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Landesjournal Niedersachsen Leitartikel Februar 2004; UMORGANISATION DER POLIZEI - Des Pudels Kern? 

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,  viele von euch haben mittlerweile den vorliegenden Abschlussberichtes der Arbeitsgruppe um den LKD Uwe Kolmey gelesen, der am 15. November 2003 dem Staatssekretär Dr. Koller übergeben wurde. Euer Meinungsbildungsprozess ist sicherlich überwiegend abgeschlossen. Auch wir als Organisation waren und sind aufgefordert, uns nun zu dem vorliegenden Bericht mit all seinen Facetten auseinander zu setzen. Wir haben daher davon abgesehen, in der Deutschen Polizei unsere Stellungnahme nach und nach abzudrucken, sondern wollen vielmehr Emotionen, Stimmungsbilder aus dem Bereich der Polizei wiedergeben. In der zweiten Kalenderwoche hat eine Arbeitsgruppe der GdP für die GdP eine Stellungnahme erarbeitet, die dem Innenminister Uwe Schünemann übergeben wird. Sie ist im Internet auf unserer GdP-Homepage  nachzulesen. 1)



Bernhard Witthaut, 
GdP-Landesvorsitzender:
„Einige Punkte sind immer 
noch von elementarer 
Bedeutung“ 
Foto: GdP-Archiv


Stellungnahme der GdP >>

Noch im letzten Jahr hatte die GdP zu einigen für uns wesentlichen Aspekten öffentlich Standpunkte vertreten. Eines hierbei wurde deutlich: Es allen gerecht und es für alle gleichermaßen akzeptabel zu formulieren ist unmöglich, da die berechtigten Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen aufgrund ihrer Vielfältigkeit in ihrem Berufsleben individuelle Standpunkte sind, die sie vertreten. Deshalb haben wir auf den nachstehenden Seiten einige Briefe, Stellungnahmen veröffentlicht, die uns auf unsere Aufforderung dankenswerterweise erreicht haben. 
Für die GdP Niedersachsen sind einige Punkte immer noch von elementarer Bedeutung. 
Noch auf unserer Landesbezirksbeiratssitzung am 21.11.2003 hatten wir eine Resolution gegen die Auflösung der Polizeiinspektionen verabschiedet.
2)
   Auch die Mehrheit der auf einem Workshop der Kernarbeitsgruppe mit den - so muss man es ja heute sagen - damaligen Leitern der Polizeiinspektionen hat sich eindeutig für eine Beibehaltung der Anzahl der vorhandenen PI’en zum Stand im Oktober 2003 ausgesprochen. 


  Später, nach bekannt werden des Abschlussberichtes war auf unserer GdP-Tagung für den höheren Dienst am 9. Dezember jedoch ein erstaunlich positives Echo zu der vorgeschlagenen Aufbauorganisation in diesem Kreise zu vernehmen. Die Mehrheit in den Reihen schien zufrieden zu sein mit den Reformplänen und den Strukturen. 
Dies war schon ein überraschendes und bemerkenswertes Erlebnis. 
Auf dieser Tagung der GdP für den höheren Polizeidienst, an der auch die Vorsitzenden der Bezirksgruppen teilgenommen haben, erklärte der Minister für Inneres und Sport vor über 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern erstmals vor einer größeren Öffentlichkeit, dass die im Januar von ihm zu benennenden zukünftigen Planungsbeauftragten der Polizeidirektionen alle aus dem Polizeivollzugsdienst kommen werden. 
Bernhard Witthaut: „Das ist ein gutes, auch nach außen sichtbares Zeichen für die Stärkung der Polizei im Lande Niedersachsen. Wir hoffen, dass auch in den Fragen der Bewertung der Polizei insgesamt dieses Zeichen durchgehalten wird.“

 


Erhält GdP-Stellungnahme:
Innenminister Uwe Schünemann
Foto: Robra
       
      „Ändern was nötig ist, nicht ändern was sich bewährt hat und es ist die Kunst, das eine von dem anderen zu unterscheiden.“ 

   Dieses Credo
3) entspringt der Erkenntnis, dass es auf die richtige Balance ankommt zwischen dem Bewährten und den erkannten Änderungserfordernissen. Eine Reform geht selten gut, wenn sie radikal und kompromisslos ist. Augenmaß mit Fachverstand ist allemal die bessere Wahl. Die von der GdP vertretenen Thesen basierten auf ausgewogenen fachlichen Praxiserfahrungen.
Red.
 
 


Was vertreten die KollegInnen an der Basis?
Wir können aus Platzgründen nachfolgend leider nur Ausschnitte zitieren. Die Beiträge von Einzelpersonen haben wir anonymisiert.

KG Hameln-Pyrmont
Trotz vielfältiger positiver Ansätze im Einzelnen werden durch den Zusammenschluss mehrerer PI'en befürchtet: 

    • Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der weit überwiegenden Mehrheit der KollegInnen im Polizeivollzugsdienst (ESD, KED, ZKD, PI-Stäbe)
    • Reduzierung der Bürgerpräsenz
    • Verschlechterung der Zusammenarbeit mit den örtlichen Ebenen
    • erhebliche Arbeitszeitbindung für Verwaltungsarbeit
    • Entfremdung des Führungspersonals von der Basis
Vor Ort werde weder Bedarf noch Akzeptanz der Mehrheit der Beschäftigten gesehen.

Gemeinsam vom Fachausschuss (FA) Bereitschaftspolizei und den Bezirksgruppen Bepo Braunschweig, Hannover und Oldenburg
Sie fordern insbesondere 

    • gleichrangige Organisationsebenen sowie eine Festigung einer Ebene mit Dienststellencharakter analog zur PI unterhalb der Leitungsebene. 
    • eine gleichartige Struktur der Bereitschaftspolizeiabteilungen (BPA)
    • die Aufstockung zu dreizügigen Hundertschaften in Osnabrück und Göttingen 
    • eine Angleichung des Dienstpostenbewertungskonzepts der PD 7 an das der Flächen-PD

Bezirksgruppe Braunschweig RB

Die übergroße Mehrheit der in den Arbeitsgruppen Beteiligten rate von den Veränderungen ab und trete für eine Optimierung der bestehenden Struktur ein. Zusammenfassend wird von der BG ein Kompetenzrückzug gesehen und die Forderung aufgestellt, eine hohe Kompetenz so unmittelbar wie möglich vorzuhalten, was sich in erfolgreicher Arbeit und hoher Motivation der Beschäftigten zeige (KFN-Studie). 

Kreisgruppe Oldenburg-Land
Der Reformbedarf der Polizei habe seinen Grund in einem Führungs- und Ausbildungsproblem und weniger in einem Strukturproblem der Polizei. Das Hauptmotiv der geplante Zentralisierung seien Kostengründe und Sparvorgaben. Die Auswirkungen seien vor allem die Verlagerung von Dienstposten und Arbeitsplätzen, die vor allem für niedrigere Einkommensgruppen (Beamte, Angestellte, Arbeiter) unzumutbar werden könnten. 

Ein Leiter eines PK 4)
„[..] bewährte Strukturen werden nach meinen Feststellungen als Praktiker ohne Not zerschlagen, eine umfassende tiefergehende Schwachstellenanalyse ist jedoch offensichtlich unterblieben. Eine innerhalb weniger Monate erarbeitete Reform kann nur in Gleichmacherei und Indifferenziertheit münden. Ich wünsche mir jedoch eine Reform der gezielten Therapie – und nicht eine solche nach Art des Rasenmähers.“

Ein Kollege aus der PD Braunschweig4)
Unter Hinweis auf Rheinland-Pfalz plädiert der Kollege gegen eine Zentralisierung des Zeugenschutzes und des FB Staatschutzes, da Niedersachsen ein Flächenland ist.

Ein WSP-Beamter aus Oldenburg 4
Er äußerte sich zu zahlreichen Detailfragen der WSP-Organisation. Tenor ist eine grundsätzliche Befürwortung der bisherigen Reformen 1994/96 für die WSP und der aktuellen Fortführung. Ein deutliches Plädoyer hält der Kollege jedoch für eine gestärkte Eigenständigkeit eines WSPA NI unter der direkten Nachordnung des MI analog zu BIP NI, PATB NI und LKA NI. Die Einbindung in die „PD 7“ dagegen schaffe eine zusätzliche Hierarchieebene. 

Ein Schupo-Kollege aus der PI Uelzen4)
Er weist darauf hin, dass [..] immer wieder darauf abgestellt werde, dass diese Reform doch aus der Polizei komme und die 120 Zuschriften doch Indiz für das Einbeziehen der Polizeiangehörigen seien. „Die konkreten Ergebnisse waren aber erst ab dem 3.12.2003 bekannt. [..] Wurde die 94er Reform evtl. zu lange erörtert, so wird diese durchgepeitscht.“
Kritik übt der Kollege auch an dem Wegfall der Funktion Sachbearbeiter Umweltschutz und fragt: „Wer wird sich künftig um Risikoindustriebetriebe und Katastrophenschutz kümmern? War das alles nicht nötig? [..] Zukünftig soll dann alles aus dem hier 40 km entfernten Lüneburg geregelt werden! Von mindestens 1 Person! Das soll bürgernäher sein?“ 

Ein Kripo-Kollege aus einem KK OK 4)
Er spricht sich für den Erhalt der bewährten spezialisierten Kriminalkommissariate Organisierte Kriminalität (KK OK) aus. 

Ein Kollege der FG Kriminalwissenschaften, Nds. FHVR, Fakultät Polizei 4)
Er befürwortet die Integration von S und K, schließt aber eine interne Differenzierung nicht aus. Konkret hält er es u.a. für erforderlich, durch eine Ausbildung mit einem Schwerpunkt auf kriminalistischen Inhalten die Qualität in der Sachbearbeitung zu verbessern. Identität sei hier nicht schädlich und der Transfer von Erfahrungswissen im Ermittlungsbereich sei wichtig.
Ferner befürwortet er eine organisatorische Zuordnung des KDD zum ZKD unter Beibehaltung der räumlichen Zuordnung zum ESD.

Ein Kollege 4)
Er hält bei der Prävention die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten der Polizei beispielsweise bei Unfallkommissionen für zu gering. Die Polizei degeneriere zum „fachlich vortragenden Hilfswilligen, weil Institutionen oft das Geld aber nicht den Sachverstand mitbrächten.
Bei der Organisationsuntersuchung fehle eine AG „Bürokratie/Arbeitsabläufe/Meldewesen“.

Ein Leiter einer PI 4
Die zeitliche Umsetzungsplanung hält der PI-Leiter für „sehr ehrgeizig“.
Bei der eingehenden Betrachtung der kriminalgeografischen Eckwerte der PD Oldenburg befürchtet er, dass ein Vorgangstourismus oder eine zeitaufwändige Bereisung im Rahmen von Spezialsachbearbeitung im Regionalverbund „wenig zweckdienlich“ sei. 
 


 


Eine Zusammenfassung der wichtigsten Standpunkte der GdP
wollen wir in diesem Zusammenhang präsentieren. Sie wurden Anfang Januar 2004 erarbeitet. 

1. Die jahrelange Argumentation der GdP zu den Problemen im ESD wird durch die Schwachstellenanalyse endlich bestätigt! Die Neueinrichtung von Dienstposten führte zu der deutlich spürbaren Personalreduzierung in diesem das Verhältnis zwischen Bürger und Polizei besonders prägenden Dienstzweig.
Wir begrüßen daher die sich daraus ergebende Konsequenz, nämlich die personelle Stärkung des ESD. Wir weisen auch darauf hin, dass die konsequente Nutzung von Flexibilisierungsmöglichkeiten in diesem Bereich die Probleme nicht beseitigt 

2. Die GdP sieht in der Entscheidung, generell alle Polizeikommissariate am Sitz der Polizeiinspektionen abzuschaffen, einen elementaren Fehler. Sie erwartet eine einzelfallbezogene Analyse für jeden heutigen Standort mit einer nachvollziehbaren, sachlich und fachlich begründeten Entscheidung.

3. Die GdP hält die Servicedienste in der Polizei für unverzichtbar, um die Funktionalität der Polizei zu erhalten. Sie weist zurück, dass wirtschaftliches Führen dieser Einrichtungen nur zentral zu gestalten sei. Anhand von Beispielen ist belegt, dass die dezentrale Ausrichtung Erfolg versprechend ist und die örtliche Verantwortung durch die Zuweisung mindestens der Dienstaufsicht im Sinne der Mitarbeiter erhalten bleiben muss.

4. Die GdP steht für eine dreistufige Personalvertretung und Beibehaltung der heute im NPersVG verankerten Dienststellenstruktur auf der Ebene unterhalb der heutigen Bezirksregierungen. Die GdP kämpft für eine wirkungsvolle Personalvertretungsarbeit in unmittelbarer Nähe zu den Beschäftigten.
 

Fußnoten:
  1 Alle Informationen und Downloads auf unserer Website
www.gdpniedersachsen.de , Dossierseite "Umorganisation der Polizei 2004“  >>
  2
DP Ausgabe 1/2004, Seite 3
  3
DP Ausgabe 5/2003 von Dietmar Schilff 
  4 Die Namen sind der Redaktion bekannt.

 
Red.
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