Zum Inhalt wechseln

+++NACHBERICHTET+++ NACHBERICHTET

Innenminister diskutierte mit Polizisten

GdP-Jahreshauptversammlung der Regionalgruppe Lübeck-Ostholstein: Hans-Joachim Grote stellte sich kritischen Nachfragen

Lübeck.

Es war der erste Besuch von Innenminister Hans-Joachim Grote bei der GdP-Regionalgruppe Lübeck-Ostholstein. Der CDU-Politiker gastierte bei der Jahreshauptversammlung der Regionalgruppe im „Gemeinschaftshaus Dornbreite“ in Lübeck. Vor rund 60 Zuhörern, darunter auch der GdP-Landesvorsitzende Torsten Jäger sowie der Leiter der Polizeidirektion Lübeck Norbert Trabs, beantwortete der Minister im öffentlichen Teil geduldig Fragen des Regionalgruppenvorsitzenden Jörn Löwenstrom (Foto), aber auch von anwesenden Kolleginnen und Kollegen.

Nachdem der Minister seinen Platz neben Jörn Löwenstrom eingenommen hatte, wies Norbert Trabs in seinem Grußwort auf die mit 90.000 Einsätzen hohe Belastung in der Polizeidirektion Lübeck hin. Mit fast 90 verletzten Einsatzkräften nehme die Polizeidirektion einen negativen Spitzenplatz ein, berichtete Trabs besorgt.
Als eine grundsätzlich gute Botschaft bezeichnete der Lübecker Direktionsleiter die bis zum Jahr 2023 zugesagte Personalverstärkung um 38 Stellen. „Aber im laufenden Jahr wird die Personalverstärkung noch nicht spürbar werden“, so der Leitende Polizeidirektor. Die Belastungen der Einsatzkräfte sehe er mit großer Sorge. Wie zuvor der GdP-Landesvorsitzende Torsten Jäger sprach sich auch der Lübecker Direktionsleiter dafür aus, die Kriterien der „AG-Stellenverteilung“ zeitnah auf den Prüfstand zu bringen und Überlegungen für neue Personalverteilungskriterien für die Behörden anzustellen.

Torsten Jäger ergänzte: „Die Stellenzuwächse müssen auch tatsächlich in der Fläche bei den Kolleginnen und Kollegen ankommen. Zunehmend hohe Krankenstände, Wochenarbeitszeitreduzierung und steigender Fortbildungsbedarf sind bei den Berechnungsgrundlagen noch nicht ausreichend berücksichtigt“, so der GdP-Landesvorsitzende. Zudem forderte Jäger wichtige Veränderungen bei der Dienstpostenbewertung und damit verbundene Beförderungsmöglichkeiten schnellstmöglich zu realisieren. „Hier ist schon viel zu viel Zeit verstrichen“, ergänzte der GdP-Landesvorsitzende.

In seiner Antwort verwies Innenminister Grote zur Diskussion um die Personalverteilung auf das seit Jahresbeginn laufende Projekt „Fortentwicklung in der Landespolizei“ (ProFil). Dies habe den Auftrag, ein neues System zu erarbeiten. Norbert Trabs wies jedoch darauf hin, dass beabsichtigt sei, die Personalverteilungskriterien im Rahmen der „Alltagsorganisation“ zu prüfen. Jörn Löwenstrom gab im Zusammenhang mit den GdP-Forderungen nach mehr Personal ergänzend den hohen Krankenstand in der Landespolizei zu bedenken.

In seinen weiteren Ausführungen verdeutlichte Hans-Joachim Grote jedoch, dass „es derzeit nicht denkbar sei, mehr Personal einzustellen“. „Das können wir schlicht nicht zahlen“, machte der Minister deutlich. Unter Hinweis auf einen DGB-Report hob Löwenstrom erneut hervor, dass die schleswig-holsteinische Landespolizei als Arbeitgeber für Bewerber in Bezug auf Attraktivität hinter den anderen Bundesländern hinterherlaufe. Dabei bezog sich der Regionalgruppenvorsitzende auf die Forderung der GdP nach Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes, der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage sowie der Verbesserung der Beförderungssituation in der Landespolizei und der generellen Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden.
„Die GdP-Rechnung ist in Bezug auf den Ländervergleich berechtigt“, räumte Grote ein. Jedoch sei die Vergleichsbetrachtung nicht zielführend, da der Verdienst nicht nur Kriterium für Bewerber bei der Polizei sei. Für die massiven Klagen von Kolleginnen und Kollegen aus der Versammlung am aktuellen Beurteilungssystem mit einer sechsstufigen Skala sah sich der Minister als falschen Ansprechpartner. Die veränderten Beurteilungsrichtlinien seien aus der Polizei gekommen. Wenn derartige Probleme bekannt seien, was ihn aus unterschiedlichen Bereichen als Nachricht erreiche, gebe es nur eine Möglichkeit: "Dann ändern Sie das doch wieder", sagte Grote und richtete dabei – um Unterstützung suchend - seinen Blick direkt an Torsten Jäger. Aus der Versammlung wurden auch Ungleichbehandlungen bei der Dienstpostenbewertung, unter anderem im Zusammenhang mit der Leitung der Diensthundestaffel der Polizeidirektion Lübeck, kritisiert.
Anlass zu wahrnehmbarer Verärgerung gab auch der zähe Prozess bei der Umsetzung des prüfungsfreien Aufstiegs zu Polizeihauptkommissaren (A 11). „Erst sind hier Hoffnungen geweckt worden, aber es passiert nichts. Vielen von uns läuft die Zeit davon“, so Betroffene gegenüber den Innenminister. Hans-Joachim Grote zeigte sich überrascht, bestätigte aber auch, dass bei Anhebungen in die Besoldungsgruppe A 11 eine Konkurrenz von Kurz- zu Langzeitausgebildeten vermieden werden müsse. „Da müssen wir eine Dualität der Laufbahnen, also einen Weg für zwei A11-Ernennungsmöglichkeiten, finden“, so Grote.

Und Ingo Pieplow wandte sich auch persönlich an den Minister. Nach dem er vor gut einem Jahr im Verlaufe eines Einsatzes verletzt worden sei, warte er seit langem auf den finanziellen Ausgleich, der ihm im Rahmen eines Schmerzensgeldverfahrens zugesprochen worden sei (Anm.: „Erfüllung durch den Dienstherrn bei Schmerzensgeldansprüchen 83a LBG). Mit Blick auf die zunehmende Anzahl gewaltsamer Angriffe auf Polizisten seien die aktuellen Schmerzensgeldverfahren zu kompliziert, monierte Pieplow. So habe er sich in eigener Angelegenheit sogar mit gewerkschaftlichem Rechtsschutz eines Rechtsanwalts bedienen müssen. Bis heute warte er dennoch auf das ihm zugesprochene Geld, zeigte sich Pieplow enttäuscht. „Wir halten bei Einsätzen unseren Kopf hin und müssen dann aber erleben, dass der Dienstherr uns hängen lässt. Das ist nicht die Wertschätzung, die wir verdient haben“, beklagte sich der Polizeihauptmeister. Ohnehin sei die Regelung in Bezug auf die Ermessensgrundlage korrekturbedürftig. Im Prinzip könne durch die aktuelle Formulierung nach Tagesform und Kassenlage beliebig entschieden werden. „Es besteht die Gefahr für unendliche Varianten von Entschädigungen und somit großer Ungerechtigkeit.
Deshalb sollte im Interesse aller da nachgebessert werden“, unterstrich Pieplow.

Aus seiner Sicht sollte im Falle eines Dienstunfalles nach Meldung durch den Dienstvorgesetzten die Durchsetzung der Interessen der Betroffenen zentral vorgenommen werden. Und auch ein Problem aus der täglichen Praxis platzierte Ingo Pieplow beim Innenminister. So sprach er sich für die Beschaffung eines Kohlenmonoxid-Warners für Einsatzkräfte aus und erhielt dafür großen Beifall anwesender Kolleginnen und Kollegen. "Wir brauchen die CO-Warner zum Schutz unserer Einsatzkräfte“, so der Schutzpolizist. Er könne aus der Praxis mindestens fünf Fälle allein für den hiesigen Bereich aufzählen, bei denen Kollegen durch Kohlenmonoxid verletzt worden oder in Gefahr geraten seien. Glücklicherweise seien diese glimpflich ausgegangen, Krankenhausaufenthalte jedoch vorgekommen, auch bei ihm selbst. Ein entsprechender Antrag sei jedoch aus nicht vollends bekannten Gründen abgelehnt worden. Bei Rettungsdiensten im Bereich seien CO-Warner Standard und hätten allein in zwei bekannten Fällen Schlimmeres verhindert.

Der Minister nahm die Hinweise mit Interesse auf und sagte Ingo Pieplow eine Prüfung seiner Hinweise zu (über das Ergebnis werden wir berichten).

Text/Fotos: Thomas Gründemann
Zum Flugblatt als pdf-Datei
This link is for the Robots and should not be seen.