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Pressemitteilung vom 3.12.2019

Zur Grundwerte-Erklärung der Polizeiführung: „Wir stehen hinter dieser Solidaritätsnote“

Foto: WS
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Hannover.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen steht in vollem Umfang hinter der heute von der Polizeiführung veröffentlichten Solidaritätsnote mit dem Oldenburger Polizeipräsidenten Johann Kühme und dem darin enthaltenen Bekenntnis der Polizei zu den freiheitlich-demokratischen Grundwerten.

„Wir als Gewerkschaft stützen die Initiative ‚Polizeischutz für die Demokratie‘. Angesichts des zunehmenden Populismus, angesichts der zunehmenden Verbreitung von Hassbotschaften und angesichts von massiven Pöbeleien bis hin zu Angriffen, Morddrohungen und Tötungsdelikten ist es dringend geboten, sich positionieren und Haltung zu zeigen“, sagte der GdP-Landesvorsitzende Dietmar Schilff.

Die GdP missbilligt das Vorgehen der AfD gegen den Oldenburger Polizeipräsidenten: „Offenbar versucht die Partei, Angst zu schüren und Maulkörbe zu verteilen. Die freie Meinungsäußerung gilt aber für alle. Wir werden uns davon nicht beeindrucken lassen“, so Schilff weiter. Es sei vermehrt zu beobachten, dass insbesondere von rechtspopulistischen Gruppierungen und Parteien versucht werde, Gewerkschaften sowie Personalvertretungen und Betriebsräte, schlecht zu machen und öffentlich Beschäftigte für die eigenen Absichten und Ziele zu gewinnen.

„Doch so wie unsere Gründungsväter grenzen wir uns zu allen radikalen Kräften ab und bekennen uns zu unserem freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat. Demokratie ist kein Naturgesetz, sondern muss gelebt und auch verteidigt werden. Deshalb ist es gut, wenn Kolleginnen und Kollegen sich klar positionieren. Sie sind die tragende Säule des Rechtsstaats. Es gilt, das berechtigte große Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei zu erhalten und zu stärken.“

Die Erklärung der Polizeiführung im Wortlaut:

"Polizeischutz für die Demokratie - Wir treten ein für die Grundwerte unserer Verfassung"

Hannover (ots) - Sehr irritiert, mit Verwunderung, aber auch mit dem Willen zum Widerspruch haben die Präsidentin, die Präsidenten der Polizeibehörden und der Direktor der Polizeiakademie der niedersächsischen Polizei die Kleine Anfrage eines Abgeordneten der AfD vom 25.11.19 zur Kenntnis genommen. In der Anfrage geht es insbesondere darum, zu hinterfragen, ob der Präsident der Polizeidirektion Oldenburg, Johann Kühme, Äußerungen von AfD-Politikern in öffentlichen Veranstaltungen ansprechen darf oder ob er dadurch seine Neutralitätspflicht verletzen würde.

Johann Kühme hat in einer Veranstaltung gesagt: "Ich schäme mich als Deutscher dafür, wenn AfD-Politiker Muslima als Kopftuchmädchen titulieren oder die Nazis als Vogelschiss in der tausendjährigen Geschichte".

Wir als die höchsten Führungskräfte der niedersächsischen Polizei stellen uns geschlossen hinter den Oldenburger Polizeipräsidenten und werten seine Aussage als von unserer Verfassung abgedeckte und jederzeit zulässige Meinungsäußerung, der wir uns vollumfänglich anschließen. Polizeipräsident Kühme hat nach unserer festen Überzeugung und einvernehmlichen Bewertung nicht die Partei AfD angegriffen, sondern sein Missfallen über bestimmte Äußerungen einzelner Mitglieder der AfD bzw. Politiker in einer zulässigen, von der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit geschützten, Art und Weise kommuniziert.

Bei uns besteht die große Sorge, dass mit der Anfrage vom 25.11.19 zukünftig kritische Äußerungen gegen rechte Parolen verhindert und Führungskräfte eingeschüchtert werden sollen. Unser Widerspruch richtet sich somit entschieden gegen den Versuch, mittels einer parlamentarischen Anfrage berechtigte Kritik in der Polizei unterdrücken zu wollen. Personen und vor allem Politikern, die geschichtsrevisionistische Positionen vertreten und damit den Nationalsozialismus und seine Folgen zu bagatellisieren versuchen, muss entschieden widersprochen werden. Denn der Nationalsozialismus war auch für die Polizei ein bis heute nachwirkendes Trauma in der Geschichte und ein wichtiger Teil der polizeihistorischen und demokratiegeschichtlichen Bildungsarbeit in der Polizei. Gleiches gilt für diskriminierende Begriffe, wie der, mit dem kopftuchtragende Frauen verunglimpft werden sollen. Im Deutschen Bundestag hat der Gebrauch dieses Begriffs einen Ordnungsruf des Bundestagspräsidenten zur Folge gehabt. Verbalen Diskriminierungen dieser Art muss widersprochen werden, denn sie entsprechen nicht der gelebten Polizeikultur und der Kultur in diesem Land.

Die formulierten Vorwürfe gegen Polizeipräsident Kühme können deshalb aus unserer Sicht nur den Zweck verfolgen, politischen Druck auf Führungskräfte der Polizei ausüben zu wollen, um sie an ihrer berechtigten Widerspruchspflicht zu hindern. Hiergegen verwehren wir uns ganz entschieden.

Präsident Kühme hat mit seinen Äußerungen auch dem Sinn des neuen strategischen Ziels der Polizei Niedersachsen entsprochen: Wir bewahren unser freiheitlich-demokratisches Selbstverständnis und stärken unsere Widerstandskraft gegen demokratiegefährdende Erscheinungen.

Und selbst aus historischer Perspektive heraus betrachtet, ist eine Haltung berechtigt, die das freiheitlich-demokratische Selbstverständnis der Polizei stützt. Denn die Weimarer Republik ist nicht an ihren Gegnern gescheitert, sondern an der fehlenden Kraft ihrer Befürworter. Es gilt daher, die demokratische Haltung jedes einzelnen in der Polizei zu stärken. Und dazu gehört auch der Widerspruch gegen Äußerungen von Politikern, welcher politischen Partei sie auch angehören, die das freiheitliche Demokratieverständnis gefährden können. Das ist auch die Erwartungshaltung der in Deutschland lebenden Bürgerinnen und Bürger.

Daher setzen sich die Präsidentin, die Präsidenten der Polizeibehörden und der Direktor der Polizeiakademie weiterhin konsequent dafür ein, dass das freiheitliche Demokratieverständnis in der Polizei - und dazu gehört auch unser Umgang mit der geschichtlichen Vergangenheit - gewahrt bleibt. Die Polizei hat sich in den letzten Jahrzehnten damit ein starkes Vertrauen bei den Menschen in unserem Land erarbeitet. Dieses Vertrauen ist der beste Beweis dafür, dass wir auf dem richtigen Weg waren und sind.

Auf die Polizei können sich die Menschen verlassen, wir nehmen unseren Eid ernst und leben die Werte unseres Grundgesetzes, ebenso wie die der niedersächsischen Verfassung.

Präsident der Polizeidirektion Braunschweig Michael Pientka
Präsident der Polizeidirektion Göttingen Uwe Lührig
Präsident der Polizeidirektion Hannover Volker Kluwe
Präsident der Polizeidirektion Lüneburg Thomas Ring
Präsident der Polizeidirektion Osnabrück Michael Maßmann
Präsident des Landeskriminalamtes Nds. Friedo de Vries
Präsidentin der Zentralen Polizeidirektion Nds. Christiana Berg
Direktor der Polizeiakademie Nds. Carsten Rose
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