufzuklären wären. Während Innenminister Herrmann mit Recht und Stolz darauf hinweisen konnte, dass bei den Einstellungsverfahren der bayerischen Polizei ein Bewerberverhältnis von 1:6 auf jede Stelle vorliege, wandte Witthaut ein, dass es in anderen Bundesländern bereits Nachwuchsprobleme gebe. In Hamburg etwa liege das Verhältnis bei 1:2. Dies zeige schon jetzt deutlich, dass bei dem niedrigen Einstellungsgehalt für den Polizeidienst dieser gegenüber privaten Arbeitgebern im Kampf um die besten Nachwuchskräfte zukünftig erhebliche Schwierigkeiten erhalten würde.

Witthaut sieht aber nicht nur in der demographischen Entwicklung sondern auch in einer zu befürchtenden Altersarmut eine Herausforderung für die Polizei. Sollte beispielsweise die Energiewende zu einer deutlichen Verteuerung führen, sei der Energiediebstahl, wie er bereits durch das Anzapfen von Stromverteilern in Berlin bekannt sei, dann bundesweit möglich. Um diesem gerecht zu werden, müsse die Polizei personell verstärkt werden.

"Wir müssen mehr werden, nicht weniger, um die Sicherheit in diesem Land zu gewährleisten!", so Witthaut. Der GdP-Bundesvorsitzende wies zudem auf die Sicherheitsarchitektur hin, die aus seiner Sicht spätestens seit der Veröffentlichung des so genannten Werthebach-Berichts reformierungsbedürftig sei. Er widersprach damit Innenminister Herrmann, der keine Veränderung in der Sicherheitsarchitektur als notwendig ansah.

Reformen notwendig
Der GdP-Bundesvorsitzende sieht eine Reform des Verhältnisses von Bundeskriminalamt (BKA) und Bundespolizei (BPol), aber auch andere Bereiche als reformbedürftig an. Alleine die Finanzbehörden unterhielten mehrere Sonderpolizeien, die einem Dach unterstellt werden müssten. Mit einer solchen rechnet er allerdings frühestens 2013, also nach der Bundestagswahl und der Etablierung einer neuen Bundesregierung. Zu klären sei auch das Verhältnis zwischen staatlicher und privater Sicherheit. Derzeit existierten 123 Kooperationsvereinbarungen in den Bundesländern, die zwischen Polizei, kommunalen und privaten Sicherheitsunternehmen getroffen seien. Hier bestehe aus seiner Sicht genereller bundeseinheitlicher Regelungsbedarf.

Der Wach- und Wechseldienst sei unter demographischen Aspekten eine besondere Herausforderung für die Polizeiorganisationen. Unvorstellbar für die GdP sei eine Lösung, wie sie in zwei Grafschaften in England getroffen worden sei. Dort dürften private Sicherheitsunternehmen aus Kostengründen offiziell ermitteln und seien mit polizeiähnlichen Befugnissen beliehen. Witthaut machte seine Sorge deutlich, dass die Schuldenbremse der Länder eines Tages auch zu solchen Entwicklungen in Deutschland führen könne. Ein Indiz hierfür sieht er bereits in der IMK-Erarbeitung eines Positionspapiers zur Rolle der privaten Unternehmen in der öffentlichen Sicherheit. Zwar sei die Zertifizierung von privaten Sicherheitsunternehmen noch keine beschlossene Sache, aber sie werde von den Innenministern von Bund und Ländern angestrebt. Witthaut befürchtet, dass hier eine Übertragung bisher polizeilicher Aufgaben auf Private indiziert sei. Sicherheit müsse gesamtgesellschaftlich diskutiert und gegebenenfalls auch neu definiert werden. Bei der demographischen Entwicklung gehe es nicht nur um ältere Menschen als Opfer und Täter, sondern insbesondere auch um Jugendliche und Kinder.

Die Deutsche Kinderhilfe habe gerade mal 80.000 Mitglieder, ein Bruchteil dessen was amnesty international, Umweltverbände oder auch Tierschutzorganisationen aufweisen könnten. Dies zeige das Missverhältnis der gesellschaftlichen Solidarität gegenüber den von der demographischen Entwicklung betroffenen Altersschichten.
Diese beträfe eben nicht nur die älteren Menschen, die immer mehr würden, sondern ganz besonders auch die jüngeren und die Kinder, die immer weniger würden.

Quelle: Der Text erschien im Sondernewsletter des Behörden Spiegel zum "Polizeitag 2012" Anfang Juli in München.
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