Zum Inhalt wechseln

Belastungsgrenze im Schichtdienst (SD) erreicht

Objektive Datenlage belegt einige Missstände

Der Polizeiberuf ist ein belastender Beruf. Und der Wechselschichtdienst umso mehr, weil hier zu sozialfeindlichen Uhrzeiten gearbeitet werden muss, oft entgegen jeglichen Bio- und Schlafrhythmus. Die Kolleg/-innen sind zu unmöglichen Uhrzeiten Situationen ausgesetzt, die sie sowohl psychisch als auch physisch an die Grenzen und darüber hinaus bringen können. Dies ist ein bekannter Umstand, den unsere Kolleg/-innen (in Teilen) hinnehmen, weil sie ihren Beruf gerne ausüben. Um die psychischen Belastungen in der Polizei zu identifizieren und Überlastungen zu begegnen, hatte die GdP im Jahr 2022 Minister a.D. Roger Lewentz wiederholt zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen (GB Psych) aufgefordert.

Daraufhin erfolgte Ende 2022 die flächendeckende Datenerhebung für alle Organisationseinheiten, 1167 Kolleg/-innen nahmen an der Befragung teil. Aufbauend auf den Gesamtergebnissen wurde durch eine Zusatzauswertung speziell der Schichtdienst, also Wechselschichtdienst 24/7 und Früh-und Spätdienste bei den Wachen betrachtet. Die Ergebnisse dieser Zusatzauswertung sind ebenso repräsentativ wie besorgniserregend.

Denn diese Gruppe steht im Vergleich zum Durchschnitt der Polizei Rheinland-Pfalz schlechter da bei den Belastungen (Unterbrechungen, schlechter Informationsfluss, persönliche Belastungen) und weist bei der persönlichen Resilienz ebenfalls schlechte Werte auf, hier schneidet die Work-Life-Balance besonders schlecht ab, was nicht verwunderlich ist, wird hier doch Dienst verrichtet, während sich bei anderen Familienzeit abspielt oder schlicht „Leben“. Aus dieser Kombination heraus ergibt sich dringender Handlungsbedarf.

Die fachlichen Bewertungen der Zusatzauswertungen liegen dem Ministerium seit einigen Monaten vor. Im Lenkungsausschuss müssten nun konkrete Maßnahmen besprochen werden. Da die kritischen Ergebnisse nicht auf einzelne Dienststellen oder Behörden begrenzt, sondern landesweit feststellbar sind, kann von einer strukturellen Problemstellung ausgegangen werden. Für uns ist ein Grund die Personalsituation des Schichtdienstes. Trotz hoher Einstellungszahlen kommt vom Personalaufwuchs nicht viel an. Uns fehlt z.B. die Entlastung des Schichtdienstes, welche u.a. mit Gründung des PP ELT im Jahr 2017 prognostiziert wurde, aber nicht eingetreten ist. Über Jahre wurde versäumt eine starke Abteilung Bereitschaftspolizei zu bilden, um den Schichtdienst tatsächlich von Einsatzlagen zu entlasten. Die Entscheidung zu Sonderprogrammen für die Kriminalpolizei, der personelle Aufwuchs durch ein „Mehr“ an Aufgaben im Landeskriminalamt und das „Abwandern“ von Personal aus dem WSD in andere Bereiche der Polizei, sind personell nicht hinterlegt worden.

Diese Dinge mussten wir uns aus dem Bestandspersonal leisten. Dabei heißt es doch im Koalitionsvertrages der Landesregierung auf S. 152: „Wir stärken die polizeiliche Präsenz im Wechselschichtdienst erheblich (…)“.

Die derzeitigen Überlegungen zu Aufgabenverschiebungen und -übertragungen an die Schutzpolizei werden nicht zu Verbesserungen führen. Und der Arbeitgeber ist verpflichtet, Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Resilienz zu treffen, wenn Defizite erkannt werden, wir sind der Meinung, jetzt ist es Zeit zu handeln.

Die GdP fordert daher:

    1. die zügige Bildung einer Arbeitsgruppe mit der Aufgabe, Maßnahmen zu beschreiben und einzuleiten, die die Resilienz im Schichtdienst stärken und den Belastungen Abhilfe schaffen,
    2. der Blick auf die Belastungen ist Führungsaufgabe,
    3. keine Verlagerung von Aufgaben und Zuständigkeiten im Rahmen des Projekts Kribe 5.0 zur Schutzpolizei und
    4. jährliche Einstellungszahlen von mind. 500 Polizeibeamt/-innen.

Ingo Schütte, stellvertretender Landesvorsitzender schätzt die Situation so ein:

Das Ergebnis der GB Psych ist alarmierend. Hatte man sich doch mit den Ergebnissen zur AG „Gesünder Arbeiten im WSD“ jahrelang Bestnoten ausgestellt. Spätestens Ende 2023 dürfte dem Ministerium nun klar gewesen sein, dass ein landesweit strukturelles Problem im Schichtdienst vorliegt. Warum es darauf nicht schnellstmöglich reagiert, können wir nicht nachvollziehen. Wir fordern das Ministerium auf, eine landesweite Arbeitsgruppe unter Leitung des Ministeriums einzuberufen. Es müssen schnellstmöglich Maßnahmen und Lösungswege erarbeitet und umgesetzt werden.“

Der Landesvorstand