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Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Problematik der Altersdiskriminierung in der Beamtenbesoldung am 19. Juni 2014

GdP informiert nach erster Prüfung des vollständigen Urteils

Berlin.

Die zweite Kammer des Europäischen Gerichtshofs hat in ihrer lang erwarteten Entscheidung festgestellt, dass die Besoldungsregelungen, die vor dem Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz vom 29. Juni 2011 galten, wegen ihrer Anknüpfung an das Lebensalter der Richtlinie 2000/78/EG entgegenstehen. Nach Ansicht des Gerichts fällt die Beamtenbesoldung in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie. Damit führe das durch die Paragrafen 27 und 28 Bundesbesoldungsgesetz a.F. geschaffene Besoldungssystem zu einer unmittelbar auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung.

Allerdings hat der Europäische Gerichtshof zugleich entschieden, dass das Überleitungsrecht des Berliner Besoldungsneuregelungsgesetzes vom 29. Juni 2011 europarechtskonform ist! Das bedeutet: Der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs zufolge ist die Besoldung aus diesen Überleitungsregelungen nicht altersdiskriminierend – obwohl sie auf den Beträgen der alten diskriminierenden Besoldung aufsetzt.

Klärungsbedürftig ist lediglich noch, ob und in welchem Umfang Ansprüche aus der altersdiskriminierenden Besoldung vor Inkrafttreten des Berliner Besoldungs-Neuregelungsgesetzes durchsetzbar sind.

Dazu hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass das Unionsrecht (insbesondere Artikel 17 der Richtlinie 2000/78/EG) ausdrücklich nicht vorschreibt, den diskriminierten Beamten rückwirkend einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen ihrer tatsächlichen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen. Das Unionsrecht stehe auch einer nationalen Vorschrift nicht entgegen, nach der ein Beamter Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah geltend machen muss, d.h. vor Ende des laufenden Haushaltsjahres. Allerdings dürfe diese Vorschrift weder dem Äquivalenzgrundsatz noch dem Effektivitätsgrundsatz entgegenstehen.

Das Verwaltungsgericht Berlin muss nun prüfen, ob alle vom Europäischen Gerichtshof genannten Voraussetzungen für eine unionsrechtliche Haftung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder für Ansprüche vor dem Inkrafttreten des Berliner Besoldungsneuregelungsgesetzes erfüllt sind oder nicht.

Im Klartext: Alle Kolleginnen und Kollegen, die entsprechend der Empfehlung der Gewerkschaft der Polizei ihre Ansprüche rechtzeitig (bis zum Ablauf des Jahres 2011) in Form eines Antrags/Widerspruchs geltend gemacht haben, erfüllen nach unserer Auffassung grundsätzlich die Voraussetzungen der zeitnahen Geltendmachung.

Wir bitten diese Kolleginnen und Kollegen, mit Kopien der entsprechenden Unterlagen (zeitnahe Geltendmachung und Antwort der Behörde) in der Rechtsberatung der GdP (dienstags oder donnerstags zwischen 17 und 19 Uhr) vorzusprechen. In diesen Fällen werden wir das Verfahren übernehmen.

In allen anderen Fällen, d.h. in solchen, in denen die Anträge/Widersprüche erst ab 2012 eingereicht wurden, bitten wir ebenfalls um Vorsprache und Beifügung der genannten Unterlagen. Diese sollten auch die Erklärung des Dienstherrn beinhalten, dass er auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Zum weiteren Fortgang des Verfahrens sei erwähnt, dass sich nunmehr – wie bereits angesprochen – das Verwaltungsgericht Berlin mit der Sache befassen muss und zu prüfen hat, ob Ansprüche der einzelnen Klägerinnen und Kläger – vor allem auch in welcher Höhe - bestehen. Es ist damit zu rechnen, dass diese Verfahren auf nationaler Ebene bis zum Bundesverwaltungsgericht gehen werden.

Insgesamt betrachtet bleibt festzuhalten, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes nicht alle Wünsche erfüllen konnte. Jedoch steht jetzt fest, dass das alte Besoldungssystem, das rein auf Lebensaltersstufen setzte, altersdiskriminierend ist. Damit hat der Europäische Gerichtshof auch einen Gleichklang zu seiner Entscheidung bezüglich der Arbeitnehmer hergestellt.
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