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Ausführliche Information zur Anhörung der SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag zur DNA-Analyse

Potsdam.

Die Bundesländer Hessen, Bayern, Hamburg, Saarland und Thüringen haben eine Bundesratsinitiative zur Neuregelung der DNA-Analyse zu Zwecken des Strafverfahrens eingebracht. Die Brandenburger SPD Landtagsfraktion führte zur eigenen Positionsbestimmung zu o. g. Gesetzesinitiative eine Anhörung durch, zu der u. a. die Gewerkschaft der Polizei eingeladen wurde. In der Podiumsdiskussion sollten Risiken und Chancen der Gesetzesinitiative bewertet werden, damit sich die Brandenburger Landesregierung eine Position im Gesetzgebungsverfahren erarbeiten kann.

Am 07.März 2005 berichtete die Märkische Allgemeine Zeitung umfassend zu dieser Anhörung. Der entsprechende Artikel kann hier eingesehen/heruntergeladen werden.

Unser Bericht:

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, Herr Dr. Dix, wies auf Probleme bei der Erweiterung der DNA-Analyse hin. Er berief sich insbesondere auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 2000 und den möglichen Grundrechtseingriff auf informelle Selbstbestimmung. Aus seiner Sicht ist die DNA-Analyse mehr als ein Fingerabdruck im Rahmen der ED-Behandlung. In der DNA seien neben unverschlüsselten auch verschlüsselten Daten enthalten, mit denen zusätzliche Informationen über eine Identitätsfeststellung hinaus erhoben werden könnten. Deswegen legt er großen Wert darauf, dass die DNA-Analysen nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung und mit richterlicher Anordnung durchgeführt werden. Er sieht weiterhin ein Problem in der möglichen Analyse durch private Institutionen, die keiner staatlichen Kontrolle unterliegen.

Der Leiter des Landeskriminalamtes, Herr Büddefeld, wies daraufhin, dass es der Polizei nur darum geht, die Identitätsfeststellung im nicht codierten Bereich (enthält keine Erbinformationen) eindeutig zu regeln. Dazu werden die Spuren anonymisiert einem Labor zugeleitet. Rückschlüsse auf einzelne Personen aus dem Labor heraus sind nicht möglich.
Bisher war entsprechend § 81 StPO die Polizeiarbeit eingeschränkt durch Festlegungen wie:
  • Straftat von erheblicher Bedeutung
  • Negativprognose auch auf die Zukunft

Das DNA-Identifizierungsmuster lässt keine genetischen Rückschlüsse zu, aber eine eindeutige Identifizierung der Person und die Klärung der Geschlechtsfrage. Mit der 4. Bundesratsinitiative vom 03.02.2005 entfällt die Schwelle „Straftat von erheblicher Bedeutung“. Der Verdacht einer kriminalistisch/kriminologischen Negativprognose wird als ausreichend angesehen und der Richtervorbehalt für die DNA-Analyse sowohl an Spuren- als auch an Personenproben entfällt. Er machte darauf aufmerksam, dass jährlich ca. 5000 DNA-Analysen (Personenanalysen) am LKA vorgenommen werden müssen. Eine Analyse kostet max. 100 €. Als Fazit stellte er fest, dass sich die DNA-Analyse als geeignetes Mittel zur Aufklärung von Straftaten in nahezu allen Kriminalitätsbereichen bewährt hat. Sie ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten auch verhältnismäßig, weil der Eingriff gering ist, der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts gewahrt bleibt und eine missbräuchliche Anwendung durch technische Mittel, Anonymisierung und Datenschutzkontrolle ausgeschlossen wird.

Prof. Dr. Medizinalrat Herbert Schuster bewertete die DNA-Analyse für die Verbrechensbekämpfung aus Sicht eines medizinischen Genetikers. Er sieht den wichtigsten Nutzen der Gendiagnostik in der Medizin im Bereich der individuellen Früherkennung von Krankheiten und deren Prävention. Der Gentest ist nicht gleich zusetzen mit einer DNA-Analyse.

Angst vor Missbrauch

In der gesamten Diskussion stand ein Thema unterschwellig immer wieder im Mittelpunkt. Wie kann ein Missbrauch der DNA-Analyse verhindert werden? Kollege Österreich und Kollegin Pieper vom Landeskriminalamt (die uns dankenswerterweise fachlich unterstützten) wiesen daraufhin, dass weder von der technischen Ausstattung, noch von der Aufgabenzuweisung unsere Labore dazu in der Lage sind, den codierten Bereich zu entschlüsseln. Auch würde man den Polizeivollzugsbeamten unterstellen, Straftaten zu begehen, indem sie dieses eigenständig durchführen wollten. Man müsste sich zunächst teure Chemikalien und Analysegeräte besorgen und einen „Verbrecherkreis“ nutzen, um diesen codierten Bereich zu entschlüsseln und die Daten später konkreten Personen zuzuordnen. Im Übrigen bräuchte man auch noch „Abnehmer“ dieser Informationen, damit das Ganze Sinn macht. Auf den Punkt gebracht; der Polizei geht es nur um eine eindeutige Identitätsfeststellung.
Der leitende Oberstaatsanwalt Rautenberg schlug in diesem Zusammenhang vor, im Strafgesetzbuch den Missbrauch der Analyse von DNA-Daten im verschlüsselten Bereich unter Strafe zu stellen, um zu verdeutlichen, dass weitere Entschlüsselungen, sowohl im staatlichen, wie im privaten Bereich strafbar sind. Dieser Vorschlag fand weite Zustimmung bei den Anwesenden.

GdP für DNA-Analyse zur Identitätsfeststellung

Nach einer jahrelangen kontrovers geführten Diskussion fordert die GdP die DNA-Analyse als Maßnahme im Bereich der ED-Behandlung. Der Erfolg der DNA-Analyse bei der Aufklärung von Straftaten ist enorm. Derzeit verfügt die Polizei über 388 700 Datensätze, davon 321 500 personenbezogene Daten – also DNA-Proben und 67 200 Spuren die an Tatorten oder an Opfern gefunden wurden. In jedem 4. Fall, in dem die Polizei die DNA-Daten vergleichen kann, erlangt sie einen Täter. Bis Ende 2004 konnten rund 340 Tötungsdelikte, 820 Sexualstraftaten und 21 000 Diebstähle mit Hilfe der DNA-Analyse aufgeklärt werden. Es lagern noch rund 4 000 Tatortspuren von unaufgeklärten Tötungs- und Sexualdelikten in der Datenbank.

Deshalb fordern wir die Entnahme einer DNA-Probe als normale erkennungsdienstliche Behandlung.

Natürlich sind die Bedenken und Sorgen von Bürgern ernst zu nehmen, dass jeder Straftäter jetzt einer DNA-Analyse unterzogen wird. Wenn man aber vergleicht, dass nur 7 % der Tatverdächtigen einer ED-Behandlung unterzogen werden, so ist bei Gleichsetzung des Fingerabdrucks mit der DNA-Analyse die Größenordnung vorgegeben. Gleichzeitig schützt der genetische Fingerabdruck Unschuldige vor polizeilicher Verfolgung und sogar vor Justizirrtümern. Passt eine DNA-Spur nicht zu einem Verdächtigen, dann war er auch wirklich nicht der Täter, selbst wenn alle Indizien gegen ihn sprechen.

Die Polizei selbst kann keine Erbinformationen aus den DNA-Proben gewinnen – die Polizei ist auch keinesfalls interessiert daran. Eine Missbrauchsgefahr durch staatliche Behörden sehen wir in diesem Zusammenhang nicht. Im Übrigen sei hier nochmals der Vorschlag des leitenden Generalsstaatsanwaltes erwähnt, den Missbrauch unter Strafe zu stellen.

Vor Gericht ist die DNA-Analyse als alleiniger Beweis übrigens nicht zulässig!

Gegner der DNA-Analyse argumentieren damit, dass die Polizei auch mit herkömmlichen Methoden immerhin 90 % der Kapitalverbrechen aufklärt. Das ist richtig, und darauf sind wir stolz. Jedoch wird dieses Ergebnis mit einem erheblichen personellen und zeitlichen Aufwand erreicht. Manche Mordermittlungen dauern Jahre. In dieser Zeit läuft ein potentieller Mörder oder ein Sexualstraftäter, bei dem die Wiederholungsgefahr besonders hoch ist, weiter frei herum.

Was ist, wenn durch die DNA-Analyse weitere Straftaten hätten verhindert werden können?

Negativbeispiele gibt es leider einige. Auch würde bei einem weiteren Bestehen des Richtervorbehaltes eine zusätzliche zeitliche Differenz zwischen Tatfeststellung bis zur Entnahme der DNA-Spur und deren Auswertung entstehen. Auch in dieser Zeit könnten weitere Straftaten begangen werden. Übrig bleiben das Misstrauen und die Skepsis, dass persönliche Daten in vielfältiger Form unkontrolliert zugeordnet und weitergegeben werden könnten. Keiner fragt aber nach, was mit Blut- oder Gewebeproben beim Arzt geschieht? Hier existiert der Arzt des Vertrauens, obwohl dieser ganz andere Möglichkeiten hat, die DNA zu untersuchen.

Euer GdP-Team
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