DP - DEUTSCHE POLIZEI
Ausgabe Oktober 2020


2019 gingen E-Mails mit Bombendrohungen bei Gerichten, kommunalen Einrichtungen und anderen öffentlichen Einrichtungen sowie bei Politikern in ganz Deutschland ein. Die Absender firmieren beispielsweise unter den Bezeichnungen „Staatsstreichorchester“ und „Cyber Reichswehr“. Auch sind den Sicherheitsbehörden in den letzten Jahren immer wieder Informationssammlungen unterschiedlicher Art über politische Gegner von Rechtsextremisten bekannt geworden, die in der medialen Berichterstattung als „Feindes-“ oder „Todeslisten“ bezeichnet werden. Diese „Zusammenstellungen“ werden teils auf Websites online gestellt und dienen dem Aufbau einer Drohkulisse. Die Adressaten sollen eingeschüchtert werden.
Ermittler des hessischen Landeskriminalamtes haben Informationen zu knapp über 80 rechtsextremistischen Drohschreiben, die mit dem Kürzel „NSU 2.0“ unterzeichnet seit Spätsommer 2018 an Empfänger versendet wurden. Es handelt sich um Drohmails, deren anonyme Verfasser sich auf die Morde der deutschen Rechtsterrorgruppe „NSU“ (Nationalsozialistischer Untergrund) berufen. Die Mails wurden von mehreren Mailadressen versendet. Die Polizei geht in einigen Fällen von Trittbrettfahrern aus, die wohl nichts mit den verantwortlichen Haupttätern zu tun haben. Mindestens drei Drohschreiben sollen jedoch Informationen enthalten, die zuvor durch Datenabfragen in hessischen Polizeistellen gewonnen wurden. Polizeibeamte sollen auf Polizeicomputern unerlaubt Daten abgefragt und rechtsextremistische Drohungen versendet haben. Bisher wurden im Rahmen der rund zweijährigen Nachforschungen fünf Polizeibeamte vorläufig vom Dienst suspendiert, gegen mehrere Dutzend weitere wird noch ermittelt.
Rechtsextremistische Akteure und Gruppierungen nutzen das Internet zur Informationsvermittlung, Meinungsbildung, Vernetzung und Propaganda. Dazu gehört eine im Internet um die Meinungshoheit wetteifernde Vielzahl von „Influencern“ und „Trollen“. Diese leisten einen Beitrag zur Verrohung der Sprache und Konsensverschiebung im öffentlichen Diskurs. Die Tatsache, dass das Internet das von Jugendlichen mit Abstand am häufigsten genutzte Medium ist und es aufgrund seiner Verbreitungsmöglichkeiten und einer zum Teil fehlenden Kontrollinstanz ein ideales Medium für rechtsextremistische Inhalte darstellt, birgt ein besonderes Gefahrenpotenzial für diese Altersgruppe. Womöglich wird dadurch ein Einstieg in die rechtsextremistische Szene begünstigt. Weil weltweit genutzte Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter zunehmend rechtsextremistische Inhalte löschen und Nutzerprofile sperren, dienen Video- und Gaming-Portale im Internet als Alternativen. Diese Nischen und Schlupflöcher bieten Anonymität, werden nicht „moderiert“ und können so für Propaganda oder Provokationen genutzt werden. Entsprechende Videobotschaften erreichen in kürzester Zeit eine sehr hohe Zahl von Empfängern. Daher dürften Gaming- und Videoplattformen ebenso wie andere alternative Plattformen wie sogenannte Imageboards für die rechtsextremistische Szene immer bedeutsamer werden.
In der Auseinandersetzung um die Diskurshoheit erschaffen Rechtsextremisten mit Nachrichtenseiten und Blogs eine „alternative“ mediale Öffentlichkeit. Daneben versuchen sie, durch die von „Hatern“ und „Troll-Armeen“ über soziale Medien platzierte und koordinierte Provokation Aufmerksamkeit auf eigene Narrative zu lenken und den demokratischen Diskurs zu manipulieren. Charakteristisch und zugleich neu ist, dass sich sowohl Rechtsextremisten, Rechtspopulisten als auch Provokateure, die sich politisch nicht positionieren, auf einer Aktionsplattform innerhalb eines inhomogenen Milieus treffen und gemeinsam agitieren.
INHALT In eigener Sache; VOR ORT Nur ein attraktiver öffentlicher Dienst kann besser werden; ERKLÄRUNG DES BUNDESVORSTANDES DER GdP IN HAMBURG GdP: Mehr Wertschätzung für die Polizei in unruhigen Zeiten; HINGESCHAUT Mutiger Einsatz verhindert abscheulichen Tabubruch; INNENLEBEN Arbeitstreffen im Norden; HINGESCHAUT Massives Unverständnis über Entscheidung; TITEL Die fließenden Grenzen zum Rechtsterrorismus, Gefährlicher Teenagerterrorismus; KOMMENTIERT "Wir decken keine Straftäter"; INNENLEBEN Positionen und Pressekonferenz in petto.; IM GESPRÄCH Rassismus: auf den gesellschaftlichen Operationstisch!; VOR ORT Natürlich kann unsere schon gute Polizei stets besser werden; INNENLEBEN Mutmacher für den Alltag; KOMMENTIERT Wir sind doch die Guten - Zur Kritik(un-)fähigkeit der Polizei; HINGESCHAUT Ein Blick nach Israel; IM GESPRÄCH Fehler besser managen; VOR ORT Politische Botschaften mit unverwechselbarer Handschrift; HINTERFRAGT Ein Versagen des Rechtstaates; INNENLEBEN Uns gibt es noch!, Eigentlich!, (K)Ein Buch mit sieben Siegeln; LESER MEINEN; IMPRESSUM
Falls Sie einen Leserbrief zu einem Artikel dieser Ausgabe schreiben möchten, vergessen Sie bitte nicht, den betreffenden Artikel zu nennen, zu dem Sie sich äußern möchten: gdp-pressestelle@gdp.de
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