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DEUTSCHE POLIZEI - Dezember 2018

Tarifrecht - Arbeiten trotz Krankschreibung – ein Überblick

Von Andreas Kauß

Da sind sie wieder: Die Meldungen über aufkommende Grippewellen oder steigende Zahlen von Erkältungserkrankungen. Der Sommer ist unwiederbringlich vorbei und wie jedes Jahr hört man von Unsicherheiten und Diskussionen unter den Kolleginnen und Kollegen im Umgang mit dem Thema, „Arbeiten im Krankheitsfall“.

Die am häufigsten gestellten Fragen:

  • Ich bin noch krankgeschrieben, fühle mich jedoch gut und möchte wieder arbeiten – darf ich das?
  • Arbeite ich ohne Versicherungsschutz, wenn ich vorzeitig meine Arbeit aufnehme?
  • Muss ich mich von ärztlicher Seite gesundschreiben lassen?
  • Kann mich der Arbeitgeber nach Hause schicken?
  • Gibt es eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und eine Fürsorgepflicht des Arbeitnehmers?
Angesichts der Arbeitsverdichtung im öffentlichen Dienst finden sich immer wieder Gründe, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dazu bewegen können, trotz einer Krankschreibung die Arbeit vorzeitig (vor Ende des in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung festgelegten Zeitraums) wiederaufzunehmen. Unerledigte Vorgänge, Termine und Fristen die eingehalten werden müssen, womöglich auch das ungute Gefühl, die Kolleginnen und Kollegen in Zeiten der Überlastung im Stich zu lassen.
Es gibt jedoch durchaus Fälle, in denen Kolleginnen und Kollegen in der Lage sind, trotz eines „gelben Scheins“ ihre Tätigkeit auszuüben. Antworten auf die häufigsten Fragestellungen hier im Überblick:

Eine Einordnung: Arbeiten trotz Krankschreibung
Der sogenannte gelbe Schein, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, entfaltet nicht die Wirkung eines Arbeitsverbots. Es handelt sich dabei vielmehr um eine prognostische Einschätzung des behandelten Arztes über den zeitlichen Ablauf des Krankheits- und Genesungsverlaufs. Es spricht also vom Grundsatz nichts dagegen, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer die Arbeit vor Ablauf des in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benannten Zeitraumes wiederaufnimmt. Anders ist die Bewertung der Situation, wenn ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wurde, wie es beispielsweise in den gesetzlichen Regelungen des Mutterschutzgesetzes oder des Jugendschutzgesetzes verankert ist. Denn: bei einem Beschäftigungsverbot ist der Arbeitgeber gezwungen, die Arbeitsaufnahme zu untersagen beziehungsweise zu unterbinden!

Kehre ich früher zurück, besteht Versicherungsschutz
Für die Frage des Versicherungsschutzes hält sich interessanterweise hartnäckig die irrige Auffassung, dieser bestehe in einem Fall der vorzeitigen Arbeitsaufnahme nicht. Dem ist nicht so! Natürlich greifen die Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung sowie die Regelungen des Krankenversicherungsrechts. Der Versicherungsschutz umfasst auch den Weg zur Dienststelle. Grundsätzlich gilt dieses auch für eine kurzzeitige (auch nur wenige Stunden andauernde) Arbeitsaufnahme. Empfehlenswert ist es in jedem Fall, Gespräche mit dem Arbeitgeber zu führen, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum Arbeitsplatz zurückkehrt. So ist im Falle eines Unfalles am Arbeitsplatz klar, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt.

Wieder auf Arbeit: Ist eine Gesundschreibung Voraussetzung?
Auch wenn es Fälle geben soll, in denen ein Arbeitgeber eine Gesundschreibung gefordert hat, so ist diese im deutschen Gesundheitswesen grundsätzlich nicht erforderlich. Falls sich Kollegin oder Kollege gesund fühlt, können sie wieder arbeiten. Es bleibt dabei, dass es sich bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit zeitlichen Rahmen um eine Prognose handelt. Dem Arbeitgeber können jedoch Umstände bekannt werden, die eine Arbeitsfähigkeit in Frage stellen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht zum Beispiel den Betriebsarzt einschalten. Weiterhin kann der Arbeitgeber zu seiner eigenen Absicherung im Rahmen der Fürsorgepflicht eine ärztliche Bestätigung fordern, die den Beschäftigten für arbeitsfähig erklärt.

Natürlich ist auch der Arbeitnehmer nicht frei von Pflichten: So darf dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit nicht verschwiegen werden. Es stellt eine besondere Fürsorgepflicht des Arbeitnehmers dar, darauf zu achten, dass seine Genesung oder Gesundheit und somit seine künftige Arbeitsfähigkeit durch eine vorzeitige Arbeitsaufnahme nicht gefährdet wird. Zweitens dürfen auch Kolleginnen und Kollegen durch eine vorzeitige Arbeitsaufnahme nicht gefährdet werden.

Kranker Stubenhocker?
Weiterhin hat eine erkrankte Arbeitnehmerin oder erkrankter Arbeitnehmer auch in der Freizeit alles dafür zu tun, ihre beziehungsweise seine Gesundung nicht zu riskieren. Dieses bedeutet jedoch nicht, dass die eigenen vier Wände nicht verlassen werden dürfen.

Es ist allerdings in einem solchen Fall angeraten, den behandelnden Arzt zu konsultieren und konkret zu den geplanten Aktivitäten zu befragen. Nur dieser kann einschätzen, ob beispielsweise Spaziergänge, sportliche Betätigungen oder das Einkaufen den Genesungsverlauf in Frage stellen. Auch muss sich der außer Gefecht befindliche Beschäftigte mit der „Außenwirkung“ auseinanderzusetzen. Missverständnisse bei Arbeitgeber oder Kolleginnen und Kollegen sind da nicht auszuschließen. Denn weder Chef noch Mitstreiterinnen und Mitstreiter verfügen üblicherweise über Kenntnis der Art und des Umfangs der Erkrankung. Um eventuell aufkommende Missverständnisse zu vermeiden ist es daher sinnvoll, den Arbeitgeber über reguläre Aktivitäten zu unterrichten, aber auch individuell zu entscheiden, ob diese im Einzelfall wirklich notwendig sind.

Arbeitsunfähigkeit prompt anzeigen
Wichtig ist bei einer Arbeitsunfähigkeit, dass diese unverzüglich – ohne schuldhaftes Zögern – beim Arbeitgeber angezeigt wird. Dabei ist gesetzlich keine Form vorgegeben. Praktisch ist ein Telefonat. Aber auch eine Mail sollte ausreichen. Die Information muss lediglich „unverzüglich“ in den Wirkkreis des Arbeitgebers gelangen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass bestimmte festgelegte Abfolgen im öffentlichen Dienst häufig in Dienstvereinbarungen oder Dienst-Arbeitsanweisungen konkretisiert sind. Diese Unterlagen stellen also eine Pflichtlektüre für jede Kollegin und jeden Kollegen dar.
Die Anzeigepflicht ist im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt, nach dem der Arbeitgeber die Pflicht hat, das Entgelt im Krankheitsfall weiter zu zahlen und der oder die Beschäftigte die Pflicht hat, die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen.

Drei Tage bis zum Nachweis
Dieser Anzeige- folgt die Nachweispflicht von Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer, wenn die Erkrankung länger als drei Tage andauert. Pflicht ist, dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung), aus der die voraussichtliche Dauer erkennbar wird, spätestens am darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Dieser Nachweis muss somit spätestens am vierten Tag beim Arbeitgeber vorliegen. Der Arbeitgeber ist jedoch berechtigt, die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung früher – schon ab Tag eins – zu verlangen.

Versäumen sollten Erkrankte nicht, die Arbeitsunfähigkeit der jeweiligen Krankenkasse nachzuweisen. Geschieht dieses nicht oder nicht rechtzeitig, droht gegebenenfalls der Verlust einer eventuellen Krankengeldzahlung durch die Kasse.

Fazit

Es bleibt bei der Erkenntnis, dass eine vorzeitige Arbeitsaufnahme trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung möglich ist, da diese lediglich als Prognose des behandelnden Arztes bewertet werden kann. Darüber hinaus empfiehlt sich, möglichst den Kontakt zum Arbeitgeber oder den Vorgesetzten zu halten. Selbstredend kann es jedoch zu Erkrankungen kommen, in denen Kolleginnen oder Kollegen nur schwerlich dazu in der Lage sind. In diesen Fällen ist das Hinzuziehen einer Person des Vertrauens (Mitglied der Personalvertretung, Schwerbehindertenvertretung oder andere Personen) eine Möglichkeit, sich nicht in arbeitsrechtlichen Fallstricken zu verheddern, und im schlimmsten Fall das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber zu schädigen oder komplett zu zerstören.

Allerdings sollte beachtet werden, dass es gerade in Zeiten der Verlängerung der Lebensarbeitszeit beziehungsweise dem Hinausschieben des Renteneintritts von besonderer Bedeutung ist, der Gesundheit Aufmerksamkeit zu schenken und diese nicht aus falsch verstandenem Pflichtbewusstsein aufs Spiel zu setzen.
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