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Information für Beamtinnen und Beamte

Streik in der Polizei + Wir haben viel zu verlieren! Niemandem darf es gelingen, einen Keil zwischen BeamteInnen und Tarifbeschäftigte, Streikende und Nichtstreikende zu treiben!

Michael Reinke, stellvertretender Landesbezirksvorsitzender der GdP, am 02.07.2008 in der Bild-Zeitung:
„Das ist moderne Sklavenhaltung. ++ GdP klagt: Berliner Polizisten waren noch nie so fertig. ++ Noch nie ging es den Berliner Polizisten so schlecht. Wir sind fertig! ++ Die Situation ist kaum mehr zu ertragen. ++ Da bleibt vielen Kollegen nur die Flucht in die Krankheit.“

Wir wissen, dass unsere Beamtinnen und Beamten, die nicht an unserem Streik teilnehmen können, unglaublich belastet sind. Trotzdem bitten wir Euch, unsere streikenden Kolleginnen und Kollegen im Rahmen Eurer Möglichkeiten weitgehend zu unterstützen.
Den in den Dienststellen verbleibenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern empfehlen wir aus unserer Sicht, ohne Rücksicht auf ihre Einsatz-, Auftrags- und Vorgangslage zu arbeiten und, wenn möglich, nicht zu versuchen, Personaldefizite auszugleichen.

Der Streik geht in der Polizei zulasten der Beamtinnen und Beamten. Das tut niemandem mehr leid als uns. Der Polizeipräsident hat, ohne es öffentlich zu kritisieren, die Vorgabe dieses Wowereit-Senats umgesetzt und mit einem Einstellungsstopp von 2002 bis 2005 über vier Jahre 3000 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte eingespart. Der Personalbestand im Vollzugsdienst der Polizei ist von rund 19.000 auf rund 16.000 Polizeibeamtinnen und -beamte geschrumpft. Genau in diesem Zeitraum ist auch die Arbeitsbelastung der verbliebenen Beamtinnen und Beamten kontinuierlich deutlich angestiegen. Die uns vorliegenden Unterlagen der Polizeibehörde über die Einsatz- und Arbeitsbelastung im Vollzugsdienst zeigen sehr deutlich, dass durch die Sicherheitslage in der Stadt, die/der einzelne Beamtin/Beamte sich ständig erhöhenden Anforderungen im täglichen Dienst ausgesetzt sieht.

Dazu muss aber festgestellt werden:
Der Polizeipräsident wusste Monate vor Streikbeginn, dass es zu einem unbefristeten Erzwingungsstreik kommt, und wo wir streiken werden. Darauf hat er die Polizei, aus unserer Sicht, bewusst nicht vorbereitet, weil der Senat das nicht wollte. Für jedes drittklassige Fußballspiel werden zusätzliche Einsatzhundertschaften angefordert, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihr Verfassungsrecht wahrnehmen und streiken, werden keine zusätzlichen Einsatzkräfte eingeplant.

Das ist Absicht, damit wollen dieser Senat und der Polizeipräsident einen Keil zwischen die Beschäftigten der Berliner Polizei treiben, BeamteInnen gegen Tarifbeschäftigte, Streikende gegen Nichtstreikende.
Das Ziel ist, uns, die GdP, zu schwächen und damit aber auch die Interessenvertretung für die Kolleginnen und Kollegen.
Das freut den Regierenden Bürgermeister und seinen Finanzsenator. Das hilft diesem Senat, die letzte Bastion einzureißen, die ihn zumindest in Teilen noch daran hindert, die Einkommen seiner Beschäftigten und ihre Arbeitssituation noch weiter zu verschlechtern.
Wir treffen nicht die Entscheidungen, die Eure Lebenssituation und die Eurer Familie verschlechtern.

An dieser Stelle möchten wir Euch darauf hinweisen, wer an diesem Streik teilnimmt. Es sind täglich bis zu 1200 Kolleginnen und Kollegen, die über ein monatliches Nettoeinkommen zwischen 1040 und 1400 Euro verfügen. Auf Wunsch können die anonymisierten Gehaltsbögen eingesehen werden.

Diese KollegInnen brauchen die Einkommenserhöhung, die wir fordern.

Gegenstand unserer Tarifverhandlungen und dieses Streiks ist aber auch die zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses für die Beamtinnen und Beamten.

Wir sind eine Solidargemeinschaft, um uns gegenseitig gegen einen immer übermächtiger werdenden Arbeitgeber zu wehren.

Wir wollen Euch nicht überfordern, das tut Euer Arbeitgeber. Wir wissen, dass Ihr auch nicht mehr als arbeiten könnt und die derzeitige Situation auch Eure Familien belastet, nur Euer Arbeitgeber will das nicht zur Kenntnis nehmen.

Versteht diesen Brief deshalb bitte als einen Appell an Euch, zu versuchen, unsere Argumente nachzuvollziehen. Als einen Appell, nicht nur Eure derzeitige schwierige Situation zu sehen, sondern auch an die Zukunft zu denken.

Zu unserem Streik schreibt uns ein Polizeibeamter:
„Als GdP-Mitglied entsteht bei mir zurzeit der Eindruck, dass die Streikmaßnahmen sehr schleppend vorangehen. Ich würde mich freuen, wenn sofort sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden könnten, da uns der Senat nur hinhält - insofern empfinde ich den Artikel über die "Sklavenhaltung" wirklich zutreffend.
Mich würde darüber hinaus noch interessieren, ob ihr die Kollegen Beamten unterstützen könntet, den Remonstrationsvordruck "Streikbrecher" doch endlich einmal auszufüllen und dem PPr und dem Innensenator zuzusenden. Ich denke, dass viele Kollegen Bedenken haben, da sie mit negativen Folgen rechnen.
Vielleicht erreichen wir dann endlich unser Ziel.“

Solltet Ihr gegen Euren Einsatz für streikende ArbeitnehmerInnen remonstrieren wollen, ruft uns an. Wir werden Euch unterstützen und Euch die juristischen Konsequenzen erläutern. Dienstliche Nachteile können dabei nicht entstehen.

Zu unserem Streik ist festzustellen:

Unsere Mitglieder haben sich in einer Urabstimmung mit übergroßer Mehrheit für einen unbefristeten Erzwingungsstreik ausgesprochen. Der Grund dafür war, dass wir seit Dezember 2006 Tarifverhandlungen führen, ohne dass uns ein akzeptables Angebot vorgelegt wurde. Gegenstand dieser Verhandlungen ist auch die zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses für die Beamtinnen und Beamten.
Bei diesen Tarif- und Besoldungsverhandlungen geht es aber um mehr.
Es geht um die Würde der MitarbeiterInnen im öffentlichen Dienst des Landes Berlin. Es geht um Eure Würde, weil wir einen Finanzsenator haben, der seit Jahren mit Billigung des Regierenden Bürgermeisters und des Senats u. a. folgenlos sagen darf:

die Beamten laufen bleich und übel riechend herum, weil die Arbeitsbelastung so hoch ist,
die Altbeschäftigten verdienen schon jetzt mehr, als sie am Markt wert sind,
von den 128 €, die ein Hartz IV Empfänger im Monat für das Essen bekommt, kann man in der Tat ausgewogen und auskömmlich essen.

Wir denken, das können wir uns alle nicht mehr länger bieten lassen. Wir müssen endlich gegen diese Politiker kämpfen und das versuchen wir gerade.
Wer im Übrigen denkt, dieser Finanzsenator würde seine Sprüche nicht ernst meinen, der irrt gewaltig.

In der letzten Woche hat sich auch der Regierende Bürgermeister selbst „die Maske vom Gesicht gerissen“, indem er anlässlich der Vorstellung des Siegerspruchs der Imagekampagne „Be Berlin“ am Donnerstag, dem 03.07.2008 vor laufenden Kameras vor dem Roten Rathaus gesagt hat: „Sei Gewerkschafter, sei Querulant, sei Berlin“. Dieser Ausspruch war an unsere streikenden Kolleginnen und Kollegen gerichtet, die seit Wochen vor seinem Amtssitz für höhere Einkommen demonstrieren. Unser Regierender Bürgermeister fühlte sich von ihnen belästigt.

Welche Rücksichten müssen wir eigentlich noch nehmen? Welche Rücksichten müsst Ihr noch nehmen, wenn Ihr feststellt, dass Eurem Arbeitgeber Eure soziale Situation und die Eurer Familien sowie Eure Arbeitsbelastung mit den negativen gesundheitlichen Folgen völlig, aber wirklich auch völlig, egal sind?
Deshalb geht es hier um Eure Würde als Menschen.

Im nächsten Jahr finden in allen Bundesländern wieder Tarif- und Besoldungsverhandlungen statt. Unsere Beschäftigten in Berlin liegen schon heute mit ihren Einkommen durchschnittlich 18 % unter den Einkommen in vergleichbaren Arbeitsbereichen in anderen Bundesländern.

Wir können nur hoffen, dass es, aufgrund der Arbeitssituation, diesem Regierenden Bürgermeister nicht gelingt, einen Keil zwischen die ArbeitnehmerInnen im öffentlichen Dienst zu treiben, zwischen BeamteInnen und Tarifbeschäftigte, zwischen Streikende und Nichtstreikende. Wenn wir diese Auseinandersetzung verlieren, dann haben wir alle verloren, denn Sarrazin meint es ernst, wenn er sagt, „wir können eigentlich erst ab 2013 ein Prozent mehr Einkommen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bezahlen“.

Dann wird das Undenkbare Realität sein, sehr viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst werden dann „staatliche Transferleistungen“ für ihren Lebensunterhalt brauchen. Und keiner soll sagen, das kann nicht passieren. Wer zurückblickt, der weiß, das Undenkbare ist möglich, denn wer hätte vor sechs Jahren schon gedacht, dass die Polizei einmal 3000 BeamteInnen verlieren würde, die Einkommen um 8, 10 und 12 % gekürzt werden und eine aktuell vierprozentige Inflationsrate, Tendenz steigend, die letzten finanziellen Spielräume der Menschen auffrisst.“
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