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Gespräch mit Lasse Petersdotter

Torsten Jäger: „Angriffe und Bedrohungen gegen demokratisch gewählte Vertreter dieses Staates richten sich auch gegen die Demokratie“

GdP-Landesvorstandsmitglieder tauschten sich mit Grünen-Politiker Lasse Petersdotter aus – 29-jähriger Landtagsabgeordneter erhält rechtsextreme Drohungen – GdP erklärt Konflikt mit Finanzministerin Heinold

Kiel.

In einem Zeitungsinterview im Juli dieses Jahres berichtete der Landtagsabgeordnete Lasse Petersdotter von ständigen Bedrohungen durch Rechtsextreme, denen er als grüner Abgeordneter ausgesetzt sei. Sogar Morddrohungen sind es, mit denen der 29-Jährige leben muss und die nach dem rechtsextremmotivierten Politikermord an Walter Lübcke am 2. Juni 2019 eine neue Dimension erreicht haben. Das berührende Interview nahm der GdP-Landesvorsitzende Torsten Jäger zum An-lass, den jungen Politiker zu einem Gedanken- und Meinungsaustausch einzuladen.

Rund eineinhalb Stunden dauerte das Gespräch mit dem Grünen-Politiker, der seit zwei Jahren dem schleswig-holsteinischen Landtag angehört. Neben Torsten Jäger beteiligten sich auch die GdP-Geschäftsführerin Susanne Rieckhof und der Stellvertretende Landesvorsitzende Andreas Kropius an der Diskussion mit Lasse Petersdotter. Auch die Wirkungen der sogenannten „Todesliste“ auf Betroffene waren Gegenstand des offenen Austauschs mit dem Grünen-Politiker.

In dem Gespräch mit den GdP-Vertretern berichtete Petersdotter, dass persönliche Angriffe Rechtsextremer schwer wiegen würden, beispielsweise wenn die Familie betroffen sei. „Das ist dann schon sehr beunruhigend“, räumte der Grünen-Politiker ein. Aber einschüchtern lasse er sich nicht, unterstrich der junge Abgeordnete. Rückendeckung erhielt Lasse Petersdotter vom GdP-Landesvorsitzenden. Trotz mancher politischer Unterschiedlichkeit zu Bündnis 90/Die Grünen seien Angriffe und Bedrohungen gegen demokratisch gewählte Vertreter dieses Staates nicht ansatzweise hinnehmbar. „Denn diese Angriffe richten sich damit ganz unmittelbar auch gegen unsere Demokratie“, so Jäger. Die Landespolizei und mit ihr die GdP vertrete den Rechtsstaat und stehe damit gegen rechte, aber auch linke Angriffe. Für die GdP sei es eine demokratische Selbstverständlichkeit, engagierte Demokraten zu schützen und zu unterstützen, wenn es gelte, sich vor allem gegen die Demokratiefeinde zu positionieren.

In diesem Zusammenhang sei auch die kontroverse Diskussion um den Umgang mit sogenannten „Todeslisten“ der Rechtsextremen heikel, so Torsten Jäger. In diesen von Rechtsextremen geführten Listen befinden sich unter anderem die Namen von Abgeordneten, aber auch Journalisten. Umstritten ist, ob die auf diesen Listen namentlich aufgeführten Betroffenen darüber informiert werden sollten, gar müssen oder aber nicht.
In den Bundesländern gehen die Polizeien derzeit mit derartigen Listen sehr unterschiedlich um. Eine mögliche Verunsicherung könne die Wirkung auf die Bekanntgabe über eine noch abstrakte Gefährdung sein. „Die GdP vertraut darauf, dass die Sicherheitsbehörden bei der Prüfung größte Anstrengungen unternehmen, um zu festzustellen, ob eine tatsächliche Gefährdung für Betroffene besteht“, erklärte Torsten Jäger. Sollte sich eine konkrete Gefährdung ergeben, würden nach einer Information der möglicherweise Betroffenen auch die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen polizeilich sofort umgesetzt. Lasse Petersdotter räumte ein, in der Frage einer generellen Informationspflicht ebenfalls „hin- und hergerissen“ zu sein.

Besorgt zeigte sich der Grünen-Abgeordnete indes, dass bekannte Größen der Rechtsextremen möglicherweise im Bereich der organisierten Kriminalität beim Rocker-Klientel „Unterschlupf“ finden und damit aus dem Fokus des Verfassungsschutzes geraten könnten. Zudem habe er die Befürchtung, dass Rechtsextreme, die zehn Jahre nicht mehr in Erscheinung getreten seien, unter Umständen nicht mehr der Beobachtung durch den Verfassungsschutz unterlägen und sich in der Folge bei den „Rockern“ betätigen würden.

„Die Trennung von Verfassungsschutz und Polizei ist richtig, aber es muss selbstverständlich eine verlässliche Vernetzung und Zusammenarbeit geben. Ich gehe davon aus, dass es eine solche Vernetzung und Zusammenarbeit auch gibt und sich bekannte Rechtsextreme nicht dem Blick des Verfassungsschutzes entziehen werden“, stellte Torsten Jäger fest.

Im weiteren Austausch wies Torsten Jäger auf die laufenden Vorbereitungen einer Diskussionsveranstaltung der GdP in Schleswig-Holstein hin, in der die Gefahren des rechten aber auch linken Populismus thematisiert werden. Als Gastredner würde ein Historiker von der Polizei Niedersachsen eingeladen werden. Im Ergebnis werde angestrebt, Polizistinnen und Polizisten für den Umgang mit Populismus zu stärken.

Diskutiert wurde mit dem Grünen-Politiker auch die von der GdP angestoßenen Protest- beziehungsweise Plakat- und Kartenaktionen im Zusammenhang mit dem Besoldungsdiktat der Landesregierung mit Finanzministerin Monika Heinold.
Dabei zeigte Lasse Peterdotter kein Verständnis für die auf die Finanzministerin konzentrierten Protestaktionen. „Wenn sich Ihre Aktionen nun fast ausschließlich auf Monika Heinold fokussieren, müssten Sie auch die in den vergangenen Jahren erzielten vielen Verbesserungen für die Landespolizei vorrangig an Monika Heinold festmachen“, gab Petersdotter zu bedenken.

Sowohl Torsten Jäger als auch Andreas Kropius wiesen auf das Zustandekommen des Konfliktes mit Heinold hin. „Die Finanzministerin hatte im Zuge der Tarifverhandlungen im Frühsommer bei den Plänen zur Steigerung der Attraktivität der Bezahlung von Beamtinnen und Beamten in Schleswig- Holstein „ernsthafte Gespräche mit den Gewerkschaften angekündigt" und vereinbart. Letztlich ist das Ergebnis aber lediglich diktiert, es war lediglich eine Verkündung vorgefertigter Ergebnisse durch die Finanzministerin. Das alles hatte schon etwas von der Art einer Gutsherrin, von Gesprächen auf Augenhöhe war da nichts zu spüren“, rief Kropius in Erinnerung. Weitere Gespräche oder gar Verhandlungen seien von Seiten des Finanzministeriums nicht geplant gewesen.

„Mit diesem provokanten Verhalten und Vorgehen hat Finanzministerin Heinold den Protest förmlich losgetreten. Das musste scharfen Reaktionen der GdP nach sich ziehen“, stellte Torsten Jäger fest. Das Gesetzesvorhaben der Finanzministerin sieht vor, dass die Besoldung und die Versorgung ab 2021 innerhalb von vier Jahren um insgesamt ein Prozent angehoben werden.

Bereits bei dem an und für sich guten Ergebnis mit der Übertragung auf die Besoldung habe sich die grüne Finanzministerin den Unmut der GdP zugezogen, als sie die Versorgungsempfänger bei einer Einmalzahlung ohne Not ausklammerte und damit einen Spaltpilz bei den Beamten setzte.
„Wir fühlen uns von Frau Heinold nicht richtig und schon gar nicht fair behandelt. Deshalb organisieren wir den Protest und sie damit im Zentrum des Protestes“, machte Torsten Jäger deutlich.

Dennoch machte Lasse Peterdotter deutlich, dass die auf Monika Heinold konzentrierte Empörung für ihn nicht nachvollziehbar sei. Korrekturen konnte Peterdotter nicht versprechen. „Wir werden uns die Gesetzeslage aber noch einmal ansehen, das parlamentarische Verfahren läuft ja gerade an“, sagte der Grünen-Politiker. „Das war ein kontroverser, aber ehrlicher Austausch. Lasse Petersdotter hat sich als interessierter und guter Zuhörer gezeigt“, resümierte Torsten Jäger nach dem eineinhalbstündigen Gespräch auf der GdP-Geschäftsstelle.
Thomas Gründemann

Gewerkschaft der Polizei, Landesbezirk Schleswig-Holstein e.V.,
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E-Mail: gdp-schleswig-holstein@gdp.de, 12. September 2019 – Nr. 66/2019 (XXXI)
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