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DP - DEUTSCHE POLIZEI

Ausgabe Oktober 2020

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), erklärte in den letzten Wochen wiederholt, Rechtsextremismus sei aktuell – und prognostisch auch für die nächsten Jahre – hierzulande die größte extremistische Bedrohung. Eine Aussage, die nicht nur die Zustimmung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) fand. Prof. Dr. Stefan Goertz hat sich für DP die gefährliche „Rechts“-Lage und deren Akteure genauer angeschaut. In Zahlen: Das Personenpotenzial hiesiger Rechtsextremisten stieg 2019 von 25.350 auf 33.430. Als gewaltbereit schätzen die deutschen Sicherheitsbehörden davon 13.000 ein. Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Straftaten stieg um 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 21.290 Delikte. 2019 verübten deutsche Rechtsextremisten 781 Körperverletzungen und 66 Widerstandsdelikte. Der Straftatbestand Volksverhetzung nahm von 4.652 auf 5.067 Fälle zu. Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten mit antisemitischem Hintergrund stieg um 17,1 Prozent auf 1.844 Taten.

Seit Monaten beobachten die deutschen Sicherheitsbehörden den Versand rechtsextremistischer Erpressungsmails. Die elektronische Post verbindet massive Beschimpfungen sowie rassistische Äußerungen mit Erpressungsversuchen. Die Absendenden drohen beispielsweise, im Internet Waffen an Rechtsextremisten zu verkaufen oder, dass sie rechtsextreme Anschläge gegen Bezahlung begehen – wenn ihnen nicht eine hohe Geldsumme in einer digitalen Währung überwiesen wird.
2019 gingen E-Mails mit Bombendrohungen bei Gerichten, kommunalen Einrichtungen und anderen öffentlichen Einrichtungen sowie bei Politikern in ganz Deutschland ein. Die Absender firmieren beispielsweise unter den Bezeichnungen „Staatsstreichorchester“ und „Cyber Reichswehr“. Auch sind den Sicherheitsbehörden in den letzten Jahren immer wieder Informationssammlungen unterschiedlicher Art über politische Gegner von Rechtsextremisten bekannt geworden, die in der medialen Berichterstattung als „Feindes-“ oder „Todeslisten“ bezeichnet werden. Diese „Zusammenstellungen“ werden teils auf Websites online gestellt und dienen dem Aufbau einer Drohkulisse. Die Adressaten sollen eingeschüchtert werden.

Ermittler des hessischen Landeskriminalamtes haben Informationen zu knapp über 80 rechtsextremistischen Drohschreiben, die mit dem Kürzel „NSU 2.0“ unterzeichnet seit Spätsommer 2018 an Empfänger versendet wurden. Es handelt sich um Drohmails, deren anonyme Verfasser sich auf die Morde der deutschen Rechtsterrorgruppe „NSU“ (Nationalsozialistischer Untergrund) berufen. Die Mails wurden von mehreren Mailadressen versendet. Die Polizei geht in einigen Fällen von Trittbrettfahrern aus, die wohl nichts mit den verantwortlichen Haupttätern zu tun haben. Mindestens drei Drohschreiben sollen jedoch Informationen enthalten, die zuvor durch Datenabfragen in hessischen Polizeistellen gewonnen wurden. Polizeibeamte sollen auf Polizeicomputern unerlaubt Daten abgefragt und rechtsextremistische Drohungen versendet haben. Bisher wurden im Rahmen der rund zweijährigen Nachforschungen fünf Polizeibeamte vorläufig vom Dienst suspendiert, gegen mehrere Dutzend weitere wird noch ermittelt.

Rechtsextremistische Akteure und Gruppierungen nutzen das Internet zur Informationsvermittlung, Meinungsbildung, Vernetzung und Propaganda. Dazu gehört eine im Internet um die Meinungshoheit wetteifernde Vielzahl von „Influencern“ und „Trollen“. Diese leisten einen Beitrag zur Verrohung der Sprache und Konsensverschiebung im öffentlichen Diskurs. Die Tatsache, dass das Internet das von Jugendlichen mit Abstand am häufigsten genutzte Medium ist und es aufgrund seiner Verbreitungsmöglichkeiten und einer zum Teil fehlenden Kontrollinstanz ein ideales Medium für rechtsextremistische Inhalte darstellt, birgt ein besonderes Gefahrenpotenzial für diese Altersgruppe. Womöglich wird dadurch ein Einstieg in die rechtsextremistische Szene begünstigt. Weil weltweit genutzte Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter zunehmend rechtsextremistische Inhalte löschen und Nutzerprofile sperren, dienen Video- und Gaming-Portale im Internet als Alternativen. Diese Nischen und Schlupflöcher bieten Anonymität, werden nicht „moderiert“ und können so für Propaganda oder Provokationen genutzt werden. Entsprechende Videobotschaften erreichen in kürzester Zeit eine sehr hohe Zahl von Empfängern. Daher dürften Gaming- und Videoplattformen ebenso wie andere alternative Plattformen wie sogenannte Imageboards für die rechtsextremistische Szene immer bedeutsamer werden.
In der Auseinandersetzung um die Diskurshoheit erschaffen Rechtsextremisten mit Nachrichtenseiten und Blogs eine „alternative“ mediale Öffentlichkeit. Daneben versuchen sie, durch die von „Hatern“ und „Troll-Armeen“ über soziale Medien platzierte und koordinierte Provokation Aufmerksamkeit auf eigene Narrative zu lenken und den demokratischen Diskurs zu manipulieren. Charakteristisch und zugleich neu ist, dass sich sowohl Rechtsextremisten, Rechtspopulisten als auch Provokateure, die sich politisch nicht positionieren, auf einer Aktionsplattform innerhalb eines inhomogenen Milieus treffen und gemeinsam agitieren.
INHALT In eigener Sache; VOR ORT Nur ein attraktiver öffentlicher Dienst kann besser werden; ERKLÄRUNG DES BUNDESVORSTANDES DER GdP IN HAMBURG GdP: Mehr Wertschätzung für die Polizei in unruhigen Zeiten; HINGESCHAUT Mutiger Einsatz verhindert abscheulichen Tabubruch; INNENLEBEN Arbeitstreffen im Norden; HINGESCHAUT Massives Unverständnis über Entscheidung; TITEL Die fließenden Grenzen zum Rechtsterrorismus, Gefährlicher Teenagerterrorismus; KOMMENTIERT "Wir decken keine Straftäter"; INNENLEBEN Positionen und Pressekonferenz in petto.; IM GESPRÄCH Rassismus: auf den gesellschaftlichen Operationstisch!; VOR ORT Natürlich kann unsere schon gute Polizei stets besser werden; INNENLEBEN Mutmacher für den Alltag; KOMMENTIERT Wir sind doch die Guten - Zur Kritik(un-)fähigkeit der Polizei; HINGESCHAUT Ein Blick nach Israel; IM GESPRÄCH Fehler besser managen; VOR ORT Politische Botschaften mit unverwechselbarer Handschrift; HINTERFRAGT Ein Versagen des Rechtstaates; INNENLEBEN Uns gibt es noch!, Eigentlich!, (K)Ein Buch mit sieben Siegeln; LESER MEINEN; IMPRESSUM

Falls Sie einen Leserbrief zu einem Artikel dieser Ausgabe schreiben möchten, vergessen Sie bitte nicht, den betreffenden Artikel zu nennen, zu dem Sie sich äußern möchten: gdp-pressestelle@gdp.de
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