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GdP zu Berichterstattung über vermeintlich ungestrafte Polizeigewalt

Malchow: Kaum zu glauben, was Polizisten alles über sich ergehen lassen

Foto: Rawf8 - stock.adobe.com
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Berlin.

Die scheinbar geringe Zahl von Verurteilungen von Polizistinnen und Polizisten aufgrund eines Fehlverhaltens lasse nicht auf einen Systemfehler hierzulande schließen. Schließlich urteilten unabhängige Gerichte über entsprechende Anklagen. Staatsanwaltschaften, die dem Recht und der Aufklärung von strafbarem Verhalten verpflichtet seien, erhöben diese Anklagen, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, am Dienstagmorgen in einem Interview mit dem Berliner Runkfunksender „radioeins“. Untersuchungen der Universität Bochum sollen ergeben haben, dass es jährlich mindestens 12.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamte gibt – und damit fünf Mal mehr als angezeigt. Berichtet hatten darüber das ARD-Magazin „Kontraste“ und „Der Spiegel".

„Ich selbst bin ein Vertreter des Rechtsstaates, ich glaube an dieses System. Dass Staatsanwaltschaften nicht gerne gegen die Polizei ermittelten, das habe ich ganz anders erlebt“, betonte Malchow. Es sei auch nicht so, dass sich Staatsanwälte und Polizisten auf dieser Ebene oft so sehr gut kennen würden.

Unabhängige Ermittler machten dem GdP-Chef zufolge demnach wenig Sinn. Es sei ja bei weitem nicht so, dass die eigenen Kollegen ermittelten, sondern entweder entfernte Dienststellen oder entsprechende Spezialdienststellen. Außerdem sei die Staatsanwaltschaft Herrin des Verfahrens, und die müsse umfangreich ermitteln. Laut dem Gewerkschafter gibt es in einigen Bundesländern bereits unabhängige Bürger- oder Polizeibeauftragte, an die man sich wenden kann. Manche Äußerung oder Frage vor dem Hintergrund der zitierten Studie zur Polizeigewalt suggeriere jedoch, dass das ganze Rechtssystem hierzulande in Frage gestellt werde. Malchow: „Dann stellt sich doch die Anschlussfrage, ab wann in Deutschland Blauhelmeinsätze notwendig sind.“ Ob es tatsächlich diese hohe Zahl von Fällen von Polizeigewalt gebe, werde im Übrigen von dem Urheber der Studie selbst in Frage gestellt. Aufgrund vermeintlicher Rechenfehler dürfte die Zahl also deutlich geringer ausfallen.

Die Polizei wisse eben auch von vielen Strafanzeigen gegen Polizeibeamte, die sich später in Luft auflösten, verdeutlichte Malchow. „Da handelt es sich um Beschuldigte, denen selbst ein Strafverfahren bevorsteht, und die sich dadurch versuchen, Vorteile zu schaffen. Das sind also praktisch Gegenanzeigen.“ Insofern sei die geringe Zahl an Verurteilungen auch für die GdP nicht überraschend. Fakt sei zudem, dass auch in anderen Verfahren die Zahl der Einstellungen ebenso sehr hoch sei.

Natürlich, so räumte Malchow ein, gebe es durchaus Fehlverhalten von Polizistinnen und Polizisten. Das werde auch strafrechtlich überprüft. Warum es am Ende zu vergleichsweise wenig Anklagen komme, hänge auch damit zusammen, dass unser Rechtsstaat es der Polizei erlaube, Gewalt anzuwenden. Das stellte trotz der unbestreitbaren rechtlichen Grundlage manche Bürger in Frage.

Malchow: „Das hohe Vertrauen in die Arbeit der Polizei zeigt, dass wir in unserem Land rechtsstaatlich handelnde Polizeibeamte haben. Dass es auch Fehlverhalten gebe, sei natürlich nicht zu bestreiten. Und dann sagt auch die Gewerkschaft der Polizei, solche Leute wollen wir in unserer Polizei nicht, die haben da nichts zu suchen. Wer aber anklingen lässt, dass wir in Deutschland Sodom und Gomorrha hätten, und die Polizei alles tun könne, was sie wolle, liegt verkehrt.“

Fakt sei, dass die Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte seit Jahren stetig zunehme. „Ich finde es großartig, wie es meinen Kolleginnen und Kollegen gelingt, selbst in schwierigsten und stressigsten Situationen in aller Regel die Ruhe zu bewahren. Ich habe Hochachtung vor dieser Mentalität. Es ist kaum zu glauben, was Einsatzkräfte alles über sich ergehen lassen, bevor sie körperliche Gewalt anwenden. Erst kürzlich haben die Zahlen zum polizeilichen Schusswaffengebrauch erneut bewiesen, wie verantwortlich die Polizei mit ihren Möglichkeiten umgeht. Das spricht in erster Linie und ganz klar für unsere Kolleginnen und Kollegen, für unsere hoch professionelle Bewerberauswahl sowie die Aus- und Fortbildung hierzulande“, betonte Malchow in einer Pressemeldung.

Andreas Grün: Polizeigewalt nur in „verschwindend geringem“ Maße

Unterstützung erfuhr Malchow durch seinen Kollegen und hessischen GdP-Chef Andreas Grün. In einem Gespräch mit dem „Deutschlandfunk“ hatte Grün die Berichte über sich häufende Gewalt als überzogen bezeichnet.

Oft müsse bei Einsätzen Zwang angewendet werden, um der Lage Herr zu werden, erklärte er dem Sender. Immer mehr Menschen zeigten eine ablehnende Haltung gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen sowie ihren Maßnahmen. Nicht zuletzt seien auch Polizisten selbst einer höheren Gewaltbereitschaft ausgesetzt.

Zu dem Thema erreichte die Redaktion ein Leserbrief/eine Meinung von Rainer Becker:

"Als ehemaliger leitender Polizeibeamter zuletzt des Landes Mecklenburg-Vorpommern erlaube ich mir, diesen Beitrag der ARD sehr kritisch als einseitig und effekthascherisch zu bewerten.
Dabei geht es mir nicht um die Studie und ihre Ergebnisse als solche.

Aber es wird durch die Art und Weise der Berichterstattung etwas skandalisiert, was kein Skandal ist.

Bei allen Straftaten gibt es ein Dunkelfeld, das in aller Regel einem Mehrfachen des Hellfeldes entspricht.

Und von allen angezeigten Fällen ‎werden nicht alle angeklagt und nicht alle Angeklagten verurteilt.

Und warum sollte es bei Polizeibeamten, Bürgern in Uniform, so viel anders seien als bei anderen Bürgern, zumal sie tagtäglich Gefahr laufen, selber von Gewalt betroffen zu werden oder es sogar werden‎ und zumal sie tagtäglich Gewalt (Zwang) im Auftrag des Staates anwenden müssen?

Das erhöht natürlich das Risiko, auch einmal zu „überziehen“.

So etwas darf natürlich trotzdem nicht sein und es ist, wie bei anderen Gewalttaten ohne Wenn und Aber zu bestrafen.

Darüber hinaus wird skandalisiert, wenn die Beschuldigten versuchen, ihre Tat zu verdecken und dabei „zusammenhalten“.

Wo immer Menschen in kleineren oder größeren Gruppen Fehler machen, wurde und wird versucht, den Fehler zu verdecken, ob es nun im öffentlichen Dienst wie bei Jugendämtern pp. ist oder in anderen Unternehmen wie Autokonzernen.

Dem Grunde nach geht es um schwerpunktmäßig den Umgang von Menschen mit Fehlern und die Versuche, diese zu vertuschen.

Aber dies ist kein Skandal, dies ist menschlich, was nicht damit gleichzusetzen ist, dass es entschuldigt werden kann.

Aber es schadet dem Ansehen von Polizei und Justiz, die Ergebnisse der Studie einseitig unter Hervorhebung spektakulärer Einzelfälle  und effekthascherisch darzustellen.

Und es macht den Kolleginnen und Kollegen im Außendienst schwerer, unter solchen Vorwürfen ihren Dienst zu versehen.

Warum haben die Mitarbeiter, die den Beitrag für die ARD erstellt haben, keinen Vergleich zu Gewaltdelikten der "normalen" Bürger vorgenommen oder die Wissenschaftler der Ruhruniversität nicht danach gefragt?

Wie sieht es bei ihnen mit dem Dunkelfeld, der Zahl der Anklagen und der Zahl der Verurteilungen aus?

Möglicherweise hätte dies  das Ergebnis in einem völlig anderen Licht erscheinen lassen.

Haben die Mitarbeiter der ARD beziehungsweise diejenigen, die in ihrem Auftrag den Beitrag erstellt haben, eigentlich einmal zu erheben versucht, wie viele Straftäter „routinemäßig“ Anzeige gegen Polizeibeamte erstatten, die sie mit oder auch ohne Zwang festnehmen mussten, um sich Vorteile im Fall eines späteren Prozesses zu verschaffen?

Oder wie oft besonders engagiert Polizeibeamte insbesondere bei Versammlungslagen angezeigt wurden, um ihr bisheriges Engagement mit einer Vielzahl von nach einer Anzeige eingeforderten Stellungnahmen und und und für die Zukunft u behindern oder möglichst zu „dämpfen“?

Es geht mir nicht darum, Straftäter in den Reihen der Polizei reinzuwaschen, es geht mir um wissenschaftlich und um journalistische Seriosität, die ich dieses Mal in diesem Beitrag vermisse.

Die deutsche Polizei ist keine Schlägertruppe.

Es mag den einen oder anderen Schläger unter ihnen geben, und dieser gehört dann bestraft und in schwerwiegenderen Fällen hat er nicht mehr in der Polizei zu suchen.

Dies ist aber immer noch kein Grund, alle Polizeibeamten unter „Generalverdacht“ zu stellen."
 

Rainer Becker
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe - Die ständige Kindervertretung e. V. 
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