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Diskussionsveranstaltung in Lübeck

GdP: Innere Sicherheit ist sträflich vernachlässigt worden

Stellvertretender GdP-Landesvorsitzender Torsten Jäger bezog Stellung

Lübeck.

„Die Herausforderungen der Landespolizei durch den Anstieg der Flüchtlingszahlen“ - lautete der Titel einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung, die Mittwochabend von der „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen“ (AsJ) im Lübecker Hoghehus ausgerichtet worden war.

Zu den Diskutanten im Podium gehörten unter anderem der Stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Torsten Jäger (Foto rechts) und Innenminister Stefan Studt (Foto links). „Mit der Veranstaltung wollen wir daran erinnern, „dass die Polizistinnen und Polizisten auch in Schleswig-Holstein bis an ihre Grenzen und darüber hinaus mit ihrem Einsatz täglich dazu beitragen, dass Deutschland diese Herausforderung meistert“, stellte der AsJ-Vorsitzende in seiner Begrüßung fest. Innenminister Studt rühmte noch einmal die herausragende Rolle der Landespolizei im Umgang mit den im vergangenen Jahre dramatisch angestiegenen Flüchtlingszahlen heraus. Dabei verwies Studt auf „die wunderbare Arbeit“, die die Polizei in den Erstaufnahmeeinrichtungen und der BAO im Kontext mit der zivilen Verwaltung geleistet habe und leiste. Jedoch binde diese Aufgabe im hohen Maße Personal, sagte Studt. Dabei unterstrich der Innenminister, dass die Landespolizei sich beim Personalbestand im Vergleich zu anderen Bundesländern ohnehin an der untersten Kante befinde. Deshalb sei es bedeutsam und auch seine Absicht, in absehbarer Zeit diese Aufgaben an das eigentlich zuständige Landesamt für Ausländerangelegenheiten zu übergeben und die Landespolizei wieder an ihre originäre Aufgabe zurückzuführen. Auch Torsten Jäger zeigte sich vom Engagement der Polizei beeindruckt. „Die Kolleginnen und Kollegen machen ihre Arbeit in den Landesunterkünften und der BAO hochmotiviert und versuchen, das Beste aus der heiklen Situation zu machen. Viele könnten aber auch nicht mehr“, wies Torsten Jäger auf Belastungsgrenzen hin. Dies gelte auch für die Polizeikräfte auf den „normalen“ Dienststellen, denn die für die Flüchtlingsaufgaben eingesetzten Beschäftigten der Landespolizei würden dort natürlich auch fehlen. „Ohnehin dies ist das Personaldefizit in der Landespolizei ein Kernthema der Gewerkschaft der Polizei. Wir sind einfach zu wenig, auch wenn die BAO wieder zurückgeführt wird“, so Jäger. Deshalb sei es auch überfällig gewesen, dass der von der Landesregierung beabsichtigte Stellenabbau bei der Polizei inzwischen zurückgenommen worden sei. Die Entscheidung, die Einstellungszahlen bei der Landespolizei in den kommenden Jahren auf 400 zu erhöhen, sei richtig, aber leider zu spät, denn die Nachwuchskräfte stünden erst am Ende ihrer zweieinhalb- bzw. dreijährigen Ausbildung tatsächlich zur Verfügung. „Da hätten wir uns gewünscht, dass die politisch Verantwortlichen früher auf uns gehört hätten, denn unsere personelle Notlage haben wir seit Jahren gebetsmühlenartig vorgetragen“, sagte Torsten Jäger. Dabei rief er die zudem die außergewöhnlichen Krankenstände und den hohen Altersdurchschnitt in der Landespolizei in Erinnerung. Folglich würden aktuell Kernaufgaben der Polizei wie Verkehrsüberwachung und die Präventionsarbeit nicht mehr zu erfüllen oder zu vernachlässigen sein. Letztlich sei die Frage zu beantworten, wieviel Polizei in Schleswig-Holstein gebraucht werde. Da die Polizei immer wieder von außergewöhnlichen Lagen bestimmt werde, sei es gefährlich, diese personell auf Kante zu nähen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre habe nun den Nachweis erbracht, dass die Innere Sicherheit als politisches Thema offensichtlich sträflich vernachlässigt worden sei. Der Rückzug aus der Fläche mit unzähligen Schließungen von Dienststellen, vor allem der kleinen Stationen im ländlichen Raum, sei ein Fehler gewesen. „Die Polizei muss vor Ort, sie muss am Menschen sein“, unterstrich Jäger die GdP-Haltung. Dafür brauche es aber auch die entsprechende Personaldecke. „Schlagworte wie der angebliche Rückzug der Polizei aus der Fläche würden in der Diskussion nicht helfen. Das machen wir auch nicht. Wir nennen es die Konzentration in der Region“, hielt Innenminister Studt entgegen und erntete für diese Wortspielerei das kollektive Gelächter der rund 60 Zuhörer.

Zur Frage, ob es Sachverhalte im Zusammenhang mit den Flüchtlingen gebe, die „unter der Decke gehalten werden“, wies Torsten Jäger auf die Sensibilität der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit hin. Es gebe natürlich einen Grundanspruch der Bevölkerung zu wissen, was im Zusammenhang mit der Inneren Sicherheit passiere. Jedoch müsse die Polizei bei ihren Verlautbarungen auch Augenmaß behalten und könne beispielsweise aus verfahrenstechnischen Gründen Informationen zurückhalten. „Allerdings haben die Kolleginnen und Kollegen auch leidvolle Erfahrungen gemacht, die zur Verunsicherung beigetragen haben. Dazu gehöre auch eine latente Unterstellung, dass die Polizei fremdenfeindlich sei“, so Jäger. Und weiter: Viele Polizisten fühlten sich alleingelassen. Auch von der Politik. Und aktuell dokumentiere die maßgeblich auf Betreiben der GRÜNEN erfolgte Einführung eines Polizeibeauftragten das Misstrauen und wirke sich auch auf die Öffentlichkeitsarbeit aus. Gleichzeitig warb Torsten Jäger für einen intensiveren Austausch zwischen der Justiz und der Polizei. Dies insbesondere mit Blick auf jüngste Verlautbarungen, wonach viele Polizisten mit großem Frust auf Entscheidungen im Justizbereich reagierten. Auch die GdP werde das Gespräch mit Verantwortlichen in der Justiz führen, so Jäger.

Aus der Zuhörerschaft wurden am Ende der Diskussionsrunde kritische Stimmen laut, auch gegenüber Innenminister Studt. „Ich glaube Ihnen nicht. Heute weisen Sie darauf hin, dass die Polizei in Schleswig-Holstein personell an unterster Stelle steht. Vor Wochen haben Sie noch dafür plädiert, Stellen bei der Polizei abzubauen. Ich fühle mich als Bürger nicht mehr sicher. Wir brauchen mehr Polizeipräsenz“, sagte ein Teilnehmer unterstützt von weiteren Besuchern.

Text/Fotos: Thomas Gründemann
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