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Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 14. Juli 2020

Die Polizei verteidigt unsere Demokratie

Fremde Federn: Reiner Hoffmann und Dietmar Schilff

Foto: sebra - stock.adobe.com
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Frankfurt (Main)/Berlin.

Beschäftigte im öffentlichen Dienst sehen sich schon seit geraumer Zeit verstärkt mit Aggressionen, Hass und Gewalt konfrontiert. Seit Ausbruch der Corona-Krise verschärft sich dieses Problem. Egal ob Rettungssanitäter und -sanitäterinnen, Feuerwehrmänner und -frauen oder Polizisten und Polizistinnen - sie alle müssen in jüngster Zeit ständig damit rechnen, im Dienst noch stärker als sonst zur Zielscheibe verbaler und physischer Angriffe zu werden. Klar ist: Wo der Staat sich aus der öffentlichen Daseinsvorsorge zurückzieht, wo Personal eingespart wird und Investitionen ausbleiben, dort leiden das Vertrauen der Bürger in den Staat und der gesellschaftliche Zusammenhalt.

Ein Sturm undifferrenzierter Kritik

Ohne einen funktionierenden öffentlichen Dienst schwindet die Gewissheit, dass der Staat seinen Aufgaben gerecht wird. Überall dort, wo der Staat dies nur noch ungenügend erfüllt, drohen seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu Blitzableitern für den Frust der Menschen zu werden. Die Polizei ist davon seit jeher besonders betroffen. Derzeit wird das noch verstärkt, wenn sie für die kommunalen Ordnungsbehörden und Gesundheitsämter Abstands- und Hygienemaßnahmen kontrollieren und durchsetzen muss.

Die jüngsten Ausschreitungen in Stuttgart sind nur ein besonders skandalöses Beispiel für Gewaltexzesse unter vielen.

Egal, wie unzufrieden man mit dem Staat ist: Gewalt gegen Sachen und noch mehr gegen Menschen ist mit nichts zu rechtfertigen. Der DGB und seine acht Mitgliedsgewerkschaften verurteilen jede Gewalt, sie ist kein legitimes Mittel der kontroversen Auseinandersetzung.

Seit der Tötung George Floyds in den Vereinigten Staaten durch einen amerikanischen Polizisten und der berechtigten Entrüstung darüber ist auch über die Polizei in Deutschland ein Sturm undifferenzierter Kritik hereingebrochen: Die jüngsten Exzesse von Polizeigewalt in den Vereinigten Staaten befeuern bei uns in Deutschland ein Klima neuer Feindseligkeit gegenüber Polizisten und Polizistinnen, häufig verbunden mit pauschalen Vorwürfen rassistischen Verhaltens.

Wie in allen Bereichen des Arbeitslebens und in anderen Teilen unserer Gesellschaft kommt es auch unter deutschen Polizisten und Polizistinnen zu Fehlverhalten. Eindeutig ist seit jeher auch unsere gewerkschaftliche Haltung in diesen Fällen: Wer rassistisch handelt oder sein Amt missbraucht, muss nach einem rechtsstaatlichen Verfahren zur Verantwortung gezogen und gegebenenfalls aus dem Beruf entlassen werden, egal in welchem Arbeitsbereich, natürlich auch bei der Polizei.

Diese eindeutige und klare Haltung ist unverrückbar. Das rechtfertigt jedoch in keiner Weise, der Polizei generell eine rassistische Grundhaltung oder latenten Rassismus zu unterstellen. Wer dies tut, verhindert nicht nur eine notwendige und sachliche Auseinandersetzung, sondern ignoriert zugleich, wie wichtig die Rolle der Polizei als tragender Säule unseres Rechtsstaates und unserer Demokratie ist.

Pauschale Angriffe tragen die Gefahr in sich, das Vertrauen von Menschen in den Rechtsstaat zu untergraben. Eine solche Destabilisierung des Vertrauens in staatliche Institutionen spielt aber genau den Kräften in die Hände, denen die parlamentarische Demokratie ohnehin ein Dorn im Auge ist. Dabei verteidigt die Polizei unseren Rechtsstaat, unsere Grundrechte und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen jedwede Art von demokratiefeindlichen Angriffen.

Keine automatische Immunität gegen extremistisches Gedankengut

Pauschale Vorwürfe übersehen auch, dass die Polizei selbst zunehmend diverser und vielfältiger wird. In Berlin haben beispielsweise 30 Prozent der neu eingestellten Polizisten und Polizistinnen eine Migrationsgeschichte. Das ist eine gute Entwicklung, denn gelebte Vielfalt am Arbeitsplatz ist eine wichtige Bereicherung, um Vorurteilen und Rassismus entgegenzuwirken.

So wie sich gesellschaftlicher Wandel in der Polizei spiegelt, so spiegeln sich in ihr auch gesellschaftliche Probleme wider. Rassismus und Vorurteile kommen überall in der Gesellschaft vor.

Auch Polizeibeschäftigte sind nicht immun gegen Rechtspopulismus. Eine zentrale Aufgabe und Herausforderung für uns Gewerkschaften - aber ebenso, wenn nicht erst recht, für den Arbeitgeber - ist es, durch stetige Aus- und Fortbildung etwaige populistische Strömungen und Veränderungen im Arbeitsbereich einordnen und ihnen entgegenwirken zu können.

Der tägliche Einsatz stellt höchste Anforderungen an die Frustrationstoleranz unserer Kolleginnen und Kollegen der Polizei. Gleichzeitig erwartet man von ihnen, die eigenen Verhaltensweisen regelmäßig zu reflektieren. In diesem Prozess müssen die Polizeibeschäftigten stärker unterstützt werden. Ihre Arbeit muss seitens der Politik mehr wertgeschätzt und attraktiver gestaltet werden. Und wir dürfen nicht zulassen, dass sich Polizisten und Polizistinnen mit Vorwürfen und Anfeindungen mehr und mehr alleingelassen fühlen.

Seit Jahren sprechen in Meinungsumfragen über 80 Prozent der Befragten der Polizei ihr Vertrauen aus. Wichtig ist daher, dieses Vertrauen zu festigen sowie dem in wenigen Teilen unserer Gesellschaft leider vorhandenen polizeifeindlichen Klima aktiv entgegenzuwirken.

Dieser erfreuliche und berechtigte Vertrauensbeweis muss Motivation und Ansporn für uns alle sein, unsere demokratische und bürgernahe Polizei weiterhin zu unterstützen.

Die Autoren:

Reiner Hoffmann ist Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Dietmar Schilff ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
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