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Zwischenruf von Dietmar Schilff:

Neonazi-Parole darf nicht hingenommen werden

Hannover.

Am 3. August 2013 will zum achten Mal eine Gruppe Neonazis durch das niedersächsische Bad Nenndorf - westlich von Hannover gelegen am Deister im Schaumburger Land - ziehen, um dort mit ihrem sogenannten „Trauermarsch“ nationalsozialistische Verbrechen zu relativieren. Ihr Ziel ist das Wincklerbad im Stadtzentrum. Zwischen 1945 und 1947 wurde das Bad von britischen Besatzungssoldaten als Verhörzentrum und Internierungslager für Nationalsozialisten und mutmaßliche Kriegsverbrecher genutzt. Es wurden dort aber auch Wehrmachtssoldaten misshandelt - wofür sich Großbritannien später entschuldigte.

In Bad Nenndorf herrscht zu diesem Anlass seit acht Jahren Ausnahmezustand. Die gesamte Stadt ist auf den Beinen und leistet friedlichen Widerstand, indem sie ein Bürgerfest unter dem Motto „Bad Nenndorf ist bunt“ begeht. Viele Organisationen, Parteien und Gewerkschaften beteiligen sich an dem Bündnis gegen Rechts, so auch der DGB. Die Polizei ist mit einer starken Kräftepräsenz vor Ort, die GdP wird mit einem Betreuungsteam in Bad Nenndorf sein und auch Personalratsvertreter sind im Einsatz. Die GdP unterstützt rechtlich einwandfreie Aktionen gegen wieder aufkeimenden Nationalismus und ruft alle Beteiligten an den Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus dazu auf, friedlich zu demonstrieren sowie sich eindeutig und aktiv von Gewalt zu distanzieren.

Wer jemals bei einer dieser provokanten Hetzveranstaltungen der Neonazis dabei war und die dumpfen, hasserfüllten Reden mit anhören musste, den schaudert es. Am 1. Juni 2013 marschierten rechte „Freie Kameradschaften“ mit NPD-Sympathisanten bei einem von ihnen ausgerufenen „Tag der deutschen Zukunft“ durch das 75 Jahre zuvor von den Nationalsozialisten als KdF-Stadt gegründete Wolfsburg. Auch dort stellten sich die Bürgerinnen und Bürger den Neonazis friedlich entgegen - bis auf einige wenige Ausnahmen von unverbesserlichen, der linken Szene zuzurechnenden selbsternannten Autonomen.

Auch die GdP war dort. Zum einen, um als DGB-Gewerkschaft ihre Solidarität gegen Rechtsextremismus und für die Gegenbewegung deutlich zu machen, zum anderen, um mit einem Betreuungsteam als Ansprechpartner für die eingesetzten Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu sein. Ich war Teil des GdP-Teams und habe mir zum wiederholten Male bei solchen Aufmärschen auch einen Eindruck von der Lage gemacht. Die Ansprachen der Bürgerbewegung wurden auf der großen Bühne an der Westseite des Parkplatzes am Wolfsburger Bahnhof unter anderem von Oberbürgermeister Klaus Mohrs, den Betriebsratsvorsitzenden von VW, Bernd Osterloh, und Porsche, Uwe Hück, sowie vom Kabarettisten Bülent Ceylan gehalten.
An der Ostseite des Bahnhofes formierten sich dann die Neonazis und die Redner ließen eine unerträgliche Hasstirade nach der anderen los, gegen Integration, gegen das Ausland, gegen die Polizei, gegen die Verwaltung, gegen die Justiz, gegen Gewerkschaften... einfach gegen alles.

Diese Horde Ewiggestriger missbraucht das Demonstrationsrecht, um gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, gegen unser Wertesystem, gegen unser Grundgesetz und damit gegen die Demokratie zu agitieren. Einer der Redner beschwerte sich per Megaphon darüber, dass die Verwaltung es den „Kameradinnen und Kameraden“ per Auflage untersagt hätte,
„Wie geil“ zu skandieren. Dieser Ausruf steht natürlich in unmittelbarem Zusammenhang mit der Naziparole „Sieg Heil“, deren Skandieren von der Strafvorschrift des Paragraphen 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) erfasst wird. Am Ende des unerträglichen Geschreis formierten sich diese „Freien Kameradschaften“, um auf dem ihnen zugewiesenen Weg aufzumarschieren. Dabei wurde mehrmals laut und deutlich skandiert: "Nationaler Sozialismus jetzt! Nationaler Sozialismus jetzt!", wobei einige die Endung -er des ersten Begriffs verschluckten und somit „Nationalsozialismus jetzt“ ausriefen, was leider nicht vom Paragraphen 86a erfasst wird.

Die GdP Niedersachsen meint, dass mit dieser Parole dazu aufgerufen wird, eines der schlimmsten Unrechts- und Verbrechenssysteme der Menschheitsgeschichte wieder aufleben zu lassen. Daher hat die GdP den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius angeschrieben und ihn gebeten, Möglichkeiten zu prüfen, diese Parole als unzulässig in die Auflagen künftiger Neonazi-Veranstaltungen aufnehmen zu lassen. Der Ruf nach diesem menschenverachtenden System darf nicht hingenommen werden.


Dietmar Schilff
GdP-Landesvorsitzender

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