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Offener Brief der GdP

Zum geplanten Antidiskriminierungsgesetz in Berlin

(Drucksache des Berliner Abgeordnetenhauses Nr. 18/1996)

Sehr geehrte Frau Ministerin Sütterlin-Waack,
die Gewerkschaft der Polizei stellt sich mit ihren bundesweit mehr als 195.000 Mitgliedern geschlossen gegen das in Berlin geplante Landesantidiskriminierungsgesetz. Sämtliche Landesvorsitzende der GdP bundesweit haben einen Brief an die Berliner Abgeordneten unterzeichnet und dabei betont, dass diskriminierungsfreies Handeln Grundlage unserer täglichen Arbeit für diesen demokratischen Rechtsstaat sei. Damit stellt das Berliner Gesetzesvorhaben in Zielrichtung und Inhalt Polizeibeamte in ein völlig falsches Licht.

Von Seiten des GdP-Bundesvorstandes sind u.a. der Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder, der Thüringer Minister für Inneres und Kommunales Herr Georg Maier sowie der verantwortliche Berliner Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herr Dr. Dirk Behrendt sehr kritisch angeschrieben worden.

Inhaltlich geht es um folgende maßgebliche kritische Punkte:
Erstens sieht der Gesetzentwurf in § 7 eine sog. Vermutungsregelung vor, die in der Praxis zu einer faktischen Beweislastumkehr durch Glaubhaftmachung von Anschuldigungen führen wird. Wenn „Tatsachen glaubhaft“ gemacht werden, die das „Vorliegen eines Verstoßes gegen § 2 (Diskriminierungsverbot) oder § 6 (Maßregelungsverbot) überwiegend wahrscheinlich machen“ soll es laut Gesetzentwurf zukünftig „der öffentlichen Stelle“ obliegen, „den Verstoß zu widerlegen“.
Zum Zweiten wäre mit Inkrafttreten des Gesetzes die Einführung einer so genannten Verbandsklage verbunden. Demnach sollen Klagen aufgrund des neuen Gesetzes künftig nicht allein durch die Person möglich sein, die geltend macht, Diskriminierung erfahren zu haben, sondern auch – unter gewissen Voraussetzungen, die § 9 näher regeln will – durch anerkannte Verbände, die gewissermaßen als Interessenswahrer der eine Diskriminierung geltend machenden Person auftreten können.

Rechtlich offen scheint die Frage zu sein, ob nach möglichem Inkrafttreten des Antidiskriminierungsgesetzes auch unterstützende Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern betroffen sein könnten.

Das erzeugt insbesondere bei Kolleginnen und Kollegen der Einsatzhundertschaft, aber auch bei anderen Polizisten in Schleswig-Holstein, die immer wieder in gut geübter Praxis die Berliner Polizei unterstützen konnten, für viele Fragen und Unsicherheit. Werden Beschwerden nach derartigen Berliner Einsätzen unabhängig von einer vorhandenen Beweislage künftig zu beamten- und/oder disziplinarrechtlichen Maßnahmen führen? Werden sie damit Auswirkungen auf Beurteilungen, Stellenbesetzungen und Beförderungen haben?

Die GdP in Schleswig-Holstein hat die Position eingenommen, dass keine unterstützenden Polizeieinheiten mehr nach Berlin entsendet werden dürften, bis all diese Fragen geklärt sind. Zunächst muss ein solch irrsinniges Gesetzesvorhaben, das Polizeibeamten jedes Vertrauen abspricht, auf seine Rechtsstaatlichkeit hin überprüft werden.

Herr Innenstaatssekretär Torsten Geerdts hat sich in den sozialen Netzwerken deutlich hinter unsere Kolleginnen und Kollegen gestellt und die Forderung der GdP Schleswig-Holstein unterstützt.

Sehr geehrte Frau Ministerin Sütterlin-Waack,
uns ist sehr bewusst, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in der Hauptstadt oft auf Unterstützung angewiesen sind. Wir wollen sie natürlich nicht alleine lassen, aber wir können auch nicht verantworten, dass unsere Polizisten völlig ungerechtfertigt in eine Dilemma-Situation geraten und mit erheblichen beruflichen Nachteilen zu rechnen haben.

Ich bitte Sie sehr dringend, die rechtliche Situation definitiv vor dem nächsten Berlin-Einsatz zu klären, notfalls bis zur Klärung auf einen solchen Einsatz zu verzichten.

Wir gestalten diesen Brief bewusst offen, um mit dazu beizutragen, dieser rot-rot-grünen Berliner Rechtsstaatsverdrehung und dem Vertrauensentzug in die Polizei entgegenzutreten. Bitte geben Sie eine deutliche Antwort, nach unserem Kenntnisstand findet morgen die zweite Lesung im Berliner Abgeordnetenhaus statt.


Mit freundlichen Grüßen

Torsten Jäger
Zum offenen Brief als pdf-Datei
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