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Kommentar aus DP-Bundesteil 6/20

Solidarität und Engagement

Was auch nach der Corona-Zeit wichtig sein wird

Hannover/Berlin.

Nach Corona wird ein krasses Umdenken sein – weg vom Mantra des schlanken Staates, hin zur Stärkung und verbesserten Bezahlung der lebensnotwendigen Bereiche, meint der GdP-Landesvorsitzende und stellv. Bundesvorsitzende Dietmar Schilff in seinem Kommentar, der in Bundesteil der Juni-Ausgabe der "Deutschen Polizei" erschienen ist:

Seit den ersten Meldungen über die Ausbreitung des Corona-Virus überschlugen sich die Ereignisse. Nichts ist jetzt mehr so wie vor der weltweiten Ausbreitung der Krankheit: Und es wird sich nach dem Abklingen der Infektionen einiges ändern, auch ändern müssen. Wir wissen nicht, wie lange die Beschränkungen noch andauern werden. Klar ist aber, dass es nicht ausreichen wird, dass die Politik sich bei denjenigen, die das öffentliche Leben, die Versorgung und die Betreuung der Kranken, die Pflege von älteren Menschen und auch die innere Sicherheit aufrecht erhalten haben, nur verbal bedankt. Notwendig wird ein krasses Umdenken sein – weg vom Mantra des schlanken Staates, hin zur Stärkung und verbesserten Bezahlung dieser lebensnotwendigen Bereiche.

Reiche, die immer reicher werden

Jahrelang wurde durch Verwaltungsreformen Personalabbau betrieben und der öffentliche Dienst mit massiven Sparmaßnahmen zur sogenannten Konsolidierung der Haushaltslage benutzt. Die Privatisierung und Globalisierung – also die Verlagerung lebensnotwendiger Industrie und Herstellung von Waren inklusive dem Ausbeuten von Menschen in fremden Ländern – wurde vorangetrieben sowie Großunternehmen und wohlhabenden Menschen Vergünstigungen zugeschustert. Und sie wurden reicher und reicher. Vieles davon war verkehrt.

Jetzt zeigt sich deutlich, was die Politik zuvor auch hätte wissen müssen und worauf die Gewerkschaften und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fortlaufend hingewiesen haben: Wir brauchen einen handelnden und starken Staat, der den Menschen Halt gibt, und sie, soweit es geht, absichert. Diejenigen, insbesondere die liberalen Verfechter der sogenannten Neuen Sozialen Marktwirtschaft, die immer wieder zur Eigenvorsorge aufrufen und mehr Flexibilität der Beschäftigten einfordern, müssten jetzt schlauer geworden sein.

In Misskredit gebracht

Im öffentlichen Dienst sind derzeit 200.000 Stellen unbesetzt. Wenn die Generation der „Babyboomer“ weg ist, wird sogar mit 800.000 offenen Stellen gerechnet. Wer soll die Arbeit in den öffentlichen Bereichen dann machen, wenn sie weiter so unattraktiv bezahlt wird und das Arbeitsumfeld nicht stimmt? Über Jahrzehnte wurde der öffentliche Dienst von geneigten Ideologen populistisch schlecht geredet und in Misskredit gebracht. Er sei ein „Apparat“. Die Absicherung der Beschäftigten und sichere Arbeitsplätze wurden in Abrede gestellt. Das muss jetzt endlich ein Ende haben. Wir können gespannt sein, wer sich wie äußert, und wir werden ein Ende der Einsparorgien auf dem Rücken der Beschäftigten nachhaltig einfordern.

Klientelpolitik

Schon jetzt gibt es wieder Akteure, die den Rotstift bei den öD-Beschäftigten ansetzen wollen, immer allen voran der selbsternannte „Bund der Steuerzahler (BdSt)“. Dieser eingetragene Verein ist mitnichten eine Vereinigung, die sich für den „normalen Steuerzahler“ einsetzt. Das bestätigt auch eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. So ist in Online-Quellen zu lesen, dass es zu 60 bis 70 Prozent Unternehmen aus dem gewerblichen Mittelstand, Freiberufler sowie Privatpersonen sind, die den BdSt unterstützen. Die Forderungen des BdSt sind: „Schlanker Staat“ und niedrige Steuersätze – natürlich vordringlich für seine Klientel. Wir werden sicherlich weiter vom BdSt hören – von diesem von Eigeninteressen geleiteten Verein. Da dem so ist, und leider auch etliche in der Politik die Thesen des BdSt in der Vergangenheit zu den ihren gemacht haben, und dies auch wieder machen werden, heißt es weiterhin aufzupassen und eine konträre Position zu beziehen.

Gewerkschaften betrieben Verbesserungen

In den letzten Wochen wurden seitens des DGB und der Einzelgewerkschaften unzählige Gespräche mit Regierungsverantwortlichen im Bund und auf Länderebene geführt. Mit großen öffentlichen Forderungen haben wir uns allerdings bewusst zurückgehalten. Bei etlichen Arbeitgebern, die noch große Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten, und die teilweise hier in Deutschland keine Steuern zahlen oder ihre Produktion ausgelagert haben, war das anders. Den Gewerkschaften ging es vorrangig um das Verringern der Infektions- und Todeszahlen, den Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie das Abfedern der Arbeitslosigkeit, der Kinderbetreuung und der Unterstützung Hilfsbedürftiger.

Und auch das ist mir wichtig zu erwähnen: Verbesserungen wie bei Urlaubsregelungen, Bereitschaftsdiensten, das Aufstocken von Kurzarbeitergeld oder intensivierte Arbeitsschutzmaßnahmen sind nahezu ausschließlich auf Betreiben von Gewerkschaften erfolgt. Das sollten auch diejenigen zur Kenntnis nehmen, die immer noch meinen, Gewerkschaften wären überflüssig, aber dennoch dann alle Errungenschaften für sich in Anspruch nehmen.

Gegenhalten

Die Forderungen von uns Gewerkschaftern sind weiterhin mehr als berechtigt, und wir werden auch künftig versuchen, diese durchzusetzen. Mit den Gewerkschaften werden auch Hundertausende organisierte Beschäftigte dagegenhalten, wenn es wieder zu Einschnitten für den öffentlichen Dienst kommen sollte. Unser Staat, unser Gemeinwesen, unser Gemeinwohl, unsere Demokratie kann nur mit einem gut aufgestellten öffentlichen Dienst funktionieren. Die innere Sicherheit kann nur mit ausreichend Personal und in allen Ländern sowie im Bund mit gleichen Gehalts-, Arbeits- und Lebensbedingungen gesichert werden. Dafür müssen wir unseren Föderalismus nicht aufgeben.

Diese Pandemie ist ein Stresstest für unser Gemeinwesen, für unser Zusammenleben, für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, für unsere Demokratie und erneut auch ein lauter Aufruf zur Lösung bestehender Missstände. Das ist auch nach der Corona-Zeit wichtig.

Wir erwarten, dass sich viele solidarisch zeigen und sich engagieren!

Dietmar Schilff, GdP-Landesvorsitzender Niedersachsen und stellv. Bundesvorsitzender




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