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Landesjournal Niedersachsen September 2013 - Zukunft der Polizei - Quo vadis, Polizei? - Polizeistrategie 2020

Wo soll es in den nächsten Jahren mit der Polizei Niedersachsen hingehen? Was sind die Herausforderungen und Schwerpunkte? Welches Führungsverhalten soll gelebt werden? Wie werden die Mitarbeiter/-innen eingebunden und ihr Know-how abgerufen? Wie sehen die Perspektiven für die Beschäftigten aus? Welche Investitionen sind in den nächsten Jahren erforderlich, um die polizeiliche Arbeit erfolgreich durchführen zu können? Diese Fragen wurden am 09. und 10. August 2013 in Hannover auf Einladung von Innenminister Boris Pistorius mit rund 130 Teilnehmern/-innen der gesamten Leitungsspitze der niedersächsischen Polizei sowie Personalratsvertretern in einer ersten Tagung diskutiert

Eigentlich ist es nicht originäre Aufgabe von Interessenvertretungen von einer dienstlichen Veranstaltung zu berichten. Das macht die Organisation schon selber und wird diese sicherlich auch positiv darstellen. Da bei dieser Tagung aber erstmalig alle Personalvertretungen der Behörden und Einrichtungen sowie der Polizeihauptpersonalrat eingebunden waren, ist auch eine Bewertung durch die GdP angebracht. Dies ist eine neue Art der Beteiligung und Ernsthaftigkeit der Mitbestimmung bei der Polizei Niedersachsen, die in den vergangenen 10 Jahren insgesamt schwer gelitten hat. Die anwesenden Personalratsvertreter/-innen gaben der Tagung auf Nachfrage der GdP durchweg gute Noten. Die GdP wurde durch das LPP und durch die anwesenden Personalratsvertreter informiert und gibt eine erste Bewertung ab, insbesondere auch deshalb, weil viele Ideen und Forderungen der GdP in die Veranstaltung eingeflossen sind.



Personalratsvertreter und Innenminister Boris Pistorius Foto: Matthias von Mitzlaff

Innenminister Pistorius, der während der gesamten Zeit der Tagung beigewohnt hat, machte in seinem Eingangsstatement deutlich, um was es ihm und der niedersächsischen Landesregierung geht. Wichtigster Schwerpunkt, der sich auch wie ein roter Faden durch die gesamten zwei Tage zog, war sein Appell an eine neue Führungskultur und die Stärkung der Mitarbeiterbeteiligung. Er wolle, dass zukünftig wieder alle in der Polizei angstfrei ihre Meinung sagen können.

Ein weiterer Schwerpunkt soll der Abbau der Kennzahlenlastigkeit sowie des bisher durchgeführten Zielvereinbarungsprozesses sein, welches eigentlich ein Zielvorgabenverfahren war, so Pistorius. Dies soll zu Gunsten der Stärkung des fachlichen Austausches begrenzt werden. Der Innenminister verstärkte diese am Anfang des ersten Tages gemachte Aussage noch einmal in seinem Schlussplädoyer, in dem er die Wirkungsziele des bisherigen Verfahrens für ausgesetzt erklärte. Die Finanzziele blieben bestehen. Die Aufklärungsquote sei notwendig als ein wichtiges, aber nicht einziges Indiz guter Arbeit. Es werde mit ihm keine Vorgabe der Erreichung einer bestimmten Quote geben.

Die Anwesenden diskutierten im Anschluss der Begrüßung durch den Innenminister und nach einem Einstiegsvortrag durch Landespolizeipräsident Uwe Binias, unterstützt von KOR Lars Wistuba, in vier Arbeitsgruppen die Themen der Zukunft, die in den nächsten Wochen und Monaten intensiv mit allen Polizeibeschäftigten ausgetauscht werden sollen. Dabei seien Rückmeldungen wichtig und würden ausdrücklich für die Planungen berücksichtigt werden, so Binias. Nach Aussage von Uwe Binias wird mit dem Strategieprozess ein Wendepunkt in der Polizei eingeleitet. Die bisherige Philosophie, dass das MI etwas festlegt und die Behörden dies vor Ort umsetzen müssen, soll es nicht mehr geben. Man wolle von der alten Form der PI-Leitungsrunde weg, wo es nur um die Verkündung von Vorgaben ging. Es gibt zukünftig kein "Top-down" mehr, das MI und das LPP setzen vielmehr auf den Prozess des "Gegenstromverfahrens". Es werde keine Strategie mehr in Papierform geben, die nicht vorher gemeinsam mit den Fachleuten in der Polizei erarbeitet und besprochen wurde. Für etliche Angehörige des Establishments in der Polizei würde dies zwar ein "Kulturschock" sein, aber dieser Philosophiewechsel sei ausdrücklich gewollt. Die Akzeptanz der Organisation hänge dabei von der Ernsthaftigkeit der Umsetzung ab. Man wolle eine neue Organisations- und eine neue Fehlerkultur mit Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven für alle. Die Frage sei: Wer geht mit wem wie um? Das Prinzip "Ober sticht Unter" soll es nicht mehr geben. Dies erfordere auch eine Diskussion über ein neues Beurteilungsverfahren, so die Ausrichter der Strategiekonferenz. Und es wird geprüft, inwieweit Mitarbeiterbefragungen bei konkreten Themenstellungen durchgeführt werden könnten.

Die vier Hauptzielbereiche sind laut LPP Sicherheit, Arbeitswelt, Finanzen und Technologie. Die Hauptwerte, auf deren Basis der gesamte Prozess und die zukünftige Ausrichtung aufbauen, wurden mit den Begriffen

1. Respekt: "Im Mittelpunkt steht der Mensch"

2. Gerechtigkeit: "Unser Antrieb und Anspruch"

3. Zuverlässigkeit: "Jederzeit kompetenter Partner und Helfer"

beschrieben, wobei es hier aufgrund der Rückmeldungen auch noch begriffliche Änderungen geben kann.

Alle Beteiligten, auch die eingeladenen Personalratsvertreter/-innen, zogen ein positives Resümee der zwei Tage. Nun muss es darum gehen, diesen von der GdP seit langem geforderten Kultur- und Philosophiewechsel mit Leben zu erfüllen und unter Einbeziehung aller Beschäftigten umzusetzen. Dies wird nicht von heute auf morgen erfolgen können, zu verkrustet sind einige Strukturen und Abläufe. Hinzu kommt, dass den Beschäftigten in den letzten Jahren schon zu oft Reformen und Veränderungen als die Innovation vorgegaukelt wurden. Es gibt daher sicherlich ein gehöriges Maß an Skepsis, nach dem Motto: "Jetzt treiben die schon wieder eine neue Sau durch´s Dorf". Die GdP meint aber, dass der Ansatz, der auf der Tagung dargestellt wurde, richtig und mehr als notwendig ist. Viele Forderungen unserer gewerkschaftlichen Arbeit, die wir in unzähligen Gesprächen mit Politik und Polizeiführung verdeutlicht haben, sind in den Strategieprozess eingeflossen. Die GdP wird eine gewerkschaftsinterne Arbeitsgruppe einrichten, in der das Vorhaben aus gewerkschaftlicher Sicht begleitet wird, die Auswirkungen der Reform 2003/2004 noch einmal kritisch hinterfragt werden und gegebenenfalls auch eigene Vorschläge an das LPP erarbeiten. Insgesamt wird die GdP sich sehr konstruktiv an diesem Prozess beteiligen und Änderungen konkret einfordern. An alle Kolleginnen und Kollegen richten wir den Appell, sich ebenfalls einzubringen.

Ein sicherlich nicht einfacher Weg, die Polizei wieder auf Kurs zu bringen und die Verletzungen der letzten Jahre zu heilen. Die Beteiligung der Menschen in der Polizei muss dabei bei der Zugrundelegung der Werte oberstes Ziel sein. Als ein wirklich herausragendes Signal wird die frühzeitige Einbeziehung der Personalvertretungen gewertet. Einen Versuch hin zu einer neuen Polizeiphilosophie ist der angestoßene Prozess allemal Wert.

Dietmar Schilff, Landesvorsitzender

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