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Altersdiskriminierung Beamtinnen und Beamte/Das Land Berlin wird die Anträge/Widersprüche bescheiden lassen

Wie allseits bekannt hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen zur Altersdiskriminierung u. a. Az. 2 C 3.13 sowie Az. 2 C 6.13 vom 30.10.2014 arbeitgeberfreundliche Entscheidungen getroffen. Es wurde klargestellt, dass die Altbesoldung bis einschließlich 31. Juli 2011 altersdiskriminierend ist und den Betroffenen, die sowohl die Verjährungs- als auch die Geltendmachungsfristen eingehalten haben, wurde eine pauschale Entschädigung in Höhe von 100,00 € pro Monat zugestanden. Allerdings wurde hinsichtlich des Fristenbeginns für die Geltendmachung von Ansprüchen eine sehr fragwürdige Entscheidung getroffen.



Das höchste deutsche Verwaltungsgericht stellte nämlich für den Fristenbeginn auf die Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes in Sachen Hennigs u. a. ab, und hier war die Frist der 08.09.2011. Wenn also jemand rechtzeitig seine Ansprüche innerhalb der Zwei-Monatsfrist geltend machen wollte, so war dies nur dann gewährleistet, wenn er dies bis zum 08.11.2011 tat. Die meisten der Betroffenen haben ihre Ansprüche, so muss man konstatieren, allerdings später geltend gemacht, so dass die Berliner Verwaltungsgerichte beim gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung die Klagen abweisen werden.

Es kommt allerdings, wie man so schön sagt, noch dicker: Zwar wurden mehrere Verfassungsbeschwerden gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eingereicht und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Dennoch hat sich das Land Berlin entschieden, alle eingereichten Anträge/Widersprüche jetzt zu bescheiden, statt abzuwarten und die anhängigen Verfahren auszusetzen, bzw. bei anhängigen Widersprüchen ruhen zu lassen.
So wird in den meisten Fällen natürlich negativ beschieden werden, sodass die einzelnen Betroffenen ablehnende Widerspruchsbescheide erhalten. Dann bleibt nur noch die Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin innerhalb der gängigen Ein-Monatsfrist nach Zustellung des Widerspruchsbescheides, um im Verfahren zu bleiben.
Die Gewerkschaft der Polizei hält diese Verfahrensweise gelinde gesagt für einen politischen Affront gegen die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes und sieht diese Entscheidungspraxis als Frontalangriff gegen Beschäftigteninteressen an. Die Antwort der Beschäftigten, das ist zu erwarten, wird an der Wahlurne erfolgen. Dass dies kein Alleingang des Landes Berlin ist, beweist die Praxis im Land Schleswig-Holstein, wo man offen alle Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes wider besseren Wissens auffordert, eingereichte Klagen vor dem Verwaltungsgericht zurückzunehmen. Und das, obwohl in Schleswig-Holstein, das ja erst nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in Sachen Hennigs und andere sein Besoldungsrecht umgestellt hat, der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch greifen dürfte. Man kann also davon ausgehen, dass die Finanzminister von Bund und Ländern hinsichtlich der Verfahrensweise abgestimmt vorgehen werden.

Was rät also die GdP?

Zunächst natürlich, dass diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die ihre Ansprüche noch fristgerecht, also noch vor dem 09.11.2011 geltend gemacht haben und dennoch einen ablehnenden Bescheid bekommen, sofort mit diesem Bescheid in der Rechtsberatung der GdP vorsprechen. Dort wird ihnen ohne große Bürokratie Rechtschutz zugesagt und die entsprechende Klage beim Verwaltungsgericht Berlin anhängig gemacht.

Für diejenigen Betroffenen, die ihre Anträge/Widersprüche erst nach dem 08.09.2011 und spätestens bis zum 09.01.2012 geltend gemacht haben, werden wir unter Berücksichtigung der anhängigen Verfassungsbeschwerden Musterklagen entwerfen, die dann selbst beim Verwaltungsgericht Berlin entweder allein oder unter Zuhilfenahme der dortigen Rechtsantragsstelle eingereicht werden können. Noch bis zum 09.01.2012 deswegen, weil die letzte höchstrichterliche nationale Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes zur Problematik der höchsten Altersstufe als Folge der Altersdiskriminierung für den Arbeitnehmerbereich erst am 10.11.2011 verkündet worden ist, so dass hier, vorausgesetzt einer positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, durchaus die Möglichkeit besteht, dass die Frist für die Geltendmachung der Ansprüche/Widersprüche erst am 10.01.2012 ablaufen könnte.

Auch für die Kolleginnen und Kollegen, die ihre Ansprüche erst nach dem 10.01.2012 geltend gemacht haben, werden wir im Wege der Serviceleistung eine Musterklage entwerfen, um denjenigen, die trotz fehlender Erfolgsaussichten in das Verfahren wollen, diese Möglichkeit zu geben.

Darüber hinaus bieten wir in allen Fällen Rechtsberatung zu dieser nicht einfachen und ziemlich unübersichtlichen Rechtslage an. Es muss zumindestens gesagt sein, dass zwar die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Beginn des Fristenlaufs nach § 15 AGG zu akzeptieren ist, diese aber dennoch nicht überzeugend ist. Allerdings bedeutet dies nicht automatisch, dass die anhängig gemachten Verfassungsbeschwerden Erfolg haben werden.

Der Landesbezirksvorstand der GdP hat sich in seiner Sitzung vom 22. Juni 2015 nochmals ausführlich mit der Problematik befasst und beschlossen, die Kollegenschaft mittels der Serviceleistungen kostenlose Rechtsberatung sowie Fertigung einer Musterklage mit Hinweisen zu betreuen.
Er betont allerdings ebenso deutlich, dass die Stellung eines Rechtschutzantrages nicht erforderlich ist, da Erfolgsaussichten nach den Bestimmungen der Rechtschutzordnung der GdP für ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht für die Kolleginnen und Kollegen, die erst nach dem 08.11.2011 Ansprüche geltend gemacht haben (Antrag/Widerspruch), nicht gegeben sind.

Die GdP wird jede Möglichkeit nutzen, um gegenüber den politischen Entscheidungsträgern des Landes Berlin ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck zu bringen, dass das Land trotz anhängiger Verfassungsbeschwerden zur flächendeckenden Bescheidung übergehen will bzw. übergegangen ist. Darüber hinaus wird die GdP verlangen, dass das Land zumindest bei den Anträgen auf Aussetzung des Verfahrens bei den dann anhängig gemachten Klagen seine Zustimmung erteilt.

Wir denken, dass wir mit der gewählten Verfahrensweise trotz der nachvollziehbaren Empörung bei der Mitgliedschaft den Kolleginnen und Kollegen eine wirksame Unterstützung geben können.


Foto: ©Lupo/Pixelio.de
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