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GdP bewertet Entwurf des rot-grünen Koalitionsvertrages - Positive Ansätze, aber auch offene Fragen!

Hannover:.

Am 13. Februar 2013 wurde der Entwurf des rot-grünen Koalitionsvertrages der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Die SPD und die Grünen müssen ihn auf den Parteitagen am Samstag, 16. Februar 2013, nunmehr noch beschließen und am Montag, 18.02.2013, soll er von den Koalitionären unterzeichnet werden. Die GdP hat sich mit dem Entwurf des Koalitionsvertrages beschäftigt und nimmt zu den in erster Linie die Beschäftigten der Polizei betreffenden Punkten Stellung:

Vorab ist festzustellen, dass es normal ist, bei einer Koalition oftmals Abstriche von vor der Wahl getätigten Maximalforderungen der Parteien gemacht werden müssen. Klar ist auch, dass die Wählerinnen und Wähler den Mehrheitsfraktionen einen Regierungsauftrag übergeben haben und nicht den Interessenvertretungen. Diese bleiben aber aufgefordert, Punkte und Themen, die nicht explizit im Koalitionsvertrag vereinbart wurden, zukünftig politisch zu diskutieren und zum Erfolg zu bringen. Festzustellen ist ebenfalls, dass in dem Entwurf auch Fragen unbeantwortet bleiben, die es zu beantworten gilt. Da einiges aber nicht konkret vereinbart oder ausgeschlossen wurde, gibt dies für die jeweiligen Ressortchefs, in unserem Falle dem Innenminister, aber auch Handlungsspielraum.

1. Die GdP begrüßt die Aussage für ein weltoffenes Niedersachsen sowie für eine moderne Flüchtlings- und Asylpolitik. Dies trägt zur gesellschaftlichen Befriedung bei.

2. Gute Kinder-, Jugend-, Bildungs-, Sozial-, Integrations- und Arbeitsmarktpolitik sowie Mittel gegen Armutsbekämpfung sind auch mitentscheidend für eine gute Innenpolitik.
Die Aussagen für ein solidarisches und gerechtes Niedersachsen sowie für eine soziale Arbeitsmarktpolitik sind mit den, von der GdP vor der Wahl formulierten, Forderungen kompatibel und können eine gute Basis sein.

3. Der Autoverkehr muss radikal neu überdacht werden. Die Ost-West-Achse A 2 und die Nord-Süd-Achse A 7 sind in Niedersachsen ein ständiger Unfallschwerpunkt und belasten die Polizei extrem. Auf den Land- und Kreisstraßen und in den Städten und Gemeinden muss durch eine stärkere polizeiliche Präsenz und Erhöhung der Kontrolldichte die Verkehrssicherheit erhöht werden. Insofern sind die Ausführungen im Vertrag für eine neue Mobilitätsoffensive für Niedersachsen nach Auffassung der GdP der richtige Ansatz und können langfristig die Polizei entlasten.

4. 1. Bei der Innenpolitik steht u.a. der Verfassungsschutz vor einer Neuausrichtung. Hier wird die GdP interessiert und kritisch verfolgen, welche Änderungen vorgenommen werden sollen. Unabhängig von Versäumnissen bei den schrecklichen Vorgängen der NSU, haben die Beschäftigten besondere Aufmerksamkeit verdient, da sie sich für die Erhaltung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung eingebracht haben und dies auch zukünftig tun.

4.2. Das Polizeigesetz soll reformiert werden. Hier hat die GdP sich im Vorfeld bei der Anhörung im Innenausschuss bereits geäußert und wird sich auch weiterhin einbringen. Die Rückkehr von der Quoten- und law-and-order-Polizei zur Bürgerpolizei wird in diesem Zusammenhang verwendet und ist nicht völlig abwegig.

4.3. Die Koalitionäre vereinbaren weiterhin einen starken Datenschutz. Dieser ist wichtiger denn je, darf allerdings kein Täterschutz sein. Die Polizei und andere staatliche Stellen brauchen notwendige Informationen und vernetzte Strukturen, um die Bürgerinnen und Bürger vor Gewalt, Kriminalität und Terror zu schützen. Eine rot-grüne Regierung muss daher in Berlin endlich auf ein Ende des Vorratsdatenspeichervakuums drängen.

4.4. Es wird außerordentlich begrüßt, dass die Forderung der GdP nach einem besseren und moderneren Personalvertretungsrecht umgesetzt werden soll. Neben der Modernisierung der nicht mehr zeitgemäßen Regelungstatbestände ist es aber wichtig, Beteiligung und Mitbestimmung zu wollen und zu leben und nicht wie in den letzten 10 Jahren oft erfolgt, diese auszuhebeln. Hier ist ein vielversprechender Ansatz für ein neues vertrauensvolles Miteinander zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen.

4.5. Die GdP begrüßt das Ansinnen, kommunale Präventionsräte zu stärken und Maßnahmen stärkerer gesellschaftlicher Teilhabe junger Menschen umzusetzen.

4.6. Das Ehrenamt soll gestärkt werden. Ehrenamt ist Gesellschafts- und Gemeinschaftsaufgabe. Daher begrüßt die GdP den Willen von Rot-Grün, Unterstützungsangebote für Ehrenamtliche, also auch für gewerkschaftlich Aktive, zu verbessern.

4.7. Es wird außerordentlich begrüßt, dass die GdP-Forderung nach Abschaffung bzw. Modifizierung des spaltenden A 11-Erlasses Einzug in den Koalitionsvertrag gefunden hat, ebenso, wie unsere Forderung nach Beibehaltung der derzeitigen Personalstärke.

4.8. Positiv ist auch, dass sich die Koalitionspartner intensiv mit der demographischen Entwicklung und den damit verbundenen Auswirkungen für den öffentlichen Dienst sowie dem gesamten Gemeinwesen auseinandersetzen wollen. Es ist richtig, dass die Landesverwaltung durch Verbesserungen des Dienst- und Tarifrechtes attraktiver gestaltet werden muss, so wie es Rot-Grün beschreibt.

4.9. Nicht einverstanden ist die GdP weiterhin mit der Übereinkunft, eine individualisierte, anonymisierte Kennzeichnung der Polizei bei geschlossenen Einsätzen anzustreben. Zu begrüßen ist lediglich, dass dies nicht einfach von oben nach unten verordnet werden soll, sondern dass die Aussage des designierten Innenministers Pistorius, möglichst mit den Gewerkschaften und Personalvertretungen vorher eine Lösung zu beraten, im Vertrag verschriftlicht ist. Hier wird eine Einvernehmlichkeit schwierig sein, das hat die GdP auch schon in den vergangenen zwei Wochen während den Koalitionsverhandlungen in den Medien deutlich gemacht. Das gleiche trifft für die Einrichtung eines "Polizeibeauftragten" zu.

4.10. Sehr vielversprechend sind die Ankündigungen zur Verbesserungen der Stellenstruktur, zum Gesundheitsmanagement, zur Förderung von Frauen und zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Verbesserung der Aufstiegschancen im Rahmen der sog. zweigeteilten Laufbahn.

4.11. Sehr bemerkenswert und außerordentlich begrüßenswert ist die Aufnahme der GdP-Forderung nach einem Polizeientsendegesetz für Auslandseinsätze sowie unsere Forderung nach Beschlüssen bei Auslandsverwendungen durch den Niedersächsischen Landtag.

5. Die GdP begrüßt die Absicht der rot-grünen Koalitionspartner, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um weitere Einlagerungen in das Zwischenlager Gorleben zu verhindern und die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, den Atommüll an anderen Standorten zwischenzulagern. Einmal ganz abgesehen von der Gefahr erhöhter Strahlendosis für unsere eingesetzten Kollegen/-innen.

Ebenso begrüßt die GdP den Willen zu einem Neubeginn der Endlagersuche für Atommüll ohne Gorleben. Wir sind der festen Überzeugung, dass der Salzstock in Gorleben, nach den uns bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen und den katastrophalen Erfahrungen mit der Asse, nicht geeignet ist. Die Abkehr von Gorleben wird auch die angespannte Situation bei der Polizeien der Länder und des Bundes, insbesondere aber der niedersächsischen Landespolizei entkrampfen und den Landeshaushalt nachhaltig entlasten bzw. Spielraum für andere Maßnahmen eröffnen. Hinzu kommt, dass die Politik durch die Gorlebenproblematik mit dazu beigetragen hat, dass es zwischen Polizei und Bürgerbewegungen zu kaum lösbaren Konflikten gekommen ist und die Distanz zur Polizei und umgekehrt bis ins schier Unermessliche gesteigert wurde. Dies muss nun wieder gekittet werden. Die GdP begrüßt ausdrücklich bürgerschaftliches Engagement, sofern es friedlich ist.

6. Die Aussagen im Sportbereich sind nahezu deckungsgleich mit GdP-Positionen, u.a. dass das Land sich dazu bekennt, bei Sportveranstaltungen Sicherheit zu gewährleisten und dies als hoheitliche Aufgabe ansieht, die bei Bedarf vom Land durchgeführt und getragen wird. Die Forderung nach Verstärkung von fanbezogener Projektarbeit durch die Vereine ist auch GdP-Forderung.


Nach dem ersten und zweiten Lesen des Vertragsentwurfes stellt die GdP überwiegend gute Ansätze fest, viele Übereinstimmungen mit unseren an die Parteien übersandten Positionen und vielversprechende Überschneidungen. Manche Punkte sind nicht dezidiert benannt, so z.B. Stärkung des Tarif- und Verwaltungsbereiches, Abkehr von Privatisierung, eine genaue Benennung von Stellenhebungen von A 9 nach A 10, Anrechnung von Bereitschaftszeiten. Hier bedarf es jetzt der Konkretisierung von getätigten Wahlaussagen. Und wir werden weiterhin alles versuchen, um insbesondere die Kennzeichnungspflicht abzuwenden. Wir bleiben bei unseren Positionen, die von der weit überwiegenden Anzahl der Polizeibeschäftigten mitgetragen werden.

Insbesondere begrüßt wird der im Koalitionsvertrag durchweg festzustellende Wille nach mehr Beteiligung.

Unbedingt angegangen werden muss auch eine Verbesserung des Betriebsklimas und der Kritikkultur in der Polizei, hier hat der scheidende Innenminister Schünemann schweren Schaden angerichtet, der behoben werden muss.

Das, was mit der Polizeireform aus den Jahren der ersten rot-grünen Regierungsverantwortung von 1990 bis 1994 entwickelt wurde, nämlich das Aufbrechen verkrusteter Strukturen, das Trennen der Spaltung von S und K durch die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung, die Stärkung des Selbstwertgefühles und insgesamt eine bessere Bewertung aller sachbearbeitenden Tätigkeiten, muss wieder Einzug halten in der Polizei. Hier ist in den letzten Jahren viel versandet.

Wir als GdP bieten uns mit unseren rund 14.500 Mitgliedern und unserer jahrzehntelangen Kompetenz in allen Fragen der Inneren Sicherheit und auf allen Ebenen der Polizei einer neuen rot-grünen Landesregierung als konstruktiv-kritisch beratenden Gesprächspartner an.

Für Dienstag, 19.02.2013, ist die konstituierende Sitzung des Landtages mit Wahl der Landesregierung geplant, für die der GdP-Landesvorsitzende Dietmar Schilff eine Einladung erhalten hat. Voraussichtlich am Dienstagnachmittag wird, wenn die Wahlen im Landtag problemlos durchgeführt wurden, die Übergabe des Innenressorts an den neuen Innenminister erfolgen.

Präsent, wo´s brennt! Gewerkschaft der Polizei
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