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Event oder Randale - der deutsche Fußball am Scheideweg
Erschienen im Landesjournal der GdP M-V - Ausgaben 11 - 12 (2008) - 01 - 02 (2009)
Frei für Journalistinnen und Journalisten in ihrer Berichterstattung bei Nennung:
"Olaf Kühl (†) - GdP M-V" bzw. "Olaf Kühl (†) - Gewerkschaft der Polizei Mecklenburg-Vorpommern"


In der Fußballsaison ist gerade die „Halbzeit“ absolviert und schon treten die alten Probleme mit der Gewalt rund um den Fußball wieder auf. Das Beispiel der friedlichen Fußballeuropameisterschaft konnte scheinbar keine nachhaltige Verhaltensänderung der Problemfans bewirken. Die gewaltbereiten Fußballfans setzen nahtlos da an, wo sie in der abgelaufenen Saison aufgehört haben. So wurden u.a. Testspiele (Hallischer FC-FC Hansa Rostock; Kaiserslautern-KSC) aus Angst vor gewalttätigen Ausschreitungen abgesagt. Zahlreiche weitere Ereignisse (Union Berlin-Cottbus; 15 verletzte Beamte) in den vergangenen Wochen im Profi- und Amateurfußball müssten nun auch den letzten Zweifler davon überzeugt haben, dass den Gewalttätern nur ein energisches Einschreiten Einhalt gebietet.

Mehrere Faktoren scheinen den Gewalttätern in die Karten zu spielen, so dass Deutschland wahrscheinlich vor einer der gewalttätigsten Spielzeit seit Jahren steht.

Durch die Neugliederung der Spielklassen entstehen nicht nur für die Vereine finanziell interessante Derbys, auch Problemfans rüsten für diese Begegnungen auf. Besonders die neue Dritte Liga bietet interessante Spiele und lässt alte Rivalitäten aufblühen.


Die Rolle der Vereine

Die Fußballvereine der Bundesligen sind mittlerweile millionenschwere Unternehmen, die das Ziel verfolgen, mit sportlichem Erfolg mehr Geld zu generieren.

Dafür werden verschiedene Geschäftsgebiete bedient. Im Vordergrund stehen dabei die Gewinnung von Sponsoren, die Vermarktung des Stadions sowie der Werbeflächen. Das Geschäftsfeld des Merchandising gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Spielerwechsel erhalten ebenfalls neue marktstrategische Qualität. So bescherte zum Beispiel der Wechsel von David Beckham Real Madrid einen Umsatz von Beckham- Merchandisingartikel von ca. 120 Millionen Euro im ersten Jahr.

Die Fans spielen eine immer wichtigere Rolle bei der finanziellen Planung der Vereine. Zunehmend verlangen sie auch mehr Einflussmöglichkeiten auf den Verein. Anfangs stand die berechtigte Forderung nach mehr Mitspracherecht bei der Angebotsgestaltung von Merchandisingartikel. Welcher Fan besitzt schon die gleiche körperliche Konstitution wie sein Idol? Die Steigerung der Erträge im Rahmen der Mitsprache der Fans führte schnell zu einem Umdenken bei den Vereinen.

Die Einflussnahme auf Entscheidungen des Vereins wollen einige Fangruppierungen deutlich ausbauen. Sie sprechen sich gegen die, nach ihrer Auffassung, zunehmende Kommerzialisierung des Fußballs aus. Was einmal mit der Initiative PRO 15:30 begann, ist schon lange eine bundesweite Bewegung zur Einflussnahme auf die Vereine und den Deutschen Fussball Bund (DFB) geworden. Jetzt erweist es sich als Nachteil, dass viele Vereine keine professionelle Fanarbeit betrieben haben bzw. betreiben. Die reine kommerzielle Ausrichtung der Vereinsarbeit in den vergangenen Jahren wirft nun Probleme auf.


Hauptamtlicher Fanbeauftragter nicht ausreichend

Dabei ist die Beschäftigung eines hauptamtlichen Fanbeauftragten nur eine Facette in der Fanarbeit. Die Fanbetreuer der Vereine müssen auch über angemessene finanzielle Mittel verfügen, um ihre Aufgaben zu erfüllen.

Es sollte Wert darauf gelegt werden, dass den Fans die Angebote an den Orten und zu den Zeiten gemacht werden, wo sie diese auch nutzen können.

Vereine, die diese Grundsätze zu wenig oder gar nicht berücksichtigen, werden in den nächsten Jahren Probleme mit gewaltbereiten Fans bekommen. Insbesondere Ultragruppierungen nutzen die sich bietenden Lücken in der Fanbetreuung aus, um sich zahlenmäßig zu verstärken und ihren Einfluss auf den Verein zu erhöhen. Sie öffnen ihre Clubräume fast täglich, binden Interessierte bei der Herstellung der Choreografien ein und bieten somit den Fans eine Heimat und das Gefühl der Zugehörigkeit. Das Engagement der Ultras für ihren Verein, das Erstellen von Choreografien und die gemeinsamen Besuche der Spiele haben auf viele Jugendliche und Heranwachsende eine faszinierende Anziehungskraft. So wird die Anzahl die Menschen, die sich dieser Szene verbunden und zugehörig fühlen immer größer. Sie betrachten sich als wesentliche Fans, da sie in den Stadien für Stimmung sorgen und auch die Mannschaft bei Auswärtsspielen unterstützen.

Je weniger bezahlbare Freizeitangebote für Jugendliche existieren, um so größer der Zulauf für diese Szene. Das zeigt die gesamtgesellschaftliche Dimension diese Problems.


Ultras werden zahlenmäßig immer stärker

Die Ultras sind sich mittlerweile ihrer Stärke bewusst und haben auch ihre Strategie der Einflussnahme auf die Vereine angepasst. Neben dem verstärkten Zugehen auf die Vereinsgremien werden die ultranahen Personen aufgefordert, Vereinsmitglieder zu werden. So ist die deutliche Zunahme von Vereinsmitgliedern bei den Vereinen nicht alleine auf deren Werbekampagnen zurück zu führen.

Wie schon dargestellt, ist das Ziel der Ultragruppierungen die verstärkte Einflussnahme auf die Vereine. In der Regel sind die Vereine so strukturiert, dass ein Aufsichtsrat einen Vorstand verpflichtet, der dass operative Geschäft abwickelt. Der Aufsichtsrat wird regelmäßig durch die Mitgliederversammlung gewählt.

Um Entscheidungen des Vereines wesentlich zu beeinflussen, ist die Besetzung des Aufsichtsrates von zentraler Bedeutung. Wer seine Kandidaten in dieses Gremium wählt, hat Einfluss auf die Vereinspolitik und kann seiner Gruppierung als Interessenvertreter u.a. Privilegien und Freikarten verschaffen.

Unter diesem Aspekt erfolgt die Werbung von neuen Vereinsmitgliedern in der Ultrafanszene. Ziel ist es, bei den anstehenden Wahlen seine Kandidaten in die Gremien zu wählen. So wie radikale politische Randgruppen bei Wahlen eine hohe Mobilisierung ihrer Anhänger erreichen, gehen auch die Mitglieder der Ultrabewegung zahlreich zur Wahlversammlung, um ihre Interessen zu vertreten. Je größer das Desinteresse bei den anderen Mitgliedern des Vereins, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Ultras ihre Kandidaten in den Gremien durchsetzen.

In den Vereinen wird mittlerweile diese Strategie erkannt und gefürchtet. So bieten Mitglieder des Aufsichtsrates der Ultraszene Kooperationen an, setzen sich für deren Belange ein und suchen häufig den Kontakt zu den Anführern. Dieses geschieht in der Hoffnung, bei der nächsten Wahl durch diese Gruppierung unterstützt zu werden. Durch dieses Verhalten steigt die Einflussnahme der Ultras auf die Vereinspolitik erheblich.

Mit dieser Konstellation wird es für Sicherheitskräfte immer schwieriger gegen gewaltbereite Ultras vorzugehen. In Statements beziehen die Vereinsverantwortlichen klare Positionen gegen Gewalt. Beim konkreten Handeln sind die Vereingremien deutlich zögerlicher, in dem Wissen, welche Machtposition die Ultras bereits inne haben. Das führt auch dazu, dass Aufsichtsratsmitglieder versuchen, Einfluss zu Gunsten der Ultras auf das operative Geschäft des Vorstandes zu nehmen.

Wohin diese Verhalten führen kann, ist an der Situation im italienischen Fußball abzulesen.


Vereine sollten verstärkt auf Sympathieträger setzen

Bei der Bekämpfung der Gewalt, sollten durch die Vereine verstärkt die Sympathieträger des Vereins einbeziehen. Mit ihrer Vorbildwirkung und mit ihrem Engagement kann es gelingen, ultranahe Fans zu einem Umdenken zu bewegen. Auf Dauer sind gewalttätige Aktionen der eigenen Fans für die Vereine ein wirtschaftliches Risiko, da die Zuschauer nicht mehr so zahlreich ins Stadion kommen und so das Interesse für den Fußball abnimmt. Des Weiteren könnte eine ähnliche Situation im Bereich Sponsoring entstehen, wie im Radsport. Unternehmen wollen nicht mit einem Verein in Verbindung gebracht werden, deren Fans ständig für negative Schlagzeilen sorgen.

Um eines deutlich zu sagen, Gewalt wird auch weiterhin ständiger Begleiter des Fußballs sein. Es ist nur die Frage, welchen Einfluss sie zukünftig auf den Spielbetrieb hat. Die Vereine haben die Verpflichtung diesen Entwicklungen noch stärker entgegen zu treten. Geschieht dieses nicht, berauben sie sich auf lange Sicht ihrer wirtschaftlichen Grundlage.


Rolle des DFB

Dem Deutschen Fußballbund kommt in dem Prozess der Entwicklung der Fankultur in Deutschland eine entscheidende Rolle zu. Auch wenn die Deutsche Fußballliga die Durchführung des Spielbetriebes der Bundesligen organisiert, liegt die Sportgerichtsbarkeit und die Richtlinienkompetenz in Sicherheitsfragen beim DFB.

Jahrelang wurde das Problem der Sicherheit bei Bundesspielen recht stiefmütterlich behandelt. In der Regel nahmen engagierte ehrenamtliche Funktionäre des Sicherheitsausschusses die Aufgaben für den DFB wahr. Nach der Fußballweltmeisterschaft war der DFB geblendet von dem friedlichen und stimmungsvollen Verlauf. Obwohl Sicherheitsexperten schon weit vor der Fußballweltmeisterschaft vor einer neuen Qualität der Gewaltbereitschaft rund um den Fußball warnten, fanden sie kein Gehör. Erst als Rassismus und Gewalt offen zutage traten, sah sich der DFB genötigt, eine Task Force einzurichten. Mittlerweile ging diese Task Force im Rahmen von Strukturveränderungen in die Kommission Sicherheit und Prävention beim DFB auf. An dem Gewaltproblem im Fußball an sich hat sich im Wesentlichen nichts geändert. Alleinig die Konsequenz bei rassistischen Verfehlungen in Stadien ist beispielgebend.

Nicht nachzuvollziehen ist das Verhalten des DFB in Bezug auf die Änderung der Stadionverbotsrichtlinie im Frühjahr dieses Jahres. Trotz deutlicher Zunahme von Gewaltdelikten rund um den Fußball und der Warnung der Sicherheitsexperten der Vereine und der Polizei, verringerte der DFB die maximale Laufzeit der Stadionverbote von fünf auf drei Jahre. Dies erfolgte ohne Evaluation der erst vor rund zwei Jahren neu erlassenen Stadionverbotsrichtlinien, die u.a. die Aussetzung bzw. Reduzierung von Stadionverboten vorsah. Auch die Vorschläge von Sicherheitsexperten der Polizei für Jugendliche in Anlehnung an das Jugendstrafrecht veränderte Laufzeiten für Stadionverbote einzuführen wurden negiert.

Die Grundsätze partnerschaftlicher Zusammenarbeit wurden seitens des DFB in erheblichem Maße missachtet. Dies führte zu einem starken Vertrauensverlust bei den Sicherheitspartnern.
In den gewaltbereiten Ultraszenen wurde die Reduzierung der Laufzeiten der Stadionverbote als Erfolg gegenüber der Polizei und des DFB gefeiert.

Das Vorgehen des DFB führt zwingend zu der Frage, ob staatliche Stadionverbote nach englischem Vorbild, die privatrechtlichen Stadionverbote der DFB-Sicherheitsrichtlinie ersetzen sollten.

Das Verhalten des DFB in den nächsten Monaten wird zeigen, ob eine vertrauensvolle, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den für die Sicherheit Verantwortlichen wieder möglich ist. Nur die Akzeptanz als gleichberechtigter Partner ist einer Zusammenarbeit förderlich.

Ein weiterer Aspekt sollte aus Sicht der Vereine ebenfalls eine Rolle spielen. In gleicher Weise, wie der DFB Stellungnahmen von den Vereinen nach Vorkommnissen und Ausschreitungen abfordert, sollte die Frage gestellt werden, ob der DFB durch sein Handeln mitverantwortlich für die Eskalation der Gewalt ist.


Fußballfans sind keine Verbrecher

„Fußballfans sind keine Verbrecher“. Dieser Spruch hallt Woche für Woche durch die Fußballstadien der Republik. Für die Vereine, den DFB und die Polizei ist das eine Zeile von weitreichender Bedeutung. Nur wenn die Verantwortlichen sich von diesem Slogan leiten lassen, ist ein angemessener Umgang mit den Fußballfans möglich.

Der Anteil der gewaltbereiten Fans liegt nach wie vor im unteren einstelligen Prozentbereich. In den Fankurven sind nach wie vor die friedlichen und engagierten Fans deutlich in der Überzahl. Es ist aber auch zu verzeichnen, dass die Anzahl der gewaltgeneigten Fans in den letzten zwei Jahren erheblich zugenommen hat. Ausdruck dessen sind die Ausschreitungen der letzten Monate. Ob in Stuttgart, in Rostock oder in Mönchengladbach, die Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen wird immer häufiger und brutaler.

Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis es im Rahmen von Auseinandersetzungen Tote zu beklagen gibt.

Es gelingt den friedlichen Fans immer weniger, sich von den gewaltbereiten Gruppierungen zu distanzieren. Es ist festzustellen, dass der gewaltbereite Teil in den Fanszenen immer mehr an Einfluss gewinnt.

Die gewaltbereiten Problemfans nutzen bei ihren Auseinandersetzungen zunehmend Taktiken autonomer Gruppierungen. Um Identifizierungen zu erschweren wird schwarze Kleidung getragen und Vermummungsgegenstände, wie zum Beispiel Sturmhauben, mitgeführt.

Außerhalb der Stadien gehen die gewaltbereiten Problemfans häufig in Kleingruppen vor, um der Entdeckung durch die Polizei zu entgehen. Die Kommunikation zwischen den Kleingruppen erfolgt in der Regel mittels Handy.

Außerhalb der Stadien sind derzeit die An- und Abfahrtswege Brennpunkte. In Kleingruppentaktik nähern sich die Gruppierungen diesen Strecken, sammeln sich schnell und greifen gegnerische Fans an. Dabei spielt es keine Rolle, ob die angegriffenen Fans ebenfalls gewaltbereit sind. Diese Situation führt dazu, dass friedliche Fans Angst vor Überfällen haben und den Schutz einer großen Gruppe suchen bzw. von einer Auswärtsfahrt absehen.

Um auch in den Stadien auf sich aufmerksam zu machen, versuchen gewaltbereite Fans Pyrotechnik und Rauchpulver zu schmuggeln. Aufgrund der strengen Kontrollen in den Stadien wird das Rauchpulver in kleinen Mengen auf Fans aufgeteilt, um das Entdeckungsrisiko zu minimieren. Im Stadion trägt man das Pulver an einen abgesprochenen Ort zusammen und entzündet es dann im Schutze eines Transparentes oder einer Choreografie.

Um die Arbeit des Ordnungsdienstes zu erschweren und verbotene Gegenstände in das Stadion zu schmuggeln, gehen große Gruppen auf die Eingänge zu und erhöhen den Druck in diesem Abschnitt erheblich, um oberflächlichere Kontrollen zu erzwingen.

Die Arbeit des Ordnungsdienstes in den Stadien steht ebenfalls im Fokus der gewaltbereiten Fans. Um ihren Spielraum in den Stadien zu erweitern, erfolgen regelmäßig bei der Vereinsführung Beschwerden über die Arbeit des Ordnungsdienstes. Häufig werden zu starke Kontrollen und angeblich kundenunfreundliches Verhalten als Beschwerdegründe vorgebracht. Sollten die Beschwerden bei der Vereinsführung nicht zum Erfolg führen, werden die Medien genutzt, um das Ziel zu erreichen.


Druck auf andere Fangruppen

Um ihre Führungsrolle zu untermauern bzw. ihre Interessen zu vertreten, gehen gewaltbereite Ultragruppierungen nicht zimperlich vor. Fangruppierungen, die in anderen Bereichen des Stadions ebenfalls Choreografien planen bzw. eigene Gesänge anstimmen wollen, werden bedroht und „auf Linie gebracht“. Fans, die sich kritisch über die gewaltbereite Szene äußern müssen damit rechnen, dass ihr Privateigentum beschädigt wird oder sie Ziel körperlicher Auseinandersetzungen werden.


Wege aus der Gewalt

Die veränderte Fansituation rund um die Fußballspiele erfordert auch eine modifizierte Einsatzstrategie der Polizei. Kommunikation mit den Fans gewinnt immer mehr an Bedeutung. Polizeiliche Maßnahmen müssen intensiver mit den Fans kommuniziert werden, um Verständnis für diese zu erlangen. In den vergangenen Jahren ist es den gewaltbereiten Ultras aufgrund der nicht ausreichenden Kommunikation der Polizei gelungen, ihren Zulauf erheblich zu steigern. Gezielte Desinformation bzw. Verbreitung von Unwahrheiten in der Fanszene gehören zur strategischen Ausrichtung der Ultras.

Der Einsatz von Konfliktmanagern bei Fußballspielen ist ein Element zur Verringerung des Konfliktes zwischen Fans und Polizei. Das Modell wird derzeit in Hannover erfolgreich angewandt.

Die Kommunikation ist eine wichtige Größe im Umgang mit den Fans. Sie verhindert jedoch nicht, dass der gewaltbereite Teil der Ultras weiter seine Ziele verfolgt. Vielleicht gelingt es mit einer intensiveren polizeilichen Kommunikation, den gewaltbereiten Ultras weniger Raum in der Fanszene zu geben.

Eine regelmäßige Kommunikation zwischen Polizei und Fanszene zwischen den Spieltagen könnte ebenfalls die Situation entspannen. So ist es zum Beispiel vorstellbar, dass unter Moderation kommunaler Fanprojekte regelmäßige Treffen zwischen Fans und Polizei stattfinden.

Auch die Einrichtung einer Clearingstelle wäre eine zu verfolgende Idee.

Die Erstellung gemeinsamer Projekte von Verein, Fanprojekt und Polizei zum Thema Sicherheit könnte ebenfalls positive Auswirkungen auf die Senkung der Gewaltbereitschaft von Fußballfans haben.
Die Entspannung des Verhältnisses zwischen Ultras und Polizei ist ein zentraler Punkt zur Minimierung der Gewaltbereitschaft bei Fußballspielen.

Daneben bleibt die konsequente Verfolgung von Gewalttätern rund um den Fußball wesentlicher Bestandteil polizeilichen Handelns. Selbst mit einer intensiveren polizeilichen Kommunikation werden gewaltbereite Ultras ihre Angriffe fortsetzen. Es muss gelingen, die Rädelsführer ausfindig zu machen und ihnen das Handwerk zu legen.

Wenn es in den nächsten Jahren nicht gelingt, die Macht der gewaltbereiten Ultragruppierungen einzudämmen, wird das jetzt bekannte und geschätzte Fußballevent ein Auslaufmodell sein. Gewalt bei Fußballspielen wird zur Regel werden und Kinder und Familien von den Stadien fernhalten. Die Ausweitung der Gewalt auf das Stadionumfeld bzw. die Anreisewege birgt eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben der Fußballfans.

Die Vereine sind bei der Bekämpfung der Gewalt stärker einzubinden. Die häufig populistisch geforderte Bezahlung von Polizeieinsätzen durch die Vereine stellt keine Lösung des Problems dar. Zum einen ist es rechtlich gegenüber anderen Veranstaltungen nicht durchzuhalten und zum anderen würde eine derartige Regelung zum Bankrott vieler Vereine führen. Denn auch unterklassige Vereine haben gewalttätige Fans.

Eine Möglichkeit die Vereine verstärkt in die Pflicht zu nehmen, wäre die Verpflichtung einen prozentualen Anteil des Etats für die Fanbetreuung zu verwenden.

Es sollte allen Verantwortlichen klar sein, dass die Entwicklungstendenzen zunehmender Gewalt bei Fußballspielen nur gemeinsam gelöst werden kann. Deshalb sind insbesondere der DFB, die Vereine und die Polizei gefordert gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Zeitnah sollte über die Einführung eines lebenslangen Stadionverbotes nach englischen Vorbild diskutiert werden. Mehrfach in Erscheinung getretene Gewalttäter haben in den Stadien nichts zu suchen. In dieser Diskussion sollte ebenfalls die Einführung staatlicher Stadionverbote eingebettet sein. Die derzeitige privatrechtliche Lösung und die verstärkt zu erwartenden zivilrechtlichen Auseinandersetzungen werden auf Dauer die Vereine und Verbände überfordern.

Die verbindliche Einführung von Fußballstaatsanwälten bei den Staatsanwaltschaften zur Bearbeitung aller Delikte mit Fußballbezug sollte bundesweiter Standard werden. Die damit verbundene größere Möglichkeit der Durchführung von beschleunigten Verfahren könnte Signalwirkung für die gewaltbereite Fanszene besitzen.

Die Fußballkultur in Deutschland hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Volle Stadien, tolle Stimmung gehen einher mit einer erhöhten Gewaltbereitschaft. Nur im Zusammenspiel aller gesellschaftlichen Kräfte wird es gelingen, den bedrohlichen Weg der Gewalt zu verlassen und den Fußball in seiner herkömmlichen Form zu erhalten.


Olaf Kühl (†)
Leiter Fachausschuss Schutzpolizei der GdP Mecklenburg-Vorpommern
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